Wenn es um starke Teile geht, ist eine der wichtigsten Entscheidungen, die man treffen muss, das richtige Material. Obwohl das Verfahren natürlich eine wichtige Rolle spielt, bestimmt das verwendete Material viele der Eigenschaften des endgültigen Bauteils. Aber woher weiß man, welches Material man wählen soll? Welche 3D-Druckmaterialien sind die stärksten?
Zunächst muss definiert werden, was mit „starkem Material“ gemeint ist. Obwohl „stark“ oft mit „langlebig, beständig“ gleichgesetzt wird, gibt es Unterschiede in den Nuancen der Begriffe. Nach Definition ist die Stärke bzw. Festigkeit von Materialien „die Fähigkeit eines Materials, im Gebrauch mechanischen Kräften zu widerstehen“. Dazu gehören eine Reihe von Faktoren wie Widerstand, Verformung und Rissbildung.
Airwolf3D führt einen Spannungstest durch (Bild: Airwolf3D)
Es gibt viele verschiedene Arten der Festigkeitsprüfung, darunter Härte, Schlagfestigkeit, Druckfestigkeit, Streckgrenze, Ermüdungsfestigkeit und Biegefestigkeit. Eine der am häufigsten verwendeten Messgrößen für Materialien ist jedoch die Zugfestigkeit. Dabei handelt es sich um die maximale Belastung, die ein Material aufnehmen kann, ohne zu brechen, wenn es gedehnt wird, d. h. wie viel Last oder Zugkraft es aufnehmen kann, bevor es entweder dauerhaft gedehnt wird oder bricht.
Das ist es, was wir bei der Bestimmung der Festigkeit verschiedener 3D-Druckmaterialien betrachten werden, insbesondere bei Kunststoff-Filamenten für Fused Deposition Modeling als eine der beliebtesten AM-Methoden. Die Zugfestigkeit wird sowohl in MPa (Megapascal), der Druckeinheit des Internationalen Einheitensystems (SI), die als ein Newton pro Quadratmeter definiert ist, als auch in psi (Pfund pro Quadratzoll) ausgedrückt, das in den Vereinigten Staaten üblicher ist. Die folgende Auflistung ist danach geordnet, ob das Material in die Standard-, die technische oder die Verbundwerkstoff-Familie fällt.
Zu beachten ist auch, dass einige der Materialien mit der höchsten Zugfestigkeit eigentlich flexible Materialien wie TPU sind. In diesem Fall wurden sie nicht berücksichtigt. Außerdem hängen die mechanischen Eigenschaften eines Teils nicht nur vom Material ab, sondern auch von den Druckbedingungen wie der verwendeten Maschine, den Parametern und der Umgebung. Diese Zahlen dienen eher als Richtwert für die relative Festigkeit im Vergleich zwischen den Materialien, aber es muss noch mehr berücksichtigt werden.
Standardmaterialien: Schwächer, aber erschwinglicher
Im Allgemeinen sind Standardmaterialien nicht die stärksten 3D-Druck-Filamente, da sie geringere mechanische Eigenschaften haben. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch Materialien gibt, die stärker sind als andere. Unter den Standardmaterialien gibt es Materialien, die zwar nicht mit technischen oder Hochleistungspolymeren (HPP) vergleichbar sind, aber dennoch eine täuschend hohe Zugfestigkeit aufweisen.
Nehmen wir zum Beispiel PLA. Obwohl PLA oft als eines der schwächeren Filamente angesehen wird, vor allem, wenn man bedenkt, dass es sich im Sonnenlicht zersetzt, hat es eine relativ hohe Zugfestigkeit, die zwischen 53 MPa und 59 MPa liegt. Zum Vergleich: ABS, das oft als stark gilt, hat eine Zugfestigkeit von 34-36 MPA.
Zugfestigkeit für einige gängige 3D-Druckmaterialien, darunter ABS, PLA und PETG (Bild: BCN3D)
Was hier jedoch nicht berücksichtigt wird, ist die Biegefestigkeit und Haltbarkeit, wo ABS tatsächlich dominiert. PLA ist relativ spröde und hat eine schlechte Schlagfestigkeit sowie eine schlechte Wärmebeständigkeit aufgrund einer Glasübergangstemperatur von etwa 60°C. ABS hingegen wird für seine Dehnbarkeit und höhere Wärmebeständigkeit gelobt, die das Material für anspruchsvollere Teile besser geeignet machen.
Im Gegensatz dazu kann PETG in vielen Fällen als das Beste aus beiden Welten angesehen werden. Das Material hat eine Zugfestigkeit von 38 – 44 MPa und eine relativ hohe Biegefestigkeit von 75 – 59 MPs und ist damit in diesen Punkten stärker als ABS, hat aber im Vergleich zu PLA eine geringere Zug- und Biegefestigkeit. Außerdem lässt sich PETG im Vergleich zu ABS, ähnlich wie PLA, leichter drucken, da es gut fließt und keine nennenswerten inneren Spannungen aufweist, die zu einer übermäßigen Verformung oder Delaminierung der Schichten führen könnten.
