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Mobility goes Additive – Ein aufstrebendes Netzwerk für die additive Fertigung

Am 12. Dezember 2018 von Jacqueline O. veröffentlicht

Auch bei der Deutschen Bahn wird zunehmend auf additive Fertigung gesetzt. Wie in so vielen Industrien wird die neue Technologie vor allem für die Erstellung von Ersatzteilen eingesetzt, aber auch für neu designte Objekte und ein angestrebtes Ziel ist die serielle additive Fertigung. Um hierfür Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig Unterstützung zu bieten wurde die Deutsche Bahn eines der Gründungsmitglieder von Mobility goes Additive, einem internationalen Netzwerk von Unternehmen, Institutionen und Forschungseinrichtungen, welche sich alle mit der industriellen, additiven Lösung beschäftigen. Wir wollten mehr über dieses Netzwerk und seine Ziele erfahren und sprachen mit Stefanie Brickwede, Head of Additive Manufacturing bei der Deutschen Bahn und Managing Director bei Mobility goes Additive.

3DN: Würden Sie Ihre Verbindung zur additiven Fertigung bei der Deutschen Bahn kurz vorstellen?

Mobility goes Additive

Stefanie Brickwede

Grundsätzlich habe ich immer zwei Hüte auf. Der eine ist, dass ich verantwortlich für die Einführung des 3D-Drucks bei der Deutschen Bahn bin. Zum zweiten haben wir uns, als wir bei der Deutschen Bahn gestartet sind überlegt, dass wir uns gerne einem Netzwerk anschließen möchten. Wir haben jedoch kein passendes gefunden, weil die Netzwerke, die es gab von Flugzeugunternehmen gegründet wurden. Diese passen nicht sonderlich auf die Bahnerfordernisse, weil wir andere Materialien nutzen, andere Probleme haben. So entstand die Idee, dass wir selber einen gründen. Das war im Oktober 2015. Und so ist Mobility goes Additive mit neun Gründungsmitglieder im September 2016 entstanden.

Innerhalb von zwei Jahren sind wir von neun Gründungsmitgliedern auf 90 Mitglieder angewachsen. Es sind Materialhersteller dabei, Beratungsunternehmen und Universitäten. Es ist also in kurzer Zeit rasant angewachsen und alle Unternehmen verbindet die additive Fertigung für Teile und Ersatzteile, also nicht für den Prototypenbau oder Tooling. Der Schwerpunkt liegt wirklich auf der additiven Fertigung für industrielle Anwendungen. Da sind wir mittlerweile in acht Arbeitsgruppen unterwegs, die sich darum kümmern, die Hürden, die es noch für die additive Fertigung gibt, möglichst nieder zu reißen.

3DN: Können Sie uns mehr über die sieben Arbeitsgruppen und deren Fokus erzählen?

Die Arbeitsgruppen werden in Zukunft alle eine große Bedeutung erlangen.

Zum Bereich Education: Es gibt viele Universitäten, die sich jetzt schon mit dem Thema additive Fertigung auseinander setzen, aber noch lange nicht genug. Die Frage ist auch, ob Studenten oder Schüler, die in ein Studium einsteigen wissen, wo sie es tatsächlich studieren können. Hier kann man noch für weitere Aufklärung sorgen. Wir sind gerade dabei, innerhalb des Netzwerks ein PhD Network und die Förderung zu beantragen. Wir glauben, dass die bessere Vernetzung unter den Universitäten weiterhelfen wird. Was allerdings bisher noch komplett brach liegt, ist die gewerblich-technische Ausbildung, also das Training von Mitarbeitern auf eine Maschienenbediener- und Bauzeichnerebene.

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30 Studenten der Photonik Akademie drucken bei 280 km/h im ICE MakerTrain selbst designte Flaschenhalter.

Ein weiteres Thema ist die ökologische Nachhaltigkeit. Es ist eine nachhaltige Technologie, weil ich nur das Material nutze, die ich für den Bau eines Objektes tatsächlich brauche. Was ich aber noch viel wichtiger finde ist, dass man durch eine zukünftige Print-On-Demand Logik nicht mehr so viele Teile auf Lager legen muss. Das heißt auch, dass ich am Lebensende einer Maschine nicht noch zusätzliche Teile wegschmeiße, die ich mir vielleicht zu viel auf Lager gelegt habe.

Eine weitere Arbeitsgruppe kümmert sich um Materialien, darunter hochfeste Kunststoffe, aber auch um Flammenfestigkeit, hochfeste Metalle und was genau die eigentlichen Marktbedürfnisse für unterschiedliche Sektoren sind.

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Kick-Off der Arbeitsgruppe „Materials“

Dann haben wir um rechtliche Rahmenbedingungen auch eine Arbeitsgruppe aufgesetzt. Wenn ich im internationalen Kontext unterwegs bin muss man auch die Frage stellen, wer eigentlich die Verantwortung für die Gewährleistung und Stabilität des Druckobjektes trägt und sie vertraglich klären.

Change Management richtet sich an die Unternehmen, die noch nicht in der additiven Fertigung unterwegs sind. Was sind Lerneffekte, die andere Unternehmen schon durchlaufen haben, als sie die additive Fertigung einführten? Wenn ich die Technologie, manchmal auch das Material ändere und dann auch noch das Design, macht es das unglaublich komplex. Deswegen entscheiden sich viele Unternehmen zunächst dafür, das Design eins-zu-eins zu übernehmen. So kann man viele Parallelen ziehen, tatsächlich auch über unterschiedliche Branchen hinweg, die dann anderen Unternehmen den Einstieg vereinfachen.

