Die Plazenta ist ein kleines, aber leistungsstarkes Organ mit vielen einzigartigen Eigenschaften. Sie ist das einzige Organ, das – um es umgangssprachlich zu formulieren – „wegwerfbar“ ist. Jedes Mal, wenn sich eine befruchtete Eizelle in der Gebärmutter einnistet, bildet der Körper zudem eine neue Plazenta, die anschließend schnell mit dem Fötus zusammen wachsen. Dieses unscheinbare Organ ist buchstäblich die Lebensader eines Babys: Babys atmen und essen nicht im Mutterleib, daher versorgt die Plazenta sie mit Sauerstoff und Nährstoffen und fungiert gleichzeitig als Niere des Babys, die Abfallstoffe aus dem Blutkreislauf filtert.
Obwohl die Plazenta für die Entwicklung des Fötus von entscheidender Bedeutung ist, gehört sie nach wie vor zu den am wenigsten erforschten Organen der menschlichen Biologie. Der Grund, neben fehlender Untersuchungen des weiblichen Körpers im allgemeinen? Es kann schwierig sein, während der Schwangerschaft Proben zu entnehmen, ohne Komplikationen wie Infektionen oder Fehlgeburten zu riskieren. Zudem verändert sich nach der Geburt das Gewebe erheblich, sodass es für die Untersuchung der frühen Plazentaentwicklung ungeeignet ist. Tiermodelle liefern nur begrenzte Erkenntnisse, da sich die meisten tierischen Plazenten erheblich von denen des Menschen unterscheiden. Daher fehlt es Forschern nach wie vor an einem klaren Verständnis darüber, wie sich die Plazenta entwickelt und funktioniert, insbesondere in den frühen Stadien der Schwangerschaft.
Ein Plazenta-Organoid unter dem Mikroskop
Plazenta-Organoide
Durch den 3D-Druck künstlicher Mini-Plazenten, sogenannter Organoide, versuchen Forscher der University of Technology Sydney, diese Wissenslücke zu schließen. Organoide kommen seit dem Jahr 2008 in der Medizin zum Einsatz und werden hergestellt, indem Stammzellen in einem Gel suspendiert werden, in dem sie sich beim Wachsen und Teilen zu Clustern zusammenlagern können. Im Jahr 2018 schufen Forscher die ersten Plazenta-Organoide unter Verwendung von Trophoblasten, einer Zellart, die nur in der Plazenta vorkommt.
Durch die Züchtung von Plazenta-Organoiden können Forscher wichtige Prozesse in der frühen Schwangerschaft untersuchen und hoffentlich die Ursachen für schwerwiegende Erkrankungen wie Präeklampsie entdecken. Präeklampsie steht im Zusammenhang mit einer Plazentadysfunktion und betrifft 5–8 % aller Schwangerschaften. Die Erkrankung verursacht jedes Jahr erschreckende 46.000 Todesfälle bei Müttern und etwa 500.000 Todesfälle bei Neugeborenen. Selbst wenn sie nicht tödlich verläuft, verursacht die Krankheit Bluthochdruck und kann Organe schädigen. Darüber hinaus kann sie zu einer Frühgeburt führen und Müttern und Babys auf verschiedene Weise schaden. Die einzige derzeitige Heilung für Präeklampsie ist die Entbindung, da Wissenschaftler die Ursachen hinter der Erkrankung für Wissenschaftler weiterhin unbekannt bleibt.
Es gab zwar Bemühungen, die Plazenta durch Plazenta-Organoid-Studien zu untersuchen, doch stützten sich die meisten davon auf die Suspension von Trophoblasten in tierischen Gelen. Diese Gele spiegeln die Wachstumsumgebung einer tatsächlichen Plazenta nicht genau wider. Außerdem ist es mühsam, Zellen manuell zu suspendieren, um viele Organoide zu erzeugen.
Wieso also das 3D-Bioprinting?
Die von der University of Technology Sydney entwickelten Plazenta-Organoide sind deswegen von großer Bedeutung. Sie sind die ersten, die mittels Bioprinting hergestellt wurden. Darüber hinaus wurden sie aus einer Mischung aus Trophoblastenzellen und einem synthetischen, kontrollierbaren Gel hergestellt und verzichten auf tierische Bestandteile.
Diese Organoide wuchsen anders als diejenigen, die in tierischem Gel hergestellt wurden, und entwickelten eine unterschiedliche Anzahl von Zellsubtypen. Claire Richards und Lana McClements, Mitautorinnen der Studie, schrieben über ihre Forschungsergebnisse für The Conversation: „Diese Organoide waren dem menschlichen Plazentagewebe sehr ähnlich und lieferten ein genaues Modell der frühen Plazenta“, erörtern sie. „Wir konnten die Organisation der Zellen verändern, indem wir junge Organoide aus dem Gel nahmen und sie in ihrer flüssigen Nahrung schwimmen ließen.“
Bioprinter sind vorteilhaft, da sie eine präzise Positionierung von Zellen in einer 3D-Struktur ermöglichen
Potentielle Anwendungen
Plazenta-Organoide, wie sie in dieser Studie entwickelt wurden, können Forschern helfen, Schwangerschaftskomplikationen besser zu verstehen und neue Medikamente sicher zu testen. Die Forscher aus Sydney führten beispielsweise ein Experiment durch, bei dem sie die Organoide einem Immunsignal aussetzten, das bei Frauen mit Präeklampsie in hoher Konzentration vorhanden war. Anschließend testeten sie verschiedene Behandlungsmethoden, um zu sehen, wie die Organoide darauf reagierten.
In Zukunft könnten Tools wie CRISPR Gene in Zellen bearbeiten und ein besseres Verständnis der Funktionsweise dieses Prozesses ermöglichen. Darüber hinaus könnten die Organoide zur Untersuchung von Infektionen und zur Prüfung der Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten eingesetzt werden. Mit Hilfe des Bioprintings können Wissenschaftler die Genauigkeit und Wiederholbarkeit ihrer Experimente verbessern und den Bedarf an Versuchstieren in der Forschung reduzieren. Diese Technologie könnte also eine entscheidende Rolle bei der Vorhersage, Prävention und Behandlung von Schwangerschaftskomplikationen spielen. Weitere Informationen finden Sie im vollständigen Artikel HIER.
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*Bildverweise: Claire Richards