Raise3D RMS220 im Test: Die erste SLS-3D-Druckerplattform von Raise3D

Dieses Jahr feiert Raise3D sein zehnjähriges Bestehen. Bekannt für seine professionellen FDM-Drucker, insbesondere die Pro3 und E2, sowie seit kurzem für die Harzsysteme DF2 und DF2+, erweitert die Marke mit der Einführung ihres ersten SLS-Druckers, dem Raise3D RMS220, ihr Portfolio ganz entscheidend. Es ist der erste SLS-3D-Drucker des Herstellers. Diese Markteinführung symbolisiert einen strategischen Wendepunkt für den Hersteller, der sich als umfassender Multi-Technologie-Anbieter im professionellen Segment etablieren möchte, mit dem Angebot von Filamentextrusion, Photopolymerisation und nun auch selektivem Lasersintern. 

Die RMS220 wurde erstmals auf der TCT Asia 2025 vorgestellt. Sie positioniert sich im Markt der kompakten SLS-Maschinen, einem Segment, das bisher von Herstellern wie Formlabs, Sinterit oder Wematter dominiert wurde. Raise3D verfolgt dabei einen neuen Ansatz: ein schnelleres, offeneres und vor allem erschwinglicheres System, ohne Abstriche bei der Druckqualität. Die Maschine kann bis Ende 2025 vorbestellt werden und wird im ersten Quartal 2026 offiziell auf den Markt kommen. 

Wir konnten ein Vorserienmodell direkt in den Räumlichkeiten von Raise3D in Portugal zu testen. Diese Version war noch nicht endgültig: Einige Bauteile waren 3D-gedruckt, andere Funktionen noch nicht aktiviert. Der Test ermöglichte dennoch einen präzisen Eindruck von der Zielsetzung des Herstellers und der Positionierung dieser neuen Plattform. 

Testbedingungen 

Bei unserem Besuch war der RMS220 bereits von den Teams von Raise3D installiert und kalibriert worden. So konnten wir uns ganz auf die Software, die mechanische Funktionsweise und die Druckleistung konzentrieren, ohne uns um die Montage oder die Netzwerkinstallation kümmern zu müssen. 

Bei dem getesteten Gerät handelte es sich um einen fortgeschrittenen Prototyp, also eine Vorserienmaschine, die dem finalen Modell bereits sehr ähnlich war, aber noch einige für diese Entwicklungsphase typische Besonderheiten aufwies. Mehrere interne Elemente, wie Scharniere, Stützarme, Gitter und Befestigungen, waren noch 3D-gedruckt – eine praktische Lösung, um die Entwicklung vor dem Übergang zur Produktion zu beschleunigen. In der endgültigen Version werden diese Teile im Spritzgussverfahren hergestellt, was für höhere Robustheit, längere Lebensdauer und eine sauberere Oberfläche sorgt, im Einklang mit den Qualitätsstandards von Raise3D.

Das aktive Kühlsystem des Baumoduls war bei unserem Test noch nicht betriebsbereit, ebenso wenig wie die externe Stromversorgung und die autonomen Steuerungen der Baueinheit. Letztere ermöglichen es in der kommerziellen Version, die Temperatur und das Anheben der Platte unabhängig von der Reinigungsstation zu steuern, was die Flexibilität für die Anwender deutlich erhöht. 

Auf Materialseite beschränkten sich unsere Tests auf PA11, das einzige vor Ort verfügbare Material. Raise3D zeigte auch Muster, die aus PA12 und TPU gedruckt wurden, um die Vielseitigkeit der Maschine zu verdeutlichen, aber wir konnten diese nicht selbst herstellen. 

Mehrere Softwarefunktionen befanden sich noch in der Optimierungsphase, insbesondere die Integration des Produktionsmodus mit der Verwaltung des Arbeitsablaufs mehrerer Baueinheiten. Beim Lesen dieses Tests sollte berücksichtigt werden, dass die finale Version der RMS220 voraussichtlich sowohl in Hardware als auch in Software deutlich weiterentwickelt sein wird. 

Technische Daten und Design 

Mit einer Grundfläche von nur 0,58 m² ist der RMS220 kompakt und lässt sich leicht in eine professionelle Umgebung integrieren. Gleichzeitig bietet er ein großzügiges Fertigungsvolumen von 220 x 220 x 350 mm, was einem Nutzvolumen von etwa 17 Litern entspricht. Das ist mehr als bei einem Formlabs Fuse 1+ und fast so viel wie bei einigen größeren Industriemaschinen. 