Worum wir uns auch kümmern ist die Digitale Supply Chain, IT und Software, sodass es quasi eine Durchbindung gibt zwischen den unterschiedlichen Systemen untereinander gibt und dass die Schnittstellen auch definiert sind.

Was wir innerhalb des Netzwerks machen ist keine Grundlagenforschung. Wir sind ein anwenderorientiertes Netzwerk, das schnell die Themen in die Anwendung bringen möchte und alles, was Anwender momentan rumtreibt, ansprechen möchte.

Mobility goes Additive

Annual Meetings 2018 von Mobility goes Additive e.V. am 26.09.2018

Und so haben wir vorletzte Woche eine neue Arbeitsgruppe aufgesetzt, die sich Railiability nennt, ein Kunstwort zwischen „rail“, also Bahnen und „Liability“. Hier haben wir die Bahnen zusammengeholt, die deutsche, schwedische, österreichische, schweizerische und italienische Bahn, um uns zu sagen, was denn die tatsächlichen Anforderungen an die Industrie sind. Das wollen wir an die 3D-Druckindustrie zurückgeben, damit sie die Chance hat, sich auf die Bedürfnisse einzustellen.

3DN: Welche Vorteile haben Ihre Mitglieder?

Das kommt immer darauf an, woher das Mitglied kommt. Unternehmen, die in die additive Fertigung einsteigen kontaktieren uns, um schneller und effizienter in den Druck zu kommen. Hier ein bisschen zu helfen, Beziehungen zu den entsprechenden Playern bezüglich verschiedener Technologien herzustellen, das ist das Hauptziel.

Der Kollege von der österreichischen Bundesbahn ist im ersten Quartal hier eingestiegen und sie sagen, es habe ihnen einen wahnsinnigen Schub gebracht, weil sie viel schneller darin waren, die richtigen Teile zu identifizieren und sich dann auch mit den richtigen Kooperationspartnern zusammensetzen konnten.

Wenn Sie jetzt auf Druckdienstleister, Material- und Maschinenhersteller gucken, haben diese häufig das Problem, dass sie wunderbare Materialien und Technologien im Angebot haben, aber nicht genau wissen, was der Endanwender tatsächlich braucht. Hier stellen wir Transparenz her. Daher st es immer spezifisch, welches Mitglied gerade im Fokus steht. Sie haben alle einen unterschiedlichen Nutzen.

3DN: Können Sie uns mehr über IAM HUB, ihre Version des Campus für die additive Fertigung in Berlin erzählen?

Ich kriege relative viel Besuch vom In- und Ausland. Sie sprechen mich häufig an, dass sie sich gerne mit mir treffen möchten und sich bei der Gelegenheit auch die Technologien anschauen möchten. Bisher kann ich ihnen immer nur sagen, dass sie gerne kommen können, aber dass, abgesehen von ein paar Desktop-Druckern und jeder Menge schöne Anwendungen nichts zu zeigen ist. Hieraus ist die Idee entstanden.

In Berlin, weil es aufgrund der agilen Startup Szene und der attraktiven Stadt häufig ein Anziehungspunkt ist. Da fällt es schwer, überhaupt etwas zu finden, was sie sich tatsächlich anschauen können, und das wollen wir mit dem IAM HUB lösen.

Mobility goes Additive

Kopfstütze gefertigt im 3D-Drucker

3DN: Wie weit sehen Sie die Fortschritte innerhalb der seriellen additiven Fertigung? Ist es ein realistisches Zukunftsziel?

Es gibt bereits gute Fortschritte, aber noch nicht genug. Das was ich großartig finde ist, dass sich die Maschinenhersteller von Jahr zu Jahr in ihrer Effektivität mindestens verdoppeln. Die letzte Formnext hat ja gezeigt, dass es nicht sehr viele neue, bahnbrechende Ansätze gibt, aber eben doch einige und dass die Message verstanden wurde, vor allem was die Größe der zu bauenden Teile angeht. Zum anderen die Materialvielfalt, die nun auch stetig steigt. Wir sind einen guten Schritt voran gekommen, allerdings haben wir nach wie vor immer noch Hindernisse. Das eine sind die Kosten. Die müssen dringend sinken. Das andere Thema ist die reproduzierbare Qualität.

In der Zukunft ist es doch ein sehr realistisches Ziel. Ja es wird kommen, das ist nur eine Frage der Zeit. Also wird es dabei auch darum gehen, noch weitere Branchen mitzunehmen. Die Großkonzerne in Deutschland und Europa haben das quasi alle für sich erkannt. Was fehlt ist der Mittelstand und der ist, gerade wenn man auf den deutschen Markt guckt, enorm wichtig. Man sagt, dass bis zu 90% der Wertschöpfung aus dem Mittelstand kommt und da müssen wir noch ein bisschen weiter wach rütteln und dran bleiben, dass sie das Thema ernst nehmen. Es gibt ja fast keine Branche, die davon unberührt bleibt.

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3D-gedruckte Handläufe mit Blindenschrift

3DN: Wie ist der Mittelstand denn unter Ihren Mitgliedern vertreten?

Sowohl aus der Bahnzuliefererbranche, als auch aus anderen Branchen sind da einige vertreten. Bei Druckdienstleitern sind es dann oft auch kleine Unternehmen, die dabei sind. Wenn Sie jedoch die Anwender meinen, dann sind es eher größere Mittelständler und deshalb ist das Thema wichtig, diese Mittelstandsinitiative voran zu treiben.

3DN: Haben Sie noch abschließende Worte an unsere Leser?

Mein Rat ist für die Unternehmen, die noch nicht tätig sind, einzusteigen, Druckdienstleister zu engagieren und einfach einzusteigen, egal womit. Für die, die schon lange dabei sind heißt es dranbleiben. Es wir aus meiner Sicht drastische Zuwächse geben.

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