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Material Jetting vs. Binder Jetting: Was sind die Unterschiede?

Am 4. Oktober 2021 von Regina P. veröffentlicht

Heute finden wir eine relativ große Vielfalt additiver Fertigungsverfahren auf dem Markt mit einer noch größeren Vielzahl von Anwendungen. Einige Verfahren weisen dabei gewisse Ähnlichkeiten auf und sind teilweise nur schwer voneinander zu differenzieren. So nutzen die 3D-Drucktechnologien oft die selben Materialien, eine ähnliche Wärmequelle, den selben Druckkopf etc. Ein gutes Beispiel dafür ist das Material Jetting und das Binder Jetting. Während beim Material Jetting Tröpfchen von lichtempfindlichem Harz aufgetragen und dann mit ultraviolettem Licht gehärtet werden, wird beim Binder Jetting ein Bindemittel auf ein Pulverbett gespritzt, so dass sich die Pulverpartikel miteinander verbinden können. Wir wollen die beiden Technologien miteinander vergleichen, um ihre Funktionsweise besser zu verstehen (einschließlich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede) und herauszufinden, welche Technologie sich für welche Anwendung am besten eignet.

Um das zu evaluieren, müssen wir erst einen Blick auf die Entstehung der Verfahren werfen. Material Jetting (MJ) wurde 1999 von dem Hersteller Objet Ltd. patentiert. Da das Unternehmen 2012 von Stratasys übernommen wurde, ist wahrscheinlich der Begriff PolyJet geläufiger. Was das Binder Jetting betrifft, so wurden die ersten Entwicklungsarbeiten 1993 vom MIT initiiert, ein Vorhaben, das schließlich von der Z Corporation fortgesetzt wurde, welche wiederum 2012 von 3D Systems übernommen wurde. Die erste Maschine für das Binder-Jetting wurde von ExOne erfunden und 1996 auf den Markt gebracht.

Verfahren

Wie funktioniert Material Jetting?

Material Jetting basiert im Wesentlichen auf demselben Prinzip wie der 2D-Druck (der traditionelle Druck auf Papier). Dabei tragen mehrere Druckköpfe Materialtröpfchen auf eine Druckplatte auf, ähnlich wie Ihr 2D-Drucker zu Hause, der Tinte auf das Blatt Papier aufträgt. In unserem Fall ist das verwendete Material ein lichtempfindliches Harz oder Photopolymer: Es wird durch UV-Licht gehärtet, das über die Platte läuft. Das Material wird in einem einzigen Durchgang aufgetragen. Danach wird das Druckbett abgesenkt und der Prozess beginnt von neuem.

Durch den Einsatz mehrerer Druckköpfe können mehrere Arten von Fotopolymeren kombiniert und mehrere Farben gemischt werden. Darüber hinaus bietet das Verfahren eine hohe Druckgeschwindigkeit. Wie beim SLA-, DLP- oder LCD-Druck sind auch beim Material Jetting Stützstrukturen erforderlich, die aus einem löslichen Material bestehen, welches der Benutzer nach Abschluss des Druckvorgangs entfernen muss.

Materialausstoß mehrerer Druckköpfe (Bild: Stratasys)

Aus diesem additiven Fertigungsverfahren ist auch das von Xjet patentierte NanoParticle Jetting hervorgegangen, bei dem mit Metall- oder Keramikpulver beladene Nanopartikel auf die Platte geschleudert werden. Sobald sich die Tröpfchen auf der Platte abgesetzt haben, verdampfen sie unter der Einwirkung von Wärme und hinterlassen das betreffende Metall oder die Keramik. Man könnte auch das DOD- oder Drop-On-Demand-Verfahren erwähnen, bei dem zwei Druckköpfe verwendet werden, einer für das Baumaterial und der andere für den Träger. Der Hauptunterschied liegt darin, dass das Material nur dort aufgetragen wird, wo es benötigt wird, im Gegensatz zum Material Jetting, bei dem das Material linear ausgestoßen wird. DOD ist mit zähflüssigeren Materialien kompatibel und wird hauptsächlich zur Herstellung von Wachsmodellen für den Präzisionsguss verwendet.

Wie funktioniert Binder Jetting?

