Materialise ermöglicht mit 3D-Druck weltweit erste Augentransplantation
Der 3D-Druck findet im Medizinsektor immer mehr Anwendungsfälle und bringt viele Vorteile mit sich. Es existieren etwa 3D-gedruckte Beinprothesen, Masken für Babys oder Herzinfarkt-Risiko erkennende Endoskope auf dem Markt. Auch bei der Implantation wird mittlerweile die additive Fertigung eingesetzt. So hat beispielsweise die MH Hannover kürzlich das erste 3D-gedruckte individuelle Ohrimplantat mit Medikamentenfreisetzung implantiert. Nun sorgt ein neuer Anwendungsfall des 3D-Drucks im Bereich der Medizin für Aufsehen. Das Unternehmen Materialise mit Sitz in Belgien, das in der additiven Fertigungsindustrie tätig ist, hat die weltweit erste Ganzaugentransplantation mit Hilfe des 3D-Drucks ermöglicht. Zusätzlich konnte durch einen Spender erfolgreich eine Teilgesichtstransplantation durchgeführt werden. Eine solche gleichzeitige Transplantation zweier Komponenten stellt eine erstmals durchgeführte Neuheit und einen großen Fortschritt in der rekonstruktiven Chirurgie dar. Zudem zeugt dieser Fall vom Potenzial der 3D-Drucktechnologie in der individuellen Anpassung von Medizinprodukten für die Behandlung einzelner Patienten.
Bei dem Patienten, an dem der Eingriff vorgenommen wurde, handelt es sich um den Hochspannungsnetzmonteur Aaron James aus Kansas, der während der Durchführung seiner Arbeit im Juni 2021 einen elektrischen 7200-Volt-Schock erleidete. Doch James hatte Glück im Unglück und überlebte den Unfall, trug jedoch schwere Verletzungen davon, in Folge dessen er seinen linken Arm ab oberhalb seines Ellenbogens, seine gesamte Nase und Lippen, seine linke Wange und das Kinn bis auf den Knochen und seine Vorderzähne verlor. Außerdem litt er unter starken Schmerzen des Auges. Den Chirurgen in Texas blieb folglich nichts anderes übrig als James‘ linkes Auge zu entfernen. Dabei waren sie beim Durchschneiden seines Sehnervs darauf bedacht, ihn so nah wie möglich am Auge durchzutrennen, um die überbleibende Länge des Nervs möglichst zu maximieren. Dieser Schritt war wichtig, um eine potenzielle zukünftige Rekonstruktion und Transplantation zu ermöglichen, die schließlich tatsächlich realisiert wurde.
Unterstützung der Operation mit Hilfe des 3D-Drucks
Das Team der New York University (NYU) Langone Health Hospital unter Leitung von Dr. Eduardo Rodriguez führte nach einem Jahr intensiver Planung erfolgreich die 21-stündige komplexe Operation mit 140 beteiligten Chirurgen und medizinischem Personal durch. Unter den medizinischen Mitarbeitern befanden sich auch die klinischen Ingenieure von Materialise, welche zuvor monatelang mit dem Chirurgenteam der NYU Langone Health zusammen gearbeitet hatte zur Planung der Operation. Unmittelbar nach der Feststellung eines geeigneten Spenders für die Gesichtstransplantation und dem Erhalt der CT-Scans benötigte das Team von Materialise weniger als 24 Stunden, um die Instrumente für die Operation zu entwerfen, mit Hilfe des 3D-Druckers herzustellen und für die Operation bereitzustellen. Zu den von Materialise zur Verfügung gestellten Objekten zählen individuell auf den Patienten James und den Spender angepasste medizinische Geräte, Schnittführungen und Knochenmodelle.
Des Weiteren kooperierte das NYU-Team für die Herstellung des Gesichtsersatzes aus dem 3D-Drucker für den Spender mit dem 3D-Mediendienstleistungszentrum der NYU, dem LaGuardia Studio. Dafür wurde der Stratasys J850 3D-Drucker verwendet. Die individuell angepassten Teile erleichtern die Durchführung komplexer Operationen insofern maßgeblich, als dass die Chirurgen die Knochenfragmente mit höherer Geschwindigkeit und mit besonderer Präzision im Körper des Patienten ausrichten können. Ob James eines Tages auf dem transplantierten Auge sehen können wird, kann noch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Sein neues Auge scheint in einer Reihe klinischer Tests abgesehen davon jedoch erfolgreich implementiert worden zu sein. Weitere Infos finden Sie HIER.
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*Titelbildnachweis: Materialise