Künstliche Intelligenz und 3D-Druck – Wohin führt die Kombination dieser beiden Technologien?
Immer öfter begegnen wir heutzutage Buzzwörtern wie beispielsweise „Künstliche Intelligenz“ (KI), „Blockchain“ oder „Industrie 4.0“. Für sich selbst haben diese Technologien schon großen Einfluss auf die heutige Wirtschaft und bisher bestehende Produktions- und Anwendungssysteme. Doch wie steht es um die Tatsache diese neuen – oft als disruptiv bezeichneten – Technologien gemeinsam in Kombination zu nutzen? Ergeben sich daraus auf einmal völlig neue, bisher unvorstellbare Möglichkeiten?
Selbstverständlich möchten wir uns den 3D-Druck näher anschauen und zwar wie genau er mit der wohl umstrittensten Technologie – nämlich Künstlicher Intelligenz oder auch „KI“ – bereits in zahlreichen Beispielen Anwendung findet. Interessant ist außerdem welche neuen Optionen sich ergeben und welche potentiellen Gefahren diese Kombination mit sich bringt. Doch vorerst stellen wir uns die Frage: Was ist Künstliche Intelligenz überhaupt?
Was versteht man unter Künstlicher Intelligenz?
Was versteckt sich hinter dem Begriff und wann genau spricht man von KI? Dazu gibt uns Dr. Thomas Wilde eine kurze Einführung sowie einen Einblick auf aktuelle Anwendungsbeispiele. Dr. Wilde ist hauptsächlich als Unternehmer und Investor tätig, dies vor allem im Bereich von KI-Softwarelösungen und B2B Software as a Service.
Herr Dr. Wilde erklärt: „KI als Disziplin umfasst zunächst alle Verfahren, die Maschinen helfen, wie Menschen wahrzunehmen, zu denken und zu handeln. Demnach haben wir es hier mit einem sehr weiten Spektrum von linguistischen Verfahren, Bildverarbeitung aber auch Verfahren im Bereich Motorik und Robotik zu tun“. Auch heute ist KI bereits in zahlreichen Beispielen aus unserem Alltag zu finden. So können wir innerhalb unseren digitalen Medienkonsums viele Anwendungen vorfinden, ob Amazon’s Alexa, Apple’s Siri, Google Now oder auch die uns bekannten Chatbots – alle nutzen Künstliche Intelligenz.
Wenn wir von KI sprechen hören wir oft auch Wörter wie Maschinelles Lernen oder Neuronale Netze. Ohne zu vertieft in diese Materie einzusteigen fasst Dr. Wilde zusammen: „Neuronale Netze sind ein Verfahren des Machine Learning und Kern des gegenwärtigen Hypes. Das Verfahren hat bewiesen, dass es etliche Probleme im Bereich KI hervorragend lösen kann.“
Beispiele in denen das Verfahren erfolgreich angewendet wird ist die Überführung gesprochener Sprache in einen Text oder auch einzelne Objekte in Bildern zu erkennen. „Obwohl die Grundidee über 60 Jahre alt ist, erreicht es erst mit den heutigen Datenbeständen (Big Data) und der verfügbaren Rechenleistung (insb. durch spezialisierte Chips, etwa von Nvidia oder Google) die beeindruckende Performance“, schließt Dr. Wilde.
Kombination Künstliche Intelligenz und 3D-Druck
In der 3D-Druck Branche, sowohl in Start Ups als auch in der Forschung hören wir immer wieder von neuen Anwendungen die KI in ihr Produkt oder ihre Dienstleistung integrieren. Die Beispiele reichen von der Automatisierung des kompletten 3D-Druck Workflows bis zur Qualitätsvorhersage und dem Entwickeln neuer Werksstoffe. Wir haben mit einigen Experten gesprochen, die Systeme in diesen Bereichen entwickelt haben und die im Folgenden kurz vorgestellt werden.
