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3Dnatives Labor: Test des 3D-Scanners Artec Leo

Am 15. März 2021 von Isabell I. veröffentlicht
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Der Hersteller Artec 3D hat sich im Laufe der Jahre durch den Erfolg seiner tragbaren Modelle Eva und Spider einen Namen auf dem professionellen 3D-Scanner-Markt gemacht. In jüngster Zeit hat der Hersteller sein Angebot mit neuen Produkten wie den Scannern Leo, Micro und Ray erweitert, mit dem Ziel, ein immer breiteres Spektrum an Anwendungen und Branchen abzudecken.

Der 3D-Scanner Leo wurde erstmals auf der CES (Consumer Electronics Show) 2017 in Las Vegas angekündigt und repräsentiert nicht nur die neueste Generation der tragbaren 3D-Scanner von Artec 3D, sondern auch eines der allerersten kabellosen Modelle auf dem Markt. Durch die Integration eines Akkus sowie eines Touchscreens ist der Leo komplett autonom, so dass er nicht mehr über einen Computer oder ein Tablet bedient werden muss. Was das Budget angeht, so bleibt der Leo mit einem Grundpreis von 26.700 € im Mittelfeld der professionellen tragbaren 3D-Scanner.

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Der 3D-Scanner Leo von Artec wird in einem Schutzkoffer inklusive Netzkabel, einer Batterie und einer Gebrauchsanweisung geliefert.

Nachdem wir vor einigen Monaten den 3D-Scanner Micro von Artec getestet haben, hatten wir kürzlich die Gelegenheit, den 3D-Scanner Leo im Labor von 3Dnatives zu untersuchen. Was sind die Stärken und Schwächen des Artec Leo? Welche Arten von Teilen können mit diesem Gerät gescannt werden? Wie gestaltet sich das Preis-Leistungs-Verhältnis? Den kompletten Test des 3D-Scanners Artec Leo und all unsere Ergebnisse finden Sie im Artikel.

1. Auspacken des Scanners Artec Leo

Der Artec Leo wird in einem Schutzkoffer geliefert, der die Stromkabel des Scanners, den herausnehmbaren Akku und das Benutzerhandbuch enthält. Das Erste, was auffällt, wenn Sie den Leo auspacken, ist sein schlankes, neues Design im Vergleich zu anderen Modellen auf dem Markt. Dieser wurde im Gegensatz zu seinen Vorgängern völlig neu durchdacht und modernisiert.

Durch die etwas größeren Abmessungen von 231 × 162 × 230 mm – verglichen mit Eva und Spider – verdreifacht sich das Gewicht des Artec Leo fast auf 2,6 kg (im Vergleich zu 0,9 kg bei Eva und 0,8 kg bei Spider). Diese Gewichtszunahme ist hauptsächlich auf die integrierte Batterie zurückzuführen. Optisch besteht der größte Unterschied in der Hinzufügung eines großen 5,5-Zoll-Semi-HD-Touchscreens auf der Vorderseite. Der Scanner kann gekippt werden, um das Lesen während des Scanvorgangs zu erleichtern, so dass z. B. bei Bedarf über Kopf gescannt werden kann.

Wenn Sie sich den Scanner genauer ansehen, können Sie erkennen, dass sich auf der Vorderseite zwei Linsen befinden. Die rechte Linse projiziert mit einem Laser in einem unsichtbaren Lichtspektrum ein Gitter auf das Objekt, genau wie ein 3D-Scanner mit Streifenprojektion. Die linke Linse ist mit 12 LEDs ausgestattet und enthält zwei Kameras: Eine, die die Verzerrung des Gitters wiederherstellt, und eine andere, die Farbfotos macht, um die Textur des Objekts zu erhalten. Auf der Prozessorseite ist der Scanner mit der NVIDIA Jetson TX1 Plattform ausgestattet – inklusive verschiedener Sensoren (Beschleunigungsmesser, Gyroskop und Kompass), die es dem Artec Leo ermöglichen, sich im Raum zu positionieren.

Für den optischen Teil ist im 3D-Scanner Leo eine 3D-Erfassungskamera in Kombination mit einer Kamera zur Erfassung der Textur integriert.

Zu den weiteren Merkmalen des Artec Leo gehören eine EIN/AUS-Taste an der Vorderseite, ein microSD-Kartensteckplatz oberhalb des Griffs und ein Auslöser zum Starten/Stoppen des Scanvorgangs am Scannergriff. Der abnehmbare Akku ist auf der Unterseite des Geräts installiert, auf der sich auch eine Steckdose (zum Aufladen des Akkus) und ein Ethernet-Anschluss befinden.

