Experteninterview: So profitieren Sie von einer Workflow Management Software

Da 3D-Drucklösungen zunehmend in einer Vielzahl von Branchen eingesetzt werden, besteht ein klarer Bedarf an rationalisierten Lösungen, die sicherstellen, dass jeder Schritt des Prozesses in der Herstellung optimiert wird. Hier kommen unter anderem Softwarelösungen für das Workflow-Management in der Additiven Fertigung ins Spiel. Diese Software, auch bekannt als MES-Software oder Additive Manufacturing Execution Systems, ähnelt den traditionellen Manufacturing Execution Systems, d. h. computergestützten Systemen, mit denen jeder Schritt in der Umwandlung eines Rohmaterials zum Endprodukt verfolgt und dokumentiert wird. Allerdings wurden die AM MES-Lösungen speziell für die Anforderungen der additiven Fertigung entwickelt. Das heißt, es handelt sich um eine Software, die dafür sorgt, dass jeder Schritt von der Modellierung, dem Schneiden, dem Drucken bis hin zu den Nachbearbeitungsprozessen optimiert wird und über einen einfachen Ort abgerufen und überwacht werden kann. Viele ermöglichen auch die Nachverfolgung vom Einkauf bis zum Versand des fertigen Teils, was diese Software besonders wichtig für Druckdienstleister macht, da sie Produkte für Millionen von Kunden pro Monat herstellen. Warum ist es also sinnvoll, dass Unternehmen diese Software einsetzen? Was sind die Vorteile? Welche Einschränkungen gibt es? Unsere Experten haben die Antwort auf die Fragen, wie und warum MES-Lösungen in ihren Unternehmen eingesetzt werden.

Unser erster Experte ist Mike Moceri, der Gründer und CEO von MakerOS. Er verfügt über umfangreiche Erfahrungen in den Bereichen Fertigung, Design und Software. Im Jahr 2013 hat er das weltweit erste 3D-Druck-Servicebüro für den Einzelhandel in Chicago mitgegründet. MakerOS, eine gleichnamige Software des Unternehmens, ist zudem eines der bekanntesten Manufacturing Execution Systems (MES) in der additiven Fertigung. Matthew Forrester, unser nächster Experte, kümmert sich um die technische Seite der additiven Fertigung innerhalb der L’Oréal-Gruppe: vom Prototyping über industrielle Anwendungen bis hin zur Entwicklung und Optimierung von Verpackungskomponenten für die Fertigwarenproduktion. Gaël Spiral schließt unsere Expertenrunde als Leiter des Erpro-Standorts in Toulouse. Erpro ist führender 3D-Druck-Dienstleister in Frankreich. Sowohl L’Oréal als auch Erpro haben eine MES-Lösung integriert, um ihre Prozesse zu rationalisieren.

Mike Moceri
Matthew Forrester
Gaël Spiral

Warum sollte ein Unternehmen eine Workflow-Software für die additive Fertigung einsetzen?

Der AM-Workflow umfasst jeden Schritt, der zwischen der Erstellung eines Modells und dem tatsächlichen fertigen Teil stattfindet. Genau wie in der traditionellen Fertigung zielen AM-MES-Softwares darauf ab, den Herstellern dabei zu helfen, jede Phase des Fertigungsprozesses zu strukturieren und mitzuverfolgen, so dass ein Teil von seiner Konzeption bis zu seiner Herstellung nicht nur überwacht werden kann, sondern auch auf organisierte Weise verwaltet wird. Dies wiederum ermöglicht nicht nur schnelleres, effizienteres Arbeiten, sondern reduziert auch die Fehleranfälligkeit im Fertigungsprozess.

