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Wie Nobufil aus Kunststoffabfällen Filamente herstellt und die Kreislaufwirtschaft schließt

Am 5. September 2022 von Bianca Z. veröffentlicht

Laut Angaben des Umweltbundesamts fielen alleine in Deutschland im Jahr 2019 mehr als 6 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle an. Hierbei möchte man sich gar nicht ausmalen, wie hoch diese Zahl auf globale Sicht ist. Ein weiterer Grund, weshalb die additive Fertigung auch in diesem Bereich für Abhilfe schaffen kann. Wird dieser Technologie bereits in unterschiedlichen Ebenen nachgesagt, dass sie eine enorme Nachhaltigkeit verspricht, so geht das österreichische Unternehmen Nobufil noch einen Schritt weiter: es stellt seine Materialien ausschließlich aus Kunststoffabfällen her, was zu einem geschlossenen Kreis innerhalb der additiven Fertigung führt. Ein spannendes und zukunftsreiches Handeln wie wir finden und aus diesem Grund haben wir uns mit Alexander Datzinger und Robert Lielacher, Eigentümer und Geschäftsführer der pexopol GmbH und Polymerwerkstatt GmbH, für ein interessantes Interview getroffen, um mehr über ihre Filamente in Kombination mit ihrem ökologischen Fußabdruck zu erfahren.

3DN: Könnt ihr euch und eure Beziehung zur additiven Fertigung kurz vorstellen?

Alexander Datzinger (links) und Robert Lielacher (rechts) (Bild: Nobufil GmbH)

Wir beschäftigen uns bereits seit mehreren Jahren mit der Herstellung und dem Vertrieb von Recyclingkunststoffen, die zumeist im Spritzguss- und Extrusionsverfahren eingesetzt werden. Im Jahr 2021 fokussierten wir uns im Zuge eines geförderten Innovationsprojektes darauf, neue mögliche Anwendungsfelder für unsere bestehenden Materialien zu finden oder maßgeschneiderte Rezepturen auf Basis von Sekundärrohstoffen dafür zu entwickeln.

Einer dieser Einsatzbereiche war unter anderem der 3D-Druck, genauer das FDM-Verfahren. Nach eingehenden Recherchen, umfangreichen Analysen verschiedener in Frage kommender Materialien und intensiven Tests konnten wir eine brauchbare Quelle für einen Grundstoff identifizieren und unser erstes Ausgangsmaterial für PETG-Filament aus 100 % recycelten Ressourcen herstellen. Gemeinsam mit mehreren 3D-Druck-Profis stellten wir fest, dass das Produkt in Bezug auf konstante Viskosität, Druckbarkeit, Schichthaftung und mechanische Eigenschaften hervorragend abschneidet und mit Filamenten aus Neuware absolut vergleichbar ist. Die vielen positiven Rückmeldungen motivierten uns, das anfängliche Experiment in ein eigenes Unternehmen auszulagern – die nobufil GmbH war geboren. Jim van Hazendonk, ein Experte mit über 10 Jahren Erfahrung in Design und 3D-Druck, stieß Anfang des Jahres zu uns und wurde in kurzer Zeit ein wichtiger Teil unseres Teams. Er bringt nicht nur sein Fachwissen, sondern auch seine Leidenschaft ein, um unser Unternehmen und die Produkte weiterzuentwickeln und zu verbessern.

3DN: Nobufil fokussiert sich sehr auf das Thema Nachhaltigkeit. Könnt ihr erklären, wie dies konkret umgesetzt wird?

Nobufil ist der erste österreichische nachhaltige 3D-Druck-Filament Hersteller mit eigenem Recycling und eigener Filamentproduktion. Unsere Materialien werden ausschließlich aus Kunststoffabfällen hergestellt und leisten damit einen wertvollen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. Als Alternative zu herkömmlichen Erzeugnissen aus Primärproduktion tragen diese Produkte dazu bei, Ressourcen zu schonen, den ökologischen Fußabdruck zu verringern, sowie CO2-Emmissionen zu reduzieren. Wir sourcen sortenreine Produktionsabfälle die bei der Herstellung unterschiedlicher technischer Produkte in der Kunststoffverarbeitung anfallen. Diese beziehen wir über langjährige und verlässliche Lieferanten ausschließlich aus EU-Ländern, größtenteils aus Österreich und dem angrenzenden Ausland. Damit können wir eine hohe, gleichbleibende Produktqualität sicherstellen und vermeiden Dank der kurzen Transportwege lange LKW-Fahrten und halten auch damit den CO2-Ausstoß niedrig.