In Bezug auf die Leistung ist Leo eindeutig der Nachfolger von Artec’s Eva. Sie haben eine gleichwertige Genauigkeit und Auflösung (0,1 mm bzw. 0,2 mm), jedoch hat Leo ein größeres Sichtfeld und einen größeren Arbeitsabstand sowie eine verbesserte Textur-Auflösung und Rekonstruktions- und Erfassungsgeschwindigkeit. Der Artec Leo hat eine Erfassungsgeschwindigkeit von 35 Millionen Punkten pro Sekunde (im Vergleich zu 18 Millionen Punkten/Sekunde bei Eva).

Artec hat kürzlich ein Software-Upgrade angekündigt, das auf künstlicher Intelligenz basiert und die Auflösung des 3D-Scanners Leo (und auch Eva) im HD-Modus auf 0,2 mm verdoppelt. Konkret kann der Leo eine Vielzahl von Modellen in einem Abstand zwischen 35 cm und 1,2 m erfassen, wie z. B. einen Schuh, eine Fahrzeugkarosserie oder -innenausstattung, einen Bootspropeller, einen menschlichen Körper oder ein Möbelstück.

Dank dem neuen, schlankeren Design und der Leistung konnte er schließlich den Edison Award 2020 für angewandte Technologie in den Kategorien User Experience (UX) und Künstliche Intelligenz gewinnen.

Der Leo 3D-Scanner bietet ein schlankes, modernisiertes Design im Vergleich zu seinen Vorgängern.

2. Installation des 3D-Scanners Artec Leo

Die Installation des Artec Leo ist relativ einfach, da er sofort nach dem Auspacken einsatzbereit ist. Die einzigen Schritte, die für die erste Inbetriebnahme erforderlich sind, sind das Einschalten des Leo mit der ON/OFF-Taste, die Verbindung mit dem Internet, das Akzeptieren der Benutzerlizenz und die Aktivierung des Produkts über den Touchscreen. Dies kann bei Bedarf auch über einen Computer erfolgen.

Der Leo-Scanner ist dann betriebsbereit. Ein wichtiger Schritt für alle 3D-Scanner besteht darin, sicherzustellen, dass das zu scannende Objekt kompatibel ist, und es gegebenenfalls vorzubereiten. Das Objekt muss unbeweglich sein, ein Minimum an Geometrie oder Textur enthalten, gleichmäßig beleuchtet und in einem Raum installiert sein, der groß genug ist, um es als Ganzes scannen zu können.

Wie bei jedem Scanner können einige Objekte, wie z. B. dunkle, transparente oder glänzende Teile, schwierig zu scannen sein. Die Lösung besteht darin, ein mattes Spray (für transparente oder glänzende Teile) oder sogenannte Targets (für Teile mit fehlender Textur oder Geometrie) zu verwenden. Bei dunklen Teilen ist es auch möglich, mit den Parametern des Scans, wie z. B. der Helligkeit der Textur, zu spielen.

Um diese potenziellen Probleme beim Scannen zu entschärfen, hat Artec 3D bei Leo die VCSEL-Technologie (Vertical-Cavity Surface-Emitting Laser) entwickelt, die das Scannen von schwierig zu scannenden Texturen erleichtert und das Scannen bei direkter Sonneneinstrahlung im Freien ermöglicht.

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Der Leo verfügt über einen großen 5,5-Zoll-Touchscreen und ein schwenkbares Display

3. Die Software Artec Studio

Obwohl der Artec Leo in autonom ist und für die Scanphase keinen Computer benötigt, ist es notwendig, das Modell auf einen Computer herunterzuladen, um die Datei zu bereinigen oder zu verbessern. Um die Scandaten nach Abschluss des Scans zu exportieren, kann eine Verbindung zu einem PC über eine Ethernet-Verbindung (schneller), WiFi über das Netzwerk oder Over-the-Air (Hotspot), aber auch über eine microSD-Karte, hergestellt werden.

Artec Studio 15 ist die 3D-Datei-Bearbeitungssoftware, die mit dem Artec Leo verbunden ist. Sie ist in über 15 Sprachen verfügbar und basiert auf einer zusätzlichen jährlichen Abonnementgebühr von 800 € oder einer lebenslangen Abonnementgebühr von 2.000 €. Eine 30-tägige Testversion steht ebenfalls zur Verfügung, falls Sie diese testen möchten.

