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#Working3D: Sechs Fragen an einen Fertigungsingenieur in der additiven Fertigung

Am 25. Mai 2023 von Leonie M. veröffentlicht

Die additive Fertigung ist zu einem wichtigen Bestandteil der Fertigungsindustrie geworden. Mit seinen zahlreichen Möglichkeiten, umfasst der 3D-Druck verschiedenste Fachbereiche und bietet daher eine Vielzahl an unterschiedlichen Berufen, so lernten wir bereits die Profile von Pre-Sales-Ingenieuren, F&E-Ingenieuren und Personalmanagement-Spezialisten kennen. Nun möchten wir Ihnen Einblicke in einen weiteren Beruf des 3D-Druck-Marktes geben und haben dazu Eik Brüser, Fertigungsingenieur in der additiven Fertigung bei der Deutschen Bahn AG interviewt.

3DN: Könnten Sie sich kurz vorstellen?

Hallo, ich heiße Eik Brüser, bin 32 Jahre alt und arbeite als Fertigungsingenieur für 3D-Druck bei der DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH (Deutsche Bahn) in Nürnberg.

3DN: Wie haben Sie die additive Fertigung für sich entdeckt?

Eik Brüser

Parallel zu meinem Masterstudium im Bereich Maschinenbau an der TU Berlin habe ich als Werkstudent bei einem großen deutschen Technologiekonzern gearbeitet. Der damalige Leiter der F&E Abteilung gab mir den Rat, mich für die Zukunft fachlich eher breit aufzustellen, als mich als Berechnungsingenieur noch weiter zu spezialisieren. So habe ich an meiner Uni neben dem Kurs Schienenfahrzeugtechnik eben auch den Kurs “Additive Manufacturing” belegt und war sofort Feuer und Flamme für den 3D-Druck. Als dann später die Pandemie ausbrach und durch den Lockdown die Universität und damit die Werkstätten und Labore für Studenten geschlossen wurden, habe ich mir kurzerhand einen billigen 3D-Drucker gekauft, mich noch tiefer in die Thematik eingearbeitet und mir selbst einen verlässlichen und größeren 3D-Drucker gebaut, um Prototypen für das Studium zu Hause fertigen zu können.

3DN: Was ist Ihre derzeitige Rolle bei der Deutschen Bahn? Beschreiben Sie gerne Ihren Arbeitsalltag.

Ich habe die fachliche Leitung der 3D-Druck Abteilung im Werk Nürnberg (Schwere Fahrzeuginstandhaltung) und bin Mitglied im Kernteam des Konzernprojekts 3D-Druck der Deutschen Bahn. Innerhalb der Deutschen Bahn gibt es mehrere Standorte, die sich mit dem Thema 3D-Druck beschäftigen und über das Konzernprojekt gesteuert werden. Insgesamt wurden bei der DB durch den 3D-Druck bereits mehr als 500 Anwendungsfälle mit über 100.000 gedruckten Teilen realisiert.

Unsere Werkstatt in Nürnberg ist das 3D-Druck Tooling-Kompetenzzentrum im Konzern. Wir entwickeln und drucken Fertigungshilfsmittel aus Kunststoff mit Hilfe von Materialextrusion (FFF) – und das auch im Großformat mit einer maximal möglichen Bauteilgröße von 1 m³. Diese Fertigungshilfsmittel steigern die Qualität der Arbeit meiner Kolleg:innen, sorgen für reproduzierbare Ergebnisse, erleichtern das Arbeiten und Sparen vor allem wertvolle Fertigungszeit. Damit tragen wir unseren Teil dazu bei, dass die Züge wieder schneller auf die Schiene kommen! Um das Thema 3D-gedruckte Endbauteile kümmern sich Kolleg:innen an anderen Standorten im Konzern und gegebenenfalls bahnzertifizierte Dienstleister.

Meine Aufgaben sind vielfältig. Da sich unsere Abteilung noch im Aufbau befindet, wird es nicht langweilig. Im Tagesgeschäft kümmere ich mich um die Vorkalkulation von Angeboten, die Bewertung der Machbarkeit von Tooling-Anfragen, bin für die Kundenkommunikation zuständig, identifiziere zusammen mit meinen Kollegen neue Anwendungsfälle, erstelle CAD-Konstruktionen u.a. mit Hilfe von 3D-Scanning und anschließendem Reverse-Engineering und kümmere mich auch um die Maschinenbedienung sowie Nacharbeit. Wir sind in Nürnberg ein kleines Team, sodass ich bei Engpässen meine Kollegen in allen Bereichen unterstütze, damit unsere Kunden, ob nun bei uns im Werk oder in anderen Einheiten im DB-Konzern, stets zufrieden sind. Neben dem Tagesgeschäft kümmere ich mich vor allem um die Strategie und Ausrichtung der Abteilung, informiere mich über neue 3D-Drucker sowie 3D-Druck-Technologien am Markt und vertrete unsere Abteilung auf Tagungen und Messen.

