#3DStartup: Mantle über sein einzigartiges Metall-3D-Druckverfahren

Mantle ist ein junges amerikanisches Start-up-Unternehmen, welches im Februar 2021 mit der Einführung der TrueShape-Technologie für Schlagzeilen sorgte. Das firmeneigene AM-Verfahren unterscheidet sich von anderen Metall-3D-Druckverfahren auf dem Markt durch die Verwendung einer Metallpaste als Druckmaterial. Es ist das erste Verfahren, welches die Erstellung von Rohteilen mit der Präzisionsbearbeitung kombiniert. Dank dieser Präzision eignet sich die Technologie insbesondere für Anwendungen wie den Werkzeugbau. Mit L’Oréal und Westminister Tools konnte das Unternehmen bereits zufriedene Kunden für sich gewinnen und ist damit auf dem besten Weg sich einen Namen in der Welt der additiven Fertigung zu machen. Wir wollten mehr über die Ambitionen des Teams wissen und haben uns daher mit dem CEO und Mitbegründer von Mantle, Ted Sorom, getroffen, um mehr über die Strategie des 3D-Druck Herstellers in Erfahrung zu bringen.

3DN: Können Sie sich selbst und Ihre Verbindung zum 3D-Druck kurz vorstellen? 

Hallo, ich bin Ted Sorom, CEO und Mitbegründer von Mantle. Ich bin gelernter Maschinenbauingenieur und habe die meiste Zeit meiner Karriere damit verbracht, neue Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Während meiner gesamten Laufbahn habe ich die additive Fertigung für das Prototyping mit Polymeren verwendet. Ich habe mich der Herausforderung des 3D-Drucks von Metall genähert, als ich die Möglichkeit erkannte, die Herstellung von Massenprodukten neu zu definieren. Dafür musste ich meine Kenntnisse im Werkzeugbau mit Mantles neuer Methode des Präzisionsmetalldrucks kombinieren.

Die Mitbegründer von Mantle: Steve Connor (links) und Ted Sorom (rechts)

Als junger Ingenieur bin ich direkt nach dem Studium in ein Unternehmen eingetreten, welches High-End-Geräte aus CNC-gefrästem Metall und spritzgegossenen Kunststoffteilen herstellte, die selbst produziert wurden. Da es ein kleines Unternehmen war, durfte ich von allem ein bisschen machen: Ich entwarf die Teile und Formen im oberen Stockwerk und ging dann nach unten, um die Formen selbst anzufertigen, bevor diese in Produktion gingen. So sah ich aus erster Hand, wie zeitaufwändig und teuer der Werkzeugbau selbst für ein einfaches Kunststoffteil sein kann. Die zeitlichen Ressourcen für die Markteinführung neuer Produkte wurden durch den Werkzeugbau stark eingeschränkt.

Leider stellt meine Erfahrung keinen Einzelfall dar. Tagtäglich arbeiten wir mit anderen Unternehmen zusammen, die Schwierigkeiten haben, ihre Produkte auf den Markt zu bringen, weil der Werkzeugbau zu zeitaufwändig und teuer ist.

3DN: Können Sie uns mehr über Mantle erzählen?

Mein Mitbegründer Steve Connor und ich haben Mantle gegründet, um die Einführung neuer Produktionsverfahren mit dem 3D-Druck drastisch zu beschleunigen. Schon relativ früh ist es uns gelungen, Teile mit einer völlig neuen Oberflächengüte und Präzision herzustellen, welche erstmals auch für den Werkzeugbau geeignet waren. Wir haben dann mehrere Jahre damit verbracht, unser Verfahren zu optimieren und die für den Werkzeugbau geeigneten Metalle zu entwickeln. Wir sind bei dem was wir tun wahrscheinlich zielgerichteter als die meisten Unternehmen in der Welt des 3D-Drucks, weil wir das Problem, das wir lösen wollen, genau kennen.