Raise3D hat sich für einen 75-W-Faserlaser (Wellenlänge 1064 nm) entschieden, der mit einem schnellen Galvanometer und einer F-Theta-Optik gekoppelt ist. Mit dieser Kombination erreicht er eine Abtastgeschwindigkeit von 30.000 mm/s, was deutlich über dem Marktdurchschnitt liegt (oft zwischen 12.000 und 20.000 mm/s). Die Wahl eines Faserlasers ist in dieser Produktreihe ungewöhnlich, da die meisten kompakten SLS-Maschinen noch CO₂-Laser verwenden. 

Die Entscheidung für einen Faserlaser ist eine wichtige technische Entscheidung von Raise3D, die mehrere konkrete Vorteile mit sich bringt. Erstens erfordert dieser Lasertyp deutlich weniger Wartung als ein herkömmliches CO₂-System: Er erfordert weder eine komplexe Ausrichtung der Spiegel noch eine regelmäßige Wartung der Laserröhre und hat eine deutlich längere Lebensdauer. Zweitens bietet der von einem Faserlaser erzeugte Strahl eine höhere Stabilität und Homogenität, was eine gleichbleibende Qualität über die gesamte Baufläche hinweg gewährleistet. Schließlich zeichnet sich diese Technologie durch ihren geringen Energieverbrauch aus. Während ein CO₂-Laser oft ein externes Flüssigkeitskühlsystem erfordert, benötigt der RMS220 lediglich einen einfachen 230-V-/16-A-Anschluss, ohne dass eine spezielle Installation erforderlich ist. Dies ist ein nicht zu vernachlässigender Vorteil für Unternehmen, die einen leistungsstarken SLS-Drucker integrieren möchten, ohne ihre bestehende elektrische Umgebung zu verändern. 

Die Pulververteilung erfolgt über einen Trichter und einen patentierten Recoater, die eine gleichmäßige Schichtauftragung gewährleisten und entscheidend sind für eine gleichbleibende Druckqualität. Die vollständig herausnehmbare Baueinheit 220 ermöglicht es, schnell einen neuen Druckauftrag zu starten, während ein anderer noch abkühlt. In der finalen Version wird sie über eine aktive Kühlung verfügen, die die Temperatur der Baukammer innerhalb von 15 bis 30 Minuten nach dem Druck absenkt. Derzeit dauert dieser Vorgang noch mehrere Stunden. 

Die RMS220 zeichnet sich außerdem durch ihren integrierten Stickstoffgenerator aus, eine Neuheit in dieser Preisklasse. In Verbindung mit einem externen Kompressor ermöglicht er das Drucken in einer kontrollierten Atmosphäre, wodurch Oxidation reduziert und der Bedarf an frischem Material deutlich verringert wird: je nach Werkstoff auf bis zu 10 % Auffrischungsanteil, im Vergleich zu etwa 50 % bei Luftbetrieb. Anwender können jedoch auch im Luftmodus drucken, wenn eine einfachere Handhabung bevorzugt wird. 

Das gesamte System wird über einen großen Touchscreen gesteuert, der mit einer internen Kamera zur Fernüberwachung und einer vollständigen Wi-Fi-/LAN-Verbindung kombiniert ist. Beim getesteten Modell waren einige interne Befestigungen noch verschraubt, in der finalen Version ist jedoch eine Schnellmontage vorgesehen, ebenso wie eine pulverabweisende Beschichtung in der Druckkammer, um die Reinigung zu erleichtern. 

Software und Benutzererfahrung 

Auf Softwareseite basiert die RMS220 auf ideaMaker, dem von Raise3D entwickelten Slicer. Dafür wurde die Software umfassend an die SLS-Technologie angepasst, und wir konnten eine Beta-Version testen, die bereits mehrere spezifische Tools integriert. 

Dazu gehört unter anderem die Funktion „3D Packing“, das automatische Nesting, das ermöglicht, die Teile im Druckvolumen optimal anzuordnen. Der Algorithmus arbeitet zuverlässig und erzielt eine gute Ausnutzung des Volumens, auch wenn die automatische Rotation und die Kollisionsprüfung noch verbessert werden können. Eine weitere Neuerung ist die vorausschauende Wärmeanalyse: Dieses Tool hebt Bereiche des Pulverbetts hervor, die potenziell Temperaturschwankungen unterliegen könnten, und hilft so, Verformungsrisiken schon vor dem Start eines Druckauftrags zu vermeiden. Zudem erstellt ideaMaker nun detaillierte Berichte nach dem Slicing, die Informationen wie Fülldichte, geschätztes Gewicht und eine vollständige Analyse der Produktionskosten enthalten. Diese Kennzahlen sind besonders wertvoll für Fachleute, die ihre Produktion und Materialkosten präziser planen möchten. 

