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Sicherheit im 3D-Druck – Welche Schutzmaßnahmen sollten beachtet werden?

Am 5. September 2023 von Leonie M. veröffentlicht

Aktuell werden immer mehr Unternehmen auf die enormen Vorteile der additiven Fertigung aufmerksam und möchten den 3D-Druck künftig in ihre Arbeitsabläufe integrieren. Einsparung von Zeit und Kosten sowie eine absolute Designfreiheit bei der Herstellung von Prototypen bis hin zu den komplexesten Bauteilen motivieren Unternehmen immer mehr bei dieser Entscheidung. Doch nicht nur große Konzerne, sondern auch immer mehr Privatpersonen begeistern sich zunehmend für den 3D-Druck und experimentieren Zuhause an verschiedenen Designs und Materialien. So verlockend es scheinen mag, sich einen 3D-Drucker zuzulegen und drauf los zu drucken, wonach einem gerade der Sinn steht, oft sieht die Realität dabei anders aus. Auch wenn viele 3D-Drucker vom Hersteller als nutzerfreundlich bezeichnet werden, so kann selbst bei Erfahrenen mal etwas daneben gehen – daher ist es wichtig einige Schutzmaßnahmen im 3D-Druck zu beachten. 

Ob in Form von Filament, Harz oder Pulver, unter Verwendung eines Lasers oder UV-Lichts, bei jedem Material und Verfahren muss stets eine ordnungsgemäße Anwendung beachtet werden, um potenzielle Gesundheitsgefährdungen zu vermeiden. Zusätzlich ist es besonders wichtig, sich stets darüber zu informieren, welche Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden können, um sich und seine Umgebung zu schützen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche potenziellen Risiken die Verwendung eines 3D-Druckers birgt und welche Maßnahmen Sie ergreifen können, um ein sicheres 3D-Druck-Umfeld zu bewahren und Ihre Gesundheit zu schützen. 

Sicherheit im 3D-Druck

Vor dem Druck

Vorab möchten wir Sie auf einige Schritte aufmerksam machen, die Sie vor dem Kauf Ihres 3D-Druckers sowie vor Ihrem ersten Druck beachten können.

Die ersten Schritte zu einem sicherem 3D-Druck

Haben Sie sich für die Anschaffung eines 3D-Druckers entschieden, so können Sie bereits vor dem Kauf der Maschine die erste Sicherheitsmaßnahme vornehmen. Ist die Maschine mit dem bekannten CE-Siegel (Conformité Européenne) gekennzeichnet, so bedeutet dies zunächst ausschließlich, dass der Drucker die Anforderungen der gültigen EU-Richtlinien erfüllt und innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vertrieben werden darf, es ist also kein offizielles Prüfzeichen. Achten Sie daher darauf, dass das Produkt zusätzlich das GS-Prüfsiegel (Geprüfte Sicherheit) aufweist. Das GS-Zeichen weist darauf hin, dass grundlegende Sicherheitsanforderungen von einer zugelassenen und externen Prüf- und Zertifizierungsstelle kontrolliert wurden und das Produkt zugelassen wurde. 

Das STOP-Prinzip 

Schauen wir uns nun die generellen Schutzregeln nach dem STOP-Prinzip an. Dieses Prinzip beschreibt die Reihenfolge der einzuhaltenden Schutzmaßnahmen und bietet vor allem Arbeitgebern, doch auch Privatpersonen eine Unterstützung bei der Auswahl und Rangordnung der Maßnahmen, dabei steht jeder Buchstabe für eine Richtlinie. Das “S” steht hier für Substitution und macht auf die Auswahl des Verfahrens sowie des Materials aufmerksam. Es ist die wichtigste und wirksamste Schutzmaßnahme und sollte als erstes in Betracht gezogen werden. Sie setzt voraus, dass jegliche Gefährdung durch ein weniger schädliches Verfahren oder Material ersetzt werden soll, um das Sicherheitsrisiko möglichst von Beginn an zu minimieren. Die nächste Schutzmaßnahme bildet  das “T” und steht für die technischen Schutzmaßnahmen. Dazu gehören drei Maßnahmen – die Berücksichtigung von geschlossenen Systemen, die Verwendung von Absaugungen sowie Raumbe- und entlüftungen. Das “O” steht für die organisatorischen Maßnahmen. Diese sollten veranlasst werden, wenn das Schutzziel weder durch die Substitution noch durch technische Maßnahmen erreicht werden kann. Organisatorische Maßnahmen können beispielsweise Regeln über eine möglichst kurze Aufenthaltsdauer zur Reduzierung der Exposition darstellen oder das Erstellen von Betriebs- und Durchführungsanweisungen sein. Zuletzt sind die persönlichen Maßnahmen zu berücksichtigen. Diese stehen in der STOP-Hierarchie an letzter Stelle und sind einzuhalten, wenn vorherige Maßnahmen nicht genügend Schutz bieten oder von Privatpersonen bei unregelmäßiger und nur gelegentlicher Exposition. Bestimmte Sicherheitsvorkehrungen sind allerdings von dem jeweilig verwendeten Verfahren abhängig und können dementsprechend unterschiedlich sein. Im Folgenden stellen wir Ihnen die potenziellen Risiken bestimmter Verfahren und Materialien vor und zeigen Ihnen, welche technischen, organisatorischen sowie persönlichen Maßnahmen Sie ergreifen können.

