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Interview mit Julia Körner: Über 3D-Druck im Design und seine Mythen

Am 3. Juli 2018 von Kathrin J. veröffentlicht
Julia Körner

Der 3D-Druck findet schon lange nicht mehr nur in der Industrie Anwendung, ganz im Gegenteil. Denn die Bereiche, in denen die 3D-Technologie genutzt wird, sind sehr vielfältig. Neben 3D-Druck im Bauwesen und der Architektur, gibt es auch die ersten Designer, die sich durch die innovative Technologie kreativer denn je zeigen können. Auch Julia Körner gehört zu jenen Designern, die den 3D-Druck für sich entdeckt haben.

Das kommerziell wohl bekannteste Design von ihr konnte man erst im Hollywood-Blockbuster Black Panther bestaunen. Neben der erzählenden Geschichte des Films haben ebendiese mit 3D-Technologie designten Kostüme viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Auch wir haben bereits darüber berichtet und wollten wissen, wie solche Kreationen entstehen. Und wer könnte diese Frage besser beantworten als Designerin Julia Körner selbst? Wir hatten die Möglichkeit auf ein exklusives Interview mit der gebürtigen Österreicherin und konnten tiefe Einblicke in die breite Bandbreite ihrer Arbeit gewinnen:

Julia Körner

Julia Körner entwickelte zusammen mit Kostümdesignerin Ruth E. Carter u.a. das Kostüm der Königin Ramonda aus Black Panther mit Hilfe des 3D-Drucks (© Marvel Disney).

3DN: Können Sie sich kurz vorstellen und uns erzählen wie Sie dazu gekommen sind sowohl in der Architektur als auch im Fashionbereich mit 3D-Druck zu arbeiten?

Julia Körner

Ein Selbstporträt der erfolgreichen Designerin (© Pia Clodi)

Ich bin Designerin, arbeite interdisziplinär in Architektur, Produkt- und Modedesign und lebe und arbeite in Salzburg und Los Angeles. Mit meinen Forschungs-Projekten habe ich mich in den letzten Jahren auf 3D Druck und Digitale Fertigungsmethoden spezialisiert. Meine Arbeiten wurden international ausgezeichnet und weltweit in Museen und Institutionen ausgestellt und vielfach publiziert. Ich bin Gründerin und Geschäftsführerin der Firma JK Design GmbH in Salzburg und meine jüngsten Kooperationen sind 3D-Gedruckte Modestücke, die ich mit namhaften Haute Couture Häusern für Pariser Modewochen entwickelt habe, sowie eine Produktion für den Hollywood Film Black Panther.

Ich habe einen Master in Architektur von der Universität für Angewandte Kunst, Wien, und einen Master in ‘Emergent Technologies & Design’ von der Architectural Association, London. Seit 2012 unterrichte ich an der Universität Kalifornien, Los Angeles am Institut für Architektur.

In der Architektur verwende ich 3D-Druck für die Umsetzung von digitalen Entwürfen im Modellbau, so habe ich 2005 während meines Architektur Studiums an der Universität für Angewandte Kunst Wien angefangen meine Architektur Projekte darzustellen. Der Komplexität der Geometrie sind keine Grenzen gesetzt und die am Computer entwickelten Designs können ohne grossen Aufwand greifbar gemacht werden.

In London habe ich bei Ross Lovegrove Studio als Projekt Designer zwischen 2007-2012 den 3D Druck in der Herstellung von Produkten eingesetzt. Seither fasziniert mich die Realisierung von digitalen Entwürfen mit der additiven Technologie im 1:1 Massstab. Die Mode ist Architektur im kleinsten Massstab, der direkte Raum der den Köper umgibt; eine gute Möglichkeit digitales Design und 3D-Druck von ‘Rapid Prototyping” zu “Manufacturing” weiterzuentwickeln.

Julia Körner

Julia Körner nutzt 3D-Druck in den Bereichen Mode, Design und Architektur (© Julia Körner).

3DN: Mit welchen 3D-Druckern arbeiten Sie und welche Technologien nutzen Sie konkret zur Realisierung welcher Projekte?