Technische und hochleistungsfähige Materialien: Einige der stärksten 3D-Druck-Filamente
Die stärksten 3D-Druck-Filamente kommen aus technischen Materialien, die robuster sind und sogar in industriellen Anwendungen eingesetzt werden. Es gibt auch „Hochleistungspolymere“ (HPP), die eine Stufe darüber liegen und sich durch ihre unglaublichen Eigenschaften und ihre Fähigkeit auszeichnen, in einigen Fällen Metall zu ersetzen. Im Folgenden sehen wir uns einige der Materialien mit den höchsten Zugfestigkeiten an:
Polycarbonat
Unter den leistungsstarken Filamenten gilt Polycarbonat (PC) als eines der stärksten. Dies ist auf eine sehr hohe Zugfestigkeit sowie eine hohe Schlag- und Hitzebeständigkeit zurückzuführen. Was die Eigenschaften betrifft, so liegt die Zugfestigkeit in der Regel bei 60-70 MPa. Wie ist das zu verstehen? In einem Test von Airwolf3D aus Kalifornien fanden die Ingenieure heraus, dass ein Polycarbonat-Haken 285 Pfund heben kann. Obwohl das Material extrem stark ist, hat es jedoch auch Nachteile. Vor allem der Druck kann aufgrund der hohen Drucktemperaturen und der Neigung zum Verziehen (Warping) schwierig sein.
Ein mit FDM-3D-Druck und PC hergestelltes Teil (Bild: MatterHackers)
Nylon
Nylon oder Polyamid wird ebenfalls für seine Festigkeit gelobt, die sich jedoch je nach verwendetem Material nach der Anzahl der vorhandenen Kohlenstoffketten unterscheidet. Im 3D-Druck werden PA6, PA11 und PA12 verwendet, wobei die beiden letztgenannten häufig bei SLS zum Einsatz kommen. PA6 wird in der Regel in Form von Filamenten verwendet, obwohl sowohl PA11 als auch PA12 auch in Form von Verbundwerkstoffen erhältlich sind.
Alle drei Polyamide bieten eine hohe Schlagzähigkeit und sind zäh und halbflexibel. PA6 wird jedoch am meisten für Anwendungen geschätzt, die eine hohe mechanische Festigkeit mit einer Zugfestigkeit zwischen 50 und 90 MPa erfordern. Dies variiert natürlich, aber Ensinger Plastics stellt fest, dass PA6 eine Bruchfestigkeit von etwa 79 MPa hat, während PA11 etwa 52 MPa und PA12 etwa 53 MPa beträgt.
Dennoch sind sie alle dank ihrer hohen Schlagzähigkeit, Verschleißfestigkeit und Wärmebeständigkeit gut geeignet. Wenn wir uns auf andere Polyamide als PA6 konzentrieren wollen, kann PA12 eher als „Allrounder“-Material betrachtet werden, das das Beste der beiden anderen vereint, während PA11 für seine Flexibilität gelobt wird. Beide sind außerdem leichter zu drucken.
PEEK
Polyetheretherketon (PEEK) gehört zu den „Hochleistungspolymeren“, das sich durch hervorragende Eigenschaften und eine so hohe Festigkeit auszeichnet, dass es in einigen Fällen sogar mit Metall verglichen wird. Die Zugfestigkeit von PEEK ist deutlich höher als die von technischen Polymeren und liegt in der Regel bei 90 bis 100 MPa, obwohl es in Form von Filamenten bis zu 110 MPa erreichen kann und damit einige Legierungen (nicht mit Eisen) übertrifft.
Neben den ausgezeichneten mechanischen Widerstandseigenschaften, einschließlich Zugdehnung und Biegefestigkeit, sowie der hohen Härte und Schlagzähigkeit, verfügt das Material auch über eine hervorragende chemische Beständigkeit. Zusammen machen diese Eigenschaften das Material nicht nur stark, sondern auch ideal für Anwendungen in einigen der anspruchsvollsten Branchen wie Luft- und Raumfahrt, Automobilbau, Öl- und Gasindustrie sowie Medizintechnik.