Während des Drucks

Die verschiedenen Druckverfahren und Materialien bergen jeweils unterschiedliche Risiken, auf die Sie Acht geben sollten. Im Folgenden machen wir auf mögliche Gefahren und entsprechende Maßnahmen für den 3D-Druck mit Filament, Kunstharz, Pulver und weiteren aufmerksam.

Verwendung von Materialien in Filamentform

Laut des bekannten Hubs Reports 2023 gilt die Schmelzschichtung als das populärste Druckverfahren und immer mehr Haushalte und Büros setzen auf den Einsatz der FDM/FFF-3D-Drucker im Alltag. Doch auch, wenn der 3D-Druck mit Filamenten auf den ersten Blick unbedenklich erscheint, gibt es auch bei diesem Verfahren Gesundheitsrisiken zu beachten. In einer Studie des UL Forschungsinstituts wurden die beim FDM/FFF-3D-Druck entstehenden Emissionen untersucht und in einem “Leitfaden zur sicheren Nutzung des 3D-Drucks für Hochschulen, UL 200B” veröffentlicht. Dabei fanden die Forscher heraus, dass bei der Materialextrusion kleine Partikel und flüchtige organische Verbindungen, sogenannte VOCs, ausgestoßen werden. Die ultrafeinen Partikel und VOCs können wie eine Art Gas wirken, werden sie eingeatmet, dringen sie tief in die Lunge ein und können in den Blutkreislauf gelangen sowie Reizungen von Augen, Nase und Rachen verursachen. “Dies bedeutet, dass die Exposition eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen kann, insbesondere wenn eine Person bei minimaler Belüftung neben dem Drucker steht.”

Sicherheit im 3D-Druck

Im Hinblick auf die unterschiedlichen Materialien beim 3D-Druck mit Filamenten, lassen sich Unterschiede bei der Freisetzung von gesundheitsschädlichen Substanzen feststellen. So fand man heraus, dass ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol) toxischere Chemikalien freisetzt als PLA (Polylactide), da es aus Erdöl besteht, während PLA eher als natürliches Material gilt und teils aus Maisstärke besteht. Doch auch wenn PLA als unbedenklicher gilt, werden dem Material in der Regel Zusätze beigemischt, die beim Druck toxische Chemikalien wie  Styrol und Chlormethyl freisetzen, Substanzen, die Atemwege, Schleimhäute und Augen reizen können, sowie Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten hervorrufen können, wenn sie direkt eingeatmet werden. Am bedenklichsten schnitten dabei allerdings besonders die Materialien ABS, ASA (Acrylester-Styrol-Acrylnitril) sowie das oft für Stützstrukturen verwendete Material HIPS (High Impact Polystyrene) ab. 

Aus diesem Grund sollte beim 3D-Druck mit Filamenten jeglicher Materialien auf einen ausreichenden Schutz geachtet werden. Bei Betrieb sollte der Drucker sich nicht in Räumen, wie dem Büro oder Schlafzimmer befinden, in denen man sich für einen längeren Zeitraum aufhält. Zusätzlich empfiehlt es sich bereits beim Kauf des FDM-Druckers ein Modell mit geschlossener Druckkammer zu bevorzugen. Mittlerweile ist die Freisetzung schädlicher Stoffe bekannt, so produzieren immer mehr Hersteller Drucker mit integriertem HEPA-Luftreiniger, einem “Hocheffizienten Partikelfilter”. Drucker, ausgestattet mit diesen Funktionen in Kombination mit einer stets ausreichenden Belüftung des Raumes, bieten meist bereits einen ausreichenden Schutz. Trotzdessen empfiehlt es sich, einen längeren Aufenthalt in der Nähe eines arbeitenden FDM-Druckers zu vermeiden und wenn dies nicht möglich ist, eine zusätzliche Schutzmaske zu tragen; hier eignet sich eine FFP2 oder FFP3 Maske zum Schutz vor den Partikeln. 

