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Recycling Fabrik und der nachhaltige Kreislauf für Filamentverarbeitung

Am 28. Februar 2023 von Delona Z. veröffentlicht
Recycling Fabrik

Laut dem Umweltbundesamt betrug der Wert an Kunststoffabfällen im Jahr 2019 6,28 Millionen Tonnen. Dabei handelte es sich bei 85,2% der Abfälle um Post-Consumer-Abfälle, diese entstehen nach der Nutzung von Kunststoffen. Beim Rest entstand der Abfall bei der Produktion des Materials. Um einen Bezug zur additiven Fertigung herzustellen, ist zu erwähnen, dass einer weltweiten Umfrage von Statista zufolge 64 % der Befragten Plastik beim 3D-Druck verwenden. Sie können sich wahrscheinlich denken, dass sich die Abfälle, die dabei entstehen, nicht besonders positiv auf unsere Umwelt auswirken. Um dem Problem von Plastikabfällen beim 3D-Druck entgegenzuwirken, hat es sich Recycling Fabrik zur Aufgabe gemacht, eine nachhaltige Verwendung für die Abfallstoffe zu finden. Wir haben ein Interview mit Jonas vom Startup für Sie durchgeführt, um mehr zu erfahren. Lesen sie sich diesen Artikel durch, um herauszufinden, inwiefern das Unternehmen seinen Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit leistet. Außerdem informieren wir Sie darüber, welchen Einsatz die additve Fertigung hier findet und noch vieles mehr!

3DN: Könntest Du dich vorstellen und erläutern, wie eure Arbeit mit additiver Fertigung zusammenhängt?

Moin, ich bin Jonas von der Recycling Fabrik und zusammen mit Rudolf und Jörn haben wir die Recycling Fabrik im April 2021 gegründet. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht den Kunststoffabfall, der beim 3D-Druck anfällt, einzusammeln und wieder zu Filament aufzuarbeiten. Dazu haben wir uns folgenden Kreislauf überlegt: 3D-Druck-Begeisterte können ihre Fehldrucke, Stützstrukturen, Brims etc. in einen alten Karton packen und mit einem Versandlabel zu uns schicken. Das Besondere dabei: Wir übernehmen die Versandkosten und belohnen die Einsender mit Punkten, die in unserem Online-Shop als Rabatt eingelöst werden können. Das eingesammelte Material wird von uns sortiert, gereinigt, geschreddert und getrocknet und nach einigen weiteren Schritten wieder zu Filament extrudiert. Und das alles bei uns in Braunschweig unter einem Dach.

Recycling Fabrik

3DN: Wie hat das Abenteuer von Recycling Fabrik angefangen?

Die Idee war zunächst nur ein Pausenscherz bei unserem vorherigen Arbeitgeber. In der Maker-Szene gab es zu Corona-Zeiten die Bewegung „Maker vs. Virus“ bei der viele 3D-Drucker-Besitzer Halterungen für Face-Shields, Masken-Clips und viele weitere nützliche Gegenstände gedruckt haben. Gerade bei den Face-Shields wurden bis zu 10 Stück davon gestapelt gedruckt, um – gerade über Nacht – das Maximum aus den Druckern herauszuholen. Dabei sind viele Drucke schiefgegangen, so auch bei uns. Da haben wir uns gefragt: Was machen wir eigentlich mit den ganzen Fehldrucken? Gibt es schon jemanden, der sich darum kümmert? Bei der Recherche stellten wir fest, dass es zwar viele DIY-Ansätze gab, es sich jedoch noch keine Firma an dieses Thema getraut hat. Daraufhin meinte Rudolf: „Na, dann lass es uns doch ausprobieren“ um bestellte prompt eine kleine Desktop-Extruderstrecke und einen kleinen gebrauchten Industrie-Shredder. Als wir feststellten, dass wir es schaffen, zu 100% recyceltes Filament ausschließlich aus Druckresten herzustellen, haben wir uns mit dieser Idee bei der Startup-Förderung MO.IN in Braunschweig beworben und wurden direkt angenommen. Von anfänglich 60 qm2 sind wir in den letzten 2 1/2 Jahren auf nun stolze 1.500 qm2 gewachsen, haben mehrere Industrielle Fertigungslinien und bieten sowohl Privatleuten sowie Unternehmen die Möglichkeit bei uns Filament zu recyceln.

3DN: Welchen Einsatz findet die additive Fertigung bei der Verfolgung eurer Ziele? Welche Technologien und Materialien sind dabei besonders relevant?

