Metall durch Oxidation stärken – ein radikaler Forschungsansatz mit großem Potential?

Der 3D-Metalldruck findet in zahlreichen Feldern Anwendung und in der Luft- und Raumfahrt, in der Automobilbranche oder auch im Schiffbau werden beständig Möglichkeiten erörtert, die Potentiale der additiven Metallfertigung zu erweitern. Mittlerweile werden großformatige Bauteile aus Metallen per 3D-Verfahren hergestellt und die Technologien in immer extremeren Umgebungen getestet, unter anderem im Weltraum. Trotz der zahlreichen Fortschritte auf diesem Gebiet sehen sich die entsprechenden Ingenieure mit beständigen Herausforderungen in Bezug auf Technologie und Materialien konfrontiert: Porosität, Isotropie und Korrosion sind nur einige der Schwierigkeiten, die es zu bewältigen gilt, um die Lebensdauer und die Effizienz der gefertigten Teile zu gewährleisten. Doch was wäre, wenn man diese Herausforderungen in einen Vorteil verwandeln könnte? Könnten sich die vermeintlichen Nachteile der Materialien vielleicht doch als Vorteil herausstellen?

Diese spekulative Überlegung führte Professor Changhong Ke zu einer radikalen Forschungsannahme. Der Dozent an der Fakultät für Maschinenbau am Thomas J. Watson College of Engineering and Applied Science der Binghamton University will herausfinden, ob es eine Möglichkeit gibt, Metall durch Oxidation stärker zu machen. Mithilfe von Nanoröhren, die er in Metall für additive Fertigung einbettet, will er feststellen, ob sich die leidige Korrosion nicht auch positiv nutzen lässt.

Professor Changhong Ke baut Nanoröhre in additiv gefertigtes Aluminium ein, um die Auswirkungen von Korrosion zu erforschen. (Bild: Jonathan Cohen)

Diese gewagte Annahme resultiert aus den Eigenschaften von Bornitrid, welche sich eventuell gewinnbringend in Verbindung mit Metallen nutzen lassen. Bornitrid ist eine Verbindung, die bereits in Kosmetika, Bleistiftminen und im Dentalbereich Anwendung findet. Professor Changhong Ke glaubt, dass mikroskopische Strukturen aus Bronitrid Metalle so verstärken könnten, dass diese weniger stark auf feuchte Umgebungen wie z.B. Meerwasser reagieren und ihnen sogar stärkende Eigenschaften verleihen könnten. „Oxidation lässt sich nicht vermeiden, also versuchen wir, sie zu unserem Vorteil zu nutzen, indem wir sie in einen neuen Verstärkungsmechanismus umwandeln, der das Material stärker macht“, sagte Ke dazu.

Um diese selbstverstärkenden Eigenschaften zu erreichen, will er eine absichtlich gesteuerte Porosität im Metall erzeugen, die eine leichtere Oxidation möglich macht. In diesem Fall wäre die Oxidation ein Vorteil und würde nicht zu Schäden führen. Dafür setzt Ke Nanoröhrchen in das Metall ein. Diese sind nur einige Nanometer dick und maximal hundert Mikrometer lang. „Wir haben es (Anm: das Material) als Sandwich-Struktur entworfen“, erklärt er. „Es ist wie ein Hotdog, mit dem Nanoröhrchen als Fleisch und dem Metall als Brot.“

Oxidation von Metall als Gamechanger?

Es gilt dann, herauszufinden, wie Oxidation die Bindung der Nanoröhre an das Metall verändert und sich auf den Selbstverstärkungsmechanismus auswirkt. Ein hochauflösendes Rasterelektronenmikroskop macht es dem Forschungsteam möglich, dieses Geschehen in Echtzeit zu beobachten und zu dokumentieren. Um herauszufinden, wie die Lastübertragug erfolgt, und wie sich die Oxidation auf die Steifheit, Festigkeit und Zähigkeit des durch Nanoröhrchen verstärkten Metalls auswirkt, wird das Team rund um Ke die These auch im größeren Maßstab testen. Computermodelle sollen außerdem dazu beitragen, das Verständnis zu erleichtern, wie die Selbstverstärkung erfolgt.

Für seinen radikalen Ansatz erhielt Ke ein Stipendium in Höhe von 150.000 US-Dollar von der National Science Foundation. Der Early Concept Grant for Exploratory Research unterstützt ungetestete, aber vielversprechende Forschungsideen, die vielleicht bahnbrechende Ergebnisse liefern könnten.

Professor Ke ist von seinem Ansatz überzeugt und sieht große, potentielle Auswirkungen auf die Materialbranche und die Anwendungs-Industrien: „Wir hoffen, dass dies der wissenschaftlichen Gemeinschaft eine neue Perspektive auf die Metalloxidation im Hinblick auf zukünftiges Materialdesign bietet“, sagte er. „Das könnte die Forschungslandschaft für diese Metallmaterialien verändern, insbesondere für 3D-gedrucktes Metall. Es gibt so viele vielversprechende Anwendungen in verschiedenen Bereichen und es könnte sogar die Wettbewerbsfähigkeit der US-Produktion wiederbeleben.“ Es bleibt abzuwarten, ob Rost an Metallen tatsächlich positiv genutzt werden kann. Mehr zum Forschungsansatz finden Sie HIER.

Bild: Pixabay / rperucho

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*Titelbildnachweis: Pixabay / robert_owen_wahl

Astrid Z.:
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