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Welches Potenzial haben NFT für die additive Fertigung?

Am 13. Oktober 2021 von Regina P. veröffentlicht

NFT, Blockchain, Ethereum, Ether, Kryptowährung, eWallet, Metaverse… Über diese Begriffe sind Sie in den letzten Monaten bestimmt schon häufiger gestolpert. Immerhin finden sich diese in zahlreichen Schlagzeilen und befeuern die Debatte, ob es sich beim Handel von digitalen Gütern um eine weitere Investment Blase handelt oder ob der Hype etwa doch das Potenzial hat ein neues Zeitalter einzuläuten. Insbesondere für Kunstschaffende und Investoren scheint diese Frage von großer Bedeutung zu sein. Aber was hat es mit den Buzzwörtern auf sich, weshalb sollten Sie Ihre Definition kennen und inwiefern könnte ein digitaler Markt für die additive Fertigung von Interesse sein? Wir haben mit Danit Peleg, Modedesignerin bekannt für ihre 3D-gedruckten Kleidungsstücke und Ioan Florea, Schaffer der ersten 3D-Druck Kunstkollektion gesprochen, um herauszufinden was sich Kunstschaffende von der Kryptowährung versprechen. Außerdem hat uns Blockchain-Experte Jerome de Tychey, Global Head of Client Success bei Ledger und Präsident bei Ethereum France, Einblicke in die rechtlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit den NFT’s gegeben. 

Was sind NFT?

Auch wenn es den Anschein erregen mag, dass NFT’s noch ein recht junges Phänomen darstellen, so müssen wir feststellen, dass die Entstehung bereits in die Jahre 2014/2015 zurück reicht. Aber lassen Sie uns zunächst klären, was NFT’s überhaupt sind: NFT steht für Nichtfungible Token (engl.: non-fungible token), was bedeutet, dass diese nicht austauschbar sind. Damit diese Einzigartigkeit der Token jedoch Sinn ergibt, gilt es zunächst zu verstehen, dass ein Nichtfungibler Token ähnlich zu anderen bekannten Währungsformen wie dem Euro oder Bitcoin einen gewissen Wert besitzen. Im Vergleich zu Bitcoin ist ein NFT jedoch nicht mit einem anderen NFT austauschbar, sie besitzen einen individuellen Identifizierungscode und können nicht (wie es bei Bitcoin oder Euro der Fall wäre) eins zu eins miteinander ausgetauscht werden. Dank dieser Tatsache ist es möglich, digitale Güter jeglicher Art (wie z.B.: Illustrationen, Videoclips, Social Media Posts) zu einem NFT werden zu lassen (zu minten) und diesen einen bestimmten Wert zuzuschreiben. 

So unterscheiden sich fungible von nichtfungiblen Gütern.

Werfen wir an dieser Stelle doch einen Blick auf einige Werke, welche bereits erfolgreich als NFT verkauft wurden. Beim teuersten Werk handelt es sich um eine JPEG-Datei mit dem Namen „Everydays: The First 5000 Days“ die zu Beginn des Jahres um sagenhafte 69 Millionen US-Dollar vom Auktionshaus Christie’s versteigert wurde. Es handelt sich dabei um eine Collage aus 5.000 einzelnen Kunstwerken des Künstlers Beeple (Michael Joseph Winkelmann), was den US-Amerikaner zu einem der drei wertvollsten lebenden Künstler macht. Zu einem weiteren bekannten Beispiel zählt auch der erste Twitter-Post von Twitter Mitgründer Jack Dorsey, welcher für 3 Millionen US-Dollar verkauft wurde. 

Beeple’s JPEG Collage „Everyday: The First 5000 Days“ wurde für 69 Millionen US-Dollar verkauft.

NFT trifft auf 3D-Druck

Auch in der Welt der additiven Fertigung finden wir immer mehr Künstler, welche Ihre Werke auf digitalen Marktplätzen wie Rarible oder OpenSea als NFT zum Verkauf anbieten. Dazu zählt unter anderem Danit Peleg. Sie zählt nicht nur zu den Pionieren wenn es um Fashion aus dem 3D-Drucker geht, sondern weiß auch wie sie für ihre Designs als Nichtfungible Token Wert schöpfen kann. Im Interview mit ihr stellt sich heraus, dass die junge Modeschöpferin bereits seit einigen Jahren überlegt hat, wie sie den digitalen Prozess ihrer Werke in irgendeiner Form sicher dokumentieren und für andere bereitstellen kann. Sie erklärt den Prozess wie folgt: Sobald ein Interessent einen Nichtfungiblen Token von ihr erwirbt, erhält die Person Zugang zu einem Ordner, welcher der NFT Nummer zugewiesen ist. In diesem befinden sich eine Reihe an Dateien, darunter Anleitungen zu den Druckeinstellungen und ein Leitfaden wie die einzelnen Teile zum fertigen Kleidungsstück zusammengesetzt werden. 