Wie der Name schon sagt, beruht das Binder Jetting auf der Verwendung eines Bindemittels und eines Pulvers. Konkret trägt die Maschine ein Bindemittel auf eine Pulverschicht auf: Dieses wirkt wie ein Klebstoff, der es ermöglicht, die Partikel miteinander zu verbinden. Der Vorgang wird Schicht für Schicht wiederholt, bis das endgültige Teil entsteht. Wie beim Lasersintern ist auch beim Binder Jetting kein Druckträger erforderlich, da das Pulver als Trägermaterial dient. Nach Abschluss des Druckvorgangs muss das Pulver um das Teil herum entfernt werden, bevor es von Staub befreit und gereinigt wird. Es ist also zu berücksichtigen, dass dies eine Reihe von Nachbearbeitungsschritten impliziert. Beachten Sie außerdem, dass es möglich ist, Ihre gedruckten Teile zu färben, da im Verfahren Farbbindemittel genutzt werden können, die, sobald sie aufgebracht werden, das endgültige Material einfärben.

Das Binder Jetting ist heute mit vielen Materialien, einschließlich Metall und Keramik, kompatibel. Je nach Art des verwendeten Pulvers unterscheiden sich die Herstellungsschritte geringfügig. Bei der Verwendung von Metall beispielsweise sind zusätzliche Sinter- oder Glühschritte erforderlich, um die Pulverpartikel miteinander zu verbinden und dem Teil gute mechanische Eigenschaften zu verleihen. Umgekehrt ist eine Sandform für den weiteren Guss in der Regel sofort nach der Entnahme aus dem 3D-Drucker einsatzbereit. Aber wir werden gleich noch einen Blick auf die Materialien werfen.

Die von HP entwickelte Technologie Multi Jet Fusion ist dem Binder Jetting insofern sehr ähnlich, als sie ebenfalls ein Pulverbett und ein Mittel verwendet, das als Bindemittel dient. Das Verfahren wird deshalb oft mit SLS verglichen. MJF ist jedoch ein eigenständiges Verfahren, das nicht mit Pulverbettverfahren gleichgestellt werden sollte.

Charakteristika

Werfen wir zunächst einen Blick auf das Material Jetting. Es handelt sich um eine Technologie, bei der verschiedene Farben und Materialien gemischt werden können, was die Herstellung von sehr detaillierten, aber auch transparenten Teilen ermöglicht. Auf diese Weise lassen sich sehr realistische Strukturen erzielen – eine Eigenschaft, welche auch bei den Anwendungen der Technologie sichtbar wird. Weitere bemerkenswerte Eigenschaften sind die Oberflächenbeschaffenheit: Prinzipiell wird eine sehr glatte Oberfläche erzielt, wobei ein matter oder glänzender Effekt möglich ist.  Außerdem wird eine hohe Druckgeschwindigkeit erzielt, was dem Einsatz mehrerer Druckköpfe zu verdanken ist. Mit diesen können mehrere Materialtropfen auf einmal aufgebracht werden, wodurch das Verfahren viel schneller ist als andere.

Wie bei der Stereolithografie sind auch beim Material jetting Nachbearbeitungsschritte erforderlich. Die Druckträger sind obligatorisch und müssen daher entfernt werden, sobald die Maschine den Druck abgeschlossen hat. Da die verwendeten Harze lichtempfindlich sind, zersetzen sie sich, wenn sie dem Licht ausgesetzt werden. Im Allgemeinen sind die mit dem Material jetting hergestellten Teile recht spröde und weisen keine guten mechanischen Eigenschaften auf. Aus diesem Grund wird diese Technologie eher für visuelle und ästhetische Prototypen verwendet. Schließlich ist das Druckbett auch entscheidend – diese wird nicht häufig zur Herstellung von sehr großen Teilen verwendet.

Material Jetting kann transparente und detaillierte Teile herstellen (Bild: Stratasys)

Beim Binder Jetting (Metall Binder Jetting lassen wir hier einmal außen vor) ist auch ein mehrfarbiger 3D-Druck möglich – auch wenn dies nicht den wichtigsten Vorteil der Technologie darstellt. Darüber hinaus ermöglicht das Verfahren den Druck ohne Stützmaterial, so dass die gesamte Oberfläche der Platte genutzt werden kann. Dadurch ist es möglich, größere Bauteile zu fertigen (insbesondere mit Sand und Keramik). Allerdings bedarf es auch hier einiger Nachbearbeitungsschritte, dazu zählt das Absaugen des überschüssigen Pulvers.