Verfahren mit flüssigen Kunstharzen

Doch nicht nur bei der additiven Fertigung mit Filamenten müssen Gesundheitsmaßnahmen beachtet werden. Auch beim 3D-Druck mit flüssigem Kunstharz (oder Resin) im Stereolithografie (SLA), Digital Light Processing (DLP), Masked Stereolithografie (MSLA) und Material Jetting Verfahren gibt es einige Maßnahmen zu berücksichtigen. Handelsübliches Resin besteht meist aus Mischungen von Acryl- Epoxid- und Vinyletherharzen und kann im Kontakt mit der Haut und vor allem bei wiederholter Exposition Allergien und Reaktionen auslösen, die mit der Zeit schwerwiegender werden. Zusätzlich können die Dämpfe, die beim Druck des Kunstharzes ausgelöst werden, bereits starke Kopfschmerzen sowie Übelkeit und Schwindel auslösen. Auch Reaktionen der Augen und der Schleimhäute können dabei auftreten. Ein bewusster Umgang mit dem Material ist daher unumgänglich. Zunächst ist es wichtig zu erwähnen, dass das Kunstharz nur im flüssigen Zustand giftig ist. Nach Aushärtung des Bauteils kann es problemlos in die Hände genommen werden. Arbeiten Sie mit flüssigem Resin, so sollten Sie die folgenden Schutzmaßnahmen einhalten, um einen sicheren Umgang mit dem Material zu gewährleisten.

Kunstharz ist im flüssigen Zustand giftig und sollte nicht mit der Haut in Kontakt kommen.

Stellen Sie sicher, dass Sie Ihre Haut mit Handschuhen und Schutzkleidung schützen. Für die Hände empfiehlt sich das Tragen von Nitril- oder Vinylhandschuhen. Diese bieten mehr Schutz und haben eine bessere chemische Beständigkeit im Gegensatz zu den herkömmlichen Latexhandschuhen. Arme, Beine und Rumpf sollten ebenfalls vollständig bedeckt sein, hier kann es sinnvoll sein, einen Schutzkittel oder einen Einweg-Overall zu tragen. Für den Schutz Ihrer Augen eignet sich eine chemikalienbeständige Schutzbrille, idealerweise auch mit einem integrierten UV-Filterschutz. Um das Einatmen der Dämpfe des Resins zu verhindern, sollten Sie hierbei eine FFP2- oder FFP3-Maske verwenden. Bei der Verwendung von Harzen findet eine Photopolymerisation statt, also die Aushärtung des Harzes mittels einer Lichtquelle, meist ist dies ein UV-Licht. Bei der Verwendung einiger dieser UV-Strahler kann der gasförmige Gefahrstoff Ozon freigesetzt werden, welcher selbst bei niedriger Konzentration Reaktionen der Augen, Nase, Lunge und des Rachenraums verursachen kann. Informieren Sie sich bei dem Hersteller über eine potenzielle Ozonfreisetzung und installieren Sie bei Bedarf eine Absaugung mit geeignetem Filter oder sorgen Sie für eine ausreichende Belüftung. 

Verfahren mit pulverförmigen Materialien 

Fahren wir mit einem wichtigen Gesundheitsrisiko fort, welches unter der Verwendung des Selective Laser Sintering (SLS), Direct Metal Laser Sintering (DMLS), Directed Energy Deposition (DED) oder Binder Jetting auftreten kann. Diese Verfahren nutzen pulverförmiges Material, wie Metall- und Kunststoffpulver und bilden so partikelförmige Gefahrstoffe, also Stäube. So hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) die sogenannten TRGS (Technischen Regeln für Gefahrstoffe) bekannt gegeben und regelt in der TRGS 500 die Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, welche “einen Schutz der Beschäftigten vor inhalativen, oralen, dermalen und physikalisch-chemischen Gefahren sicherstellen” sollen. Das Risiko bei der Arbeit mit Stäuben hängt von der Größe der Partikel ab, so werden größere Staubpartikel im Rachen durch natürliche Schutzvorgänge des Körpers aufgehalten. Kleinere Partikel gelangen allerdings tiefer in die Lunge und lagern sich in den Lungenbläschen ab, dabei können die Staubpartikel sogar bis ins Blut gelangen. Hier empfiehlt es sich, eine Atemschutzmaske der Filterklasse P2 oder P3 zu tragen, die die feinen Partikel auffängt. Auch sollte eine gleichmäßige Durchlüftung des Raumes und eine ordnungsgemäße Absaugung des Arbeitsplatzes beachtet werden. Der Staub sollte laut der Richtlinie im Anschluss “mit Feucht- oder Nassverfahren oder mit geeigneten Staubsaugern oder Entstaubern” beseitigt und gereinigt werden, um so Staubablagerungen zu vermeiden.

