#3DStartup: Parastruct über Zirkularität, eine nachhaltigere Baubranche und mehr Partnerschaften in Europa

Als österreichischer Innovationssieger in der Kategorie „Entsorgung & Recycling“ der Zeitung Kurier, hat das Startup Parastruct bereits Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Mit innovativen Lösungen, die den Prinzipien der zirkularen Produktion folgen, ist das Unternehmen ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, einen nachhaltigen Weg in der Baubranche einzuschlagen. Doch nicht nur das: In unserem Interview mit Parastruct Gründer Georg Breitenberger berichtet er von der Philosophie hinter der zirkularen Produktion, den Zielen des jungen Unternehmens und gibt uns einen umfangreichen Überblick über die Technologien, die Parastruct verwendet. Der einstige Maurermeister zieht aus zahlreichen Erfahrungsquellen – von seiner handwerklichen Ausbildung zu Studienreisen nach Taiwan – um Parastructs Modus Operandi zu formen. Lesen Sie hier spannende Einblicke hinter die Kulissen von Parastruct!
3DN: Könnten Sie sich kurz vorstellen und erzählen, wie Sie zum 3D-Druck gekommen sind?

Georg Breitenberger gründete Parastruct im Jahr 2021
Mein Name ist Georg Breitenberger und ich bin gelernter Maurermeister. Anschließend habe ich Bauingenieurwesen und BWL studiert, habe dann eine Weile in der Immobilienentwicklung und für die Beton Fertigteilindustrie gearbeitet. 2021 habe ich mich dann dazu entschlossen, Parastruct zu gründen. Bei Parastruct entwickeln wir nachhaltige Materialien aus biogenen und mineralischen Abfällen. Wir entwickeln diese Materialien für den 3D-Druck in der Bauindustrie und schaffen Kooperationsprojekte zwischen Maschinenbauern und dem 3D-Druck.
Mit dem 3D-Druck bin ich vor zehn Jahren recht zufällig in Verbindung gekommen. Ich war immer interessiert an neuen Technologien und während meines langweiligen Studiums kam ich durch einen Freund in Kontakt mit dem 3D-Betondruck. Zufällig habe ich damals im Labor in der technischen Versuchs- und Forschungsanstalt gearbeitet. Das Ganze führte dann zu einem größeren Projekt an der Universität in Taiwan – damals gab es nur dort Geld für unser Projekt. Dann wurde die Betonfertigteilindustrie auf uns aufmerksam und ich habe im Anschluss für unterschiedliche Unternehmen 3D-Drucker und Materialien entwickelt.
3DN: Wie kam es zur Gründung von Parastruct und welches Ziel haben Sie sich gesetzt?
Parastruct gründete ich, um eigene Visionen im Bereich 3D-Druck in der Bauindustrie umzusetzen – dort sah ich riesiges Potential für 3D-Druckverfahren, vor allem für den Pulverdruck. Das Binder Jetting wird die Produktion von Bauteilen revolutionieren und ist das mächtigste Instrument, welches die Bauindustrie hat, um ihre zukünftigen Probleme im Bereich Nachhaltigkeit und Fachkräftemangel, sowie Produktivitätssteigerung und der damit verbundenen Preisstabilität anzugehen.
Das, was wir bei Parastruct machen, nennen wir Circular Advanced Manufacturing. Durch unsere nachhaltigen Materialien und 3D-Druckmethoden wollen wir das Bauen funktionaler, nachhaltiger, individueller und leistbarer machen. Die Bauindustrie ist der größte Emittent von CO2-Emissionen und der größte Abfallproduzent. Wir nutzen biogene und mineralische Abfälle, kombinieren diese mit unseren Low-Carbon Bindemitteln und stellen so nachhaltige und kostengünstige 3D-Druckmaterialien her.
3DN: Welche Technologien verwenden Sie und warum?
Wir verwenden bestimmte in-house entwickelte Recyclingmethoden, um mineralische Bindemittel aus Abfällen und Nebenproduktion zu extrahieren und zu reaktivieren. Diese Bindemittel setzen wir ein, um daraus nachhaltige Materialien für die konventionelle Bauindustrie – vor allem für die Betonfertigteilindustrie – herzustellen. Wir entwickeln aber auch Materialien für 3D-Druckverfahren. Hier arbeiten wir mit dem Contour Crafting (einem Extrusionsverfahren), Selective Binder Activation und Paste Intrusion (Pulverdruckverfahren), sowie der Mineral Binder Lithografie (ein neues Verfahren, von Parastruct entwickelt). Alle genannten 3D-Drucktechnologien haben unterschiedliche Vorteile und Nachteile, sowie Einsatzzwecke. All dies muss gründlich verstanden werden, um aus den Technologien sinnvolle Produkte herzustellen. Ein ganzes Haus zu drucken, ist kein wirtschaftlich sinnvolles Produkt.
Zudem kommen bei uns nur biogene und mineralische Materialien zum Einsatz. Meistens sind es Abfallmaterialien und Nebenprodukte, die wir zu 3D-Druckmaterialien aufwerten – diese sind nachhaltig und ungiftig. Durch unser Bindemittelrecycling können sie nach ihrer Lebensdauer erneut eingesetzt werden.