Aus diesen Gründen entscheiden sich immer mehr Unternehmen, die mit dem 3D-Druck arbeiten, für den Einsatz einer Workflow-Management-Software für die additive Fertigung. Dies ist besonders wichtig, wenn Unternehmen ein hohes Volumen an 3D-gedruckten Teilen produzieren. Dies war zum Beispiel bei L’Oréal der Fall. Der Konzern sah die Integration einer MES-Software als logischen Schritt, als die Produktion von 3D-gedruckten Teilen erhöht wurde. Forrester merkt an: „Wir produzieren intern Tausende von Teilen pro Jahr, und der Wechsel zu einer digitalen Lösung ermöglichte es uns, einen vollständigeren Überblick über das Ökosystem und seine Abläufe zu gewinnen, so dass Leistungsoptimierungen vorgenommen werden konnten, welche die Agilität weiter erhöhen, die vorher nicht unbedingt offensichtlich waren.“ L’Oréal nutzt AMFG, weil die Software perfekt auf ihre spezifischen Bedürfnisse abgestimmt werden konnte.

Erpro begann aus einem ähnlichen Grund mit dem Einsatz einer Workflow-Software. Spiral erwähnt: „Wir begannen, ein sehr hohes Volumen an 3D-gedruckten Teilen zu verwalten, etwa eine Million pro Monat. Wir mussten eine Lösung finden, mit der wir alle Schritte bei der Produktion dieser Teile von der Herstellung bis zum Versand verfolgen, steuern und besser verwalten konnten. Herkömmliche Software war für die von uns zu bewältigenden Mengen nicht mehr ausreichend.“ Er merkte auch an, dass Erpro sich für 3Yourmind als bevorzugte Software entschieden hat, da diese ein gewisses Maß an Vielseitigkeit bietet und über die bessere Kontrolle der einzelnen Schritte des AM-Prozesses hinaus auch die Preisgestaltung verwaltet.

Die vorgestellten Lösungen sind jedoch nicht nur für große OEMs oder Servicebüros nützlich. Moceri merkt an, dass wirklich jeder im Bereich der additiven Fertigung von diesen Softwares profitieren könnte: „Wir haben MakerOS speziell für den modernen Produktdesigner, Ingenieur und Verarbeiter entwickelt. Allein in den USA gibt es über 150.000 Ingenieurbüros, Auftragsfertiger, Job-Shops, Prototypenbauer mit 50 oder weniger Mitarbeitern, die nicht die Zeit, das Geld, die Geduld oder manchmal auch das Know-how haben, ein effektives Business-Betriebssystem zusammenzustellen, um in der Post-COVID-Ära wettbewerbsfähig zu sein.“ Ein Beispiel dafür ist Hydra Research in Portland, OR. Der CEO und Gründer, John Kray, merkte an, dass MakerOS für ihn den Arbeitsalltag erleichtert, weil es die Projekteinreichung seiner Kunden vielfach verbessert. Insbesondere hilft das Tool im dabei, das Projektmanagement für 3D-Dienstleistungen zu rationalisieren und ein atttraktives Kundenprojektportal anzubieten.

Wie wird die Software eingesetzt?

Aber wie können die Softwares die Unternehmen tatsächlich unterstützen? Moceri kann denkt dabei an drei Hauptkategorien, um welche erklären, warum Menschen speziell von AM-Workflow-Tools profitieren können. Nämlich Organisation, Zusammenarbeit und natürlich die finanziellen Vorteile. Aber was bedeutet das? Im Fall von MakerOS würde die Organisation den Anwendern ermöglichen, alle notwendigen Daten für ein Projekt an einem einzigen, einfach zu bedienenden Ort zu haben: „Ich habe persönlich zwei Unternehmen vor MakerOS gegründet und geleitet, wo wir täglich etwa sechs unterschiedliche Anwendungen benutzt haben, um die Abrechnung, das Projektmanagement, die Kunden- und Teamkommunikation, die Dateianalyse usw. zu organisieren. Daraus resultierte, dass wir Daten für ein einzelnes Projekt an mehreren verschiedenen Orten hatten, welche manuell eingegeben werden mussten. Wenn wir diese dann an einem anderen Ort haben wollten, mussten wir eine teure und umständliche Lösung dafür finden bzw. integrieren. Also haben wir uns dazu entschlossen uns zukünftig diese Kopfschmerzen zu ersparen, indem wir mehrere Module innerhalb der MakerOS-Plattform aufgeteilt und alles nahtlos in einem Portal zusammengeführt haben.“