Die 3D-gedruckte Mode von Danit Peleg kann in limitierter Auflage auf Rarible erworben werden.

Weil sie Käufern die Dateien beim Kauf bereitstellt, schafft Danit Peleg eine Brücke zwischen dem digitalen Gut und einem physischen Objekt, welches von den Käufern selbst 3D-gedruckt werden oder bei ihr in Auftrag gegeben werden kann. Sie fügt dem hinzu: “Ich erlaube es meinen Käufern die Kleidungsstücke selbst additiv zu fertigen. Ich schränke die Käufer dabei in keiner Weise ein, ganz im Gegenteil, ich finde es äußerst spannend mitzuverfolgen, was diese in weiterer Folge mit meinen Kreationen machen.” So haben Käufer beispielsweise die Möglichkeit das Material und die Farbe für ihr Kleidungsstück selbst zu wählen, wodurch wiederum ein einzigartiger physischer Gegenstand entsteht. Wenn es nach Danit Peleg geht, könnten ganze Kollektionen zukünftig als ein NFT verkauft werden. Das gekaufte digitale Gut könnte sich dann je nach Saison transformieren: aus einem T-Shirt könnte für die Winterzeit ein Pullover werden. Sie schätze jedenfalls die Vielzahl neuer Geschäftsmöglichkeiten, welche durch NFT für Künstler entstehen. 

Auch Ioan Florea, dessen Kunst auf der Philosophie und den Möglichkeiten von Open-Source-Technologien basiert, bietet 3D-Druck Kunstobjekte als NFT zum Verkauf an. Er erklärt dazu: “Mein Interesse wurde geweckt, als ich meinen 3D-gedruckten Ford Torino aus Metall auf der Inside Bitcoin 3D-Druck Messe in New York im Jahr 2014 ausgestellt hatte. Das Thema der Messe 2014 war die 3. Industrielle Revolution. Mit dem 3D-gedruckten Ford Torino aus Flüssigmetall wollte ich damals den Übergang vom Fließband zu Blockchain-Open-Source-3D-Drucktechnologien darstellen… Ich denke, dass NFT der erste Schritt sind, um 3D-gedruckte Kunst zu einer neuen Form der Kunst zu machen. Zum jetzigen Zeitpunkt wird 3D-gedruckte Kunst nicht als Kunstwerk steuerlich oder zollrechtlich anerkannt. Sie gilt als industrieller, maschinell hergestellter Prototyp und nicht als Kunst. Das erinnert mich an Constantin Brancusi zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Seine „Vogel“-Skulptur wurde damals vom US-Zollamt in die gleiche Kategorie wie Küchenutensilien eingestuft und registriert.” 

Die G-Code Werke von Ioan Florea können für 0,3 Ether (= Stand 13.10.2021 899,40 Euro) erworben werden.

Er erklärt außerdem, dass es sich bei den Käufern seiner NFT um eine Generation handelt, die in Kryptowährungen investiert und vom Fortbestand dieser überzeugt ist. Darunter finden sich in der Regel Personen, welche viel Zeit in der virtuellen Welt verbringen. Ähnlich wie bei Danit Peleg erhalten auch Florea’s Käufer die 3D-Datei mit freigeschalteten Inhalten, in manchen Fällen auch einen Link zur ursprünglichen STL-Datei. Florea verweist hier insbesondere auf den Vorteil von 3D-Druck NFT, da diese häufig mit einem physischen Objekt in Verbindung stehen, zumindest hätten Käufer die Möglichkeit ein physisches Objekt für sich zu generieren, was bei anderen digitalen Gütern nicht der Fall sei. Dies mache den 3D-Druck zum idealen Kandidaten für NFT, da auch bei Kursschwankungen der Kryptowährung Käufer immerhin ein physisches Kunstobjekt zum Anfassen haben würden. 

Wo befindet sich der Token und welche Rechtsgrundlagen gibt es? 

Ähnlich zu anderen Kryptowährungen basieren NFT’s auf einer Blockchain, also einer dezentralen Datenbank, welche dabei hilft den “digitalen Fingerabdruck”, den sogenannten “Hash” des Werkes zu speichern und dessen Einzigartigkeit sowie die Besitzverhältnisse identifizierbar zu machen. Zu der beliebtesten Blockchain zähle unter anderem Ethereum. Jerome de Tychey erklärt dazu folgendes: ”Ethereum bietet die Flexibilität, NFT’s zu listen, zu versteigern und zu automatisieren. Die Smart Contracts (im Grunde eine Software, die innerhalb der Blockchain eingesetzt wird) kommen bei Ethereum eine wichtige Rolle zu, während diese bei Bitcoin nur begrenzt eingesetzt werden.” In diesen Smart Contracts kann beispielsweise festgelegt werden, dass der Schöpfer des Werkes bei jedem Wiederverkauf ein gewisser Prozentanteil vom Verkaufswert zukommt. Dadurch entsteht für Künstler der große Vorteil, dass diese von einem steigenden Wert ihrer Werke mitprofitieren können. 