Wir sind alle große Fans des 3D-Drucks. Die Vielseitigkeit, der extrem kurze Weg von der Idee zu den ersten Prototypen in den eigenen Händen und die unendlichen Gestaltungsmöglichkeiten sind nur ein paar Argumente, die für den 3D-Druck und seinen Einsatz in fast allen Bereichen sprechen. Doch häufig stellte sich die Frage: „Muss das wirklich sein? Noch mehr Plastikmüll?“. Und diese Frage sind wir mit unserem Konzept angegangen. Begonnen mit PLA, dem mit Abstand am häufigsten verwendeten Kunststoff im 3D-Druck, weiten wir unseren Kreislauf nach und nach auf möglichst viele weitere Kunststoffe aus, um den maximalen Impact zu haben und möglichst viel Material vor der Verbrennung zu bewahren.

Recycling Fabrik

3DN: Inwiefern leistet ihr euren Beitrag zur Nachhaltig und welche positiven Auswirkungen hat euer Handeln auf die Gesellschaft?

Nachhaltigkeit war schon der zentrale Fokus unserer ursprünglichen Idee und ist es nun auch unseres Unternehmens. Wir produzieren vollständig in Braunschweig und machen den gesamten Prozess vom Einsammeln der Pakete über die vielen Schritte der Filamentproduktion bis zum Versand selbst. So sparen wir uns die Verschiffung von Granulat und Filament über den gesamten Globus und haben die Nachhaltigkeit in jedem Schritt in der eigenen Hand.

Neben dem Transport ist es auch deutlich nachhaltiger, vorhandene Ressourcen zur Filament-Produktion zu nutzen, als neue. Der Impact ist bei PLA noch nicht so hoch, doch wir forschen bereits am Recycling von z.B. kohlefaserverstärkten Kunststoffen und dort ist die Auswirkung riesig.

Wir konnten durch die Einführung unseres Kreislauf-Konzeptes mehrere positive Effekte feststellen. Zum einen geben wir über das Punkte-System dem Abfall einen Wert. 3D-Druckende und Unternehmen bekommen durch uns etwas für den entstandenen Abfall und so ist der Umgang mit diesem deutlich bewusster geworden. Auch hat sich das Verständnis von echter Kreislaufwirtschaft verändert, da wir Einsender nah am Geschehen teilhaben lassen, sie spüren die direkte Auswirkung ihres Handelns.

Außerdem entsteht fast so etwas wie eine „Bewegung“. Wir bekommen täglich viele Anfragen mit Ideen, wie das Konzept noch besser werden könnte oder der Nachfrage nach Kooperationen. So ist zum Beispiel die Idee aufgekommen, mit Makerspaces, Universitäten und anderen öffentlichen Einrichtungen ein Sammelnetzwerk aufzubauen – und das sogar europaweit! Das Einsenden von 3D-Druck Abfällen aus dem Ausland ergibt natürlich erst aber einer gewissen Menge Sinn. Tun sich aber viele Maker zusammen und sammeln gemeinsam, ist diese Menge schnell erreicht und wir können noch viel mehr Material retten.

Recycling Fabrik

Eingesendete Fehldrucke (links) werden geschreddert (rechts)

3DN: Mit welchen Projekten und Plänen können wir in Zukunft von euch rechnen?

Wir haben in Zukunft noch so einiges vor. Zunächst wollen wir unseren Kreislauf auf noch mehr Kunststoffe im 3D-Druck ausweiten. Nach und nach kommen also neue Produkte aus Einsendungen der Community in den Shop. Außerdem wollen wir noch mehr zum Thema Aufklärung machen, zum Beispiel mit Sozial-Media-Inhalten zum Thema Müll, Recycling und Nachhaltigkeit. Dieses Jahr sind einige spannende Aktionen in Planung, über die ich aber noch nicht so viel erzählen kann – eine davon ist eine Karte mit Sammelstellen in ganz Europa. In der ferneren Zukunft wollen wir uns noch nach weiteren Abfallströmen ohne Kreislauf umgucken und möglichst viele Rohstoffe vor der Verbrennung bewahren.

3DN: Hast Du noch abschließende Worte für unsere Leserschaft?

Die Begeisterung und das Interesse an wirklich nachhaltigem Filament freut uns sehr und motiviert uns und unser Team jeden Tag aufs Neue uns voll reinzuhängen und die gemeinsame Vision Realität werden zu lassen. Wir wollen Euch – die 3D-Druck-Community so viel wie möglich einbinden und mitwirken lassen. Also lasst uns gerne Feedback da, sammelt fleißig Eure Fehldrucke, Prototypen, Stützstrukturen und schickt sie uns zu. Auch wenn ihr Ideen habt, was es am Konzept oder an seiner Umsetzung noch besser werden könnte, sagt uns das gerne. Wir freuen uns drauf!

Vielen Dank fürs Lesen und weiterhin frohes Drucken! Mehr Informationen zu Recycling Fabrik finden Sie HIER.

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*Alle Bildernachweise: Recycling Fabrik

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