Da das Verfahren bei Raumtemperatur genutzt werden kann, ist die Gefahr von misslungenen Teilen und Verformungen beim Binder-Jetting geringer als bei anderen Technologien. Zu beachten ist jedoch, dass die Teile im Hinblick auf die mechanischen Eigenschaften eine hohe Porosität aufweisen.

Auch beim Binder Jetting können farbige Teile hergestellt werden – allerdings auf eine andere Weise als mittels Material Jetting (Bild: Joseph Forslund/Lund University)

Das Metall Binder-Jetting (MBJ) ist ein Verfahren, das weniger kostspielig ist als das Verfahren, das auf dem Einsatz eines Lasers basiert. Es ist deshalb billiger, aber vielleicht in einigen Aspekten weniger interessant. Zum Beispiel entsteht bei diesem Verfahren ein so genanntes Grünteil, das in einem speziellen Ofen geglüht oder gesintert werden muss. Dann gilt es sich Gedanken über die Schrumpfung des Teils und die möglichen Verformungen zu machen. Außerdem ist noch ein weiterer Schritt erforderlich, um die Löcher zu füllen, die das entfernte Bindemittel hinterlassen hat. Man kann sagen, dass MBJ mit dem Metallspritzguss vergleichbar ist und nicht die gleichen mechanischen Eigenschaften aufweist. Daher eignet sich dieses Verfahren nicht unbedingt für die Herstellung von Endteilen. Allerdings können mittels MBJ eine bessere Oberflächenrauhigkeit erzielt werden und ermöglicht die Konstruktion größerer Teile ohne Stützen.

Materialien

Das Material Jetting ist mit den meisten Polymeren kompatibel. In der Tat finden wir bei diesem Verfahren häufig klassische Thermoplaste wie ABS und PLA. Auch andere Polymere wie Nylon und Polycarbonat sind bei den Anwendern des Material Jetting weit verbreitet.

Bei den Materialien, die für das Binder Jetting verwendet werden, handelt es sich meist um Metalle und Keramiken, obwohl auch Sand verwendet werden kann – alle Materialien werden in Granulatform eingesetzt. Bei den verschiedenen Metallen ist es interessant, dass Metalllegierungen wie Titan, rostfreie Stähle oder auch Kupfer regelmäßig verwendet werden. Aufgrund ihrer Eigenschaften ermöglichen sie die Herstellung von Teilen, die oft stärker und leichter sind. Darüber hinaus können seit einigen Jahren auch herkömmliche Polymere wie ABS oder PLA verwendet werden. Schließlich wird die Technologie in einigen Anwendungen auch mit Zucker genutzt. The Sugar Lab zum Beispiel verwendet, wie der Name schon sagt, Zucker anstelle von herkömmlichen Materialien.

Material jetting Binder Jetting

Ein 3D-gedrucktes Teil aus Metall hergestellt im Binder Jetting Verfahren (Bild: Kreos)

Anwendungen

Dank seiner Fähigkeit, Teile mit präzisen Details und mehreren Farben herzustellen, hat sich das Material Jetting im medizinischen Bereich bewährt. Es ermöglicht insbesondere die Herstellung anatomischer Modelle, um die Arbeit von Ärzten zu erleichtern. So können Chirurgen zum Beispiel in der präoperativen Phase mit einem physischen Modell üben oder Patienten an veranschaulichen, was während der Operation geschehen wird. Die Hauptanwendung des Material Jetting liegt jedoch in der Herstellung von Prototypen, vor allem wegen der Möglichkeit, schnell präzise Teile herzustellen.