Steve ist ein exzellenter Chemiker, der sich zu Beginn seiner Karriere auf Nanopartikel und Metallpasten spezialisiert hat. Er entwickelte erfolgreich einen kostengünstigen Ersatz für die teuren Silbermetallpasten, die in der Solarindustrie verwendet werden. Zudem überlegte er sich, ob sich eine ähnliche Technologie auch für die additive Fertigung nutzen ließe.  Wir begannen mit der Entwicklung der Pasten sowie unseres 3D-Druckverfahrens und erzielten daraufhin großartige Ergebnisse. In den letzten fünf Jahren haben wir unsere Technologie verfeinert und bewiesen, dass unser Ansatz funktioniert. Wie ich gleich noch erkläre, bilden unsere Metallpasten die Grundlage für unsere Technologie.

Ein mit Mantle hergestelltes Teil vor der Nachbearbeitung

3DN: Können Sie erklären, was die TrueShape Technologie einzigartig macht?

Bei TrueShape handelt es sich um ein hybrides additives/subtraktives Verfahren, bei dem Metallpasten im 3D-Druck das Teil additiv fertigen, bevor die Oberfläche des Teils mittels subtraktiver Bearbeitung verfeinert wird. Unser Verfahren unterscheidet sich von anderen Metall-3D-Druckverfahren, weil die Teile mit unserem Verfahren hochpräzise sind, dabei jedoch keine umfangreiche Nachbearbeitung erfordern. Die Teile sind präzise, haben eine hervorragende Oberflächengüte und verfügen über die mechanischen Eigenschaften von Standard-Werkzeugstählen.

Das Verfahren nutzt Metallpasten als Material. Die Paste besteht aus Metallpartikeln und flüssigen Trägern und wird extrudiert, damit das zu produzierende Teil Schicht für Schicht aufgebaut werden kann. Anschließend erhitzen und trocknen wir die Paste im Drucker, wodurch der flüssige Träger entfernt wird und ein „Grünkörper“ zurückbleibt, der relativ weich ist und schnell und einfach bearbeitet werden kann. Durch die Bearbeitung werden die Genauigkeit, die Oberflächengüte und die feinen Merkmale erzielt, die für Präzisionsteile wie Formen benötigt werden. Der letzte Schritt ist das Sintern. Das Sintern ermöglicht die endgültige Verdichtung der Metallpartikel und legt die endgültigen Materialeigenschaften fest. Gesintert wird mit einem Hochtemperaturofen, der die Temperatur des Teils bis knapp unter den Schmelzpunkt des Materials bringt und es anschließend abkühlt. Wenn die Teile aus dem Ofen kommen, sind es hochharte Werkzeugstähle mit außergewöhnlich glatten Oberflächen, welche direkt als Spritzgusswerkzeuge eingesetzt werden können, ohne dass die Formoberflächen nachbearbeitet werden muss.

3DN: Welche Vorteile hat TrueShape, die andere 3D-Verfahren nicht haben? Zum Beispiel für die Anwendung im Werkzeug- und Formenbau?

Damit eine 3D-Drucktechnologie für eine Anwendung effektiv sein kann, muss sie deren spezifische Anforderungen erfüllen. Präzisionswerkzeuge und -formen haben mehrere kritische Anforderungen, dazu zählen:

– Hochharte Stahlwerkstoffe

– Hervorragende Oberflächengüte, damit die geformten Oberflächen glatt sind

– Hohe Genauigkeit – eine Form, die um die Hälfte der Breite eines menschlichen Haares zu groß oder zu klein ist, ist nicht akzeptabel

Dank des TrueShape-Verfahrens von Mantle sind die Teile extrem detailliert und präzise. Diese zwei Beispiele zeigen, wofür die Technologie eingesetzt werden kann.

Unser TrueShape-Verfahren ist einzigartig, da wir all diese Anforderungen ohne eine kostspielige und zeitaufwändige Nachbearbeitung erfüllen können. Wir produzieren hochpräzise Teile mit einer hervorragenden Oberflächengüte (1-3 um Ra), die mit der Oberflächengüte von konventionell hergestellten Formen vergleichbar ist.  Darüber hinaus haben wir unsere Werkstoffe so entwickelt, dass sie sich genauso verhalten wie die Werkzeugstähle, die Werkzeughersteller heute verwenden. Durch Texturieren, Polieren, Bearbeitung und Schweißen erzielen wir eine lange Lebensdauer der Formen.

