Bei Glioblastomen handelt es sich um besonders aggressive Hirntumore, die das umliegende Hirngewebe schnell befallen und die Aussicht auf Genesung gegen Null schwinden lassen. Im Durchschnitt leben Menschen mit Diagnose Glioblastom noch 18 Monate. Auch für Ärzte ist dieser bösartige Hirntumor eine Herausforderung, denn der Tumor zeigt sich äußerst resistent gegen Chemotherapien und ist mit den heutigen Mitteln der Medizin kaum behandelbar. Aber warum reagieren die Glioblastome nicht auf Therapeutika? Das wollte ein Team der Klinischen Neurobiologie des Universitätsklinikums Würzburg herausfinden. Um die Wechselwirkungen zwischen den Krebszellen und gesunden Zellen im Gehirn nachzuvollziehen, entwickelte die Arbeitsgruppe ein 3D-Zellklutursystem per 3D-Biodruck.
3D-Bioprinting ist ein Verfahren, das immer häufiger in der Krebsforschung zum Einsatz kommt, denn es erlaubt, die natürliche Umgebung von Tumoren realistisch nachzubilden. Gestützt auf die 3D-gedruckten Modelle können so personalisierte Therapieansätze erörtert werden. Darüber hinaus kommt diese Art der Krebsforschung ohne Tierversuche aus. Um das 3D-Zellkultursystem für die Erforschung von Glioblastomen zu entwickelten, arbeitete die Gruppe der Klinischen Neurobiologie mit Kollegen des Uniklinikums Würzburgs und des Sonderforschungsbereichs SFB TRR 225 „Von den Grundlagen der Biofabrikation zu funktionalen Gewebemodellen“ zusammen. Dieser Forschungsbereich zielt darauf ab, Hydrogele und Gewebemodelle zu entwickeln und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefordert.
Prof. Dr. Carmen Villmann und Mateo S. Andrade Mier vom Institut für Klinische Neurobiologie am Uniklinikum Würzburg.
Glioblastom mithilfe von 3D-Druck verstehen
Um die Resistenz auf Chemotherapie auszumachen war es entscheidend, eine möglichst originalgetreue Umgebung des Glioblastoms zu schaffen. Das 3D-Modell setzt sich daher aus Neuronen, Astrozyten (Gliazellen des zentralen Nervensystems) und Tumorzellen von Mäusen zusammen. Anhand dieser Zelltypen sollten die Wechselwirkungen zwischen den Zellen festgestellt werden.
Diese Zellen wurden dann mit Hydrogelen zu einer Biotinte gemischt. Der 3D-Druck dieser Biotinten stellte die Forscher allerdings vor eine Herausforderung, denn die Biotinten sind schwer formbar. Sie müssen für den Druck flüssig-zäh sein, aber danach stabil bleiben. Durch spezielle Gerüste aus Mikrofasern konnte das Team das Problem lösen. Die Forscher druckten daher biokompatible Strukturen zur Verstärkung des Modells, welche mit den verschiedenen Zelltypen besiedelt wurden – ein erster Erfolg für die interdisziplinäre Forschergruppe!
„Wir konnten zeigen, dass dieses Glioblastom-Modell die Mikroumgebung des Tumors und die Zell-Zell-Interaktionen, wie wir sie von in vivo Xenograft-Modellen kennen, sehr gut simuliert. Das heißt, unser 3D-Modell bildet die natürliche Umgebung und die Wechselwirkungen zwischen den Zellen realistisch ab, ähnlich wie bei Experimenten mit lebenden Organismen. Mit dem Modell können wir Chemotherapeutika und deren Wirkmechanismus auf das Tumorwachstum untersuchen und manipulieren“, erklärt Mateo S. Andrade Mier, Doktorand und Erstautor der Studienergebnisse.
Das 3D-Zellmodell ist nun Ausgangspunkt für weitere Forschung. Um die Resistenz des Glioblastoms gegenüber den Therapeutika weiter zu erforschen, benötigen die Forscher ein humanes Modell, bei dem pluripotente Stammzellen, humane Astrozyten, Mikrogliazellen und humane Glioblastomzellen verwendet werden. Auf diese Weise könnte ein wahrer Durchbruch erzielt werden. Prof. Dr. Carmen Villmann, Arbeitsgruppenleiterin am Institut für Klinische Neurobiologie, sieht das 3D-gedruckte Zellmodell als zentralen Grundstein für jegliche weitere Schritte: „Mit der Etablierung eines 3D-Zellkulturmodells, das ähnliche Eigenschaften wie die in vivo Situation aufweist, haben wir einen wichtigen Baustein für die translationale Forschung geliefert, um die Mechanismen des Tumorwachstums und dessen Eindämmung besser zu verstehen.“
Die Gerüste aus Mikrofasern verleihen den ultraweichen Biotinten mehr Struktur.
Die Forschungsergebnisse wurden Ende Januar im Fachmagazin Advanced Functional Materials veröffentlicht. HIER können Sie mehr dazu lesen.
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*Bildnachweise: Daniel Peter / UKW