Das Binder Jetting eignet sich für mehrere Sektoren. So wird es zum Beispiel in der Filmindustrie zur Herstellung von Zubehör eingesetzt. Zudem eignet sich das Binder Jetting hervorragen für die Herstellung von Spritzgussformen. Diese Formen werden mit flüssigem Metall gefüllt, härten aus und werden zerbrochen. Aufgrund der kurzen Herstellungszeit und der Möglichkeit, Einzelteile rasch zu fertigen, wird dieses Verfahren in vielen Sektoren besonders geschätzt. In manchen Fällen, wie bei einer Partnerschaft zwischen der US-Armee und ExOne, kommt die Technologie auch dem Militär zugute. Der amerikanische 3D-Druckerhersteller hat beispielsweise eine mobile 3D-Druckanlage für die amerikanischen Truppen entwickelt, damit diese defekte Teile schnell ersetzen können. Schließlich wird das Binder Jetting, wenn auch seltener, im Bereich der Schmuckherstellung eingesetzt.

3D-gedruckte Spritzgussform. (Bild: Voxeljet)

Bekannteste Hersteller

Wie bereits erwähnt, entwickelte das Unternehmen Objet Ltd. 1999 das Material Jetting. Nachdem es mehrere Maschinen auf der Basis des Verfahrens vermarktet hatte, wurde das Unternehmen 2012 von Stratasys übernommen. Der amerikanische 3D-Druck Gigant hat mittlerweile auch eine eigene Material Jetting Technologie entwickelt, die unter dem Namen PolyJet bekannt ist. Auch wenn Stratasys führend in der Material-Jetting-Technologie ist, haben sich auch andere Unternehmen auf den Bereich spezialisiert. Dazu zählt insbesondere der japanische Hersteller von 3D- und 2D-Druckern Mimaki, der unter anderem mit 3DUJ-553 bereits seit mehreren Jahren Maschinen anbietet, die auf demselben Verfahren basieren. Auch das israelische Unternehmen Xjet hat eine dem Material Jetting ähnliche Technologie entwickelt. Unter der Bezeichnung NanoParticle Jetting ermöglicht das Verfahren die Herstellung von Teilen mit Flüssigkeitströpfchen, die mit Metall- oder Keramik-Nanopartikeln beladen werden. Schließlich gibt es auch von 3D Systems ein Verfahren namens MultiJet.

Material jetting Binder Jetting

Der Hersteller Mimaki hat eine Reihe von Material-Jetting-Maschinen entwickelt.

1993 vom MIT erfunden und zwei Jahre später von der Z Corporation übernommen, sind heute mehrere Unternehmen führend auf dem Gebiet des Binder Jetting. Wie beim Material Jetting zählt 3D Systems zu den Hauptakteuren in diesem Sektor. Das amerikanische Unternehmen, das 2012 die Z Corporation übernommen hat, setzt dieses Verfahren bei keramischen Materialien ein und hat diese Technologie ColorJet Printing genannt. Dabei ist 3D Systems bei weitem nicht das einzige amerikanische Unternehmen, das das Verfahren einsetzt. Das in Pennsylvania und Deutschland ansässige Unternehmen ExOne verwendet ebenfalls Binder-Jetting, allerdings mit Metall und Sand. Außerdem gibt es noch Digital Metal, eine Tochtergesellschaft von Höganäs, welches sich ebenfalls auf das Binder Jetting von Metallpulvern spezialisiert. Das deutsche Unternehmen VoxelJet nutzt das Verfahren, um Teile aus Thermoplasten und Keramik zu drucken.

Preis

Wie Sie sich vorstellen können, sind die Preise für 3D-Drucker, die auf diesen Verfahren basieren, hoch, egal ob es sich um Material Jetting oder Binder Jetting handelt. Für die meisten Geräte müssen mehrere hunderttausend Euro investiert werden. Es ist daher auch schwer, genaue Preise zu nennen, da für diese Art von 3D-Drucker ein Kostenvoranschlag eingeholt werden muss. Deshalb schätzen wir die Kosten der Maschinen nur grob. Der ProJet MJP 5600 von 3D Systems kostet beispielsweise rund 100.000 Euro, während der J5 MediJet von Stratasys knapp 60.000 Euro kostet. Da beide Geräte ds Binder-Jetting nutzen, lässt sich der Preisunterschied wohl mit dem Druckvolumen erklären. Wenn es um das Budget geht, sollten Sie neben den Anschaffungskosten auch die Materialkosten berücksichtigen. Wenn Sie Teile aus einem bestimmten Metallpulver herstellen wollen, ist der Preis natürlich höher als unter der Verwendung herkömmlicher Polymere.

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