PEEK, ULTEM und weitere Hochleistungsthermoplasten als Material für den 3D-Druck

In den letzten Jahren sind Hochleistungsthermoplaste zu einem viel diskutierten Thema in der 3D-Druckbranche geworden. In einer Welt, die sich ständig verändert und sich an neue Technologien und Materialien anpasst, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich Hochleistungsthermoplaste durchsetzen konnten. Polyaryletherketon (PAEK) ist eine Familie von teilkristallinen Kunststoffen, die hohen Temperaturen standhalten und gleichzeitig eine enorme Festigkeit aufweisen. PAEK wird hauptsächlich in Form von Polyetheretherketon (PEEK) und Polyetherketonketon (PEKK) eingesetzt, zwei Materialien mit hoher Steifigkeit. Eine deutlich kostengünstigere Alternative zu PEEK und PEKK stellt das Polyetherimid (PEI), auch bekannt als ULTEM, dar. Dieses Material hat ebenfalls viel Aufmerksamkeit erregt, da es aufgrund seines fehlenden Ketons viel weniger kostet. Dies sind nicht die ersten alternativen Druckerfilamente, von denen wir Ihnen berichten. In unserer Reihe „Auf den Spuren der 3D-Druckmaterialien“ haben wir bereits zahlreiche Materialien abgedeckt. Und heute kommt die PAEK- und PEI-Familie hinzu, über die es so einiges zu wissen gibt.
Die Geschichte von PEEK, ULTEM und den Hochleistungsthermoplasten
Gerade Hochleistungsthermoplaste und PEEK sind so stark wie Stahl und oft um 80 % leichter, was sie für die Produktionsindustrie überaus attraktiv macht. Warum werden sie jedoch gerade jetzt zu einem so großen Erfolg im 3D-Druck? Die Wahrheit ist, dass es solche Materialein seit über drei Jahrzehnte gibt, obwohl sie zunächst durch Spritzgießen oder maschineller Bearbeitung genutzt werden. Zunächst war Stratasys das einzige Unternehmen, das in der Lage war, Drucker herzustellen, welche die hohen Temperaturen, die zum Schmelzen von PAEK- und PEI-Polymeren erforderlich waren, bewältigen konnten. Dennoch hatten mit Beginn der Marktöffnung mehr Unternehmen die Möglichkeit, mit ihnen zu experimentieren, was zu einer Massenvermarktung ihrer Erfindungen führte. Mit der Zeit und der Schwächung der Eintrittsbarrieren sehen wir, dass immer mehr Unternehmen in die Branche eintreten und beginnen, 3D-Drucker herzustellen, die PAEK-Thermoplaste verarbeiten können.

Quelle: Apium Additive Technologies GmbH
PEI wurde bereits Ende der 80er Jahre von der Kunststoffabteilung von General Electric entwickelt. Im Jahr 2007 übernahm SABIC, eines der größten börsenorientierten Unternehmen Saudi-Arabiens, die Abteilung und damit die Rechte an der Marke ULTEM. Da das Material eine preiswerte Alternative zu PEEK ist, stieß es umgehend auf großes finanzielles Interesse. In Kombination mit seinen verschiedenen wichtigen physikalischen Eigenschaften, wie zum Beispiel hoher Hitze-, Lösungsmittel- und Flammbeständigkeit, Durchschlagsfestigkeit und Wärmeleitfähigkeit, war es eine hervorragende Lösung für mehrere Industrieprojekte. Unterstützt wird dies unter anderem dadurch, das ULTEM zum bevorzugten Werkstoff geworden ist, wenn es um technische Anwendungen mit sehr hohen Ansprüchen geht. Diese sind zumeist in der Luft- und Raumfahrtindustrie zu finden.
