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#3DStartup: HETEROMERGE über 3D-Multimaterialdruck im Mikromaßstab

Am 8. August 2023 von Astrid Z. veröffentlicht
Heteromerge

Obwohl die additive Fertigung immer mehr in der Produktion eingesetzt wird, gibt es noch einige Einschränkungen. In der Industrie besteht ein zunehmender Bedarf an Präzision bei den fertigen Teilen. Dies ist besonders wichtig für Modelle im Mikro- und Nanomaßstab. Aus diesem Grund gibt es immer mehr 3D-Mikro-Drucklösungen, die diesen Anforderungen gerecht werden. Eines der Unternehmen, die diese Herstellungsmethode entwickeln, ist die deutsche Firma HETEROMERGE. Wir sprachen mit dem Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens, um mehr über seine Technologie und den 3D-Multimaterialdruck im mikroskopischen Maßstab zu erfahren.

3DN: Könnten Sie sich kurz vorstellen und erzählen, wie Sie zum 3D-Druck gekommen sind?

Robert Kirchner

Mein Name ist Robert Kirchner und ich bin Mitbegründer und Geschäftsführer der HETEROMERGE GmbH mit Sitz in Dresden. Ich habe einen Hintergrund in Elektrotechnik und habe 2011 im Bereich der Herstellung von Polymer-Mikrosystemen promoviert. Während meiner Promotion und vor allem danach in meinen beruflichen Positionen, wie z. B. am Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS) oder am Paul-Scherrer-Institut, habe ich intensiv in den Bereichen Nanoimprint-Lithographie, Graustufenlithographie und 3D-Druck mittels Laserschreiben auf Basis von 2-Photonen-Absorption geforscht.

Das Kernstück dieser Forschung war immer die Herstellung sehr kleiner, funktioneller Strukturen. Wir haben fortschrittliche Originalstrukturen geschaffen und Polymerreplikationstechniken genutzt, um sie in großen Mengen herzustellen. Ein aktuelles Beispiel ist die Herstellung von Wellenleiterstrukturen für die heutigen Augmented-Reality-Brillen. Dank des 2-Photonen-3D-Drucks konnten wir 2013 zum ersten Mal extrem kleine, aber gleichzeitig sehr präzise Freiformstrukturen herstellen. Die Gestaltungsmöglichkeiten gingen weit über das hinaus, was wir bis dahin tun konnten. Die Begeisterung, die mit den ersten Druckversuchen begann, habe ich mir bis heute beibehalten.

3DN: Wie kam es zur Gründung von HETEROMERGE und was sind Ihre hauptsächlichen Aktivitäten?

Seit ich promoviert habe, habe ich mich für die funktionale 3D-Fertigung begeistert. Das führte mich zur additiven Fertigung, bei der ich heute unseren Multimaterial-Druckkopf für den 2-Photonen-Laserdruck verwende. Gemeinsam mit meiner Forschungsgruppe an der Technischen Universität Dresden kamen wir im Rahmen unserer Forschung zu dem Punkt, dass wir Multimaterial-Verbundmikrostrukturen drucken wollten. Der Grund dafür ist einfach: Verschiedene Materialien haben unterschiedliche physikalische Eigenschaften. Wenn man Strukturen aus mehreren Materialien aufbaut, kann man ihnen eine höhere Funktionalität verleihen als bei einem einzelnen Material. Neben vielen anderen Anwendungsbereichen könnte dies unserer Meinung nach einen wichtigen Beitrag zur Herstellung elektronischer und optischer Systeme in der Zukunft leisten. Da 2-Photonen-Laserdrucker jedoch jeweils nur ein Material verarbeiten konnten, standen wir beim Wechsel der Druckmaterialien vor einem Problem der Neuausrichtung. Der Vorteil des hochpräzisen 2-Photonen-3D-Mikrodrucks geht an dieser Stelle praktisch verloren, da eine suboptimale Materialwechsel-Routine verwendet werden muss. Außerdem ist der Materialwechsel sehr zeitaufwändig, wenn er nicht automatisiert wird. Wir haben eine Lösung für dieses Problem entwickelt: unseren Multimaterialdruckkopf. Er ermöglicht eine perfekte Neuausrichtung nach einem schnellen automatisierten Materialwechsel. Wir haben HETEROMERGE gegründet, um unsere Druckkopftechnologie zu vermarkten.

3D-gedruckte Mikronadeln mit patentierter Technologie. (Bild: HETEROMERGE)

3DN: Könnten Sie Ihren Mikro-Multimaterialdruck genauer erklären?

Erstens ermöglicht unsere patentierte Druckkopftechnologie den automatischen Materialwechsel vor Ort. Damit ist das Problem der seitlichen Neuausrichtung nach dem Materialwechsel bei 2-Photonen-Laserdruckern vollständig gelöst. Bei uns gibt es keinen Versatz mehr zwischen Bereichen unterschiedlicher Materialien. Das ist zum Beispiel für hochwertige Mikrooptiken entscheidend. Darüber hinaus ist der Austauschprozess mit unserer Lösung viel schneller und komfortabler als bisher. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass es möglich ist, völlig unabhängig vom Bedruckstoff zu drucken. Das bedeutet, dass man sowohl auf passive Substrate wie Glas oder Silizium als auch direkt auf aktive Komponenten wie LEDs oder Laser drucken kann. Da wir uns für eine offene Fluidiklösung entschieden haben, ist unser Druckkopf vom Substrat unabhängig und setzt der Druckfläche keine Grenzen. Im Prinzip können wir auf Modulebene oder sogar auf Waferebene drucken, um einen tiefen Integrationsgrad für die Fertigung zu erreichen.

