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Aus Alt mach Neu: Nevalu druckt Designobjekte aus recycelten Kunststoffabfällen

Am 13. Februar 2024 von Astrid Z. veröffentlicht
Nevalu

Nachhaltiges Design aus dem Münsterland –  das ist das erste Statement, das man bei einem Besuch der Website von Nevalu zu lesen bekommt. Sofort ist klar, worauf sich das Startup konzentriert und welchen Stellenwert Regionalität und Ökologie im Ansatz des jungen Unternehmens einnehmen. Im Nevalu-Shop können praktische Alltagsgegenstände wie Vasen, Büroutensilien und Schalen zu erschwinglichen Preisen erstanden werden. Alle werden aus recycelten Kunststoffen hergestellt und vor Ort per 3D-Druck produziert. Doch damit gibt sich das Gründerteam – bestehend aus Marc, Philipp und Loy – nicht zufrieden. Sie wollen ihre Kunden in den Herstellungsprozess ihrer Designobjekte inkludieren und entwickelten ein einzigartiges Konzept von „aus Alt mach Neu“.

Die Kunden können ihre ungeliebt gewordenen Spielsachen aus Plastik so verschreddern und zu Filament verarbeiten. Dieses bildet dann die Grundlage für ein neues Objekt. Ziel von Nevalu ist es, die Kunden in den Produktionsprozess miteinzubeziehen und sie an der Produktion aktiv teilhaben zu lassen. Dies verstärkt das Bewusstsein von Recycling und Nachhaltigkeit. Nevalu bietet auch Themenabende und Workshops in Münster an. Dort können sich alle Interessierten über Kunststoffe und deren Recycling informieren. Wir haben mit dem Gründerteam gesprochen, um mehr über Nevalu zu erfahren. Von der Gründung über Herausforderungen bis zu den langfristigen Zielen des Unternehmens wollten wir vor allem wissen, wie der 3D-Druck bei Nevalu eingesetzt wird, mit welchen Materialien und Technologien das Team arbeitet.

Nevalu-Team

Das Gründerteam von Nevalu. (Bild: Katharina Kipp)

3DN: Könntet ihr euch kurz vorstellen und erzählen, wie ihr zum 3D-Druck gekommen seid und wie es dann zur Gründung von Nevalu kam?

Hallo, wir sind Loy, Marc und Philipp, das Gründerteam von Nevalu. 2016 begannen wir gemeinsam ein Architekturstudium, bei dem wir 3D-Drucker für Prototyping und Modellbau einsetzten, wodurch wir erstmals mit dieser Technologie in Kontakt kamen. Während des Studiums gründeten Loy und Philipp dann das Architektur-Dienstleistungsunternehmen Modellbau Münster, das sich auf die Erstellung von Visualisierungen, Architekturfotografie und hauptsächlich den Bau von Holzmodellen spezialisierte. Gleichzeitig begann Marc, Produkte für den Bereich Interior Design zu entwerfen und über eigene Online-Shops zu vertreiben. Durch die große Überschneidung unsere Tätigkeiten entschieden wir uns, gemeinsam in eine Werkstatt zu ziehen.

Die vermehrte Nutzung von subtraktiven Fertigungsmethoden, wie dem CNC-Fräsen, führte jedoch auch zu mehr Abfall. Wir begannen zu überlegen, ob diese Produkte nicht auch effizienter im 3D-Druckverfahren hergestellt werden könnten. Parallel dazu fanden wir es faszinierend, Formen zu entwickeln, die mit herkömmlichen Fertigungsmethoden nicht realisierbar wären. Infolgedessen fingen wir gemeinsam an, Produkte wie Vasen, Stiftehalter und Lampen zu entwerfen. Dies bildete den Ausgangspunkt für den Aufbau unserer Marke NEVALU, die sich auf nachhaltige 3D-Druckprodukte spezialisiert. Denn Nevalu steht für „New Value“, da wir den Kunststoffabfällen einen neuen Wert verleihen wollen.