Wie viele andere 3D-Bearbeitungsprogramme erfordert auch Artec Studio 15 einen relativ leistungsstarken Computer. Artec empfiehlt den Betrieb unter Windows 10 x64 mit einem i5- oder i7-Prozessor und mindestens 32 GB RAM. Der Hersteller hat auch an die Mac-Anwender gedacht und die ScanApp-Applikation entwickelt, mit der einige einfache Operationen durchgeführt und die Dateien exportiert werden können (bei Bedarf ist es auch möglich, Artec Studio 15 über Boot Camp zu betreiben).

Mit der Software Artec Studio 15 können Sie die mithilfe des Artec Leo digitalisierten 3D-Modelle bearbeiten und finalisieren.

Eine Besonderheit des Artec Studio ist der Autopilot-Modus, der speziell für Einsteiger konzipiert ist und es Ihnen ermöglicht, eine frisch gescannte Datei nahezu automatisch zu verarbeiten. Sobald das Modell in Artec Studio importiert wurde, startet der Autopilot-Modus mit verschiedenen zu beantwortenden Fragen (Scanqualität, Objektgröße, usw.). Im zweiten Schritt wird der Benutzer aufgefordert, das Objekt von Daten zu bereinigen, die nicht Teil des endgültigen Modells sind. Der dritte Schritt ist das Ausrichten der Scans, falls der Benutzer mehrere Scans desselben Objekts gemacht hat. Im letzten Schritt werden schließlich verschiedene Nachbearbeitungsschritte vollautomatisch durchgeführt. All diese Schritte sind auch im manuellen Modus verfügbar, um in den Parametern der Dateiverarbeitung weiter zu gehen.

4. Erste Scans

Der Start des Scanvorgangs erfolgt direkt am Touchscreen des Scanners oder über den Auslöser am Griff. Der Scanvorgang kann bei Bedarf auch von einem PC aus mit der Option Screen Mirroring (direktes Kopieren des Leo-Bildschirms auf den Computer) gestartet werden.

Ein erster Klick startet den Vorschaumodus, der die Aktivierung des Modus „Distance color map“ ermöglicht, um den optimalen Abstand des Scanners zum Objekt zu sehen. Wenn das Objekt auf dem Scannerbildschirm grün eingefärbt ist, bedeutet dies, dass es sich in der richtigen Entfernung befindet – umgekehrt, wenn es rot oder blau ist, ist es entweder zu nah bzw. zu weit entfernt. Dieser Modus kann auch während des Scannens aktiviert werden. Ein zweiter Klick auf den Trigger startet den „Recording mode“, also die Aufzeichnung der Aufnahme.

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Mit dem Modus “ Distance color map “ können Sie sicherstellen, dass Sie sich im richtigen Abstand zum Modell befinden.

Scantest eines Turnschuhs: Stoffmaschen und Farbe werden originalgetreu dargestellt.

Vor dem Start stehen dem Benutzer verschiedene Einstellungen zur Verfügung, die direkt über den Touchscreen des Artec Leo angepasst werden können, um die Qualität zu optimieren oder den Scanvorgang zu beschleunigen. Zu den verfügbaren Einstellungen gehört der HD-Modus, ein auf künstlicher Intelligenz basierender Modus, der sehr detaillierte Modelle mit einer Auflösung von bis zu 0,2 mm ermöglicht. Dieser Modus kann auch aktiviert werden, um dunkle oder glänzende Oberflächen genauer zu erfassen. Im Modus „Texture“ können Sie wählen, ob die Farben des Objekts während des Scans angezeigt werden sollen oder nicht. Die Option „Basis entfernen“ bietet – wie der Name schon sagt – die Möglichkeit, die horizontale oder vertikale Ebene, auf der sich das Objekt befindet, zu entfernen. Um bei bestimmten Texturen mehr Details zu erhalten, kann der Bediener auch die „Texture Brightness“ modifizieren, um die Leuchtkraft zu verändern. Nicht zuletzt, liegt der Scanbereich des 3D-Scanners zwischen 0,35 m und 1,2 m. Der optimale Abstand beträgt laut Artec jedoch 0,5 m. Es ist möglich, diesen Bereich mit der Option „Scanning Range“ zu reduzieren, um die Aufmerksamkeit des Scanners auf nur einen Teil des zu scannenden Objekts zu richten.

