Elfenbein gilt als eines der kostbarsten Materialien der Welt, das die Menschheit seit Urzeiten begeistert. Es handelt sich dabei um die Substanz aus den Stoßzähnen von Elefanten oder Mammuts, wobei heutzutage vor allem die Stoßzähne des Afrikanischen Elefanten für die Gewinnung von Elfenbein erbeutet werden. Schon die alten Römer und Griechen nutzten Elfenbein (lateinisch Ebur) für Zahnersatz, kamen aber auf den Geschmack des edlen Rohstoffes und setzten den Grundstein für die gezielte Jagd danach. Über Jahrhunderte hinweg wurde Elfenbein gehandelt, um daraus Griffe, Klaviertasten, Gefäße, Schmuck, Knöpfe und Erinnerungsstücke zu fertigen.
Die große Nachfrage trieb die Wilderei auf die Spitze, sodass der Elefantenbestand massiv zurück ging. Umweltorganisationen und Tierschutz-Programme bemühen sich um Lösungen für dieses Problem. Aber auch der 3D-Druck kann dazu beitragen, der Elefanten-Ausbeutung den Kampf anzusagen. Diesem Ziel widmet sich das österreichische Unternehmen Eburo. Mit seinem Material Digory bietet es ein veganes Elfenbein, das per 3D-Druckverfahren verarbeitet werden kann. Wir haben mit der Gründerin des Unternehmens Thaddäa Rath gesprochen, um mehr über die Elfenbein-Alternative zu erfahren.
Um Elfenbein zu erbeuten, wird auch heute noch gezielt auf Elefanten Jagd gemacht. (Bild: Pixabay)
3DN: Könnten Sie sich kurz vorstellen und erzählen, wie Sie zum 3D-Druck gekommen sind, und es dann zur Gründung von Eburo kam?
Mein Name ist Thaddäa Rath und ich bin Gründerin der Eburo GmbH, die ich seit 2022 leite. Ich habe an der Montanuniversität Werkstoffwissenschaften studiert und nach meinem Abschluss in Leoben ein Doktorat an der TU Wien angeschlossen. In der Forschungsgruppe für Werkstoffe und Additive Fertigung habe ich mich erstmals mit Stereolithografie beschäftigt. Im Rahmen meines Dissertationsprojektes habe ich ein 3D-druckbares Ersatzmaterial für Elfenbein, welches sich für die hochwertige Restauration historischer Kunstobjekte eignet, entwickelt.
Aufgrund der erfolgreichen Ergebnisse meines Forschungsprojektes entstand Digory®. Der Name ist eine Zusammensetzung aus den englischen Wörtern „digital“ und „ivory“, weil es sich bei dem Material im weiteren Sinne um „digitales“ Elfenbein handelt. Bereits mit der ersten Presseaussendung wurde mit Digory® weltweites Interesse geweckt, da die Thematik rund um Elfenbein bis heute ein großes Problem darstellt. Die positiven Reaktionen haben mich darin bestärkt die Eburo GmbH zu gründen. Unser Ziel ist es, mit Digory® Elfenbein in allen traditionellen Anwendungen zu ersetzen und darüber hinaus neue Einsatzgebiete in Schmuck und Design zu erschließen.
Thaddäa Rath, Gründerin von Eburo (Bild: Klaus Ranger Fotografie)
3DN: Könnten Sie mehr über Digory® erzählen? Wie wird es hergestellt?
Digory® ist veganes Elfenbein, das sich als einziges Elfenbeinsubstitut mittels 3D-Druck verarbeiten lässt. Das bringt jede Menge Vorteile, weil sowohl einfache als auch sehr filigrane Objekte gedruckt werden können und direkt als Endprodukt einsatzbereit sind. Digory® ist, nach dem Vorbild der Natur, ein Komposit aus einer organischen Matrix mit eingelagerten Keramikpartikeln. Dies verleiht dem Material seinen Elfenbeincharakter – und das ganz ohne Elefanten oder anderen Tieren zu schaden.