3DN: Warum setzt ihr bei Nevalu auf 3D-Druck?

Die Entscheidung, bei Nevalu auf 3D-Druck zu setzen, basiert auf den zahlreichen Vorteilen dieses Verfahrens im Vergleich zu herkömmlichen Methoden. Zunächst ist der 3D-Druck ein additives Verfahren, das während des Produktionsprozesses besonders wenig Abfall erzeugt. Darüber hinaus ermöglicht uns diese Methode die Entwicklung neuer Formen, die mit anderen Fertigungsmethoden entweder gar nicht oder nur mit erheblichem Aufwand realisierbar wären. Ein weiterer signifikanter Vorteil liegt in der Schnelligkeit und Kosteneffizienz, mit der wir neue Produkte testen und produzieren können. Dies ermöglicht uns, auch in Zukunft schnell auf individuelle Kundenwünsche einzugehen. Neben den ökonomischen Aspekten legen wir großen Wert auf Nachhaltigkeit. Der Fokus auf 100 % recycelten Materialien und die lokale Fertigung tragen zu einem nachhaltigen zirkulären Ansatz bei.

3DN: Mit welchen Materialien und welchem Druckverfahren arbeitet ihr? Warum habt ihr euch dafür entschieden?

Wir setzen derzeit auf das Fused Deposition Modeling (FDM) als unser Haupt-3D-Druckverfahren, da dieses Verfahren uns ermöglicht, Kunststoffabfälle als Ausgangsmaterial für unsere Produkte zu nutzen. Außerdem können wir dadurch effizient und wirtschaftlich produzieren. Auf Dauer schließen wir nicht aus auch andere 3D-Druckverfahren einzusetzen, um unseren technologischen Horizont zu erweitern und möglicherweise spezifische Anforderungen besser zu erfüllen. Dies jedoch immer unter der Voraussetzung nachhaltig produzieren zu können.

Nevalu arbeitet derzeit mit der FDM-Technologie und recycelten Materialien. (Bild: Nevalu)

Unter Verwendung von FDM haben wir die Möglichkeit, theoretisch alle für dieses Verfahren geeigneten Kunststoffe zu verarbeiten. Gegenwärtig setzen wir hauptsächlich auf PLA, PP, PETG und ABS, wobei alle Materialien zu 100% recycelt sind.

3DN: Worin besteht euer einzigartiger Ansatz der Kreislaufwirtschaft? Was ist dabei die größte Herausforderung?

Unser Ansatz in Richtung Kreislaufwirtschaft besteht darin, einen lokalen Materialkreislauf zu etablieren und Menschen daran partizipieren zu lassen. Daher haben wir im November und Dezember einen Pop-Up Store in Münster eröffnet. Hier haben wir den gesamten Materialkreislauf dargestellt. Vom Mitbringen und Sortieren der Kunststoffabfälle nach Kunststoffsorten, zur Weiterverarbeitung durch den Schredderer, bis hin zum Spritzguss oder auch der Filamentherstellung und der anschließenden Nutzung für den 3D-Druck konnten die Besucher unseren gesamten Kreislaufansatz mitverfolgen und auch mitmachen.

Im Rahmen unseres Pop-Up Stores in Münster haben wir erstmals den gesamten Prozess getestet. Kunden und interessierte Personen hatten die Möglichkeit, ihren gesäuberten Kunststoffabfall mitzubringen und den ersten Prototypen unseres Konfigurators zu testen. Diese Erfahrung konnten die Kunden kostenlos ausprobieren und testen. Derzeit können wir noch nicht genau angeben, wie viel dieser Service genau kosten wird. Dies wird sich erst in der Zukunft zeigen. Dass unser Konzept einzigartig ist und gut ankommt, zeigen aber die Besucherzahlen. Insgesamt haben über 26.000 Menschen unseren Pop-Up Store in den sechs Wochen besucht.

