menu

D-Shape über den Einsatz des 3D-Drucks zur Förderung der biologischen Vielfalt in unseren Ozeanen

Am 21. April 2023 von Leonie M. veröffentlicht

D-Shape, gegründet von dem italienischen Ingenieur Enrico Dini aus Pisa, verfolgt das Ziel, Technologien anzubieten und zu entwickeln, mit denen sich kostengünstigere und „schönere“ Gebäude bauen lassen. Ihr wichtigstes Projekt ist die Rettung des Planeten mithilfe 3D-gedruckter künstlicher Riffe. Es handelt sich dabei um ökologisch geeignete Modelle für die Unterwasserwelt, die bereits in zahlreichen Projekten zum Schutz und zur Wiederherstellung der Küsten auf der ganzen Welt eingesetzt werden. In diesem Interview, erzählt uns Enrico Dini die Entstehungsgeschichte von D-Shape und die laufenden Projekte zum Schutz unserer Erde.

3DN: Könnten Sie sich und D-Shape vorstellen?

Hallo, mein Name ist Enrico Dini, ich bin Ingenieur und Erfinder. Die ersten fünfzehn Jahre meines Lebens, habe ich in der Automatisierungs- und Robotertechnik verbracht, bevor ich mit der Idee, Häuser in 3D zu drucken, zu meinem Fachgebiet, dem Ingenieurwesen, kam. Ich stamme aus einer italienischen Familie aus Pisa mit tiefen Wurzeln in der akademischen Welt und der Industrie. Mein Vorfahre, Ulisse Dini, war ein angesehener Mathematiker und Rektor der Scuola Normale Superiore, einer Elitehochschule, in Pisa. Mein Vater, Egisto, war Leiter des Berechnungsbüros bei Piaggio in Pontedera und die rechte Hand meines Patenonkels, dem Ingenieur Corradino D’Ascanio, welcher berühmt für die Erfindung des Hubschraubers und der Vespa ist. Ihnen verdanke ich meine Begeisterung für Innovationen.

D-Shape ist die Firma, unter der meine Betriebe die Technologie meiner Erfindung vermitteln – in der akademischen Welt bekannt als der Partikelbett-3D-Druck. D-Shape kennzeichnet gleichzeitig eine Herstellungsmethode, eine Maschine und vor allem ein Projekt mit einer Mission im Bereich der Architektur. Zwar stellt D-Shape auch 3D-Drucker her, konzentriert sich aktuell allerdings ganz auf die Produktion von biologisch attraktiven und regenerativen Modellen für Unterwasserumgebungen, die im Englischen als Artificial Reefs bezeichnet werden. Der Hauptsitz befindet sich in London, die Produktionseinheiten sind allerdings in der Toskana. Außerdem haben wir vor kurzem eine Niederlassung in Hongkong, das D-Shape Limited, eröffnet, mit der wir hoffen, D-Shape auch in Asien auszubauen.

3DN: Wie kam es zur Gründung von D-Shape und was ist das Hauptziel?

Das Projekt begann 2004, als ich bei einer Vorführung eines kleinen 3D-Pulverdruckers für Techniker von Piaggio, eine Idee hatte. Ich dachte über die Möglichkeit nach, ein Gebäude zu bauen, wenn ich das Verfahren um zwei Größenordnungen vergrößerte. Ermutigt durch Moreno Chiarugi und Roberto Nannini, zwei Kollegen, die sich für meine Idee eingesetzt hatten, meldete ich im Jahr 2005 ein erstes Patent an. Ursprünglich hieß es „Monolith“, nach der Idee, Häuser aus „einem Stück“ zu drucken. Nach wiederholten erfolglosen Versuchen, das Projekt in Italien zu finanzieren, beschloss ich schließlich, nach England umzuziehen. Dort gründete ich 2006 „Monolite UK limited“, das erste Unternehmen, das mit dem Ziel gegründet wurde, die digitale additive Fertigung in der Bauwelt zu fördern.

Damals war das Contour Crafting, eine Methode der additiven Konstruktion durch Extrusion, die von Prof. Behrokh Khoshnevis in den Vereinigten Staaten erfunden und später in Extrusions-3D-Druck umbenannt wurde, tatsächlich auf den Bereich der akademischen Forschung beschränkt. Im Jahr 2007 meldete ich dann ein zweites Patent an, das einige Probleme in Bezug der Umsetzbarkeit eines Gebäudes auslöste. So stellte ich meinen ersten Drucker her, den ich 2008 testete, indem ich, mit meinem Partner und Bruder Riccardo, den Radiolaria-Pavillon entwarf: ein Konzept, welches der Architekt Andrea Morgante vom Londoner Shiro Studio vorgeschlagen hatte. Das Projekt wurde in mehreren Fachzeitschriften als „Die erste 3D-gedruckte Struktur der Welt“ vorgestellt.

