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Besser unkonventionell: Interview mit Süß & friends

Am 2. August 2021 von Regina P. veröffentlicht

Haben Sie bereits von Süß & friends gehört? Das junge Unternehmen aus dem Ruhrpott sticht mit einem ungewöhnlichen Namen in der Welt des 3D-Drucks hervor und konnte mit seiner Kreativität auch die Jury der 3D Pioneers Challenge überzeugen. Das deutsche Unternehmen wurde nämlich mit seiner Neuerfindung einer der ältesten Haushaltsgegenstände zum Gewinner in den Kategorien „DIGITAL“ und „Design for Manufacturing“ gekürt. Wobei es sich dabei etwa handelt? Wir haben mit Firmengründer Philipp Süß über die Mission von Süß & friends sowie über die Ideenfindung für die diesjährige 3D Pioneers Challenge gesprochen. Im Interview spricht der Maschinenbauingenieur außerdem über den vielfältigen Kundenstamm des Unternehmens und erklärt, wie er mit seinem Team andere Unternehmen beim Einstieg in die additive Fertigung unterstützt.

3DN: Können Sie sich selbst und Ihre Verbindung zum 3D-Druck kurz vorstellen?

Philipp Süß

Hi, ich bin Philipp Süß, Gründer von Süß & friends. Bereits seit dem Studium im Bereich der additiven Fertigung tätig und habe später in der Industrie bei vielfältigen Projekten erlebt wie schwierig der Einstieg in die additive Fertigung für Unternehmen sein kann. Für einen erfolgreichen Einsatz ist ein Umdenken erforderlich, das sogenannte Additive Thinking. Gleichzeitig müssen neue Konstruktionsmethoden mit Hilfe moderner CAD-Software eingesetzt werden, um das Potenzial dieser Technologie vollständig auszuschöpfen. Aus diesem Grund habe ich 2017 das Ingenieurbüro Süß & friends gegründet, um Firmen bei Einstiegshürden zu unterstützen und speziell für additive Verfahren optimierte Produkte zu entwickeln. 

3DN: Süß & friends hat einen unkonventionellen Namen im Vergleich zu anderen Unternehmen aus der Branche. Wie ist die Idee dazu entstanden und was zeichnet Ihr Unternehmen aus?

Bei einer jungen Firma aus dem Bereich 3D-Druck liegen Firmennamen, die Worte wie “Tech”, “Digital” oder “3D” enthalten auf der Hand, doch unser Name sollte für mehr stehen als Begriffe, die mit diesem Industriezweig verbunden werden. Für die erfolgreiche Entwicklung und Fertigung von 3D-Druck Bauteilen ist eine Zusammenarbeit mit anderen Spezialisten und Firmen oft unabdingbar. Das können beispielsweise die Hersteller von 3D-Druck-Anlagen und Werkstoffen, Softwarehersteller, 3D-Druck-Dienstleister und vor allem die Mitarbeiter beim Kunden sein. Ich finde es wichtig, gerade bei einer vollständig digitalen Technologie wie der additiven Fertigung auf einem gemeinsamen Level miteinander diskutieren zu können. Nur so entstehen neue Ideen und technische Lösungen. Diese Aspekte unseres Arbeitens wollen wir mit dem “friends” im Firmennamen ausdrücken.  

3DN: Neben der Bauteil- und Anwendungsentwicklung beraten Sie Unternehmen zum Einstieg in die additive Fertigung. Aus welchem Bereich kommt der Großteil Ihrer Kunden? Mit welchen Herausforderungen sind diese konfrontiert?

Das große Anwendungsfeld der additiven Fertigung spiegelt sich auch in der Vielfältigkeit unserer Kunden wieder. Das sind zum einen Kunden aus dem Bereich Design und Consumer-Products, die durch den 3D-Druck das erste Mal die Möglichkeit haben, ihre Ideen ohne kreative Einschränkungen in einem wirtschaftlichen Rahmen umsetzen zu können. Andere Kunden kommen aus dem klassischen Maschinenbau und suchen nach neuen Lösungsansätzen zur Konstruktion und Fertigung eines bestimmten Bauteils oder auch einer kompletten Anwendung. Gerade dort ist das Interesse an einer Beratung zum Einstieg in die additive Fertigung groß, wenn es um Fragen wie die Verfahrensauswahl oder die Anschaffung eigener additiver Fertigungssysteme geht. Ein weiterer Teil unserer Kunden sind Start-ups oder Produktentwickler, da 3D-Druck Verfahren aufgrund der Möglichkeiten beim Rapid-Prototyping prädestiniert für eine agile Produktentwicklung sind.

