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3D-Druck-Anwendungen für Menschen mit Behinderung

Am 13. Januar 2022 von Lukas Johannes B. veröffentlicht

Dank des 3D-Drucks konnte das tägliche Leben vieler Menschen mit Handicap verbessert werden. Die Technologie ermöglicht das Erstellen von Objekten und Dienstleistungen, die einfach zu bedienen und an die jeweilige Behinderung angepasst sind: personalisierte Rollstühle, Prothesen, pädagogische Hilfsmittel, etc. Vor allem aber ermöglicht die additive Fertigung es, jedes Gerät an den Benutzer anzupassen, ist schneller und kostengünstiger. In einigen Fällen sorgt das Verfahren für die notwendige ästhetische Komponente, um die Art und Weise zu verändern, wie wir Behinderungen wahrnehmen. Ein Beispiel dafür sind Kinderprothesen, die mit dem Abbild ihrer Lieblings-Superhelden versehen werden. In anderen Fällen sorgt die additive Fertigung für mehr Komfort, was die betroffene Person entlastet. Wie Sie sehen werden, gibt es immer mehr 3D-Druck-Anwendungen für Menschen mit Behinderung und wir möchten Ihnen einige davon vorstellen!

3D-gedruckte Augenprothese

Dem auf Augenkrankheiten spezialisierten Moorfields Eye Hospital ist 2020 ein ganz besonderer Durchbruch gelungen. Ärzte konnten dem Patienten Steve Verze die erste 3D-gedruckte Augenprothese einsetzen. Diese basiert auf der Forschungsarbeit vom Krankenhaus mit dem UCL Institute of Ophthalmology und Fraunhofer. Nach vier Jahren Entwicklung dann der Erfolg: das Auge des Patienten wird in nur 2.4 Sekunden gescant und die Augenprothese mit einem Gerät der Fit AG in 3D-gedruckt. Patienten gibt die Prothese neues Selbstbewusstsein, wie Steve Verze auf Nachfrage erklärt. Er habe rund 20 Jahre auf diesen Moment gewartet. Mit der Technologie sei es nun aber möglich, die Wartezeiten für Augenprothesen erheblich zu verkürzen. 

Behindertengerechte Fahrzeuge nach Maß dank 3D-Scan

Das deutsche Unternehmen Paravan GmbH hat es sich zur Aufgabe gemacht, Fahrzeuge an die Bedürfnisse der Lenker anzupassen. Für die mobile Freiheit seiner Kunden bietet Paravan spezielle Elektrorollstühle und nimmt Automobilumbauten vor. Damit die kundenspezifischen Maße im Fahrzeug berücksichtigt werden können setzt das Unternehmen auf den 3D-Scan. Laut Angaben des Unternehmens kommt ein Go!SCAN SPARK von Creaform3D zum Einsatz, um die optimale Sitzposition des Lenkers zur Bedienung der Eingabegeräte (Lenkung und Gas-Bremse) im Fahrzeug zu bestimmen. Zuvor mussten alle Einstellungen am Kundenfahrzeug manuell mit dem Kunden vorgenommen werden. Mit Hilfe des 3D-Scans können nun viele Anpassungen im Voraus durchgeführt werden, was im Prozess viel Zeit spart. Die Paravan Kunden gelangen nun schneller an ihre mobile Freiheit.

(Bild: Paravan GmbH)

3D-gedruckte Prothesen

Es gibt immer mehr Projekte, in welchen der 3D-Druck für maßgeschneiderte Prothesen genutzt wird. Die 3D-Technologie ermöglicht es, kostengünstigere und Produkte nach Maß in kürzester Zeit zu fertigen. Dank der Demokratisierung des FDM-Verfahrens bieten immer mehr Verbände, Unternehmen und Gemeinschaften 3D-gedruckte Prothesen an. Ein Beispiel hierfür ist e-NABLE, eine Initiative die Maker aus der ganzen Welt vereint: Diese drucken kostenlos Handprothesen im 3D-Druckverfahren für Bedürftige Personen, meist für Kinder.

(Bild: e-NABLE : J. PACHOUD/AFP)

Unternehmen wie UNYQ widmen sich dieser Aufgabe in ihrem Tagesgeschäft: Der Amerikaner bietet Protheseneinsätze für Menschen mit Amputationen der oberen und unteren Gliedmaßen an. Das orthopädische Gerät erhält dadurch eine einzigartige Ästhetik. Jede Lösung wird entsprechend der Vorstellungen des Trägers verwirklicht und in nur drei Wochen hergestellt. Weitere Projekte dieser Art sind Unlimited Tomorrow mit ultrarealistischen Prothesen, Open Bionics mit dem Hero Arm oder Exoneo, Spezialist für Fußprothesen. Wie Sie sehen, gibt es bereits zahlreiche Initiativen dieser Art!

