Gazastreifen: Ärzt:innen entwickeln einen 3D-gedruckten externen Fixateur

Externer Fixateur: Funktionsweise und Bedeutung im Gazastreifen
Ein externer Fixateur, auch „X-Fix“ genannt, dient zur Ausrichtung gebrochener Knochen und ist besonders nützlich, da er individuell an die jeweilige Fraktur angepasst werden kann. Unter normalen Bedingungen kommt er zum Einsatz, wenn ein Bruch zu instabil für eine interne Fixierung ist oder das umliegende Gewebe für einen sofortigen operativen Eingriff zu stark geschädigt ist. Dadurch wird er in kritischen Situationen unverzichtbar, da er Chirurg:innen erlaubt, den medizinischen Zustand vorübergehend zu „pausieren“. Er stabilisiert und schützt die Verletzung und verschafft dem Körper von Patient:innen Zeit, Infektionen zu bekämpfen oder sich von einem traumatischen Schock zu erholen.
Seine Wirksamkeit hängt jedoch entscheidend davon ab, wie schnell er eingesetzt wird. Dr. Tarek Loubani, medizinischer Direktor von GLIA, weist darauf hin, dass eine Verzögerung beim Anbringen eines externen Fixateurs zu einer Amputation oder im schlimmsten Fall zum Tod führen kann. Herkömmliche externe Fixateure kosten häufig mehr als 500 US-Dollar, erfordern spezialisierte Importe und sind infolge der israelischen Blockade weitgehend nicht verfügbar. In Palästina, wo Krankenhäuser am Rande des Zusammenbruchs stehen und kommerzielle Geräte nicht ohne Weiteres in den Gazastreifen gelangen können, ist die lokale Herstellung medizinischer Instrumente und Geräte zu einer lebenswichtigen Notwendigkeit geworden.

Die erste Operation mit einem 3D-gedruckten externen Fixateur
Hergestellt aus dem, was da ist
Trotz der Einschränkungen durch die geopolitische Lage hatten die Ärzt:innen einen entscheidenden Vorteil: Viele der für die Herstellung des X-Fix benötigten Materialien konnten vor Ort beschafft werden. „Wir wussten seit mehreren Wochen, dass sich unter den Trümmern das Metall befand, das wir für die Komponenten des externen Fixateurs benötigen“, erklärt Dr. Tarek und beschreibt, wie die Metallstangen anschließend mit Hilfe von 3D-Druck hergestellten Kunststoffgelenken verbunden wurden. Sämtliche Kunststoffkomponenten werden aus recycelten Materialien hergestellt und vollständig mit Solarenergie betrieben – eine notwendige Entscheidung an einem Ort, an dem Strom und sauberes Wasser nur eingeschränkt vorhanden sind.
Die Produktion ist langsam: Der Druck einer einzelnen Komponente dauert bis zu 12 Stunden, doch der Prozess ist inzwischen vollständig einsatzfähig. Zwölf weitere Patient:innen warten derzeit auf das Gerät. Bis heute stellen diese 3D-gedruckten externen Fixateure die einzige Möglichkeit dar, Präzision, Reproduzierbarkeit und sichere Unterstützung für die Patient:innen zu gewährleisten, die sie am dringendsten benötigen. Langfristig ist geplant, auf ein schnelleres Kunststoff-Extrusionssystem umzusteigen. Die anhaltende Unsicherheit rund um einen Waffenstillstand sowie das Risiko neuer Angriffe machen eine langfristige Planung jedoch äußerst schwierig. Eine der Einrichtungen von GLIA im Gazastreifen wurde bereits angegriffen, glücklicherweise ohne Verletzte.

Die gute Nachricht: Das Gerät ist vollständig Open Source. Jen Wilson, Leiterin der Abteilung Produktion und Design bei GLIA, betont, dass die Organisation weder plant, Teile des X-Fix zu patentieren, noch mit den Geräten Gewinne zu erzielen. Ziel ist, dass das System überall dort nachgebaut werden kann, wo es gebraucht wird, insbesondere in einkommensschwachen Regionen oder in Konfliktgebieten.
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