Bild: Erpro

Das ist natürlich bereits ein großer Vorteil, aber es gibt weitere Vorteile. Durch die bessere Organisation von Dateien und allen weiteren Informationen, welche für ein Projekt benötigt werden, ermöglicht das zentrale System auch eine deutlich bessere Zusammenarbeit. Jeder der Projektbeteiligten kann auf alle Dateien zugreifen, da diese in einem zentralen Portal abgespeichert werden und nicht auf Grund einer Vielzahl von Personen auf zahlreiche Orte verstreut werden. Der letzte Vorteil ist natürlich, dass diese Optimierung den Unternehmen theoretisch einen höheren Return on Investment ermöglicht. Je schneller und effizienter die AM-Prozesse sind, desto mehr Teile können hergestellt werden. Workflow-Lösungen für die additive Fertigung spielen daher eine entscheidende Rolle für die Optimierung unternehmensinterner Prozesse.

L’Oréal stimmt dem zu – besonders in der Pandemiezeit, in der es ungewiss ist, wann die Mitarbeiter sich sehen können: „Anstatt E-Mails zu verschicken oder dicke Dateien mit einem USB-Stick ins Labor zu bringen (was in den letzten Monaten noch schwieriger geworden ist), können unsere Ingenieure mit ein paar Klicks ein Teil bestellen und wissen, dass innerhalb von 24 Stunden eine physische Komponente einsatzbereit ist. Eine einzige Softwarelösung bedeutet, dass bei der Bestellung von Komponenten die internen Abrechnungs-, Berichts- und Lagerverwaltungsdaten automatisch ausgefüllt werden. Der webbasierte Ansatz bedeutete auch, dass wir die Anwendung für alle unsere Entwicklungs- und Einkaufsteams öffnen konnten, um einfachen Zugriff auf einen 3D-Dateibetrachter zu haben.“ Die Fernsteuerung ist besonders wichtig, wenn viele Mitarbeiter an verschiedenen Orten arbeiten. Die AM-Workflow-Management-Software hilft dabei, diese Probleme zu beseitigen oder zumindest zu reduzieren.

Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Software besonders nützlich ist, wenn es um die Kombination verschiedener additiver Fertigungstechnologien geht. Bei Erpro als Dienstleister haben sie Maschinen von verschiedenen Firmen, darunter HP, Carbon, EOS und Stratasys. Jeder Hersteller hat seine eigene Überwachungssoftware für den 3D-Druck, aber das schafft Probleme, wenn man verschiedene Marken für die Produktion kombinieren möchte. Spiral merkt an, dass 3Yourmind ihnen geholfen hat, dieses Problem zu lösen: „Die Software, die wir heute verwenden, ermöglicht es uns, alle additiven Fertigungstechnologien, die wir haben, zu bündeln. Die 3Yourmind-Software hilft uns also, alles zusammenzubringen, und was noch wichtiger ist, sie inkludiert das Produktionsmanagement, die Nachbearbeitung und den Versand. Es geht nicht nur darum, den Druck selbst zu steuern, sondern die gesamte Wertschöpfungskette.“

Bild: Erpro

Gibt es auch Einschränkungen?

Das heißt natürlich nicht, dass diese Software nicht verbessert werden kann. Es gibt immer noch gewisse Einschränkungen. Ein wichtiger Punkt, der von Spiral angesprochen wird, ist: „Obwohl die Software vielseitig ist, ist sie auf den Bereich der additiven Fertigung spezialisiert und hat Einschränkungen in Bezug auf das Qualitätsmanagement. Die Kompatibilität mit den ISO-Normen ist zum Beispiel keine leichte Aufgabe, und ich denke, dass dies den wichtigsten Bereich für Verbesserungen darstellt.“ Da immer mehr Branchen den 3D-Druck nicht nur für das Prototyping, sondern auch für Endverbrauchsteile einsetzen, macht es Sinn, dass das Qualitätsmanagement und eine verbesserte Standardisierung zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Moceri merkt auch an, dass der Umfang für viele Workflow-Management-Softwarelösungen zum Problem werden kann. Er betont, dass die effektivsten Lösungen einen ganzheitlichen Ansatz haben: „Viele Workflow-Management-Softwarelösungen sind durch ihren Umfang begrenzt. Einige haben die Fähigkeit, Angebote zu automatisieren, aber sie hören dort auf und haben keine Lösung nach dem Angebot. Andere haben ein gutes Projektmanagementsystem, aber keine Möglichkeit für Kunden, mit Ihnen am Projekt zusammenzuarbeiten. Nicht viele Lösungen bieten den ganzheitlichen Ansatz für das Workflow-Management, den MakerOS hat.“

