SEMPER-KI vernetzt Fertigungspartner und macht 3D-Druck intelligent

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine konkrete Produktidee und möchten dieses Konzept schnell und unkompliziert in die Produktion überführen. Allerdings wissen Sie nicht, welche Unternehmen Sie dabei unterstützen können, welche Technologien für die Fertigung geeignet sind und welche Materialien infrage kommen. SEMPER-KI könnte Ihnen Abhilfe verschaffen, denn das Tool ermittelt mithilfe von Künstlicher Intelligenz und Simulationsverfahren ein passendes Netzwerk, um Ihr Projekt per 3D-Druck umsetzen zu können. Die Plattform erlaubt es Ihnen, einen Ihren Bedürfnissen entsprechenden Partner für die Fertigung zu finden, Materialien auszuwählen und die Fertigungsschritte zu optimieren. Auf diese Weise bauen Sie ein flexibles und vernetztes Ökosystem für Ihre Produktion auf. Wir haben mit Dr. Hagen Jung gesprochen, um mehr darüber zu erfahren, wie das Matching funktioniert und für wen SEMPER-KI geeignet ist.
3DN: Könnten Sie sich kurz vorstellen und erzählen, wie Sie zum 3D-Druck gekommen sind?
Ich bin Dr. Hagen Jung und habe mich im Rahmen eines Forschungsprojekts am Institut für Angewandte Informatik (InfAI) in Leipzig erstmals praktisch mit 3D-Druck befasst. Dabei wurde mir bewusst, wie komplex und dynamisch die Fertigungstechnik tatsächlich ist. Der Prozess erfordert zahlreiche Parameter, Alternativen und qualitätsrelevante Entscheidungen. Diese Komplexität macht Forschung in diesem Bereich umso relevanter, da sie hilft, Strukturen zu schaffen und Wissen zugänglich zu machen.
In diesem Projekt fokussierte ich mich jedoch nicht nur auf den Druckprozess, sondern auf die gesamte Optimierung der Abläufe – von der Modellvorbereitung über Parameterwahl bis zur Qualitätssicherung. Besonders spannend war für mich die Verbindung mit Künstlicher Intelligenz. Die zentrale Frage war: Wie können semantische Modelle, Ontologien und KI-gestützte Entscheidungsmechanismen industrielle Fertigungsprozesse effizienter gestalten und gleichzeitig verständlich bleiben?
3DN: Was ist SEMPER-KI und welche Ziele verfolgen Sie?
Langfristig möchten wir mit SEMPER-KI die Art und Weise verändern, wie Wertschöpfungsnetzwerke in der Fertigung entstehen. Unser Ziel ist es, eine digitale Plattform zu etablieren, die sich als de-facto-Standard für die Vermittlung von Fertigungsaufträgen – insbesondere im 3D-Druck – etabliert. In einigen Jahren soll es ganz selbstverständlich sein, dass Unternehmen bei der Entwicklung eines neuen Produkts unsere Plattform nutzen, um geeignete Fertigungspartner zu finden, Materialien auszuwählen und Produktionsprozesse zu optimieren.
SEMPER-KI ist das Ergebnis des BMWK-geförderten KISS-Projekts und wurde ursprünglich als reine Matching-Plattform konzipiert. Doch schnell wurde klar, dass sie mehr sein kann: ein Testlabor für innovative Ansätze wie Geometrieanalysen, Qualitätsbauteile, Wissensgraphen und KI-gestützte Aktionssteuerung. SEMPER-KI kombiniert mehrere Komponenten zu einer ganzheitlichen Plattform, darunter intelligente Auftragsvermittlung, Herstellerlisten und Voranalysen, KI-gestützte Chatbots und simulationsbasierte Kostenschätzung, sowie Qualitätssicherung und Resilienzbewertung. Diese Vielfalt an Komponenten macht SEMPER-KI nicht nur zur intelligenten Vermittlungsplattform, sondern zu einer flexiblen Pilotanwendung, die zukunftsfähige Konzepte praktisch erprobt und marktfähig weiterentwickelt. So ermöglichen wir eine skalierbare, adaptive und datengetriebene Steuerung von Fertigungsprozessen und Wertschöpfungsnetzwerken.