TrueShape kann auch zur Herstellung von Formen verwendet werden, welche auf herkömmliche Weise nicht hergestellt werden können, wie z. B. konforme Kühlleitungen, welche die Leistung der Formen verbessern.

Es existieren bereits andere 3D-Metalldruckverfahren für die Herstellung von Werkzeugen und Formen, die jedoch alle eine umfangreiche Nachbearbeitung erfordern. Diese Nachbearbeitung erhöht den Zeit- und Kostenaufwand für die Gussform, weshalb die Nutzung dieser Verfahren bisher nicht weit verbreitet war.

Das TrueShape-Verfahren ist schneller und kostengünstiger als andere 3D-Druckverfahren und herkömmliche Methoden zur Herstellung von Gussformen.

3DN: Was das verwendete Material betrifft, so hat Mantle anstelle von Pulvern oder verstärkten Filamenten eine eigene fließfähige Metallpaste entwickelt. Wie funktioniert diese und welche Vorteile bietet sie gegenüber anderen Alternativen im Metall 3D-Druck?

Wir haben uns aus mehreren Gründen für die Verwendung von Pasten entschieden. Einerseits, weil Pasten sicherlich das effektivste Mittel für die Herstellung von Präzisionsteilen wie Formen darstellen. Andererseits formulieren wir unsere Pasten so, dass sie für das Druckverfahren optimiert sind und die erforderlichen Materialeigenschaften von hochharten Werkzeugstählen erfüllen.

Mantle verwendet im Gegensatz zu anderen Anbietern auf dem Markt eigene Pasten für seine Präzisionsmetall-AM-Technologie.

Unsere Pasten bieten mehrere Vorteile:

– Pasten können genauso wie andere kostengünstige 3D-Druckverfahren extrudiert werden – es sind keine teuren Laser erforderlich, um das Metallpulver miteinander zu verschmelzen

– Pasten erfordern kein Entbindern wie die sonstige Extrusionsmetalldruckverfahren, welche auf dem Sinter-Prinzip beruhen

– Pasten erfordern keine speziellen Handhabungs- und Sicherheitsprotokolle, welche für lose Pulver erforderlich sind

– Pasten schrumpfen weniger als auf Sinter basierende Technologien mit Metallpulver, weshalb die Genauigkeit des gedruckten Teils mit den Pasten besser ist.

Letztendlich haben wir festgestellt, dass Pasten das effektivste Material für die Herstellung einer breiten Palette von Materialien mit hoher Genauigkeit und hervorragender Oberflächengüte darstellen.

3DN: Haben Sie letzte Worte für unsere Leserschaft?

Wir freuen uns, unsere Technologie auf den Markt bringen zu können. Wir haben die letzten fünf Jahre damit verbracht, die Technologie zu entwickeln und haben in dieser Entwicklungsphase mit einigen Unternehmen zusammenzuarbeiten, welche uns Feedback gegeben haben und unsere Technologie validieren. Bei diesen Unternehmen handelt es sich um Werkzeughersteller, Gießereien und Erstausrüster aus verschiedenen Branchen. So setzt bereits einer der führenden Hersteller von Geschirrspülern einen Werkzeugeinsatz von Mantle in der Produktion ein und hat bereits über 200.000 Teile damit hergestellt. Unser Werkzeug reduzierte die Durchlaufzeit um 70 % und die Kosten um über 65 %. Ein führendes Unternehmen der Medizintechnik nutzt Mantle, um die Zeit für die Herstellung einer Prototypenform von 7 Wochen auf 8 Tage zu verkürzen – die Kosten konnten in diesem Beispiel um über 50% gesenkt werden. Wir freuen uns darauf, nun mit anderen Unternehmen zusammenzuarbeiten und diese bei der Verbesserung ihrer Werkzeugbau- und Produktentwicklungsprozesse zu unterstützen.

 

Was denken Sie über den 3D-Druck mit Metallpasten? Lassen Sie uns zu diesem Thema gerne einen Kommentar da oder teilen Sie es uns auf FacebookTwitterLinkedIN oder Xing mit. Möchten Sie außerdem eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten im 3D-Druck und der additiven Fertigung direkt und bequem in Ihr Postfach erhalten? Dann registrieren Sie sich jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter!

*Titelbildnachweis: Mantle

Regina P.:
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