Ich kann mit Stolz sagen, dass alles, was wir heute in den 3D-Druckunternehmen im Bereich der Architektur sehen, seinen Ursprung in dieser ersten Geschäftsidee hat. Die, von Natur aus sehr konservative Bauwelt, nahm zur Kenntnis, dass, wenn jemand ein Unternehmen für Gebäudeautomatisierung gegründet hatte, ein Fonds mit Zukunft und Perspektive dahinter stehen musste. Als sich die ersten Beispiele unserer Erfolge viral im Internet verbreiteten, schlug unser Kommunikationsunternehmen ein Re-Branding des Projekts vor und nannte es D-Shape®. Dies ist heute die Marke, unter der Monolite UK und diverse Händler und Spin-offs die 3D-Drucktechnik meiner eigenen Erfindung bewerben.

D-Shape

Bild: D-Shape

Das Hauptziel von D-Shape ist es, der neuen Generation von Architekten ein Werkzeug zur Verfügung zu stellen, mit dem sich Ästhetik in der Architektur zu erschwinglichen Kosten verwirklichen lässt, indem man sie in die Baukosten eines Gebäudes einbezieht. Ich erinnere mich noch gut an meine Bemühungen, dieses ethische Ziel in den ersten Broschüren, die wir verteilten, in einem kurzen Satz zu beschreiben. Er war in englischer Sprache verfasst und klang in etwa wie folgt: „Das Leben an einem schönen Ort steigert unser Selbstwertgefühl. Schönheit sollte kein optionales Extra sein, sondern in den Baukosten enthalten sein. D-Shape will dazu beitragen, eine bessere Welt zu gestalten.“ Einige Kollegen nannten es „Democratization of Beauty“.

3DN: Was ist, Ihrer Meinung nach, der größte Vorteil der additiven Fertigung?

Innerlich habe ich mich immer als Architekt wahrgenommen. Als Kind hatte ich eine Postkarte im Haus hängen, auf der die Sagrada Familia in Barcelona abgebildet war. Die organischen Formen faszinierten mich und diese Art von Architektur war die, von der ich träumte, dass ich sie eines Tages verwirklichen würde. Als ich Jahrzehnte später an der Ingenieurschule den Kurs für Technische Architektur belegte, wurde mir klar, dass für diese skurrilen Ideen wenig Platz war. Nur gerade flache Formen und kein Schnickschnack, denn sonst würden wiederum die Kosten in die Höhe gehen. Als sich noch ein Jahrzehnt später die ersten Flächenmodellierer, darunter das demokratische Rhinoceros (1990er Jahre), und die ersten Rapid Prototyping-Systeme in der Designbranche zu verbreiten begannen, wurde mir klar, dass im Bauwesen eine Lücke zwischen den neuen Möglichkeiten, Formen mit komplexer Geometrie am CAD zu erstellen, und der tatsächlichen Machbarkeit, sie herzustellen, klaffte.

D-Shape

Bild: D-Shape

Ich beschloss daher, ein 3D-Drucksystem speziell für die Architektur zu entwickeln, da es die Kombination von Technik und Architektur ermöglicht. Viele Jahre später verstand ich, dass das von Antoni Gaudi konzipierte Werk das erste Beispiel für Formfindung und topologische Optimierung war. Statische Funktion und konkretes Konglomerat wurden zu einer Form optimiert, die nur der 3D-Druck zu erschwinglichen Kosten physisch realisieren kann.

3DN: Wie nutzen Sie den 3D-Druck zur Herstellung künstlicher Riffe? Mit welchen Materialien werden sie hergestellt?

Damit künstliche Riffe vor allem im Hinblick auf die biologische Vielfalt wirklich effektiv sind, müssen sie ein hohes Verhältnis von Oberfläche zu Volumen haben, außerdem müssen sie reich an Hohlräumen sein, um verschiedene Fischarten zu beherbergen, und sie müssen eine hohe Rauheit aufweisen, damit sich Korallen, Gorgonien und eine große Vielfalt an Biomasse an der Oberfläche ansiedeln können. Wir generieren diese Formen hauptsächlich durch den Einsatz von Anwendungen der Generativen Geometrie, wie z.B. Grashopper.