Die SEMPER-KI Plattform
Wir planen, SEMPER-KI kontinuierlich mit neuen Funktionen auszubauen. Zudem streben wir an, die Plattform über das derzeitige Forschungsstadium hinaus in ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu überführen. Langfristig soll SEMPER-KI Unternehmen dabei helfen, flexible Fertigungsverbände aufzubauen, in denen jeder Teilnehmer von einer effizienteren, datengestützten Zusammenarbeit profitiert. Damit unterstützen wir auch das übergeordnete Ziel der Industrie 4.0, nämlich agile und vernetzte Produktionsökosysteme zu schaffen.
3DN: Was sind die Vorteile und welche Unternehmen oder Branchen profitieren besonders davon?
SEMPER-KI spart Zeit und Kosten, indem es die richtige Fertigungslösung schneller findet und unnötige Abstimmungsprozesse reduziert. Die Plattform optimiert die Partnerwahl durch intelligentes Matching basierend auf technischen Fähigkeiten, Auslastung und Qualitätskriterien. Mit zunehmender Nutzung verbessert sich die Qualitätssicherung, da Erfahrungswerte in das System einfließen und standardisierte Prüfmechanismen greifen. Die Benutzerfreundlichkeit steigt durch den AI-Assistenten, der technische Hürden senkt und auch Einsteigern den Zugang erleichtert.
Unternehmen werden flexibler, indem sie über SEMPER-KI ein breites Netzwerk nutzen und sich unabhängiger von einzelnen Zulieferern machen. SEMPER-KI richtet sich vor allem an Unternehmen, die ihren Presales-Bereich noch nicht automatisiert haben und effizientere Prozesse in der Auftragserzeugung suchen. Besonders profitieren Zulieferer, die sich im Markt positionieren oder mit neuen Partnern vernetzen wollen. Hersteller, die individualisierte Bauteile anbieten, können ihre Sichtbarkeit erhöhen und passende Aufträge schneller finden. Einkäufer erhalten Zugang zu geprüften Fertigern und können auf Basis von Voranalysen die beste Produktionslösung auswählen. Unternehmen aus dem Maschinenbau, der Medizintechnik oder der Luft- und Raumfahrt profitieren von einem effizienteren Ausschreibungsprozess und flexiblen Fertigungsnetzwerken.

Chat-Flow der SEMPER KI.
3DN: Welche KI-Technologien verwenden und worin bestehen die Herausforderungen?
SEMPER-KI nutzt verschiedene KI-Technologien, die an unterschiedlichen Punkten mit den Nutzern interagieren. Der AI Assistant ist die erste Schnittstelle und hilft, Anfragen in natürlicher Sprache zu stellen und relevante Parameter automatisch zu erfassen. Die semantische Wissensbasis sorgt für ein intelligentes Matching, indem sie logische Zusammenhänge herstellt und Informationen zu Materialien, Verfahren und Verfügbarkeiten strukturiert bereitstellt. Das Matching verbindet Kunden mit passenden Herstellern. Zusätzlich unterstützen Datenakquisemodule, um bestehende Informationen kontinuierlich zu aktualisieren und abrufbar zu machen. Diese Technologien greifen ineinander, um Prozesse effizienter zu gestalten und fundierte Entscheidungen zu ermöglichen.
Da wir KI nicht in der Fertigung selbst etablieren, sondern im Presales-Bereich, besteht eine zentrale Herausforderung in der Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger, strukturierter Daten, die für präzise Vorhersagen und Empfehlungen erforderlich sind. Der AI Assistant muss nahtlos mit bestehenden Konfigurations- und Datenerfassungsprozessen interagieren, um sinnvolle Unterstützung zu bieten. Beim Matching ist eine hinreichend große, echte Datenbasis entscheidend, um fundierte Entscheidungen zu ermöglichen. Die semantische Wissensbasis muss stets aktuell bleiben, da der 3D-Druckmarkt kontinuierlich neue Fertigungstechniken hervorbringt, die in das System integriert werden müssen. Langfristig wird die Optimierung von Wertschöpfungsnetzwerken durch KI eine Rolle spielen, aber primär geht es aktuell um eine effiziente und flexible Auftragserzeugung.
3DN: Wo sehen Sie SEMPER-KI in den nächsten Jahren?
SEMPER-KI ist aktuell ein Prototyp, und die zukünftige Entwicklung hängt stark vom Betreiber und den technologischen Fortschritten ab. Die Plattform ermöglicht es, verschiedenste Dienstleistungen zu integrieren – sei es als Vermittlungs-, Beschaffungs- oder Qualitätsplattform, als Zulieferer für KI-Agenten oder durch die Nutzung der Wissensbasis als eigenständiges Geschäftsmodell. Unsere Forschung zur Benutzerführung könnte die Plattform weiter innovativ gestalten, und wir sind gespannt, welche Richtung sich durch Marktanforderungen und neue Technologien ergibt. Gerade diese Offenheit macht die Zukunft von SEMPER-KI so spannend.
3DN: Haben Sie noch einige abschließende Worte an unsere Leserschaft?
Wie erwähnt, ist SEMPER-KI als Forschungsprojekt im Rahmen des vom BMWK geförderten KISS-Projekts entstanden. Durch diese enge Zusammenarbeit mit unseren Industrie- und Forschungspartnern konnten wir wertvolle Erkenntnisse gewinnen und innovative Konzepte entwickeln, die nun schrittweise in die Praxis überführt werden – insbesondere im Bereich des Matchings und der Wertschöpfungsoptimierung. Nun beginnt die Phase der Markterprobung – eine spannende Reise, auf der wir gezielt nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln. Wir freuen uns über Unternehmen, die sich als Pilotanwender oder Partner einbringen möchten, um gemeinsam mit uns die Plattform weiterzuentwickeln. Die Zukunft der Fertigung bleibt dynamisch, und wir sind gespannt, wohin die Entwicklung von SEMPER-KI führt. Mehr dazu finden Sie HIER.
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*Bildnachweise: SEMPER-KI