(Bild: Unlimited Tomorrow)

IKEA’s ThisAble-Objekte

Seit einigen Jahren bietet der Möbelriese IKEA die Produktlinie ThisAble auf dem Markt an: 3D-gedruckte Möbelerweiterungen, die an Schränken, Sofas, Duschvorhängen usw. angebracht werden können, um das tägliche Leben von Menschen mit Behinderungen zu erleichtern. Die 3D-Dateien der Erweiterungen sind online verfügbar und können kostenlos heruntergeladen werden. IKEA ergänzt die Linie laufend um neue Modelle, welche sowohl für Erwachsene als auch für Kinder nützlich sind. So kann beispielsweise eine Verlängerung für das Sofa 3D-gedruckt werden, um das Sitzen und Aufstehen zu erleichtern. Außerdem gibt es Fenster- und Glasschutzvorrichtungen, damit ein Sturz mit dem Rollstuhl verhindert wird. Die Modelle finden Sie HIER.

3D-gedruckte Karten für sehbehinderte Menschen

Der 3D-Druck hilft Sehbehinderten mit speziellen Karten, die Orte und Routen greifbar machen. Im Laufe der Jahre gab es verschiedene Projekte dieser Art, dazu zählt See3D. Aber auch das Krankenhaus S. Alessio Margherita di Savoia hat jüngst in Zusammenarbeit mit 3DItaly ein taktiles Modell für blinde und sehbehinderte Menschen entworfen, das am Eingang des Krankenhauses Spallanzani in Rom aufgestellt werden soll. Dieses soll Patienten den Weg zum COVID-19-Impfstoff zu weisen. Das Modell wurde mit einem Ultimaker S5 Pro Bundle gedruckt und besteht aus volumetrischen Formen, Text in Braille-Schrift und hat helle Farben, die für Sehbehinderte leicht zu erkennen sind. Innovativ ist zudem das Projekt des französischen Start-ups FeelObject, das mit Virtuoz eine 3D-gedruckte interaktive Karte entwickelt hat. Die Karte ist so gestaltet, dass sie das Innere eines Gebäudes oder einer Wohnung mit Symbolen für Orientierungspunkte (Notausgang, Toiletten usw.) und akustischen Informationen darstellt.

Die 3D-gedruckte Karte des Krankenhaus Spallanzani in Rom. (Bild: 3DItaly)

Sonova’s Hörgeräte nach Maß

Ein weiteres Unternehmen, das den 3D-Druck für die Entwicklung von Produkten für Behinderte Personen nutzt, ist Sonova. Das weltweit tätige Unternehmen ist eines der ersten, das die additive Fertigung in seiner Produktion eingesetzt hat. Sonova entwickelt individuelle Im-Ohr- und HdO-Hörgeräte, die an die Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten angepasst sind. Bei dieser Art von Anwendung ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Form des Gehäuses perfekt an den Gehörgang des Benutzers sowie an den Grad des Hörverlusts angepasst ist. Dazu wird zunächst manuell ein Abdruck des Gehörgangs erstellt, der dann gescannt und digitalisiert wird. Das Hörgerätedesign wird dann an die entsprechende Form angepasst, bevor es an den 3D-Drucker übermittelt wird. Während des Herstellungsprozesses wird ein lichthärtendes Acrylharz verwendet, das Schicht für Schicht das Hörgerät formt.

(Bild: Sonova)

TypeCase, die 3D-gedruckte Tastatur für Sehbehinderte

Wenn eine Person sehbehindert ist oder unter einer Sehschwäche leidet, kann das Schreiben auf der berührungsempfindlichen Tastatur eines Smartphones sehr kompliziert sein. Um dieses Problem zu lösen, hat Dougie Mann, der am Imperial College London und am Royal College of Art Maschinenbau und Produktdesign studiert hat, eine innovative Anwendung namens TypeCase entwickelt. Dabei handelt es sich um eine 3D-gedruckte Tastatur, die in das Gehäuse des Mobiltelefons integriert ist und aus 5 statt 50 Tasten besteht. Die Tasten befinden sich an den Seiten des Smartphones, sodass sie mit jedem Finger der Hand erreichbar sind. Um einen Buchstaben, ein Wort oder ein Zeichen zu wählen, tippen Sie einfach nacheinander auf jede Taste. Mit TypeCase kann man aber nicht nur Nachrichten schreiben, sondern auch lesen. Der Nutzer kann den Text „erfühlen“, indem der selbe Code verwendet wird und diesen mit kleinen Vibrationen an den Finger kommuniziert. Dieses innovative und vor allem intuitive Tool stellt eine gute Alternative zu herkömmlichen Tastaturen für Menschen mit Sehbehinderung dar.

Der 3D-Druck im Dienst der Haustiere

Natürlich müssen wir in unserer Auswahl auch die Tiere und Haustiere erwähnen, die dank des 3D-Drucks mehr Lebensqualität erhalten haben. So haben wir in der Vergangenheit bereits über Fälle berichtet, in denen Tiere mit einer Prothese, Orthese oder einem Implantat ausgestattet wurden, um ihre Körperhaltung und Mobilität zu verbessern. Bionic Pets, Pawsthesis oder DiveDesign stecken hinter diesen Projekten und sorgen dafür, dass sich die Lebensbedingungen der Tiere verbessern. Die medizinischen Geräte können mit der 3D-Scantechnologie und der additiven Fertigung individuell an die Bedürfnisse der Tiere angepasst werden.

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