NFT sind virtuelle Güter, befinden sich auf einer Blockchain und sollen Käufern den Besitz eines Kunstwerkes zuschreiben. Dadurch werfen sich natürlich auch vielerlei rechtliche Fragen auf, insbesondere zum Urheberrecht, dem Datenschutzrecht und finanzrechtlichen Aspekten. Jerome de Tychey erklärt uns im Gespräch, dass man sich momentan noch in einer kompletten Grauzone befinde, wenn es um geistige Eigentumsrechte geht. Eine Vielzahl von Experten auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, seien sich einig, dass mit NFT keine Rechte an der Datei verbunden sind, mit welcher der Token verknüpft sei, und dass derzeit keine Vorschriften auf diesen Fall angewendet werden können. Die mit den NFT verbundenen Rechte könnten nur im Kontext der Blockchain, in der sie emittiert werden und existieren, tatsächlich durchgesetzt werden.

Bild: CodeBrahma

Jerome de Tychey erklärt dazu folgendes: „Nehmen wir das Beispiel eines Kunstwerks: Als Künstler verwende ich ein Paar kryptografischer Schlüssel, um eine Blockchain-Transaktion zu signieren, die den NFT erzeugen. Dieser Schritt ähnelt der Technologie, die in den meisten digitalen Signaturen von Dokumenten verwendet wird, welche Sie vielleicht schon selbst per E-Mail erhalten haben. Gleichzeitig habe ich eine Datei zugeordnet, die meine Kunst darstellt. Jetzt kann ich diesen NFT an jeden übertragen und verkaufen, und jeder kann nachweisen, dass diese NFT ursprünglich von mir stammt, da sie mit meiner digitalen Signatur versehen ist. Nach der Freigabe der NFT kann jemand die Datei kopieren und einen weiteren NFT mit derselben Datei unter Verwendung der eigenen Signatur erstellen, es existiert hier kein Hindernis. Wenn eine dritte Partei jedoch ein auf der Blockchain basierendes Museum betreibt, kann diese dritte Partei nur die NFT von verifizierten Künstlern auf die Whitelist setzen und veröffentlichen, während der Kunstkurator jeden NFT, den ein Künstler jemals erstellt hat, in Echtzeit verfolgen kann.“

Zukunftsaussichten & Herausforderungen

Ioan Florea erklärt im Gespräch, dass es momentan noch nicht möglich sei die 3D-Druck Dateien (STL / OBJ) direkt auf der Blockchain zu hinterlegen – diese würde mit einem Link aufgerufen (der dementsprechend nicht mit der Blockchain gesichert ist was einen erheblichen Nachteil für Käufer darstellen kann). Er hofft, dass sich dies in Zukunft ändert und die Plattformen auch das Krypto-Mining effizienter bzw. nachhaltiger gestalten werden. Er stellt außerdem fest, dass einige Plattformen JPEG-Animationen und Videos, also den traditionellen digitalen Medien, den Vorrang geben. Der 3D-Druck sei eine relativ neue Kunstform, die aber immer mehr zum Mainstream werden wird. Danit Peleg hofft, dass NFT dazu beitragen können Mode vollständig zu demokratisieren. Sie kann sich vorstellen, dass ihre Kleidung zukünftig nicht nur in der realen Welt getragen wird sondern auch in einem Metaversum (einem kollektiven virtuellen Raum). Auch Peleg ist davon überzeugt, dass sich der hohe Energieverbrauch der NFT und damit die schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt im laufe der Zeit signifikant verbessern wird. Weshalb die Blockchain so stromintensiv arbeitet, wird Ihnen das folgende Video erklären. 

Es mag sich Ihnen nun womöglich die Frage stellen, weshalb Nichtfungible Token überhaupt angeboten und in weiterer Folge gekauft werden. Können digitale Güter einen Wert besitzen? Und wie rechtfertigt sich der negative Einfluss auf die Umwelt? Zugegeben bei dieser Frage scheiden sich im Moment noch die Geister. Denn sehen so manche ganz klar den Mehrwert und Potenzial von NFT, so werfen sich bei anderen viele Fragezeichen auf. Es bleibt also abzuwarten, ob und inwiefern NFT in Zukunft die Art und Weise bestimmen werden, welchen Wert wir digitalen Gütern bemessen. Wir werden den Trend auf jeden Fall weiterhin verfolgen und sind schon gespannt, welche weiteren Möglichkeiten sich in diesem Bereich für den 3D-Druck noch ergeben werden. 

Können Sie sich vorstellen das NFT zur Norm werden? Lassen Sie uns dazu einen Kommentar da, oder teilen Sie es uns auf Facebook, Twitter LinkedIN oder Xing mit. Möchten Sie außerdem eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten im 3D-Druck und der Additiven Fertigung direkt und bequem in Ihr Postfach erhalten? Dann registrieren Sie sich jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter.

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