Bild: MakerOS

Für Forrester könnten Workflow-Lösungen sogar noch einen Schritt weiter gehen, um Prozesse zu rationalisieren und zu automatisieren: „Ich bin ein Verfechter des „Lean Life“ – was auch immer getan werden kann, um doppelte Aufgaben zu reduzieren, geringe Wertschöpfung zu eliminieren, die Agilität zu verbessern und die Time To Market zu beschleunigen. Idealerweise sollte das Teil gedruckt werden, sobald der CAD-Entwurf fertig ist, und die Ersatzteilbestellung wird direkt verschickt, und ehrlich gesagt, sind wir diesem Ziel schon ziemlich nahe. In Zukunft sehen wir echte Vorteile von Analysetools, die KI nutzen, um Bereiche für Gewichtsreduzierung, Druckzeit oder Bauoptimierung hervorzuheben – also lasst uns bitte mehr davon auf dem Markt begrüßen!“ Insgesamt betonen die Experten jedoch, dass die Vorteile überwiegen und in den letzten Jahren bereits viele Verbesserungen gemacht wurden. Es gibt mehr Lösungen auf dem Markt als in den Jahren zuvor und immer mehr beinhalten Ansätze, die eine totale Kontrolle über jeden Schritt der Produktion ermöglichen.

Letzte Empfehlungen?

Im Allgemeinen scheint eine AM-Workflow-Management-Software am nützlichsten für 3D-Druck-Servicebüros und für große OEMs zu sein. Ihr Wert zeigt sich vor allem dann, wenn Unternehmen eine große Anzahl von 3D-gedruckten Teilen erstellen. Die Eigenschaften dieser Software können jedoch für jedes Unternehmen einen Vorteil schaffen, das die additive Fertigung einsetzt. Eine Möglichkeit zu haben, jeden Schritt der Fertigung zu organisieren, von der Konzeption bis hin zur Nachbearbeitung und dem Versand an den Kunden, stellt einen enormen Mehrwert in der Geschäftswelt dar, insbesondere wenn immer mehr Mitarbeiter von zu Hause arbeiten müssen. Außerdem scheinen die Systeme immer besser zu werden und sind extrem anpassbar, was noch mehr Vorteile haben kann. Unsere Experten sind auf jeden Fall der Meinung, dass Workflow-Lösungen für die additive Fertigung nützlich sind.

„Die additive Fertigung, insbesondere die Chargen- und Massenproduktion, ist relativ neu, und die Unternehmen sind noch dabei, sich mit einer „best practice“ Lösung und verschiedenen Arbeitsweisen vertraut zu machen. Ich glaube nicht, dass es eine Lösung für alle gibt, aber um eine Parallele zur additiven Fertigung zu ziehen, der Mehrwert besteht in der Anpassung und Erstellung einzigartiger Systeme welche auf den Endanwender zugeschnitten sind. Besonderes Interesse gilt daher dem modularen System, welches mit der Reife der Technologie im Unternehmen mitwachsen kann, und es ermöglicht, firmenspezifische Modifikationen vorzunehmen. Scheuen Sie daher nicht uns zu kontaktieren, wenn Sie in der Broschüre nicht finden, was Sie wollen.“ -Matthew Forrester

Mike Moceri fügt hinzu: „Ich verlasse Sie mit diesem Ratschlag: Sie sollten die Vorteile der Werkzeuge nutzen, die es Ihnen erlauben, mehr zu machen, dazu gehört MakerOS.“ – Mike Moceri

„Sie müssen Ihren Prozess gut strukturieren. Das wird Ihnen erlauben, die richtige Lösung zu wählen und keine Zeit zu verschwenden. Ich würde auch sagen, dass es hilfreich ist Ihre Prioritäten gut zu definieren.“ Gaël Spiral

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Regina P.:
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