An der Maschine selbst ist die Benutzeroberfläche flüssig und gut gestaltet. Die automatische Kalibrierung der vier Infrarot-Heizzonen sorgt für eine gleichmäßige Temperatur über die gesamte Druckbettfläche. 

Ein kleiner ergonomischer Nachteil: Der Touchscreen reagiert nicht sehr gut auf Handschuhe, was in einer Umgebung, in der aufgrund von Staub oft Handschutz getragen werden muss, störend sein kann. Bei unserem Gerät mussten wir manchmal die Handschuhe ausziehen, um mit der Benutzeroberfläche interagieren zu können. 

Schließlich plant Raise3D, RaiseCloud bis Mitte 2026 in den RMS220 zu integrieren. Diese Integration ermöglicht die Fernüberwachung mehrerer Drucker, die Planung von Druckaufträgen und die Verwaltung von Druckhistorien über ein zentrales Dashboard, ein willkommener Fortschritt für Produktionsumgebungen. 

Leistung und workflow

Die mit PA11 durchgeführten Drucke zeigten eine Maßgenauigkeit von etwa ±0,2 mm, was vollständig den professionellen SLS-Standards entspricht. Die gefertigten Teile überzeugen durch eine hervorragende Oberflächenqualität, gleichmäßige Strukturen und eine kontrollierte innere Dichte. 

Raise3D gibt eine Produktivität von bis zu 2,2 l/h mit PA12 bei einer Füllstoffdichte von 20 % an, was einer täglichen Produktionsmenge von bis zu 5 kg entspricht. Diese Werte erwiesen sich in unseren Tests als realistisch.

Beim Thema Materialien verfolgt Raise3D einen zweistufigen Ansatz, der ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Offenheit und Sicherheit bietet. Erfahrene Nutzer können sich für eine Vollversion der Lizenz entscheiden, die etwa 5.999 € kostet und alle Druckeinstellungen freischaltet, sodass mit jedem Pulver gearbeitet werden kann, auch mit Pulver von anderen Herstellern. Für Anwender, die lieber in einem validierten Rahmen arbeiten möchten, bietet Raise3D zudem ein Materialkartensystem an, das rund 120 € pro 10 kg kostet. Diese Karten aktivieren vorübergehend vorkonfigurierte und geprüfte Profile für bestimmte Pulver und gewährleisten so zuverlässige Ergebnisse, ohne dass eigene Tests nötig sind. Diese hybride Strategie ermöglicht es, die Flexibilität der Maschine zu bewahren und zugleich eine gleichbleibende Druckqualität sicherzustellen, angepasst an das jeweilige Erfahrungsniveau der Benutzer. 

Raise3D arbeitet bereits mit Partnern wie Fabulous zusammen, um ein FDA-zertifiziertes PA anzubieten. Weitere Materialien wie PA6, PA-CF, PP und TPU sollen das Portfolio in Kürze ergänzen. 

Nachbearbeitung und Gesamtsystem 

Die RMS220 wird mit einer speziellen Reinigungsstation geliefert: der C220-P. Diese kompakte und durchdachte Station ermöglicht das Sieben, Reinigen und Recyceln des Pulvers direkt nach dem Druck. Die Station kann wahlweise geschlossen, mit integrierten Handschuhen, oder offen betrieben werden, indem die Frontabdeckung entfernt wird, um einen direkteren Zugriff zu ermöglichen. Eine integrierte Absaugung erfasst dabei schwebendes Material und verhindert Emissionen. 

Bei der getesteten Version war die Druckluftpistole noch nicht vorhanden, sie wird jedoch in der finalen Ausführung integriert sein, um den Reinigungsprozess zu beschleunigen. Raise3D empfiehlt, pro Material eine Station zu verwenden, um Kreuzkontaminationen zu vermeiden, was bei SLS von entscheidender Bedeutung ist.

Für Anfang 2026 ist ebenfalls eine automatisierte Strahlkabine geplant, um das Nachbearbeitungssystem zu vervollständigen. Damit möchte der Hersteller eine vollständige SLS-Lösung anbieten, von der Druckvorbereitung bis zum fertigen Bauteil, einschließlich Rückgewinnung und Wiederverwendung des Materials.

Mélanie W.: Diplômée de l'Université Paris Dauphine, je suis passionnée par l'écriture et la communication. J'aime découvrir toutes les nouveautés technologiques de notre société digitale et aime les partager. Je considère l'impression 3D comme une avancée technologique majeure touchant la majorité des secteurs. C'est d'ailleurs ce qui fait toute sa richesse.
Related Post
Disqus Comments Loading...