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Schutz unserer Ozeane durch 3D-Druck: Überblick der aktuellen Projekte

Am 6. Juni 2024 von Leonie M. veröffentlicht

Laut einer vom Europäischen Parlament durchgeführten Studie landen zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastik in unseren Ozeanen. Eine sehr alarmierende Statistik, die sowohl unseren Planeten als auch die dort lebenden Arten bedroht. Laut der Ellen-Macarthur-Stiftung wird es bis zum Jahr 2050 mehr Plastik in den Ozeanen geben als Fische. Angesichts dieser Tatsache entwickeln sich weltweit zahlreiche Initiativen, um unsere Meere und Ozeane zu schützen, und einige davon nutzen die 3D-Technologie. Tatsächlich bietet der 3D-Druck einige Vorteile, wenn es darum geht, Abfall zu recyceln – z. B. Fischernetze in Druckmaterialien umzuwandeln – oder die biologische Vielfalt der Meere durch die Gestaltung von Korallenriffen zu retten. Es gibt viele Projekte zur Erhaltung unserer Ozeane durch additive Fertigung, und wir möchten Ihnen heute einige davon vorstellen.

Fischalternativen

Revo Foods und 3D-gedruckte Fischersatzprodukte

Die Nachfrage nach Meeresfrüchten treibt die Überfischung und die Zerstörung der Ökosysteme voran. Die Überfischung dezimiert die Meeresfauna und -flora schneller, als sich die Bestände wieder auffüllen können. Um dieses globale Problem anzugehen, schlägt Revo Foods pflanzliche, 3D-gedruckte Lebensmittel vor, die Fisch ersetzen. Kürzlich hat das Unternehmen ein neues 3D-Drucksystem mit der Bezeichnung Food Fabricator X2 vorgestellt, mit dem es seine Produktion in industriellem Maßstab aufnehmen kann. Dieses neue System zeichnet sich durch seine hohe Extrusionspräzision aus, die den gedruckten Lebensmitteln eine sehr reale Textur verleiht und die Kombination verschiedener Zutaten ermöglicht. Der Food Fabricator X2 ist eine verbesserte Version ihres FFX1-Systems, mit dem sie im September 2023 ihre Produkte in einige Supermärkte in Österreich bringen konnten. Die Fischalternativen kamen gut an, und um die Nachfrage zu befriedigen, hat das Unternehmen beschlossen, seine Produktionskapazitäten mit diesem neuen System zu erweitern, das verspricht, das Leben im Meer zu retten.

Ozeane 3D Projekte Fischersatz

(Bild: Revo Foods)

Pflanzliche Alternativen zu Fisch von Steakholder Foods

Steakholder Foods ist heute eines der bekanntesten Unternehmen, das 3D-gedruckte Alternativen zu Fleisch und Fisch herstellt. Ziel des Unternehmens ist es, nachhaltige, nahrhafte und schmackhafte Lebensmittelalternativen anzubieten. Im Bereich Fisch hat das Unternehmen derzeit die größte Auswahl an Produkten. Mit der firmeneigenen 3D-Drucktechnologie konnte Steakholder Foods ein pflanzliches Weißfischfilet herstellen, das in Aussehen und Textur echtem Fisch gleicht. Aber das ist noch nicht alles: Das Unternehmen hat auch angekündigt, in naher Zukunft Aal, Garnelen und Lachs in 3D-Drucktechnik auf den Markt zu bringen. Auch hier handelt es sich um pflanzliche Alternativen zu Fisch, die hauptsächlich aus Wasser, pflanzlichen Proteinen (Soja, Hefe), Ölen, natürlichen Aromastoffen, Vitaminen und Mineralien bestehen.

Ozeane 3D Projekte- Fischersatzprodukt

(Bild: Steakholder Foods)

Deiche und Korallenriffe

D-Shape und das Projekt zur Erhaltung der Bucht von Hongkong

Das italienische Unternehmen D-Shape wurde für sein speziell für die Bucht von Hongkong entwickeltes Riffdesign mit dem Design for Asia Award 2022 ausgezeichnet. Es handelte sich um die jüngste Umweltmaßnahme der Hongkonger Flughafenbehörde zum Schutz des umliegenden Meeresökosystems. Einhundert künstliche Riffeinheiten wurden aufgestellt, um die Vermehrung einer Gemeinschaft von Organismen wie Muscheln, Schwämmen und Algen zu fördern. Die ringförmigen Riffe mit Löchern unterschiedlichen Durchmessers wurden mit einem Material aus Steinbruchzuschlagstoffen und Zementbindemitteln 3D-gedruckt und zur Stabilisierung unter Wasser auf Bambusstrukturen platziert. Das 3D-gedruckte künstliche Riff wird somit Meeresorganismen beherbergen und das Ökosystem wiederherstellen können.