Automatisierung des 3D-Druck Workflows
Eine erste Anwendung ist beispielsweise die Automatisierung des 3D-Druck Workflows. Dieser besteht grundsätzlich aus verschiedenen Schritten, von der Erstellung des Models als CAD-Datei über das Vorbereiten der Datei für den Druck in einer Slicersoftware hin bis zum endgültigen Druck an einer Maschine. Letztendlich gilt es noch bestimmte Nachbearbeitungsschritte durchzuführen – je nach angewandter Technologie unterschiedlich viel. Oft sprechen wir deshalb von Ineffizienz des 3D-Drucks, da diese Schritte meist noch manuell durchgeführt werden müssen.
Eine Lösung hierfür bietet AMFG (für Autonomous Manufacturing), ein Softwareunternehmen mit dem Hauptsitz in London. „Mit unserer Workflow-Softwarelösung ermöglichen wir die Automatisierung wichtiger Schritte, wie beispielsweise das Produktionsmanagement“, so Keyvan Karimi, CEO von AMFG. Künstliche Intelligenz wird bei AMFG zur Automatisierung einzelner Schritte angewendet, so wie oben erwähnt beispielsweise im Produktionsmanagement. Mit der Software lassen sich Produktionskapazitäten optimieren, indem man die Maschinenauslastung verbessert und Produktionsaufträge je nach Maschinenverfügbarkeit plant – all dies erledigt Künstliche Intelligenz automatisiert. Auch die Materialauswahl lässt sich mit KI automatisieren, so werden je nach Anforderungen des zu druckenden Teils auf Basis eines großen Datensatzes Empfehlungen von der Software gegeben welches Material für das beste Ergebnis verwendet werden sollte.
Kevan Karimi fügt jedoch hinzu: „Wir sind noch weit davon entfernt, dass künstliche Intelligenz eingesetzt wird, um den kompletten additiven Fertigungsprozess zu steuern.“ Einzelne Schritte können also bereits automatisiert werden – der komplette 3D-Druck Workflow jedoch noch nicht, dazu brauchen wir immer noch den manuellen Eingriff des Menschen.
Erweiterung des Materialspektrums
Die Kombination von Künstlicher Intelligenz und 3D-Druck kann auch dazu beitragen, die Palette der kompatiblen Materialien zu erweitern und damit die Anforderungen von Industriezweigen wie der Luft- und Raumfahrt zu erfüllen, die meist Hochtemperaturmaterialien benötigen. Das vom Fraunhofer-Institut IWS im Jahr 2017 gestartete Projekt „futureAM“ ist ein perfektes Beispiel dafür. Professor Dr. Ing. Frank Brückner, Leiter des Geschäftsfeldes „Generieren und Drucken“ am Fraunhofer IWS und AMCD (Additive Manufacturing Center Dresden), erklärt: „Flugzeugtriebwerke könnten bei höheren Temperaturen deutlich effizienter arbeiten, wenn die meisten Materialien bei Temperaturen über 1.200 Grad nicht versagen würden.“
Wo kommt hier nun KI zum Einsatz? Dies erklärt uns Prof. Dr.-Ing. Frank Brückner folgendermaßen: „Die Verarbeitung neuer Hochleistungswerksstoffe ist sehr komplex und bedarf einer feinen Abstimmung aller Prozessparameter. Deshalb überwachen wir den 3D-Druck Prozess mit einer Vielzahl verschiedener Sensoren. Mittels KI werten wir diese Flut an Daten dann aus und identifizieren verborgene, für den Menschen nicht erkennbare Zusammenhänge“ Genau hier liegt also der Vorteil Künstlicher Intelligenz: Sie kann im Vergleich zu uns Menschen ein Vielfaches an Daten verarbeiten – und das Alles noch deutlich schneller. Dank dieser Arbeit können die Forscher komplexe Legierungen verarbeiten und die genauen Eigenschaften der Werkstoffe erhalten.
