Beton zählt zu den meistverwendeten Baustoffen weltweit – und gleichzeitig zu den klimaschädlichsten: Zementproduktion verursacht etwa 8 % der globalen Treibhausgasemissionen. Eine interdisziplinäre Forschergruppe an der University of Pennsylvania hat nun einen neuartigen Ansatz entwickelt, um Beton sowohl leichter als auch umweltfreundlicher zu gestalten – mittels der uralten, fossilen Struktur kieselalgenreicher Substanzen und 3D-Druck Technologien.
Das zentrale Element – Diatomeenerde (DE). Diese entsteht, wenn mikroskopisch kleine Algen (Diatomeen) sterben und ihre porösen Silikatgehäuse sich über Millionen Jahre zu feinen, porösen Ablagerungen verdichten. Forschende, wie Shu Yang, Professorin für Materialwissenschaften, und ihr Team entdeckten, dass DE durch seine hohe Porosität CO₂ förmlich „aufsaugen“ kann. Bei der Erhärtung reagiert CO₂ mit den im Beton enthaltenen Kalkbestandteilen und bildet Calciumcarbonat – und das stärkt den Beton zugleich. Doch hier hören die Vorteile noch nicht auf, durch die Mischung von DE mit Zement verringert sich logischerweise der Zementanteil des Materials und damit auch der CO2 Ausstoß bei seiner Produktion.
Der Zement wird mit Diatomeenerde angereichert und in TPMS Designs 3D-gedruckt.
Was erreicht die Diatomeenerde im Beton?
Das Ergebnis beeindruckt: Die Machbarkeitsstudien zeigen eine Steigerung der CO₂-Aufnahme um bis zu 142 % im Vergleich zu traditionellem Beton ohne DE. Konkret absorbiert der modifizierte Beton bis zu 489 g CO₂ pro Kilogramm Zement. Gleichzeitig erreicht der Beton nach 28 Tagen eine Druckfestigkeit von rund 32 MPa – und wird im Laufe der Zeit durch den Carbonationsprozess sogar stärker (erwartete 40 MPa nach 60 Tagen).
Neben der Materialwissenschaftlichen Komponente des Projekts spielt das Design der Betonteile eine große Rolle. Das Team setzte auf TPMS-Geometrien (Triply Periodic Minimal Surfaces) – flächenreiche, geschwungene Strukturen, die in Knochen und Korallen vorkommen. Diese Formen erhöhen das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen, optimieren die CO₂-Aufnahme und senken gleichzeitig den Materialverbrauch. Vergleichstests ergaben: TPMS-Bauteile benötigen bis zu 11 % weniger Material, erreichen und 32% höhere CO₂-Aufnahme und behalten vergleichbare Tragfähigkeit bei.
Ein Blick in die Zukunft
In Zukunft möchte das Team seine Forschung auf mehrere Fronten ausweiten. So sollen die zurzeit noch recht kleinen Strukturen skaliert werden, um in voller Größe in Böden, Fassaden oder Trägerplatten zu wirken. Wie Masoud Abkarzadeh, Professor der Architektur und Teil des Forschungsteams sagt: “Wir testen größere Komponenten mit komplexeren Verstärkungsschemata. Wir wollen, dass sie nicht nur stabil und effizient, sondern auch im architektonischen Maßstab gebaut werden können.”
Zwei Autoren der Studie: Masoud Akbarzadeh (links) und Shu Yang (rechts).
Diese Strategie erlaubt es, Beton nicht mehr nur als statisches Baumaterial, sondern als aktiven Kohlenstoffspeicher zu betrachten – sowohl in der Luft, im Bauprozess als auch im fertigen Bauwerk. Akbarzadeh betont: “Es ging uns nicht nur im Ästhetik oder die Verringerung der Masse. Es ging darum, eine neue strukturelle Logik zu erschließen. Wir konnten das Material um fast 60% reduzieren und trotzdem die gleiche Last tragen, was zeigt, dass man mit viel weniger Material viel mehr erreichen kann” Das Team geht somit einen weiteren Schritt auf dem Weg zu klimaneutralem und zukunftsfähigem Bauen. Die Forschung erschien im Fachjournal Advanced Functional Materials (2025), mehr Informationen finden Sie zudem HIER.
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*Bildverweise: University of Pennsylvania