menu

Forscher des MIT stellen durch 3D-Druck ein selbst-erhitzendes, mikrofluidisches Gerät her

Am 12. Dezember 2023 von Astrid Z. veröffentlicht

Man muss kein Ingenieur mit umfassendem technischen Wissen sein, um mit Mikrofluidik und deren Anwendungen in Berührung zu kommen.  Ziel der Mikrofluidik ist es, kleine Mengen an Flüssigketen in winzigen Netzwerken und Kanälen zu steuern, ihre Wirkung dort zu erörtern und zu analysieren. Mikrofluidische Komponenten finden vielfältige Anwendungen, zum Beispiel in der Medizintechnologie, der Biotechnologie, in Prozess- und Sensortechnik und auch in Konsumgütern. So wird die Mikrofluidik dafür eingesetzt, in Blut- und Flüssigkeitsproben Krankheiten nachzuweisen. Ein prominentes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit, mit dem wir wohl alle das ein oder andere Mal Erfahrungen gemacht haben, sind Do-it-yourself Covid-19 Tests. Die Herausforderung bei mikrofluidischen Anwendungen liegt darin, dass manche chemische Reaktionen nur unter bestimmten Temperaturen stattfinden und daher komplexe Geräte nötig sind. Diese Geräte werden häufig im Reinraum gefertigt und enthalten Heizelemente aus Gold und Platin. Der Fertigungsprozess ist folglich teuer, kompliziert und schwer skalierbar. Hier setzt eine Forschungs-Arbeit des MIT (Massachusetts Institute for Technology) an, wo sich Wissenschaftler mit der Entwicklung eines 3D-gedruckten mikrofluidischen Geräts beschäftigt haben, wie gestern in einer Pressemitteilung bekannt gegeben wurde. Die Ergebnisse werden noch diesen Monat auf der PowerMEMS-Konfernez vorgestellt.

Die Forschergruppe rund um den leitenden Wissenschaftler Luis Fernando Velásquez-García stellte per 3D-Druck ein selbst-erhitzendes mikrofluidisches Gerät her, das Flüssigkeiten transportieren und chemische Reaktionen auslösen kann. Der Mini-Reaktor kann Substanzen analysieren und Krankheiten erkennen. Da das Gerät in einem Druckdurchgang gefertigt wurde, gibt es zukunftsweisende Ausblicke auf eine kostengünstige Herstellung von präzisen Messinstrumenten für die frühzeitige Erkennung von Erkrankungen. Dies ist vor allem für Entwicklungsländer interessant, wo häufig keine optimale Laborumgebung gegeben ist. „Insbesondere Reinräume, in denen man diese Geräte normalerweise herstellt, sind unglaublich teuer in Bau und Betrieb. Aber wir können mit Hilfe der additiven Fertigung sehr leistungsfähige mikrofluidische Geräte mit Selbsterhitzung herstellen, und zwar viel schneller und billiger als mit diesen herkömmlichen Methoden. Dies ist wirklich ein Weg, diese Technologie zu demokratisieren“, hebt Luis Fernando Velásquez-García hervor, denn das gefertigte mikrofluidische Mini-Gerät kostet dank 3D-Druck nur etwa 2 US-Dollar.

Covid-Selbsttests sind ein prominentes Beispiel für mikrofluidische Anwendungen. (Bild: Pixabay)

Mikrofluidisches Gerät durch Multi-Material-Druck

Die Herstellung des mikrofluidischen Geräts erfolgte in einem monolithischen Prozess, das heißt in einem Rutsch ohne nachträgliches Zusammenbauen. Mithilfe des Multi-Material-Drucks fertigten die Forscher das Gerät mit den eingebauten Heizelementen in einem einzigen Fertigungsprozess. Dabei wurden unterschiedliche Materialien durch verschiedene Düsen extrudiert, sodass Schicht um Schicht der vollständige Mini-Reaktor entstand. Dieser ist in der Lage, die Flüssigkeit in den Kanälen auf eine bestimmte Temperatur zu erhitzen, während diese durch die Kanäle fließt. Außerdem kann das Aufheizen auf einen bestimmten Bereich im Gerät beschränkt werden. Die Technik lässt diverse Anpassungsmöglichkeiten offen, sodass auch voreingestellte Heizprofile umgesetzt werden können.

Beim bereits erstellten Prototyp gelang es zum Beispiel, die Flüssigkeit um 4 Grad Celsius zu erwärmen, während diese in den Kanälchen vom Eingang bis zum Ausgang floss. Dieser Anwendungsversuch erlaubt einen ersten Eindruck von den weiteren Möglichkeiten der Geräteherstellung, wo Flüssigkeiten in bestimmten Mustern oder entlang vorgegebenen Linien verlaufen können und chemische Reaktionen ermöglichen. Das erste von den Forschern hergestellt Gerät hat mikrofluidische Kanäle, die nur etwa 500 Mikrometer breit und 400 Mikrometer hoch sind.