PEEK-Filament (Bild: 3D4Makers)
PEKK
Ein weiteres Hochleistungspolymer, das häufig in industriellen 3D-Druckanwendungen verwendet wird, ist PEKK. PEKK (Polyetherketonketon) gehört zur gleichen PAEK-Familie wie PEEK und unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von diesem, nicht aber in seiner Festigkeit. PEKK hat außergewöhnliche mechanische Eigenschaften, darunter eine hohe Zugfestigkeit. Filamente von Lynxter haben eine Zugfestigkeit von 105 MPa und eine Biegefestigkeit von 95 MPa, ähnlich wie bei PEEK. Im Vergleich zu PEEK zeichnet sich PEKK jedoch durch eine bessere Schichthaftung aufgrund einer geringeren Kristallisationsrate aus. Dies wiederum ermöglicht im Vergleich zu PEEK höhere Zugfestigkeiten in jeder Achse. Ähnlich wie PEEK verfügt es über eine hohe Chemikalien- und Wärmebeständigkeit sowie eine hervorragende Biegefestigkeit.
Ultem
Abgerundet wird die Kategorie der Hochleistungskunststoffe durch PEI, das gemeinhin unter dem Markennamen Ultem bekannt ist. Bei diesem Filament setzt sich der Trend zu hoher Zugfestigkeit fort, die allerdings vom verwendeten Filament abhängt. ULTEM 9085 ist mit einer Zugfestigkeit von etwa 70 MPa (10153 psi) das beste Material für hohe Festigkeit, kann aber wie PEKK und PEEK je nach Filament bis zu 110 MPa erreichen. Ultem verfügt außerdem über eine unglaubliche Wärmebeständigkeit, die bis zu 180 C reicht, sowie über eine hohe Schlagzähigkeit und ein gutes Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht. Wie bei den beiden anderen Hochleistungspolymeren in der Liste besteht der Nachteil darin, dass es schwieriger zu drucken und – außer bei industriellen Anwendungen – auch unerschwinglich ist.
Verbundwerkstoffe: Stärke für alle Materialien
Verbundwerkstoffe sind kein einzelnes Material, sondern eine Kategorie, in der zwei oder mehr Materialien kombiniert werden, um die Vorteile beider zu nutzen. Dazu gehören höhere Festigkeit, Steifigkeit, Hitzebeständigkeit und Haltbarkeit. Es gibt heute viele verschiedene Verbundwerkstoff-Filamente auf dem Markt, darunter auch einige mit unüblicheren 3D-Druck-Materialien wie z.B. Holz. Wenn es aber um die Festigkeit geht, gibt es drei, die wirklich herausragen, wenn sie zu einer Polymermatrix hinzugefügt werden. Letztendlich können diese zu den stärksten 3D-Druck-Filamentmaterialien gehören, obwohl es aufgrund der erhöhten Anisotropie, die bereits beim FDM-3D-Druck vorhanden ist, bei der Platzierung der Verbundfasern zu starken Unterschieden zwischen der x-, y- und z-Achse kommen kann.
Kohlenstofffaser (CF)
Kohlenstofffaser oder einfach nur Kohlefaser bzw. Carbonfaser/Karbonfaser ist sowohl die stärkste als auch die teuerste der drei verschiedenen Verbundfasern und wird häufig im 3D-Druck eingesetzt. Wie bei Glasfasern kann auch hier die Bandbreite der Zugfestigkeit recht groß sein, da sie nicht nur von der Kohlenstofffaser, sondern auch von ihrer Anordnung, ihrer Dichte und dem Polymermatrixmaterial abhängt. Einigen Quellen zufolge kann die Kohlefaser selbst eine Zugfestigkeit von etwa 4137 MPa aufweisen. Dies wird nicht vollständig auf das Verbundmaterial übertragen, aber es wird regelmäßig festgestellt, dass die Festigkeit eines Materials durch die Zugabe von Kohlenstofffasern um etwa 40 % erhöht wird.
3D-Druckerteile aus Kohlefaserverbundwerkstoffen (Bild: Anisoprint)
Glasfaser (GF)
Glasfaser ist eine der Verbundfasern, die häufig im FDM-3D-Druck verwendet werden. Wie die beiden anderen tragen Glasfasern dazu bei, die mechanischen Eigenschaften eines Teils zu verbessern und zeichnen sich insbesondere durch ihre Flexibilität und Schadensresistenz aus. Allerdings sind Glasfasern nicht so „stark“ wie Kohlenstofffasern. An sich hat Glasfaser eine Zugfestigkeit von etwa 3450 MPa, wobei die Auswirkungen auf das Filament selbst je nach den verschiedenen Eigenschaften des Materials unterschiedlich sind.
Kevlar (Aramid)
Mit einer Zugfestigkeit, die zwischen der von Glas- und Kohlefasern liegt, und einer geringeren Dichte als Kevlar kann Aramid nützlich sein, wenn Gewicht, Festigkeit und Steifigkeit sowie Beschädigungs-, Ermüdungs- und Spannungsbruchfestigkeit wichtig sind. Allerdings ist Aramid die schwächste der drei Verbundfasern und hat eine Zugfestigkeit von etwa 2757 MPa, die somit unter der von Kohle- und Glasfasern liegt.
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