Ich habe das Material so optimiert, dass es aufgrund seiner Optik, Haptik und physikalischen Eigenschaften wie Dichte, Festigkeit und Bearbeitbarkeit, wie Elfenbein in Bereichen eingesetzt werden kann, in denen höchste Qualität gefragt ist. Während der Entwicklung von Digory® hatte ich laufend Kontakt und Austausch mit Kunstschaffenden, Restauratorinnen und Restauratoren und diese haben ein besonders geschultes Auge. Heute werden Produkte aus Digory® ausschließlich durch unser Unternehmen, die Eburo GmbH produziert und vermarktet.
3DN: In welchen Verfahren kann es verarbeitet werden? Wie funktioniert die Nachbearbeitung?
Digory® wird in einem SLA-Verfahren verarbeitet, da die Objekte, die wir erzeugen, überwiegend ein hohes Auflösungsvermögen und eine glatte Oberfläche erfordern. Nach dem Druck werden unsere Produkte per Hand nachgearbeitet. Dies verleiht der Oberfläche eine authentische Patina. Die Kombination aus moderner Technik und traditionellem Handwerk ermöglicht, dass jedes Stück zu einem Unikat wird. Da die Verarbeitung mit speziellem Fachwissen verbunden ist, kaufen unsere Kundinnen und Kunden kein Rohmaterial, sondern ihre fertigen Produkte.
Durch die Verbindung aus traditionellen und modernen Verfahren entstehen eindrucksvolle Schmuckstücke. (Bild: Eburo GmbH)
3DN: An wen adressieren Sie sich mit Digory® und wo liegen die größten Anwendungspotentiale?
Mit Digory® sprechen wir in erster Linie Kunstschaffende und Designende an – kreative Köpfe, die Digory® in ihren Produkten einsetzen, um Einzigartiges und Neues zu schaffen.
Traditionelle Anwendungen liegen in der Restauration von Kunstgegenständen und Erzeugung von Musikinstrumenten. Darüber hinaus sehen wir – durch die Designfreiheit der additiven Fertigung und die Ästhetik von Digory® – großes Potential für den Designmarkt, wie Schmuck oder Innendesign.
Digory® bietet zahlreiche Einsatzmöglichkeiten in den Bereichen Kunst und Design. (Bild: Eburo GmbH)
3DN: Könnten Sie auf einen konkreten Use Case eingehen?
Für Klaviertasten wird beispielsweise immer noch Elfenbein eingesetzt, da auch hochwertige Kunststoffbeläge aus PMMA nicht mit dem samtigen Touch von Elfenbein mithalten können. Das spielt etwa eine Rolle, wenn man schnelle Stücke spielt: die Finger der Musizierenden rutschen dann nicht ab, weil Elfenbein auch feuchtigkeitsabsorbierend ist. Seit wenigen Wochen gibt es nun auch ein erstes Klavier, das mit Digory®-Belägen ausgestattet ist. Es steht in einem Proberaum des Musikquartiers 1070 in Wien. Neben dem Design und der Farbe der Tasten ist hier vor allem das Spielgefühl entscheidend. Das können wir nur in der praktischen Anwendung und in Zusammenarbeit mit instrumentenherstellenden Unternehmen beziehungsweise den Musizierenden herausfinden. Der Proberaum mit der Digory®-Klaviatur kann jederzeit gebucht werden. Ein Jahr lang erhalten wir regelmäßig Feedback von Musizierenden, die in dieser Zeit einen Fragebogen ausfüllen können. Nach Ablauf des Jahres wird zusätzlich beurteilt, ob es zu Verfärbungen, oder Abrieb gekommen ist und dann wird darüber entschieden, ob es für unsere Beläge weiter in eine Serienproduktion gehen kann.
3DN: Haben Sie noch ein paar abschließende Worte an unsere Leserschaft?
Bei Digory® geht es nicht nur um Schönheit allein – ethische Ästhetik ist für uns mindestens genauso wichtig. Wir möchten ein Bewusstsein für einen nachhaltigen Gebrauch von Rohstoffen schaffen. Die Herstellung von Digory® ist ressourcenschonend und von hoher Qualität, wodurch Produkte entstehen, die für lange Zeit Freude bereiten. Daher kommt auch unser Firmenmotto „Sustainable is Beautiful“. Mehr zu Eburo finden Sie auf der Website.
Eburo vereint Ethik und Ästhetik mit seinen Produkten aus veganem Elfenbein.
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*Titelbildnachweis: Eburo GmbH