Ozeane 3D Projekte

(Bild: DFA Design for Asia Awards/D-Shape)

Kind Designs und lebende Deiche aus dem 3D-Drucker

Das in Miami ansässige Unternehmen Kind Designs geht neue Wege und nutzt den 3D-Druck, um künstliche Deiche und Riffe zu entwerfen. Diese Strukturen fungieren als wirksame Bollwerke gegen die Zerstörung von Korallenriffen, die Gefahr von Überschwemmungen und den Anstieg des Wasserspiegels. Darüber hinaus fungieren sie als aktive marine Ökosysteme, fördern die biologische Vielfalt und tragen zur Wiederherstellung mariner Lebensräume bei. Indem sie die Struktur natürlicher Lebensräume wie Korallenriffe und Mangrovenwurzeln naturgetreu nachbilden, bieten diese 3D-gedruckten Deiche vielen Meeresbewohnern Schutz und Nahrungsquellen und stärken so die ökologische Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltherausforderungen. Darüber hinaus sind ihr Mikrodesign und ihre Textur so gestaltet, dass sie die Haftung von Korallen und kleinen Organismen fördern. Da diese Strukturen aus einer proprietären, metall- und chloridfreien Materialmischung hergestellt werden, gelangen keine schädlichen Chemikalien in den Ozean. Ihre Materialien haben sich bereits in verschiedenen Projekten zur Schaffung künstlicher Riffe sowie beim Bau von Trinkwasserreservoirs als effektiv erwiesen.

Ozeane 3D

(Bild: Kind Designs)

Das größte 3D-gedruckte Korallenriff der Welt

Da 50% der Riffe in den letzten drei Jahrzehnten zugrunde gegangen sind, sind Maßnahmen gegen Bedrohungen wie Klimawandel, Überfischung und vom Menschen verursachte Schäden dringend erforderlich. Das australische Reef Design Lab hat mithilfe der 3D-Drucktechnologie einen bedeutenden Meilenstein erreicht, indem es auf den Malediven das größte künstliche Korallenriff der Welt im 3D-Druckverfahren hergestellt hat. Zu diesem Zweck wurden komplexe 3D-Formen erstellt, die die natürlichen Riffstrukturen nachahmen und anschließend in Keramik gegossen wurden, die dem Kalziumkarbonat in echten Riffen ähnelt. Diese Strukturen wurden untergetaucht und mit lebenden Korallen besiedelt, in der Erwartung, dass sie neues Meeresleben hervorbringen und als lebende Riffe gedeihen werden. Diese Verknüpfung von Technologie und Naturschutz ist ein vielversprechender Beitrag zum Schutz der Ozeane und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt im Meer, da die Bemühungen fortgesetzt werden, diese unschätzbaren Ökosysteme für künftige Generationen zu erhalten.

Nahaufnahme der Mikroalgen in einem Maßstab von 10 μm (Bild: Bionic 3D printed corals/nature communications)

Der Einsatz des Artec 3D Spider für die Überwachung von Korallen

Die Anwendungen des 3D-Drucks nehmen stetig zu und werden inzwischen sogar zur Überwachung von Korallenriffen genutzt, um die Auswirkungen des Klimawandels zu verstehen und das Korallenwachstum zu dokumentieren. Bis vor kurzem belasteten diese Untersuchungen die Korallen stark und verursachten ihr Absterben. Dies soll sich nun ändern. Dr. Jessica Reichert untersuchte mit einem Forscherteam der Universität Gießen die langfristigen Auswirkungen von Stressfaktoren des globalen Wandels auf verschiedene Korallenarten in der Ocean2100 Einrichtung der Universität. Sie nutzten den Artec 3D Spider für nichtinvasive 3D-Scans von Korallen. Dieser Handscanner liefert präzise Farbinformationen und kann nasse Oberflächen problemlos scannen, ohne zusätzlichen Stress für die Korallen herbeizuführen. Die Softwareeinstellungen sind anpassbar, um die Scanqualität an verschiedene Korallenarten zu optimieren. Mit dieser Methode kann Dr. Reichert circa 50 bis 100 Korallen an einem einzigen Tag mit einer 100-prozentigen Sicherheitsgarantie scannen. Der Scanprozess läuft folgendermaßen ab: Zuerst wird die Koralle aus ihrem Tank genommen und auf eine rotierende Platte unter guter Beleuchtung gelegt. Danach wird sie mit dem Scanner in zwei Rotationen aus verschiedenen Winkeln gescannt. Dr. Reicherts Forschung mit dem Artec 3D Spider eröffnet vielversprechende Möglichkeiten für die zukünftige Überwachung und den Schutz von Korallenriffen.

Ozeane 3D

(Bild: Dr. Jessica Reichert)

Wie SECORE Korallen aufzieht

Bei diesem Projekt haben sich die Unternehmen Boston Ceramics und Emerging Objects mit der Organisation für Umweltschutz SECORE (Sexual Coral Reproduction) zusammengetan, um sich auf die Fortpflanzungsgewohnheiten der Koralle zu fokussieren. SECORE sammelt dafür Eizellen und Spermien, die auf natürliche Weise von Korallen abgegeben werden und zieht sie anschließend in Tanks auf, bis sie sich zu schwimmfähigen Larven entwickeln. Diese werden anschließend in 3D-gedruckte Strukturen eingesetzt, welche die Korallen anlocken und sich so an ihnen festsetzen sollen. Sobald die Korallen festgewachsen sind, werden die Strukturen in wiederherzustellende Riffgebiete gepflanzt. Die Strukturen werden dabei aus einem keramischen Material von Boston Ceramics mit der Hilfe von Emerging Objects in 3D gedruckt.