3DN: Welche Vorteile bietet diese Technologie und für welche Anwendungen kann sie eingesetzt werden?

Wer heute mit einem 2-Photonen-Laserdrucksystem oder mit den nächsten Generationen vergleichbarer Verfahren druckt, wird mit unserem Druckkopf in Zukunft weitere Funktionalitäten in seine Mikrostrukturen implementieren können. In diesem Sinne sind wir gewissermaßen technologie-agnostisch. Funktionales 3D-Mikrodrucken, wie wir es nennen, wird in erster Linie die Forscher und Entwickler inspirieren, die gemeinsam mit uns diese neue Technologie vorantreiben werden. Es sind viele Anwendungsfelder denkbar. Wenn wir uns die aktuellen Trends in der kommerziellen Nutzung des 2-Photonen-Laserschreibens anschauen, sehen wir Vorteile für Multimaterialstrukturen, insbesondere in den Bereichen Mikrooptik, Photonik, photonisches Packaging, medizinische Geräte und Tissue Engineering. Ein Beispiel: Es könnten winzige Linsenstapel gedruckt werden, deren Einzellinsen aus unterschiedlichen Materialien bestehen. Auf diese Weise kann in der Mikrooptik eine höhere Bildqualität als heute erreicht werden. Wir sind überzeugt, dass unsere Druckkopftechnologie zu vielen weiteren kommerziellen Anwendungen als den zuvor genannten Beispielen verhelfen wird.

Wir haben die Druckkopf-Technologie im Nanoscribe Photonic Professional GT2 System entwickelt und unser Add-on dafür optimiert. In Zukunft können wir das Plug-in auch so weiterentwickeln, dass es mit anderen kommerziellen Drucksystemen und mit selbst gebauten 2-Photonen-Lithografiesystemen eingesetzt werden kann.

(Bild: HETEROMERGE)

3DN: Wo sehen Sie HETEROMERGE und die additive Fertigung in den nächsten 10 Jahren?

Generell ist der 3D-Druck in vielen Bereichen der industriellen Fertigung größerer Strukturen bereits fest etabliert. Der 2-Photonen-Laserdruck als Lösung für die mikroadditive Fertigung ist dabei, die gleiche Reife zu erlangen. Wir sehen dies als einen wertvollen Beitrag zu dem, was in der Elektronikfertigung als Low-Volume-High-Mix-Anwendungen bezeichnet wird, bei denen der 3D-Druck eine sehr flexible Fertigung ermöglicht.

Im Falle von HETEROMERGE bzw. von funktionalen Mikrostrukturen im Allgemeinen sehen wir, dass die additive Fertigung zunächst im Bereich hochwertiger mikrooptischer Elemente und Komponenten zum Einsatz kommen wird. Wir erwarten minimalinvasive medizinische Bildgebungssysteme, die mit additiv gefertigten Mikrooptiken hergestellt werden. Außerdem wollen wir Augmented-Reality-Brillen ermöglichen, die dank ihrer leistungsfähigen, kleinen optischen Komponenten nicht mehr von normalen Brillen zu unterscheiden sind. Wir werden auch dazu beitragen, dass Informationen in Rechenzentren effizienter verarbeitet werden können, indem Glasfasern über gedruckte funktionale Mikrooptiken verlustfrei an Chips gekoppelt werden. Innerhalb der nächsten 10 Jahre werden wir vielleicht auch die ersten optischen Chips sehen, auf die wir funktionale Strukturen aufbringen werden. Ich bin davon überzeugt, dass wir uns viele Anwendungen heute noch gar nicht vorstellen können. Neue Märkte werden entstehen, wenn die Möglichkeiten des funktionalen 3D-Mikrodrucks erkannt werden. Wir stehen erst am Anfang unserer Reise.

3DN: Haben Sie noch abschließende Worte für unsere Leserschaft?

Zunächst einmal möchte ich mich dafür bedanken, dass ich Ihnen HETEROMERGE näher vorstellen durfte. Wir freuen uns über Leser, die mit 2-Photonen-Laserschreibsystemen arbeiten und Multimaterialstrukturen drucken wollen. Wer kein eigenes Drucksystem hat, aber eine potentielle Anwendung für funktionale 3D-Mikrostrukturen hat, kann sich gerne an uns wenden. Wir sind immer auf der Suche nach anspruchsvollen Anwendungen für unsere Technologie. Mehr Informationen zum Unternehmen finden Sie HIER.

Stapel aus Multimaterial-Mikrolinsen. (Bild: HETEROMERGE)

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*Bildnachweise: HETEROMERGE

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