Bauzeit sowie Kosten zu senken – das ist das Ziel der japanischen Firma Lib Work aus der Präfektur Kumamoto. Der 3D-Druck im Bauwesen ist schon längst keine futuristische Technologie mehr, sondern stellt inzwischen einen fundamentalen Zweig der Industrie dar. Von Bürogebäuden zu 3D-gedruckten Starbucksfilialien oder sogar nachhaltigen Biokompositstrukturen, die additive Fertigung ermöglicht Bauunternehmen zahlreiche Innovationen im Feld. Aus diesem Grund steigt Lib Work nun in die Serienfertigung von 3D-Druckhäusern in Japan ein. Ziel soll laut Aussagen der Firma rund 10.000 fertige Häuser bis zum Jahr 2040 sein.
Japan ist eines der erdbebenreichsten Regionen der Welt, was eine besondere Last auf Bauunternehmen und die Struktur von Wohnräumen platziert. So erlebte die Präfektur Ishikawa im Januar 2024 ein Erdbeben mit einer Intensität von 7.5 mit einem Nachbeben von 6.2. Die Erschütterungen zerstörten zahlreiche Wohnhäuser und beschädigten uralte Tempelanlagen, das Beben verursachte laut Berichten „katastrophalen Schaden“.
Das Potential des 3D-Drucks in Japan
Lib Works sieht in der Nutzung des 3D-Drucks für den Bau von Wohnhäusern großes Potential, um den potenziell fatalen Folgen von Erdbeben entgegenzuwirken. Das Musterhaus, welches in Yamaga errichtet wurde, kombiniert eine tragende Holzkonstruktion mit Wänden hergestellt aus einem speziellen Lehmgemisch, ohne Beton. Durch das Holzkonstrukt wird die Bauzeit dieser Modelle nicht wie bei puren 3D-Drucken nur wenige Tage dauern, sondern mehrere Monate in Anspruch nehmen. Angepeilt ist eine durchschnittliche Bauzeit von knapp sechs Wochen, inklusive Innenausbau.
Die Wohnhäuser sollen einem Erdbeben von bis zu 3 Einheiten auf der Shindo Skala aushalten (die höchste Erdbebenstärke für ein Wohngebäude). Lib Works ist eine der ersten Firmen Japans, die großformatige 3D-Drucker einsetzen. Neben der Erdbebenbeständigkeit der Häuser besticht das Vorhaben jedoch noch durch einen anderen Aspekt – ähnlich zu Deutschland mangelt es in Japan an Fachkräften im Baugewerbe, besonders in ländlichen Regionen. Im Gegensatz zu Deutschland profitiert Japan zudem nicht von einer regulären Immigration, um die anfallenden Stellen zu besetzen. Der Fachkräftemangel könnte also durch Automatisierungsmaßnahmen, wie dem 3D-Druck, zumindest auf kurze Sicht bekämpft werden.
Das moderne Haus wurde auf rund 100 Quadratmetern errichtet
Ein genauer Blick auf das Haus
Die Kosten eines Hauses sollen rund 20 Millionen Yen betragen (ca. 116.000€). Zum Vergleich: laut einer Studie von Tokyo Kantei liegt der durchschnittliche Preis einer 70 Quadratmeterwohnung in Tokio bei 100,9 Millionnen Yen (ca. 585.000€). Der angestrebt Einstiegspreis der 3D-gedruckten Wohnhäuser kann für viele Bewohner in städtischen Gebieten also höchst attraktiv sein. Tokio stellt natürlich eine Ausnahme dar, im Mittelmaß kostet ein Einfamilienhaus in Japan zwischen 30 und 50 Millionen Yen. Trotzdem positioniert sich Lib Work mit seinem Einstiegspreis als kostengünstigere Alternative als viele herkömmliche Bauunternehmen.
Das Haus bietet eine 50-prozentige Reduzierung der CO2-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Betonkonstruktionen für ein 100 Quadratmeter großes Gebäude und schneidet in bestimmten Lebenszyklusszenarien sogar besser ab als Holz. In die Wände eingebaute Sensoren überwachen ständig Temperatur und Luftfeuchtigkeit und erkennen Kondensation und Materialverschleiß im Voraus. Darüber hinaus wird ein nachhaltiger Lebensstil durch ein netzunabhängiges System zur Selbstversorgung mit Strom angestrebt – dies erreicht Lib Work durch eine Kombination von Solarstromerzeugung und Teslas Speicherbatterie „Powerwall“. Neben dem Wohn-/Ess-/Küchenbereich, der Toilette, dem Badezimmer und dem Wohnzimmer ist das Haus so konzipiert, dass es mit einem Innenhof natürliches Licht und Wind effektiv einbezieht.
Das offene Design erlaubt für viel natürliches Licht (zum Vergleich von rechts unten nach links: リビング (Stube), ダイニング (Esszimmer), キッチン (Küche), 玄関 (Eingang), 中庭 (Innerer Garten), 寝室 (Schlafzimmer), 書斎 (Arbeitszimmer), oben links ist das Badezimmer)
In Zukunft plant Lib Work ebenfalls eine Expansion in die internationale Vermarktung. Ab August können Interessierte im Inland bereits erste Vorbestellungen tätigen. Wir sind gespannt, wie sich das Vorhaben von Lib Work weiter entwickeln wird! Mehr Informationen finden Sie HIER.
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*Bildverweise: Lib Work