(Bild: Additive Manufacturing Germany GmbH & Co. KG.)

Sonstige Gefahren

Neben den Risiken, die bei den spezifischen Materialien und Verfahren bestehen können, gibt es einige Gefahren, die im 3D-Druck generell beachtet werden sollten. Wie bereits erwähnt, sollte der Betrieb von 3D-Druckern stets in gut belüfteten Räumen erfolgen, in denen man sich nicht für einen längeren Zeitraum aufhält. Auch sollte stets beachtet werden, dass 3D-Drucker, wie FDM/FFF-Maschinen bei hohen Temperaturen von etwa 200 Grad arbeiten und so eine Verbrennungs- und Brandgefahr darstellen können. Fassen Sie daher weder die Düse oder das Druckbett noch den Drucker an sich während und kurz nach des Betriebs an und greifen Sie nicht in die Druckkammer hinein, da Bewegungen des Extruders zu Quetschungen und Einklemmen der Finger und Hände führen können. Bei längeren Haaren sollten diese stets zusammengebunden sein und lockere Kleidung vermieden werden. Vermeiden Sie es, den 3D-Drucker unbeaufsichtigt laufen zu lassen. Einige Hersteller integrieren Kameras in die Maschinen, sodass Nutzer den Druckprozess aus der Ferne überwachen können, um Gefahrensituationen zu verhindern. 

Nach dem Druck

Nun kennen Sie potenzielle Gefahren unterschiedlicher 3D-Druckverfahren und Materialien und wissen, welche Schutzmaßnahmen Sie für eine sichere Anwendung vor und während des 3D-Drucks ergreifen können. Kommen wir nun zum letzten Schritt nach dem Druck – der sicheren Entsorgung von 3D-Druckmaterialien.

Materialien sicher entsorgen 

Wie bereits erwähnt, ist Kunstharz im flüssigen Zustand giftig und sollte unter keinen Umständen mit der Haut in Berührung kommen. Aus diesem Grund sollten auch bei der Entsorgung von Resin genügend Maßnahmen berücksichtigt werden. Vom Druck übrig gebliebenes Resin kann wiederverwendet und zurück in die Flasche umgefüllt werden. Nicht wiederverwertbares Resin, sowie fehlerhafte Objekte sowie (Taschen)tücher und verwendete Handschuhe, die während des Prozesses in Kontakt mit dem Material gekommen sind, können in der Regel im Hausmüll entsorgt werden. Hierbei ist allerdings stets darauf zu achten, dass das Kunstharz vor der Entsorgung vollständig im UV-Licht ausgehärtet wurde, da das flüssige Harz noch immer giftige Stoffe absondern kann und zudem äußerst umweltschädigend ist. 

Filament kann mithilfe von speziellen Maschinen recycelt werden. (Bild: WEVOLVER)

Die Entsorgung von Filamenten, Fehldrucken und Resten aus dem FFF/FDM-Druck aus herkömmlichen Kunststoffen wie ABS, PLA und ASA oder PET(G) ist hingegen einfacher.  Bei Nichtgebrauch können diese abgekühlt sicher im gelben Sack entsorgt werden. Allerdings empfiehlt es sich hier, das Material zu sammeln und getrennt zu recyceln. Dies können Sie mithilfe von geeigneten Recycling Geräten selber tun oder spezialisierte Unternehmen beauftragen. 

Nun wissen Sie, welche Risiken die Verwendung additiver Fertigungsverfahren und Materialien birgt und welche Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden können, um sich und Ihre Umgebung vor, während und nach dem Druckprozess zu schützen. 

Was halten Sie von diesen Schutzmaßnahmen für mehr Sicherheit im 3D-Druck? Kennen Sie weitere Schutzregeln? Lassen Sie uns gerne einen Kommentar da, oder teilen Sie es uns auf Facebook oder LinkedIN mit. Möchten Sie außerdem eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten im 3D-Druck und der additiven Fertigung direkt und bequem in Ihr Postfach erhalten? Dann registrieren Sie sich jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter.

*Bildnachweise: Francis Son

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