Drucken von PAEK und PEI
Zum heutigen Zeitpunkt (17. Januar 2019) werden PAEK- und PEI-Polymere entweder im FDM- (Fused Deposition Modeling) oder SLS- (Selective Laser Sintering) Verfahren gedruckt. In einer Branche, in der über 65% der 3D-Drucker jedoch die FDM-Technologie verwenden, ist es nur logisch, dass die überwiegende Mehrheit der PAEK- und PEI-Anwendungen in der FDM-Technologie erfolgt. Angesichts der hohen Temperaturbeständigkeit solcher Polymere ist es verständlich, dass kein gewöhnlicher 3D-Drucker diese Filamente verarbeiten kann. Ein PAEK/PEI-Drucker muss über einen Extruder verfügen, der Temperaturen von über 350°C erreichen kann, da dies der Schmelzpunkt solcher Polymere ist. Außerdem muss das Heizbett mindestens 230°C erreichen, damit das Druckergebnis entfernt werden kann. Schließlich sind stärkere Kühlmechanismen erforderlich, um das richtige Temperaturgleichgewicht in der geschlossenen Kammer zu gewährleisten.
Der Nachbearbeitungsprozess von Hochleistungsthermoplasten ist ein interessantes Verfahren. Wie bei jedem komplexen FDM-Druckobjekt ist ein Support erforderlich. Bei PAEK und PEI kann es jedoch aufgrund der Festigkeit des verarbeiteten Materials oft schwierig sein, den Support vom Objekt zu lösen. Daher wird oft eine Auswahl an Werkzeugen verwendet, um die unterstützenden Materialteile zu lösen. Beim SLS-Verfahren wird das Objekt hingegen fast perfekt gedruckt, ohne dass zusätzliche Werkzeuge benötigt werden. Allerdings müssen die Hersteller das Phänomen der Verzerrung berücksichtigen. Nachdem der Druck eines Objekts abgeschlossen ist und die Temperatur in der Kammer sinkt, neigen die Polymere dazu, sich zu verkleinern. Daher sind PAEK und PEI beim Drucken kleiner Objekte sehr beliebt. Doch je größer das Teil, desto höher der Verzerrungs-Effekt. Dies lässt sich zwar durch die Optimierung wichtiger Druckparameter wie Geschwindigkeit und Temperatur steuern, bleibt aber eine Herausforderung.
Hauptproduzenten
Wie zu erwarten, haben viele der großen Chemieunternehmen den Wandel der Hochleistungsthermoplasten im Bereich der additiven Fertigung bereits erkannt. So ist es nicht verwunderlich, wenn Namen wie Arkema, Lehmann & Voss und Solvay bei der Herstellung von PAEK-Materialien auftauchen. Was PEI betrifft, so ist die Marke ULTEM von SABIC vorerst die Einzige auf dem Markt.
Im Hinblick auf 3D-Drucker, die PAEK und PEI unterstützen können, hat der chinesische Hersteller INTAMSYS viel Aufmerksamkeit erregt, da er eine Reihe von professionellen und Desktop-3D-Druckern anbietet. Dennoch wird auch der niederländische Tractus3D immer beliebter, ebenso wie der deutsche Gigant EOS, welcher kürzlich einen neuen HTLS (High Temperature Laser Sintering) Drucker auf den Markt brachte. Vor nicht allzu langer Zeit veröffentlichte 3Dnatives einen Artikel über die besten PEEK- und ULTEM-Drucker auf dem Markt.
Industrielle Anwendungen
Mit einer außergewöhnlichen mechanischen und thermischen Beständigkeit von bis zu 260°C sind PAEK-Materialien im Gegensatz zu den meisten anderen Kunststoffen beständig gegen das Lösen in Ölen und anderen Substanzen. Bei Brandbeanspruchung werden dazu fast keine Gase oder schädlichen Dämpfe freigesetzt. Eine Werkstofffamilie mit einer solchen Anzahl signifikanter Merkmale ist für eine Vielzahl von Branchen nützlich.
Die Automobilbranche begann schnell die einzigartigen Fähigkeiten von PAEK und PEI für einige Anwendungen zu nutzen. Einer der Bereiche, in der PAEK und PEI am meisten Aufmerksamkeit erregt hat, ist die Herstellung von kostengünstigen Schnellspannwerkzeugen für Spritzguss, Thermoformen, Vorrichtungen und Befestigungen. Dies ermöglicht es Unternehmen, kleine bis mittlere Stückzahlen zu niedrigen Kosten zu produzieren, ohne in große Stückzahlen investieren zu müssen. Auch die Herstellung von kundenspezifischen Objekten wird zunehmend gefordert, da diese an bestimmte Anforderungen angepasst werden können und komplexe Änderungen erhalten können, welche ihren strukturellen Aufbau verbessern.

