Herzinsuffizienz: Künstliches Perikard aus dem 3D-Drucker

Laut dem Kardiologen Gerd Hasenfuß leiden alleine in Deutschland zwei bis drei Millionen Menschen unter Herzinsuffizienz, Tendenz steigend. Nur bei einem Bruchteil solcher Patienten erfolgt eine Transplantation, häufig wird auf Gewebe von Rindern oder Schweinen zurückgegriffen. Während der 3D-Druck in anderen medizinischen Bereichen wie in denen der Zahnchirurgie und Orthopädie bereits Anforderungen finden, findet der von elastischem Gewebe bisher keine Anwendung, da dieses besonders hohe Anforderungen durch die ständige Aussetzung durch Belastung erfüllen muss. Dies war auch bei Perikard, dem Herzbeutel, bisher der Fall.

Zusammenschluss verschiedener Institute

Im Rahmen des Projektes „Synthese eines biomimetischen Perikard Polymers für kardiale Anwendungen“ (kurz: PolyKARD), haben sich die AdjuCor GmbH, das Fraunhofer IAP, das Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut, Young Optics Europe, und Pro3dure zusammengeschlossen, um ein 3D-gedrucktes, künstliches Perikard herzustellen. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Forschung und Bildung im Rahmen der Fördermaßnahme „Materialinnovationen für gesundes Leben: ProMatLeben – Polymere“.

Künstliche, biomimetische Polymere sollen Tierperikard ablösen

Aufgabe des Fraunhofer-Instituts für angewandte Polymerforschung aus Potsdam (IAP) ist die Erforschung von biomimetischen Polymeren, welche langfristig biostabil sind und den mechanischen Ansprüchen genügen. Dies soll den Grundstein für die Ablösung des bisher verwendete Rinder- oder Schweineperikard legen, welches teuer in der Gewinnung ist. Zudem kann bei diesem kein einheitlicher Qualitätsstandard eingehalten werden kann und keine Langzeitstabilität gewährleistet.

Elektrospinning der Trägersubstrate durch Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut

Dr. Wolfdietrich Meyer, Leiter des Projekts erklärt: „Das Besondere daran ist, dass die Implantate aus Photopolymeren bestehen und individuell im 3D-Drucker oder mittels Elektrospinning hergestellt werden können. Die Monomere werden dafür als Tinten, bzw. Harze entwickelt. Sie polymerisieren erst, wenn sie mit UV-Licht bestrahlt werden.“ So wird auf photovernetzbare Materialien zurückgegriffen, die unter Elektrospinning poröse Strukturen entwickeln, welche hohen Ansprüchen der Biostabilität und mechanischen Belastung entsprechen müssen. Die porösen Strukturen sollen ein Verwachsen mit dem Patientengewebe erlauben.

Mittels Elektrospinning und 3D-Druck sollen personalisierte Perikarde entstehen

Markteinritt nur durch Richtlinieneinhaltung möglich

Die Young Optics GmbH aus Jena sind Experten im 3D-Druck der Medizinerklasse I und II, jedoch muss für die tatsächliche Anwendung des künstlichen Perikard die Medizinerklasse III eingehalten werden. Verkörpert wird dies durch die GMP-Richtlinien, aus dem Englischen: Good Manufacturing Practice. So muss nicht nur eine Rückverfolgung der eingesetzten Rohmaterialien erfolgen, sondern auch das Herstellungsverfahren von dem Upscaling der Photopolymere bis hin zur Harzsynthese muss überwacht werden.

Chancen des künstlichen Perikards

Laut Herzchirurgen und CEO von AdjuCor Prof. Stephen Wildhirt könnte der Rückgriff auf personalisiertes Perikard aus dem 3D-Drucker zu einer besseren Verträglichkeit und somit einer schonenderen Heilungsphase aus Patientensicht führen. Bis es zur tatsächlichen Anwendung am Patienten kommt, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. So planen die die Young Optics Europe GmbH und die pro3dure medical GmbH erste klinische Studien ab 2022.

Neben dem Einsatz des künstlichen Gewebes als Herzbeutel ist geplant, dieses im Bereich der Konstruktion von Herzklappen, der Hirnhaut und Blutgefäßprothesen einzusetzen.

*Das Titelbild stammt von der Seite Adjucor.

Weitere Informationen können Sie der Pressemitteilung des Fraunhofer Instituts und der Seite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung entnehmen.

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Sandra S.:
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