Seit fast fünfzehn Jahren habe ich mit den unterschiedlichsten Druckverfahren Erfahrungen gesammelt, Stereolithography, Selective Laser Sinthering, Fused Deposition Modelling, etc; auch mit den unterschiedlichsten Materialien experimentiet. Ich hatte die Möglichkeit mit den besten 3D Druck Firmen weltweit zusammen zu arbeiten und 2013 habe ich das erste Kleid designed, welches in flexiblen Material von der Belgische Firma Materialise 3D gedruckt wurde. Damals hatte das Material noch keinen Namen. In der Mode arbeite ich meist mit Selective Laser Sinthering, in diesem Verfahren schmilzt ein Laser Schichten von Pulver zusammen. Das Material ist elastisch. Durch das Design von filigranen Netzstrukturen kann man so Textilien imitieren und Texturen generieren die mit keinem anderen Herstellungsverfahren umgesetzt werden können, dies gibt meinen Designs eine einzigartige Ästhetik.

Meine erste ready-to-wear Kollektion aus dem 3D-Drucker brachte ich im Jahr 2015 unter dem Namen „Sporophyte“ heraus. Die Designs wurden von Stratasys mit Polyjet Technologie gedruckt. In Kollaborationen mit einem der bekanntesten Haute Couture- Häuser in Paris, sowie der niederländischen Designerin Iris Van Herpen und auch mit der österreichischen Designerin Marina Hoermanseder kreierte ich unter anderem 3D-Druck Modedesigns für deren Kollektionen. Diese Zusammenarbeiten tragen zu meiner Vision bei und zeigen, wie wichtig der Einfluss neuer zukunftsorientierter Technologien im Feld der Mode ist.

3DN: Was für Vorteile können Sie aus der Verwendung der 3D-Technologie ziehen im Vergleich zu den traditionellen Arbeitsmethoden in ihren Branchen?

Viele der über dreißig 3D-gedruckten Kleidungsstücke, die ich digital designed habe, sind Schaustücke, die auf Haute Couture Modeschauen in Paris und in Museen wie dem Metropolitan Museum in New York und Architekturausstellungen wie der Tallinner Architekturbiennale in Estland oder dem FRAC Center in Orleans, Frankreich ausgestellt wurden. Diese Kleider sind Kunstobjekte, in welchen es mehr um das Objekt und die Ausstellung geht als um die Tragfähigkeit. In meinen eigenen jüngeren Kollektionen habe ich Interesse entwickelt 3D-gedruckte Kleider zu designen, die tragbar sind und welche direkt an Kunden verkauft werden können, die sie zu besonderen Anlässen anziehen können.

Julia Körner

Einzigartiges Design und trotzdem im Alltag tragbar im Jahr 2016 von Julia Körner designt (© Sophie Kirchner).

Der Prozess der digitalen Gestaltung der Kleider am Computer ist ein zeitintensiver Prozess und erfordert viel Erfahrung und Know-how. Nachdem ich die Strukturen mit visuellen Programmier- und 3D-Modellier Techniken digital erstellt habe, druckte ich Muster in meinem Atelier und schickte einige Dateien für den Druck nach Belgien, Niederlande oder USA. Manchmal färbe und verfeinere ich die Drucke und nähe sie dann auf die Textilien oder sie stehen für sich. Die Kombination der digitalen Handwerkskunst und dem Nähen erhöht die Qualität des Kleidungsstücks und verschönert die Bewegung, den Fluss und die Haltbarkeit der Mode und Accessoires.

Julia Körner

Aus der „Iceland Collection“ die Hymenium & Venus Tasche von Julia Körner (© Pia Clodi)

Sobald man eine digitale Datei erarbeitet hat, kann man es so oft ausdrucken, wie man möchte ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand, dies macht gerade im Couture Design einen grossen Unterschied. Außerdem kann man den internationalen Versand reduzieren, wenn man die Möglichkeit hat die digitalen Dateien per Email zu verschicken und dann lokal zu Drucken. Auch Massenindividualisierung und Wiederverwertung von Plastik sind Themen, die mit dem 3D-Druck neue nachhaltige Ansätze in die Modewelt bringen.

3DN: Welche Projekte planen Sie als nächstes zu realisieren und was erhoffen Sie sich für ihre weitere Arbeit von der Entwicklung des 3D-Drucks?