(Bild: Deutsche Bahn AG/ Kathrin Werner)

3DN: Welche Kenntnisse und Erfahrungen sind für Ihre Arbeit erforderlich?

3D-Druck erfordert im Allgemeinen ein breites Spektrum an Kenntnissen: Angefangen mit der Auswahl des geeigneten 3D-Druck-Verfahrens, Kenntnisse der Werkstoffwissenschaft zur richtigen Materialauswahl, dem beanspruchungs- sowie 3D-Druck gerechten Konstruieren (Beanspruchbarkeit und Fertigbarkeit) sowie wirtschaftliches beziehungsweise unternehmerisches Denken. Darüber hinaus kann ein gewisser Wissens- und Erfahrungsschatz in den Bereichen IT und Software, Festigkeit- und Lebensdauer von Bauteilen sowie ein gutes technisches Grundverständnis der Mechanik und Elektrik von 3D-Druckern nicht schaden. In meinem Fall kommen dann noch Richtlinien, Regelwerke und Normen des “Bahnkosmos” sowie technisches Sachverständnis von Schienenfahrzeugen hinzu. Eine gewisse Resilienz, wenn mal etwas nicht so funktioniert wie es soll, und Softskills für das Arbeiten im Team und mit den Kunden runden das Ganze dann ab.

3DN: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen bei Ihrer Tätigkeit?

Eine der größten Herausforderungen ist die “neue” Technologie 3D-Druck in den Großkonzern einzufügen – da habe ich aber zum Glück tatkräftige Unterstützung von meinen Kolleg:innen aus dem Konzernprojekt und das klappt auch sehr gut! Darüber hinaus müssen viele fachfremde Kolleg:innen zum Umdenken bewegt werden, da mittels 3D-Druck Geometrien anders als bisher konzipiert werden können. Durch die verschiedenen 3D-Druck-Verfahren stehen konstruktiv einfach mehr Freiheitsgrade zur Verfügung. Im Tooling-Bereich können wir diese zusätzlichen konstruktiven Freiheitsgrade glücklicherweise problemlos nutzen und dadurch Hilfsmittel fertigen, die mit herkömmlichen Fertigungsverfahren nur schwer oder gar nicht fertigbar gewesen wären.

Eine weitere Herausforderung ist, ein Verständnis bei unseren Kolleg:innen dafür zu entwickeln, dass der 3D-Druck zwar großartig, aber eben nicht immer die beste oder einzige Lösung ist. Auch 3D-Druck braucht Zeit und kostet Geld!

(Bild: Deutsche Bahn AG/Oliver Lang, BigRep)

3DN: Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der im Bereich des 3D-Drucks arbeiten möchte?

Nur weil du (bei dir zu Hause) etwas 3D-drucken kannst, heißt es nicht, dass du es auch im industriellen Umfeld drucken darfst! Informiere dich über Hürden wie einzuhaltende Richtlinien, Normen und benötigte Zertifizierungen. Wenn es um Fertigungshilfsmittel geht, hol’ mindestens die Fachkraft für Arbeitssicherheit mit an Board. Die Sicherheit der Kolleg:innen steht immer an erster Stelle!

Von der Idee bis zum 3D-gedruckten Objekt ist viel Kommunikation mit den unterschiedlichsten Abteilungen nötig. Dabei wirst du des Öfteren auf Widerstand und antiquierte Denkweisen stoßen. Lass dich davon nicht entmutigen und überzeuge mit fachlicher Expertise!

Mehr zu der Arbeit der Deutschen Bahn im 3D-Druck finden Sie auf der Website HIER.

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Ein Kommentar

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  1. Nika Music sagt:

    Hallo 3D Natives! Vielen Dank, dass Sie ein Bild von unserem 3D-Drücker aufgenommen haben. Können Sie uns bitte markieren oder unsere Webseite in diesem Artikel verlinken? Ich habe meinie Email und unsere Webseite hinzugefügt.

    Grüße aus Berlin,
    Nika von BigRep

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