NASA und Rocket Lab starten mit der Neutron-Rakete in eine neue Ära

Mit dem Ziel, ihre Reichweite bei Weltraummissionen weiter auszubauen, hat die NASA eine Vereinbarung mit Rocket Lab USA, Inc. unterzeichnet, um die Neutron-Rakete in das VADR-Programm zu integrieren. Dabei handelt es sich um ein Programm zur Beschaffung von Startdiensten zu wettbewerbsfähigen Preisen und zur Senkung der Missionsanforderungen für Raumfahrzeuge, die noch nicht in die Umlaufbahn gebracht wurden. Neutron ist eine von Rocket Lab USA hergestellte Trägerrakete mittlerer Reichweite, die teilweise wiederverwendbar ist und von neun 3D-gedruckten Archimedes-Triebwerken angetrieben wird, die für mehr Effizienz und Flexibilität bei Weltraumstarts sorgen sollen.
Das Unternehmen experimentiert nicht zum ersten Mal mit Starts im Nahbereich. Vor Neutron brachte Rocket Lab USA mit Electron ein weiteres Raumfahrzeug im Rahmen von NASA-Missionen und des VADR-Programms in die Umlaufbahn. Mit Electron wurden die VADR PREFIRE-Missionen in nur zwei Wochen abgeschlossen, und im Mai 2023 wurde ein Doppel-Schnellstart für die VADR TROPICS-Missionen eingeleitet. Dank der Vielseitigkeit und Effizienz von Neutron kann Rocket Lab nun sein Forschungsgebiet auf Weltraummissionen ausweiten und in bisher unerforschte Umlaufbahnen vordringen.
Der Archimedes-Antrieb
Wie bereits erwähnt, besteht Neutron aus nicht weniger als neun Archimedes-Triebwerken. Dabei handelt es sich um das von Rocket Lab USA entwickelte wiederverwendbare Raketentriebwerk, dessen Komponenten im 3D-Druckverfahren hergestellt wurden. Im Mai 2024 begann das Unternehmen im NASA Stennis Space Center in Mississippi mit einer intensiven Stresstestkampagne für die Komponenten, Subsysteme und das Gesamtsystem des Archimedes-Triebwerks, um seine Leistung in der Zündungs-, der stabilen Betriebs- und der Abschaltphase zu überprüfen. Anschließend wurden zahlreiche Aktivierungen des Triebwerkssystems bis zur ersten Heißzündung, d.h. der Zündung mit voller Leistung, durchgeführt.
Die Merkmale des Archimedes-Motors sind zahlreich und interessant. Erstens werden bei Archimedes zahlreiche 3D-gedruckte Komponenten verwendet, von Motorstrukturen, Turbopumpengehäusen und Ventilgehäusen bis hin zu Vorbrenner- und Hauptkammerkomponenten. Das Archimedes-Triebwerk wird mit Flüssigsauerstoff und Methan betrieben und arbeitet mit einem oxidationsreichen, gestuften Verbrennungszyklus. Dies ist eine innovative Mischung für diese Art von Raumfahrzeugen. Zweitens ist das Triebwerk so konzipiert, dass es in hohem Maße wiederverwendbar ist und mindestens 20 Starts pro Triebwerk ermöglicht. Seine Betriebskapazität ermöglicht auch eine geringere Belastung im Vergleich zu anderen Raketentriebwerken auf dem Markt. Bei maximaler Leistung ist jedes Archimedes-Triebwerk in der Lage, 165.000 lbf (733 kN) zu erzeugen, was in der Neutron-Erststufe einen kombinierten Gesamtschub von 1.450.000 lbf ergibt.
Peter Beck, Gründer und CEO von Rocket Lab, sagte:
Die Fertigstellung und Erprobung eines Archimedes-Triebwerks stellt einen Wendepunkt im Entwicklungsprogramm von Neutron dar. Wir sind nun in die entscheidende Phase eingetreten, in der das Triebwerk gezündet und in Vorbereitung auf den Erstflug feinabgestimmt wird. Bei Triebwerksentwicklungsprogrammen wird oft in aller Eile ein minimal funktionsfähiges Produkt auf den Prüfstand gestellt, was jahrelange Umgestaltungen und wiederholte Tests erfordert, um die erforderliche Leistung und eine zuverlässige Großserienfertigung zu erreichen. Wir hingegen haben ein fast flugtaugliches Triebwerk auf den Prüfstand gebracht, und da unsere gesamte Produktionsinfrastruktur bereits vorhanden ist, sind wir in einer idealen Position, um schnell Verbesserungen vorzunehmen und die Entwicklungs- und Qualifizierungskampagne zügig abzuschließen.
Vorteile der Neutron-Rakete
Peter Beck fährt fort: „Neutron bietet der Startindustrie eine große Auswahl und einen hohen Nutzen und ist die ideale Rakete, um die Ziele der NASA mit dem VADR-Programm zu unterstützen und neue Möglichkeiten für wissenschaftliche und technologische Nutzlasten durch kommerzielle Best Practices zu schaffen. Rocket Lab ist mit Electron seit langem ein zuverlässiger Missionspartner der NASA, und wir sind stolz darauf, diese Partnerschaft mit Neutron zu erweitern.“
Die Neutron-Rakete ist für den Transport einer 13.000 kg schweren Nutzlast in eine niedrige Erdumlaufbahn ausgelegt. Die Rakete eignet sich besonders für die Aufstellung von Satellitenkonstellationen, für nationale Sicherheitsmissionen und für den Start von Nutzlasten für Wissenschaft und Forschung. Neutron ist damit eine zuverlässige Alternative auf dem Markt für kommerzielle und staatliche Kunden. Rocket Lab sieht Neutron als Speerspitze seiner integrierten Raumfahrtstrategie. Mit dieser Rakete zeigt das Unternehmen, dass es nicht nur in der Lage ist, seine eigenen Komponenten zu bauen, sondern sie auch ins All zu bringen und eigene Konstellationen zu betreiben.
Neutron erhielt sowohl die VADR-Zulassung als auch die Aufnahme in das OSP-4-Programm der United States Space Force. Dabei handelt es sich um einen IDIQ-Vertrag (Indefinite Delivery Indefinite Quantity) im Wert von 986 Millionen Dollar. Darüber hinaus bewertet die National Security Space Launch (NSSL) Lane 1 der US-Regierung die Leistung von Neutron, um mit dem Unternehmen einen IDIQ-Vertrag im Wert von 5,6 Mrd. $ zu schließen, der sich über fünf Jahre erstreckt.
Der erste Start von Neutron ist für Mitte 2025 vom Startkomplex 3 des Rocket Lab auf Wallops Island, Virginia, geplant. Jetzt muss nur noch der Start dieses ehrgeizigen Projekts abgewartet werden, das einen weiteren Meilenstein für die 3D-Drucktechnologie in der Luft- und Raumfahrt darstellt und einmal mehr zeigt, dass diese Technologie in der Lage ist, die extremen Herausforderungen einer so komplexen und anspruchsvollen Branche zu meistern.
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*Bildnachweise: Rocket Lab.