Da das Gerät integrierte Heizelemente enthält, war es nötig, ein leitfähiges Material zu verwenden. Aus diesem Grund waren mehrere Materialien mit verschiedenen Eigenschaften gefragt, wodurch auch der Multi-Material-Druck ins Spiel kam. So setzten die Forscher einerseits auf biologisch abbaubares PLA und auch eine modifizierte Version von PLA, nämlich ein mit Kupfer-Nanopartikeln angereichertes PLA. Das ansonsten isolierende Material wurde so zum elektrischen Leiter und für den Druck des Heizwiderstands eingesetzt. „Man kann diese beiden Materialien verwenden, um chemische Reaktoren zu schaffen, die genau das tun, was man will. Wir können ein bestimmtes Heizprofil einrichten und trotzdem alle Möglichkeiten der Mikrofluidik nutzen“, sagte Vlásquez-García zum Einsatz der PLA-Varianten.

Durch Zugabe von Strom in den Heizwiderstand wurde die Energie in Wärme umgewandelt. Diese Wärme heizt die Flüssigkeit auf, die durch die Kanälchen der Mikrofluidikvorrichtung fließt, die ebenfalls im selben Druckvorgang eingerichtet wurde. Damit die Wärme vom Heizwiderstand auf die Flüssigkeit übertragen werden konnte, war es aber nötig, eine dünne PLA-Wand mitzudrucken. Diese musste dünn genug sein, um die Wärme nicht aufzuhalten, aber dick genug, um die Flüssigkeit abzuweisen. Um die chemischen Reaktionen auch beobachten zu können und Rückschlüsse auf die Vorgänge zu erhalten, war es für die Forscher notwendig, transparentes PLA einzusetzen, damit sie die Flüssigkeiten im Gerät beobachten konnten.

PLA wird aus Maisstärke gewonnen und ist eigentlich isolierend. Durch eine Anreicherung durch Kupfer-Nanopartikel wird es elektrisch leitend.

Herausforderungen bei der Herstellung des 3D-gedruckten mikrofluidischen Geräts und weiterer Ausblick

Indem die Forscher auf ähnliche Materialien setzten, gelang es ihnen, beinahe die gleiche Drucktemperatur beim 3D-Druck beizubehalten, was ein klarer Vorteil beim Druck selbst war. Allerdings tun sich bei der Verwendung von PLA auch einige Einschränkungen auf, denn PLA trotzt zwar Temperaturen bis zu 50 Grad, zersetzt sich aber allmählich, wenn die Temperaturen höher liegen. Manche chemischen Reaktionen setzen jedoch erst bei höheren Temperaturen ein. Bei einem PCR-Test sind das etwa 90 Grad Celsius. Um die Temperatur im mikrofluidischen Gerät präzise steuern zu können und eine genaue Messung zu ermöglichen, müsste also ein zusätzliches Material verwendet werden, um den Grenzen von PLA gegenzusteuern. Die Forschungsgruppe rund um Velázquez-García dachte dabei an Magnete, denn diese ermöglichen chemische Reaktionen und sortieren gleichzeitig die Partikel und ordnen diese an. Nebenbei experimentieren die Forscher auch mit anderen Materialien und wollen die elektrischen Leitfähigkeiten von PLA genauer erkunden und das Material tiefergehend analysieren. „PLA-Material ist ein Dielektrikum, aber wenn man diese Nanopartikel-Verunreinigungen hinzufügt, ändert das die physikalischen Eigenschaften völlig. Das ist etwas, das wir noch nicht ganz verstehen, aber es passiert und ist wiederholbar“, kommentiert Velázquez-García und setzt nach: „Wenn wir den Mechanismus verstehen können, der mit der elektrischen Leitfähigkeit von PLA zusammenhängt, würde das die Leistungsfähigkeit dieser Geräte erheblich verbessern, aber es wird viel schwieriger zu lösen sein als andere technische Probleme.“

Obwohl sich das Team noch mit einigen Herausforderungen konfrontiert sieht, sind die Ergebnisse der Studie sehr vielversprechend. Es ergeben sich spannende Anwendungsmöglichkeiten für biologische Proben, das Mischen von Flüssigkeiten und Implantate wie Chips, die sich auflösen. Wie eingangs erwähnt, könnten vor allem Entwicklungsländer von kostengünstig hergestellten Chips mit mikrofluidischen Kanälen und elektrischen Merkmalen profitieren, denn das Verfahren in einem Durchgang senkt die Kosten und den Bedarf an Laborausrüstung. International stößt das MIT-Projekt auf großen Anklang und so gab es bereits positive Rückmeldungen von Seiten der Königlichen Technischen Hochschule von Schweden und der Keio-Universität in Tokio, die beide das Zukunftspotential der 3D-gedruckten mikrofluidischen Geräte betonten und auf mögliche neue Anwendungen eingingen. Mehr dazu finden Sie HIER.

Was halten Sie von diesem 3D-gedruckten, mikrofluidischen Gerät des MIT? Lassen Sie uns gerne einen Kommentar da, oder teilen Sie es uns auf Facebook oder  LinkedIN  mit. Möchten Sie außerdem eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten im 3D-Druck und der additiven Fertigung direkt und bequem in Ihr Postfach erhalten? Dann registrieren Sie sich jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter.

*Titelbildnachweis: MIT

Teilen Sie Ihre Meinung

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

de_DEen_USes_ESfr_FRit_IT
Bleiben Sie auf dem Laufenden
Erhalten Sie jeden Mittwoch eine Zusammenfassung der neusten News rund um den 3D-Druck