Optimierung des 3D-Druckprozesses
Auch zur Verbesserung des 3D-Druckprozesses kann KI beitragen. So zum Beispiel lässt sich die Druckbarkeit eines Objekts bereits vor der Durchführung analysieren um sicherzustellen, dass es für den 3D-Druck überhaupt geeignet ist. Aber auch Qualitätsvorhersage sowie Qualitätskontrolle des Druckprozesses können Fehler im Endprodukt vermeiden und damit zu einem besseren Ergebnis führen.
Das Startup Printsyst versucht genau dies mithilfe Ihrer KI-Engine umzusetzen – in diesem Fall speziell im Bereich der Luftfahrtindustrie. Das Ziel des patentierten KI-Algorithmus des Unternehmens liegt darin die Funktionalität der Teile zu identifizieren und die Erfolgsrate des Druckens zu verbessern. Dabei lernt die integrierte Lösung von Printsyst grundsätzlich aus Erfahrungswerten, die aus früheren Projekten stammen in denen Objekte additiv hergestellt wurden. Um die sehr strengen Industriespezifikationen, die in der Luftfahrt gelten zu erfüllen, werden spezifische Druckparameter vorgeschlagen, die sich in der Vergangenheit bei bereits gedruckten Teilen bewährt haben und in der Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit einen erfolgreichen ersten Druck liefern. Ebenfalls auf Basis gesammelter Erfahrungsdaten kann Printsyst’s Lösung die Kosten für benötigte Komponenten genau abschätzen und somit neben der Produktivität auch die Lieferbereitschaft erhöhen, bei möglichst geringen Kosten.
Eitan Yona, Mitbegründer von Printsyst erläutert an einem Beispiel: „Wir reduzieren den durchschnittlichen 3D-Druckvorbereitungsprozess von 30 Minuten auf 5 Sekunden bei jedem einzelnen Auftrag. Durch die Reduzierung dieser Zeit erhöhen wir die Auslastung des Druckers und durch die Beseitigung von Fehlern reduzieren wir die Iterationen.“ Wir sehen also, dass aufgrund der hohen Komplexität, die ein manueller Prozess mit sich bringen kann, der Einsatz von KI durchaus sinnvoll ist. So kann beispielsweise eine Vielzahl an Parametern durch den Algorithmus in Sekundenschnelle eingestellt und optimiert werden – es lassen sich im Vergleich zur manuellen Bearbeitung mit Hilfe von KI somit deutlich bessere Ergebnisse erzielen.
Ein weiteres Anwendungsfeld im Bereich der Qualitätsoptimierung ist die bereits oben angesprochene Druckbarkeitsanalyse, auch Teilebewertung genannt, die vor dem Druck stattfindet. Das oben bereits erwähnte Unternehmen AMFG hat in ihrem umfangreichem Softwarepaket ein Feature inkludiert, dass sicherstellt, dass ein 3D-gedrucktes Teil letztendlich auch wirklich für den 3D-Druck geeignet ist. Dies ist besonders für Unternehmen, die mit additiver Fertigung effizient arbeiten wollen sehr wichtig. Auch hier gilt – typisch für KI – dass zuvor gewonnene Daten verarbeitet werden und so die Druckbarkeit eines Teils vorhergesehen werden kann. Wenn das Teil beispielsweise viele Schwachstellen hinsichtlich Stabilität, Form oder auch Belastbarkeit hat, können durch ein Verhindern des Drucks enorme Kosten- und Zeitersparnisse entstehen.
Keyvan Karimi, fasst zusammen: „Wir wollen unsere Software mit Hilfe von KI verbessern, damit die AM-Abteilungen ihre Produktionsprozesse effizient steuern und die Genauigkeit und Qualität der produzierten Teile sicherstellen können. Dies wird immer wichtiger, da die Industrie weiterhin auf die Produktion von Endanwendungsteilen umgestellt wird.“
Stellt KI zusammen mit Additiver Fertigung eine Gefahr für die Menschen dar?