Quelle: Apium Additive Technologies GmbH
Wie bei vielen anderen 3D-Druckmaterialien sind die PAEK- und PEI-Familien im medizinischen Bereich weit verbreitet. PEEK wird bekanntlich für die Abschirmung von Geräten der Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt. Es gilt auch als fortschrittliches Biomaterial, welches für medizinische Implantate, Verstärkungsstäbe und Wirbelsäulenfusionsgeräte verwendet wird. Die Beständigkeit gegen kochendes Wasser und überhitzten Dampf macht es zudem perfekt für Objekte, die bei extrem hohen Temperaturen sterilisiert werden müssen.
Hochleistungsthermoplaste werden häufig in der Luft- und Raumfahrtindustrie eingesetzt. Chemische Beständigkeit, hohe Festigkeits- /Gewichtsverhältnisse und niedrige Brand-, Rauch- und Toxizitätswerte machen solche Polymere zum idealen Ersatz für Metall, welches häufig für Objekte und Werkzeuge von Raumfahrtzeugen verwendet wird. Wärmedämmung, Strukturhalterungen, Klemmen und Abstandshalter, Befestigungselemente, Verbindungen und Rohrleitungssysteme sind nur einige Beispiele dafür, wofür die Luft- und Raumfahrtindustrie vermehrt PAEK und PEI einsetzt, wodurch das Gewicht der Teile oft um 70% reduziert werden konnte.
Andere Industrien, die durch fortschrittliche Thermoplaste beeinflusst werden, sind unter anderem die Marine-, Nuklear-, Öl- und Gasindustrie.
Die Zukunft von PAEK und PEI
Der Einsatz von Hochleistungsthermoplasten, wie PEEK oder ULTEM, ist bei Weitem noch nicht ausgereift. Es gibt noch immer Aspekte des Herstellungsprozesses, die ständig bearbeitet und verbessert werden. Wie bereits erwähnt besteht beispielsweise nach dem Drucken eines PAEK-Objekts immer noch Bedarf an einer komplexen Nachbearbeitung. Neue Innovationen verbessern dieses Druckerlebnis jedoch ständig. Eine Reihe von Unternehmen arbeitet derzeit an einer FDM-Lösung, bei der der Support des Objekts mit einem anderen Material gedruckt wird, sodass er nach Abschluss des Drucks schneller und einfacher entfernt werden kann. Darüber hinaus haben Organisationen wie Kimya begonnen, sich darauf zu konzentrieren, Kombinationen von Materialien anzubieten, um das Beste aus mehreren Materialien zu nutzen. Auf diese Weise kann das Endprodukt zum Beispiel 70 % PEEK und 30 % Kohlefaser enthalten.

Quelle: Apium Additive Technologies GmbH
Da die Patente nun immer mehr auslaufen und die Eintrittsbarriere für die Herstellung von PAEK- und PEI-Thermoplasten sinken, erwarten wir, dass immer mehr Unternehmen der Lieferkette beitreten. Dies wird natürlich den Wettbewerb verschärfen und die Kosten der Endproduktion senken, was zu einer höheren Nutzung von PAEK-bezogenen Produkten in der Branche führt. Im Allgemeinen zeichnet sich ab, dass solche Thermoplaste auf Dauer Bestand haben und mit der anhaltenden Revolution des Metalldrucks konkurrieren können.
Was halten Sie von der Verwendung von Hochleistungsthermoplasten wie PEEK oder ULTEM im 3D-Druck? Können Sie sehen, dass auch andere Branchen in naher Zukunft beeinflusst werden? Teilen Sie uns Ihre Meinung mit und hinterlassen Sie uns ein Kommentar unten oder auf Facebook, Twitter oder Google+. Und denken Sie daran sich für unseren wöchentlichen Newsletter kostenlos anzumelden, um keine Neuigkeiten im 3D-Druck mehr zu verpassen!