Fertigung einer Saugförderdüse. (Bild: Süß & friends)

Meistens begleiten wir Projekte auch über den Prototypenstatus hinaus bis zur Fertigung und zum Markteintritt. Wenn es sich um die Fertigung von Kleinserien handelt, wird auch das finale Produkt kosteneffektiv mithilfe additiver Fertigungsverfahren hergestellt. Die Herausforderungen unserer Kunden besteht darin, dass sie oft wenig bis kein Know-how im Bereich 3D-Druck haben. Es mangelt daher noch an dem Vertrauen der Mitarbeiter in die gesamte Technologie und dem Einsatz des Verfahrens für Funktionsbauteile. Wie andere Fertigungsverfahren auch, erfordert die additive Fertigung ein Umdenken und loslassen von bestehenden Denkprozessen. Erst dann kann die nahezu unendliche Designfreiheit ausgenutzt werden und meist lohnt sich auch erst dann der Einsatz von 3D-Druckverfahren. Wir versuchen dieses Umdenken in der Industrie mit innovativen Produktentwicklungen voranzutreiben.

Ihr Projekt “THE BRUSH” zählt zu den diesjährigen Gewinnern der 3D Pioneers Challenge. Können Sie uns den Hintergrund zu dieser 3D-gedruckten Bürste erklären?

Uns hat die wortwörtliche Herausforderung der 3D Pioneers Challenge sehr interessiert. Wir wollten schauen, wie gut wir ein Produkt in weniger als drei Monaten mit der Hilfe neuer Softwaretools entwickeln können. In der Ideenfindungsphase kam mir dann folgende Frage in den Sinn: Was wäre, wenn wir statt der Zukunft die Vergangenheit neu erfinden?

Und da kam mir die Idee, einen Haushaltsgegenstand mit den Möglichkeiten der additiven Fertigung zu konstruieren. Vielleicht älter als die Menschheit selbst wurde die Bürste vor über hunderttausend Jahren durch Greifen einiger Zweige erfunden. Hat sie sich wesentlich verändert? Was ist Ihre Zahn-, Haar- oder Spülbürste anderes als eine Handvoll Plastikzweige? Ich nahm ein einzelnes, flexibles Material und veränderte lokal seine mechanischen Eigenschaften durch Bildung komplexer natürlicher und geometrischer Strukturen. Das Ergebnis ist eine multifunktionale Bürste aus einem Material in einem Produktionsschritt hergestellt, was nur durch 3D-Druck möglich ist. Eine korallenartige Lamellenstruktur und eine saugfähige Schwammstruktur werden zu einem Reinigungskopf kombiniert.

Süß & friends

Mit THE BRUSH gewinnt Süß & friends die 3D Pioneers Challenge in zwei Kategorien. (Bild: Süß & friends)

Der Griff verfügt über eine innere Diamantstruktur für Steifigkeit und eine zellartige Oberfläche am Griff. In der oberen Fingerrille ist ein Wasseranschluss mit Dichtlippen integriert. Bei Anschluss an einen Wasserhahn wird Wasser gleichmäßig durch den Reinigungskopf gespült. Ich bin sehr glücklich, dass wir die “Challenge” gemeistert haben und nach dem Einzug in das Finale auch in zwei Kategorien gewinnen konnten. Das zeigt, dass wir mit einer kreativen Herangehensweise, neuen Softwaretools und dem 3D-Druck in kürzester Zeit neue Dinge erschaffen können.

Welche Projekte sind für die Zukunft geplant? Wie sehen Sie die weitere Entwicklung von Süß & friends?

Wir arbeiten momentan bereits an mehreren Projekten, in denen wir neue Methoden der Datenerstellung in den Entwicklungsprozess integrieren. Dabei geht es um Themen wie Bionik, Simulation driven design, Generatives Design und komplexe, frei geformte Geometrien, deren Erstellung mit herkömmlicher CAD Software nahezu unmöglich ist. Eine große Herausforderung dabei ist, diese neuen Technologien in den bestehenden digitalen Workflow einzubinden bzw. den Workflow daran anzupassen. Aufgrund dieser noch relativ jungen Technologien muss dort einiges an Pionierarbeit geleistet werden.

Haben Sie noch letzte Worte für unsere Leserschaft?

Die wichtigste und nach meinem Gefühl oft unterschätzte Ressource in der additiven Fertigung ist die Kreativität der Ingenieure und Ingenieurinnen. Ich finde, man muss Menschen das Umfeld und die Freiheit geben, die eigene Kreativität auch für technische Problemstellungen zu nutzen. Mehr Informationen zum Unternehmen erhalten Sie HIER

Philipp Süß und sein Team haben bei der 3D Pioneers Challenge Kreativität bewiesen. (Bild: Süß & friends)

Kannten Sie Süß & friends oder THE BRUSH bereits? Lassen Sie uns zu diesem Thema gerne einen Kommentar da oder teilen Sie es uns auf FacebookTwitterLinkedIN oder Xing mit. Möchten Sie außerdem eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten im 3D-Druck und der additiven Fertigung direkt und bequem in Ihr Postfach erhalten? Dann registrieren Sie sich jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter!

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