Von beiden Technologien hören wir öfter sie könnten eine Gefahr für den Menschen darstellen. So sprechen wir von der Tatsache, dass Künstliche Intelligenz eines Tages mächtiger wird als die Intelligenz des Menschen und uns so „übernehmen“ könne. Ein Beispiel hierfür sind 3D-gedruckte Waffen, wofür es bereits zahlreiche Anwendungen wie Drohnen, Roboter und Handfeuerwaffen aus dem 3D-Drucker gibt. Die Technologie eröffnet also die Möglichkeit der einfachen Reproduzierbarkeit dieser Gegenstände. Integrieren wir Künstliche Intelligenz in diese Dinge, könnte sich in der Zukunft eine enorme Gefährdung unserer Privatsphäre und Sicherheit ergeben. Gut erkennbar wird dies am Beispiel des Roboterhundes Astro, dessen Kopf 3D-gedruckt wurde und der über ein „Gehirn“ verfügt, dass auf Basis von KI je nach Umgebungseinflüssen bestimmte Entscheidungen auslöst. Müssen wir also Gefahren ausgehend von den beiden Technologien befürchten?
Wie wir heute wissen bringen vor allem neue Technologien, wie KI, auch gewisse Risiken mit sich. Denn besonders den Menschen, die weniger mit Technik zu tun haben kann KI schnell und einfach Zugriff auf Technologien wie beispielsweise den 3D-Druck gewähren. So vereinfacht KI die Verwendung der additiven Fertigung derart, dass kein technologisches Verständnis mehr benötigt wird. Eiton Yona von Printsyst fasst zusammen: „Auf der einen Seite können Sie eine Waffe drucken, auf der anderen Seite menschliche Knochen.“
Es gibt zwar Unsicherheiten jedoch bringt Künstliche Intelligenz dem 3D-Druck und damit natürlich auch den Menschen einen enormen Vorteil. Wie wir in den vorhergehenden Beispielen gesehen haben entstehen Produktivitätsvorteile und Kostenersparnisse. So bestätigt auch Keyvan Karimi von AMFG: „Wir glauben, dass KI, maschinelles Lernen und andere Industry 4.0-Technologien tatsächlich das Potenzial haben, den Fertigungsprozess zu verbessern und Ingenieure und Bediener in die Lage zu versetzen, weniger Zeit für sich wiederholende, manuelle Aufgaben und mehr Zeit für wertschöpfende Prozesse aufzuwenden. Wir kratzen eigentlich nur an der Oberfläche dessen, was mit diesen Technologien möglich ist.“
Künstliche Intelligenz und 3D-Druck – Die Kombination der Zukunft?
Dass beide Technologien in der Zukunft eine große Rolle spielen werden, da sind wir uns sicher. Vor allem auch in industriellen Anwendungen werden AM Technologien und KI sich stark weiterentwickeln. Für Eiton Yona von Printsyst ist der Weg den 3D-Druck vom Hype zum Hoffnungsträger zu machen auf KI zurückzuführen, so begründet er: „Heute erfordert AM ein hohes Maß an Fachwissen zur Herstellung von Teilen. KI wird wichtige Regeln im AM-Workflow übernehmen. Schnellere und intelligentere Algorithmen werden den manuellen Prozess, der von Menschen durchgeführt wird, verringern. Der Zugriff auf große Daten erfordert einen intelligenten Algorithmus, mit dem man umgehen kann.“
Andererseits lässt sich auch feststellen, dass die Kombination dieser beiden Technologien noch in den Startlöchern steht. Dies gilt besonders wenn wir im Kontext von Industry 4.0 denken. Wir können also erwarten, dass beide Technologien in Zukunft dazu genutzt werden, um die Fertigung effizienter zu gestalten, Innovationen schneller voranzutreiben und Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
Ob die Kombination beider Technologien also eine unglaubliche Revolution im Bereich der Fertigung wird oder doch nur eine Nischenbranche bleibt können wir zur Zeit noch nicht wissen, doch eines ist sicher – sie ist vielversprechend.
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