WWF: 3D-gedruckte Riffe zur Wiederherstellung des Kabeljau-, Miesmuschel- und Austernbestands

WWF Dänemark und die Energie-Firma Ørsted aus Dänemark sind eine Partnerschaft eingegangen, die darauf abzielt, Maßnahmen zum Schutz von Klima und Biodiversität umzusetzen. Um diese Ziele zu erreichen, konzentrieren sie sich auch auf die Herstellung von Riffen, um die Wiederansiedlung von marinen Arten voranzutreiben. So wurde bereits ein 3D-gedrucktes Riff in der Nordsee in Kattegat (zwischen Dänemark und Schweden) eingesetzt. Vorrangiges Ziel war es zu testen, wie die 3D-gedruckten Strukturen zur Biodiversität beitragen. Durch den Rückgang des Kabeljaubestandes kam die natürliche Lebensmittelkette aus der Balance. In den Niederlanden hat der WWF bereits ähnliche Projekte initiiert, um die Wiederansiedlung der europäischen Auster und der großen Miesmuschel voranzutreiben.

Recycelte Meeresabfälle

Fishy Filaments, Materialien aus recycelten Fischernetzen

Etwa 1-2 % der in der Fischerei verwendeten monofilen Netze aus Nylon gehen im Meer verloren und stellen eine ständige Gefahr für die Meeresbewohner dar. Eine weitere Organisation, die sich für den Erhalt unseres Planeten einsetzt, ist Fishy Filaments. Das Unternehmen mit Sitz in Cornwall, England, hat sich zum Ziel gesetzt, die Kohlenstoffemissionen durch die Kombination von Recycling und additiver Fertigung zu verringern. In Zusammenarbeit mit Fillamentum haben sie ein Verfahren entwickelt, um Fischernetze aus den Ozeanen und Meeren in Filamente für den 3D-Druck umzuwandeln. Die Materialien von Fishy Filaments werden sowohl in Form von Filamenten als auch von Pellets aus 100 % recyceltem Nylon 6 aus gebrauchten Fischernetzen hergestellt. Diese hochwertigen Lösungen können in technischen und industriellen Anwendungen eingesetzt werden und verringern gleichzeitig die Umweltauswirkungen von Abfällen.

LightArt’s 3D-gedruckte Beleuchtungskörper aus recyceltem Meereskunststoff

Seit seiner Gründung im Jahr 2005 hat sich das in Seattle ansässige Unternehmen LightArt auf die Herstellung einzigartiger und innovativer Beleuchtungskörper aus recycelten Materialien durch additive Fertigung spezialisiert. Im Jahr 2023 begann das Unternehmen seine Zusammenarbeit mit Ocean Works, um Plastikabfälle, die in Küstengebieten gesammelt werden, zu verwenden und so dazu beizutragen, die acht Millionen Tonnen Plastik, die jährlich in die Ozeane gelangen, zu reduzieren. Durch die Aufspaltung und Umwandlung dieser Abfälle in ein für den 3D-Druck geeignetes Granulat hat LightArt mehrere unverwechselbare Kollektionen hergestellt (insbesondere die Coil Collection), zu denen auch Pendelleuchten aus 100 % recyceltem Polypropylen gehören, das aus Meeresmüll stammt. Das Ergebnis sind Beleuchtungskörper, die Kunst und Nachhaltigkeit miteinander verbinden und deren Design ästhetisch von Meereselementen wie Seetang und Meeresschaum inspiriert ist.

Parley- Nutzung von Meeresmüll für 3D-gedruckte Gesichtsschutzschilder

Seit 2012 kämpft die Umweltorganisation Parley gegen die Plastikverschmutzung, indem sie gemeinsam mit Branchenführern 3D-Druckanwendungen entwickelt, die Parley Ocean Plastic nutzen, ein Material, das aus aufgefangenem Meeresmüll gewonnen wird. Neben dem Projekt Parley AIR stations, das es Küstengemeinden ermöglicht, Möbel und andere nützliche Gegenstände aus gesammelten Abfällen in 3D zu drucken, hat die Organisation durch ihre Bemühungen im Kampf gegen COVID-19 große Aufmerksamkeit erlangt. Auf dem Höhepunkt der Pandemie ging Parley eine Partnerschaft mit dem spanischen Start-up-Unternehmen Nagami ein, um mit Hilfe des 3D-Drucks wichtige Schutzausrüstung herzustellen. Unter Verwendung von wiederverwertbarem Meeresmüll wurden im Rahmen des Projekts täglich mehr als 500 Gesichtsschutzschilde hergestellt (1 Schild alle 5 Minuten), die für die Mitarbeiter des Gesundheitswesens auf der ganzen Welt eine wichtige Unterstützung darstellen.

Ozeane 3D Druck

Gesichtsschutzschilde, die mit Parley Ocean Plastic Material und einem Nagami FDM 3D-Drucker hergestellt wurden. (Bild: Parley for the Oceans)

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