Wir arbeiten mit brillanten digitalen Architekten zusammen, von denen einige Architekturbüros gegründet haben, die sich auf die Entwicklung künstlicher Riffe spezialisiert haben. Um nur einige Namen zu nennen: unter den Australiern James Gardiner, David Lennon, Alex Goad; in Spanien Under Water Gardens und in Italien Rossella Siani, welche wirklich wunderbare Formen für uns entwirft. Wir waren die ersten, die diese mit der D-Shape-Technologie hergestellt haben, aber unsere Entwicklung wurde von vielen Unternehmen auf der ganzen Welt aufgegriffen.

d-shape

Bild: D-Shape

Die von uns verwendeten Materialien sind Steinbruchzuschläge und zementartige Bindemittel auf Puzzolan- oder Magnesiabasis. Zunächst hatte ich die Idee, Muscheln aus Aquakulturen zu verwenden. Dazu haben wir erfolgreich experimentiert, und ich hoffe, dass wir bald auch Riffe aus diesem recycelten Material herstellen können, was im Hinblick auf Kreislaufwirtschaft, Biokompatibilität und Nachhaltigkeit optimal wäre.

3DN: An welchen Projekten arbeitet D-Shape aktuell?

Derzeit ist D-Shape an dem Projekt Ocean Citizens beteiligt. Dies ist ein, von der Europäischen Union im Rahmen von Horizon 2020, finanziertes Projekt, bei dem unsere Aufgabe darin besteht, etwa 400 Modelle zu produzieren, die nach Teneriffa, Terragona, Norwegen und Dänemark verschifft werden. Außerdem haben wir im Rahmen eines internationalen Kooperationsprojekts 20 Module nach Albanien geliefert. Wir sind auch an Projekten beteiligt, die aus Mitteln des PNRR (italienischer Aufbau- und Resilienzplan) finanziert werden, sowie an anderen Projekten in den Marken, Apulien, Sardinien und der Toskana. In Holland und Dänemark, arbeiten wir mit lokalen WWFs zusammen. In Hongkong, sind wir an Regenerationsprojekten in der Bucht der Stadt beteiligt.

d-shape

Unterwasserarbeiten für die Installation eines Riffs in der Bucht von Hongkong. (Bild: DFA Design for Asia Awards)

3DN: Was sind die größten Herausforderungen, denen Sie sich im Unternehmen stellen müssen?

Die Herausforderung besteht jeden Tag darin, den ganzheitlichen Ansatz beizubehalten, der D-Shape in den letzten zwanzig Jahren geprägt hat. Es geht darum, Materialien und Formen zu entwickeln und zu verfeinern, unsere Produktionsmittel zu optimieren, um die Produktionskosten erschwinglich und die Lieferzeiten angemessen zu gestalten, und zu versuchen, die Prozesse zu industrialisieren und gleichzeitig den handwerklichen und künstlerischen Anspruch unserer Produkte zu wahren. Wir müssen durch den Austausch mit Meeresbiologen, Materialexperten, Architekten und Designern ständig lernen, wie wir alle Anforderungen integrieren können, um funktionale Produkte herzustellen. All dies, ohne den Traum der Ästhetik aus den Augen zu verlieren, der stets die treibende Kraft hinter unseren Bemühungen war. Kurz gesagt, müssen wir uns weiterhin bemühen, Technologie, ökologische Nachhaltigkeit und Kreativität miteinander zu verbinden.

3DN: Haben Sie noch abschließende Worte an unsere Leser?

Wir wollen weiterhin Dinge in der Küstenrestaurierung tun, um den Planeten zu retten. Noch besteht die Idee, schöne Häuser „in einem Stück“ in 3D zu drucken – vom Fundament bis zum Dach, einschließlich Fußböden, Treppen, Flachreliefs und biomimetischen Mustern. Ob es dazu kommen wird? Wer weiß! Wir warten auf einen Bauunternehmer, der uns sein Vertrauen schenkt und uns in dem Bestreben unterstützt, einen funktionsfähigen D-Shape 12x12x12-Drucker zu bauen! Unser Motto ist: „Print Big, Think Bigger!“ Weitere Informationen finden Sie auf der Website von D-Shape HIER.

Was halten Sie von den Projekten von D-Shape? Lassen Sie uns dazu einen Kommentar da, oder teilen Sie es uns auf Facebook oder LinkedIN  mit. Möchten Sie außerdem eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten im 3D-Druck und der additiven Fertigung direkt und bequem in Ihr Postfach erhalten? Dann registrieren Sie sich jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter.

*Titelbildnachweis: D-Shape

Teilen Sie Ihre Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

de_DEen_USes_ESfr_FRit_IT
Bleiben Sie auf dem Laufenden
Erhalten Sie jeden Mittwoch eine Zusammenfassung der neusten News rund um den 3D-Druck