In unserem Verarbeitungsprozess durchlaufen alle Materialien mehrere Prüfungen. Das beginnt bei der Inspektion der Recyclingmaterialien bei der Anlieferung, über produktionsbegleitende Qualitätskontrollen bis hin zu mechanischen Tests von aus Filamenten gedruckten Probekörpern. Somit stellen wir für unsere Kunden hochwertige Druckergebnisse in konstanter Qualität sicher. Auf unseren Extrusionsanlagen werden die Kunststoffabfälle aufgeschmolzen, mit Additiven zur Verbesserung der Eigenschaften vermischt, Fremdstoffe herausgefiltert und zu guter Letzt zu Kunststoffgranulat geformt. Aus dem so hergestellten Granulat wird in einem weiteren Prozessschritt qualitativ hochwertiges Filament mit konstantem Durchmesser produziert. Neben den eigentlichen Filamenten bestehen auch die Spulen aus recycelten, sortenreinen Kunststoffen. Nach deren Gebrauch können diese bei ordnungsgemäßer Entsorgung einfach getrennt und erneut dem Recyclingkreislauf zugeführt werden. Dadurch können daraus auch im nächsten Leben wieder technisch hochwertigen Produkte hergestellt werden.

Auch bei der Verpackung der Filamentrollen haben wir uns eine spezielle Lösung einfallen lassen. Die aus FSC-zertifizierten Recyclingkartonagen hergestellte Schachtel kann mit Hilfe einiger einfach zu druckender Teile als Spulenhalter eingesetzt werden und ermöglicht somit, das Filament darin aufzubewahren und direkt aus der Schachtel zu drucken.  

Das Filament zeichnet sich durch minimale Umweltbelastungen aus, während alle Eigenschaften bestehen bleiben (Bild: Nobufil GmbH)

3DN: Ihr habt gerade ein neues Filament gelauncht. Über welche Besonderheiten verfügt dieses Filament und wo macht sich sein Einsatz besonders bemerkbar?

Das erste Material, welches wir auf den Markt gebracht haben, ist PETG, da es sich wegen der einfachen Druckbarkeit ausgezeichnet für den Desktop 3D-Druck eignet. Es druckt fast ohne Verzug, ist geruchlos und lässt sich problemlos auf fast allen gängigen 3D-Druckern verarbeiten. Durch die ausgesprochen gute Layerhaftung und hohen mechanische Belastbarkeit kann das Nobufil PETG-Filament auch für professionelle Anwendungen, wie Prototyping oder Kleinserien eingesetzt werden. 

3DN: Was dürfen wir in Zukunft noch von Nobufil erwarten? Gibt es bereits nächste Pläne?

Aktuell arbeiten wir bereits an der Erweiterung unseres PETG-Sortiments, d.h. es werden zeitnah weitere Farben verfügbar sein. Parallel dazu testen wir bereits Filamente aus anderen Materialien, wie z.B. PCTG und ein einfach zu druckendes ABS, die wir noch in diesem Jahr in unser Produktportfolio aufnehmen werden. Wir sind offen für Neues und versuchen aus bestehenden Ressourcen weitere neue Produkte zu kreieren. Durch die Produktion der Ausgangsmaterialien in unserer hauseigenen Kunststoffaufbereitung können wir auch für Hersteller und Anwender von Granulat 3D-Druckern unsere Materialen in der benötigen Form bereitstellen und somit ökologische und nachhaltige Alternativprodukte anbieten.

Ob maßgeschneiderte oder Standardkunststoffe – hier schließt sich die Lücke am Markt der Kunststoffindustrie (Bild: Nobufil GmbH)

3DN: Habt ihr noch abschließende Worte für unsere Leserschaft?

Wir hoffen, mit unseren Produkten einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und ressourcenschonenden Umgang mit Kunststoffen zu leisten. Wir wollen ein kompetenter Ansprechpartner für die 3D-Druck Community sein, sowohl für die Makerszene als auch professionelle Anwender im Bereich Additive Manufacturing mit Kunststoffen. Besonders freut uns, dass wir in der mehrmonatigen Entwicklungsphase von unseren externen Testern ausschließlich positives Feedback bekommen haben und uns bestätigt wurde, dass der Einsatz von recycelten Kunststoffen für den 3D-Druck kein Kompromiss zwischen Nachhaltigkeit und Qualität sein muss.

Was sagen Sie zu den nachhaltigen Filamenten und dem Umweltbewusstsein von Nobufil? Lassen Sie uns dazu gerne einen Kommentar da oder teilen Sie es uns auf FacebookTwitterLinkedIN oder Xing mit. Möchten Sie außerdem eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten im 3D-Druck und der Additiven Fertigung direkt und bequem in Ihr Postfach erhalten? Dann registrieren Sie sich jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter!

*Titelbildnachweis: Nobufil GmbH

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