Verschiedene Abfallmaterialien werden bei Parastruct zu neuen 3D-Druckmaterialien verarbeitet
3DN: Die zirkulare Produktion ist somit das Herzstück Ihres Unternehmens. Wie setzen Sie diese Zirkularität um?
Für uns bei Parastruct ist Zirkularität nicht nur ein ökologisches Prinzip, sondern ein technologischer Gestaltungsrahmen. Wir setzen sie auf mehreren Ebenen um – mit innovativen Materialien, zirkulären Prozessen und digitalen Fertigungstechnologien, wie dem 3D-Druck. Wir setzen auf vier Säulen in unserem Firmenkonzept:
- Einsatz zirkulärer Rohstoffe: Unsere Baustoffe bestehen aus Nebenprodukten der Industrie, wie Stahlwerksschlacken oder biogenen Reststoffen (wie etwa Holzmehl, Hanf oder Reishülsen). Diese Materialien wären sonst Abfall, aber wir nutzen sie als Grundlage für nachhaltige Materialien.
- Rückgewinnung und Recycling mineralischer Bindemittel: Einer unserer technologischen Schwerpunkte ist das Zementrecycling. Dabei gewinnen wir Bindemittel aus Abbruchbeton zurück und machen sie erneut nutzbar. Das ermöglicht erstmals die echte Kreislaufführung mineralischer Baustoffe, die bisher am „End of Life“ schlicht deponiert oder downgecycelt wurden.
- Additive Fertigung: Unsere zirkulären Materialien sind speziell für 3D-Druckverfahren entwickelt. Der 3D-Druck ermöglicht nicht nur formoptimiertes, materialeffizientes Bauen, sondern auch eine lokal angepasste Produktion mit kurzen Lieferketten.
- Wiederverwendbarkeit und modular Designs: Unsere Materialien und Formate sind so konzipiert, dass sie dem Prinzip der Rückbaubarkeit folgen. Gedruckte Bauteile können später sortenrein getrennt, rückgebaut und wiederverwendet oder rezykliert werden – und das ganz ohne Qualitätsverlust.
3DN: Wo bestehen aktuell Ihre größten Herausforderungen?
Die größten Herausforderungen in Europa bestehen in der Finanzierung zukunftsträchtiger disruptiver Technologien. Auch gibt es große Mängel im Mindset zu neuen Technologien – als ich mich vor zehn Jahren zuerst mit 3D-Betondruck beschäftigte, wurde ich in Österreich ausgelacht. Besonders im deutschsprachigen Raum konzentriert man sich auf das Bewahren altbewährter Prozesse und Technologien, gleichzeitig verliert man überall an Wettbewerbsfähigkeit. Ich ermutige die 3D-Druck Community zum Eingehen von Partnerschaften, bei denen jeder seine Kernkompetenzen einbringt und man gemeinsam die größte mögliche Hebelwirkung erzielen kann. Nur so können wir in Europa im 3D-Druck weiterkommen.

Ein Blick hinter die Kulissen bei Parastruct
3DN: Können Sie schon zukünftige Projekte anteasern?
Zusammen mit einer spanischen Firma, die auf Küstenschutz spezialisiert ist, entwickeln wir 3D-gedruckte nachhaltige Bauelemente aus recycelten Materialien – diese sind besonders für die Anforderungen im Meer geeignet. Für bedeutendes französisches Modeunternehmen entwickeln wir ein Konzept zur 3D-gedruckten recycelbaren Geschäftsausstattung. Zusammen mit einem Bauschutt Recyclingunternehmen konzipieren wir ein auf Bauschutt angepasstes 3D-Pulverdruckverfahren und in Deutschland arbeiten wir mit der TU Darmstadt an 3D-gedruckten Akustikkörpern aus Zellulose.

Verschiedene Materialgruppen die Parastruct durch 3D-Druck neu verarbeitet
3DN: Gibt es noch etwas, was Sie unseren Lesern mitteilen wollen?
Wir stehen an einem Wendepunkt: Rohstoffkrisen, CO₂-Emissionen und Abfallprobleme fordern ein radikales Umdenken. Aber genau darin liegt auch die Möglichkeit, mit neuen Technologien wie dem 3D-Druck, zirkulären Materialien und datengetriebener Planung ein Bauwesen zu schaffen, das klimapositiv, effizient und gestalterisch frei ist.
Mehr Informationen zu Parastruct finden Sie HIER. Wir bedanken uns für das spannende Interview! Was halten Sie vom Ansatz des Unternehmens, eine nachhaltigere Baubranche zu schaffen? Lassen Sie uns dazu einen Kommentar da, oder teilen Sie es uns auf Facebook oder LinkedIN mit. Möchten Sie außerdem eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten im 3D-Druck und der additiven Fertigung direkt und bequem in Ihr Postfach erhalten? Dann registrieren Sie sich jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter.
*Bildverweise: Parastruct