Ein Aspekt, der bei der Entfernung zu berücksichtigen ist, ist die gewünschte Scanqualität. Logischerweise nimmt die Auflösung tendenziell ab, je weiter Sie sich von dem zu scannenden Objekt entfernen. Der Hersteller empfiehlt daher, ein großes Teil trotz längerer Scanzeit aus der Nähe zu scannen, um eine optimale Scanauflösung zu erhalten. Bei Projekten, bei denen die Auflösung nicht das wichtigste Kriterium ist, kann es sinnvoll sein, sich vom Objekt aus nach hinten zu bewegen, um Scan-Zeit zu sparen.

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Das Fehlen von Anschlüssen am Artec Leo erleichtert das Scannen größerer Modelle erheblich.

Testscan einer Person: Trotz dunkler Texturen (Haare, Hose, Schuhe) ist das Ergebnis sehr zufriedenstellend.

Wie bei vielen Handscannern kann es vorkommen, dass der Scanner das zu scannende Objekt aus den Augen verliert, weil sich der Bediener zu schnell bewegt oder ein Modell schwer zu erfassen ist. Um die Erfassung fortzusetzen, positionieren Sie den Artec Leo am besten einfach neu auf einem Teil des zuvor gescannten Modells, das dann automatisch vom Scanner erkannt wird. Auf dem Bildschirm erscheint dann die Meldung „Ready to scan“, so dass der Scanvorgang fortgesetzt werden kann. Obwohl dieses Problem bei unseren Tests nicht auftrat, wäre ein zusätzlicher Akku durchaus wünschenswert gewesen, um im Falle eines leeren Akkus weiter scannen zu können. Auf Wunsch kann ein zweites Exemplar beim Hersteller erworben werden.

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Auf dem Display des Artec Leo können Sie die Qualität des Scans live mitverfolgen.

Motor-Kurbelgehäuse-Digitalisierungstest: Die Schwierigkeit lag hier in der Erfassung der vielen Hohlräume im Modell.

Während des eigentlichen Scannens kann der Scanner-Bediener mit dem Modus „Quality Overlay“ zu den Teilen des Objekts geführt werden, die möglicherweise neu gescannt, näher herangeführt oder mit mehr Zeitaufwand bearbeitet werden müssen, um eine gute Qualität des endgültigen Scans zu gewährleisten. Ein Modus, der bei Bedarf deaktiviert werden kann, der aber für Anfänger im manuellen Scannen sehr nützlich sein kann.

Generell wird das 3D-Scannen mit Leo durch den Frontbildschirm, der die Konzentration auf das zu scannende Modell ermöglicht, sowie durch das Fehlen von Kabeln, das echte Bewegungsfreiheit für die manchmal langen Scanphasen bietet, stark vereinfacht. Die in den Leo-Bildschirm integrierten visuellen Softwarehilfen vereinfachen ebenfalls diese Phase und begrenzen mögliche Fehler. Die erhaltenen Ergebnisse müssen noch in der Artec Studio Software weiterverarbeitet werden – ein Schritt, bei dem der Autopilot-Modus eine große Hilfe ist (siehe 3. Die Software Artec Studio).

All unsere Tests finden Sie im 3Dnatives Lab.

Fazit

  • Scanner Inhalt 9.5/10
  • Software 9.5/10
  • Scan-Qualität 10/10
  • Bedienbarkeit 10/10
9.8 / 10

Positive Punkte:
– drahtlos
– Touchscreen
– leichte Handhabung

Negative Punkte:
– Preis
– Gewicht
– Keine Kompatibilität mit MacOS/Linux

Mit Leo bietet der Hersteller Artec 3D das erste tragbare, kabellose Modell auf dem 3D-Scanner-Markt an, eine technische Meisterleistung, die einen echten Mehrwert gegenüber der Konkurrenz bringt und auf jahrelanger Erfahrung in der Entwicklung von 3D-Scannern beruht. Der Startpreis liegt allerdings bei 26.700 €, darin enthalten sind eine 2-Jahres-Garantie und der Kauf der Bearbeitungssoftware Artec Studio.

Der HD-Touchscreen und die übersichtliche Software-Oberfläche bieten ein einfaches und intuitives Gesamterlebnis in Verbindung mit einer sehr guten Scanqualität. Einziges Manko ist das Gewicht von 2,6 kg und die Tatsache, dass die Artec Studio 3D Software nicht nativ mit Mac und Linux kompatibel ist. Dieser 3D-Scanner mit strukturiertem Licht ist eine großartige Überraschung für den Markt und lässt große Perspektiven für die Zukunft der tragbaren 3D-Scanner erwarten!

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