Im Pop-Up Store konnten sich die Kunden ein Bild vom Produktionsprozess und den 3D-gedruckten Objekten von Nevalu machen. (Bild: TAFH)

Derzeit arbeiten wir weiterhin intensiv daran, unsere Kunststoffe gezielt von lokalen Firmen und Abfallwirtschaftsunternehmen zu beziehen. Diese gezielte Beschaffung ermöglicht nicht nur die Entwicklung nachhaltiger Produkte, sondern schafft auch Transparenz für die beteiligten Unternehmen hinsichtlich des konkreten Verbleibs ihrer Abfälle. Dadurch tragen wir aktiv zur Aufklärung und Verbesserung der Abfallverwertung bei. Gleichzeitig sind wir in der Lage, unseren Kunden präzise und transparent zu zeigen, aus welchen Abfallquellen in der Region die Materialien für unsere Produkte stammen. Dies fördert nicht nur die Nachverfolgbarkeit, sondern unterstreicht auch unsere Verpflichtung zur Regionalität und nachhaltigen Produktion.

Die größte Herausforderung besteht in der Abbildung des Recyclingprozesses selbst, da dieser äußerst komplex ist. Er umfasst die Reinigung und Sortierung der Kunststoffe, die Zerkleinerung, das Einschmelzen, die Einfärbung und schließlich das präzise Wickeln des Filaments auf eine Rolle. Dieser Prozess erfordert nicht nur beträchtliche Erfahrung, sondern auch Investitionen in die erforderlichen Maschinen. Gegenwärtig sehen wir darin unsere primäre Herausforderung. Da wir beabsichtigen, den Produktionsprozess in Zukunft zu automatisieren, stellt die Sicherstellung einer konstanten und gleichbleibenden Druckqualität eine zusätzliche Herausforderung dar.

Nevalu bezieht lokale Abfälle und macht daraus Filament, welches für den 3D-Druck von Designobjekten verwendet wird. (Bild: Nevalu)

3DN: Was sind die nächsten Schritte für Nevalu und eure langfristigen Ziele?

Nach der spannenden, jedoch auch anspruchsvollen Zeit im Pop-Up Store sammeln wir nun sämtliches Feedback, einschließlich kleinerer Anpassungen an unseren bestehenden Produkten. Gleichzeitig sprudeln bereits tausende Ideen für zukünftige Produkte auf. Mit der Ankunft unseres neuen Großformatdruckers können wir nun im Format von 1m x 1m x 1m drucken. Diese Erweiterung eröffnet uns ganz neue kreative Möglichkeiten!

Im Fokus steht die Entwicklung unseres Konfigurators und die Produktion unseres eigenen, zu 100 % recycelten Filaments. Dieses Vorhaben ist ein wichtiger Schritt, um einen lokalen Kreislauf zu schaffen. Parallel dazu streben wir an, unser Produktportfolio zu erweitern, insbesondere durch die Entwicklung neuer Produkte unter Einsatz unseres großformatigen Druckers. Dazu zählen beispielsweise Möbel wie Tische und Stühle. Dies ermöglicht es uns, kreative und innovative Lösungen anzubieten, die über herkömmliche Designs hinausgehen. Darüber hinaus setzen wir uns das Ziel, die Marke Nevalu in der Öffentlichkeit weiter voranzutreiben. Dies beinhaltet nicht nur die Stärkung unserer Präsenz auf dem Markt, sondern auch die Vertiefung unseres Engagements für nachhaltige Produkte und transparente Herstellungsprozesse. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Schaffung eines Bewusstseins für Recycling. Wir möchten nicht nur qualitativ hochwertige und nachhaltige Produkte anbieten, sondern auch eine aktive Rolle dabei spielen, das Verständnis für Recycling und dessen Bedeutung für die Umwelt zu fördern.

3DN: Habt ihr noch abschließende Worte an unsere Leserschaft?

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Nevalu fertigt neue Objekte aus alten Plastikabfällen. (Bild: Nevalu)

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*Titelbildnachweis: Nevalu

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