Julia Körner

(© Pia Clodi)

Kürzlich habe ich an Kostümen für einen neuen Film gearbeitet, der 2019 in die Kinos kommt. In diese Richtung entwicklen sich viele neue Optionen. Ich arbeite an einer neuen Kollektion für mein JK Label, welche ich kommenden Herbst präsentieren möchte. Ich erhoffe mir, dass es in Zukunft neue Materialien gibt, mit denen man noch besser flexible drucken kann.

An der UCLA forsche ich momentan mit meinen Studenten an 3D-Druck mit Porzellan mit grossen 7 Achsigen Roboterarmen. Ein sehr spannendes Thema diese Technologie in einem größeren Maßstab einzusetzen.

3DN: Was denken Sie persönlich über die Zukunft des 3D-Designs in der Filmindustrie?

Ich sehe großes Potenzial für 3D-Designs im Film, die Technologie eignet sich sehr gut für das Design von 3D gedruckten ‘Props’ und Kostümen. Im Film werden Kostüme oft 3D gescannt, um später digital nachbearbeitet werden zu können oder um zusätzliche visuelle Effekte erstellen zu können. Wenn das Design aber schon als 3D-Datei existiert, erspart man sich den 3D-Scan und hat somit eine viel höhere Auflösung im Detail des Kostüms. Auch kann man viel einfacher Variationen von Kostümen visualisieren und dies trägt zu einer rascheren Arbeitsweise und Kommunikation im Team mit Illustratoren und Kostümdesignern bei.

Meine organische, von der Natur inspirierte, Ästhetik gibt neue Ideen für Designs, die gar nicht anders hergestellt werden können als mit 3D-Druck.

Julia Körner

Ein außergewöhnliches Oberteil aus dem 3D-Drucker von Julia Körner & Marina Hoermanseder (© Marina Hoermanseder)

3DN: Haben Sie noch ein paar letzte Worte für unsere Leser?

In den vergangen Jahren habe ich vermehrt von drei Mythen gelesen, diese möchte ich kurz hier anmerken.

Der erste Mythos lautet “just press print”. So heißt es zwar oft, doch das trifft zumindest in dem Bereich des 3D-Drucks, in dem ich arbeite nicht zu. Die Entwicklung der 3D-Dateien dauert oft sehr lange und ist vergleichbar mit dem Aufwand eines handgefertigten Couture Kleides. An manchen meiner digitalen Designs habe ich über mehrere Monate gearbeitet mit aufwendigen Programmen am Computer und der Zusammenarbeit mit den Projektmanagern und Ingenieuren der 3D-Druck Hersteller. Nur durch das Wissen jener, mein langjähriges Architekturstudium und die vielen Projekte konnte ich die nötige Erfahrung sammeln, um diese komplexen Strukturen mit dieser Technologie umzusetzen.

Julia Körner

Aus der Sporophyte Collection 2015 von Julia Körner (© Ger Ger for SCHÖN!)

Weiters der Mythos “the machine designed it”. Das hört sich vielleicht in vielen Interviews schön an, allerdings gibt es auch das nicht. Jedes 3D-Design wird nicht von einem Computer automatisch generiert, sondern der Designer kreiert am Computer mit der Hilfe von digitalen Tools das Design oder optimiert das Programm, so dass es genau die Ästhetik generiert, die man möchte. Jedes Programm das automatisch Strukturen formt ist geschrieben von einem Designer. Jede Form ist digital modelliert mit der Computermaus die der Designer führt. Ein automatisches Design gibt es nicht. Nur Designer die computergesteuerte Design-Techniken beherrschen haben ihre Kreationen auch wirklich selbst in 3D designed.

Letzter Mythos “it’s 3D printed”. Der große Hype, der zur Zeit um die Technologie existiert, geht soweit, dass einige renommierte Mode Designer den Ausdruck in Unwahrheit verwenden. Nicht alles, was man liest, ist in Wirklichkeit 3D designed und gedruckt.

Man darf sehr gespannt sein, welche Projekte Julia Körner als nächstes angehen wird. Und das Rätseln, für welchen Film die Designerin erneut Kostüme mit Hilfe des 3D-Druckers kreiert hat, wird wohl bis 2019 anhalten. Mehr Informationen über die Arbeit von Julia Körner finden Sie auf der offiziellen Webseite.

Julia Körner

(© Ross Lovegrove Studio London)

Bildrecht Titelbild: © Sophie Van der Perre

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