3D-Medico stellt umweltfreundliche und passgenaue Orthesen mithilfe von KI und 3D-Druck her

Das Unternehmen 3D-Medico aus Berlin hat sich auf die Herstellung von umweltfreundlichen Orthesen per 3D-Druck spezialisiert. Dazu hat es eine Software-Lösung entwickelt, die den gesamten Workflow – von der Datenerfassung bis zum Druck – demokratisiert. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz werden die genauesten Maße ermittelt. 3D-Medico gibt so medizinischen Fachkräften ein hilfreiches Tool an die Hand, ihre Patienten besser und schneller mit maßgeschneiderten Lösungen zu unterstützen. Die 3D-gedruckten Orthesen werden nämlich individuell an jede Person angepasst, sind wasserfest und umweltfreundlich. Wir hatten die Gelegenheit, mit Gründer Tino Jacobi zu sprechen. Im Interview erzählt er von den Anfängen von 3D-Medico, führt uns durch den Workflow der Software, geht auf die Vorteile und Herausforderungen des 3D-Drucks für Orthesen ein, und spricht über die Zukunftspläne seines Unternehmens.
3DN: Könnten Sie sich kurz vorstellen und erzählen, wie Sie zum 3D-Druck gekommen sind?
Ich bin Tino Jacobi und leite 3D-Medico. Schon als Jugendlicher habe ich mich durch „Jugend forscht“ intensiv mit 3D-Druck und der Digitalisierung in Verbindung mit verschiedensten Bereichen beschäftigt. Die Begeisterung für individuelle, technische Lösungen hat mich nie losgelassen – vor allem in Bereichen, in denen sie das Leben der Menschen direkt besser machen können.

Das Team von 3D-Medico: Amar, Noha, Youghourta und Tino (von links nach rechts).
3DN: Wie kam es zur Gründung von 3D-Medico?
Alles begann mit einer tiermedizinischen Sache: Ein Freund hatte einen Hund, der sich einen schlimmen Knochenbruch zugezogen hatte. Mit einer speziellen Orthese, die wir für ihn gedruckt haben, konnte er ohne Operation heilen und hatte keine Probleme im Alltag. In dem Moment wurde uns klar, wie viel Potential in dieser Technik steckt. Kurz danach haben wir es auch bei einer Bekannten von uns ausprobiert – sie konnte dabei die Orthese alltagstauglich für die Behandlung ihrer Arthrose im Daumensattelgelenk nutzen. Das hat uns angespornt, ein System zu entwickeln, das wir in größerem Umfang anwenden können.
3DN: Könnten Sie uns mehr über Ihre 3D-Orthesen-Software und den Workflow erzählen?
Unsere Softwareplattform bringt 3D-Scan, -Modellierung und -Druck in einem einfachen Workflow zusammen, der auch von Künstlicher Intelligenz unterstützt wird. Mit nur einem Smartphone-Video können wir genaue 3D-Modelle als digitales Abbild von Körperteilen in wenigen Minuten erstellen. Die Software zeigt dem Techniker Schritt für Schritt, wie er ein passendes Design für die Orthese erstellen kann. Das medizinische Personal kann so ganz einfach eine individuelle Orthese darauf anpassen, ohne dafür CAD-Kenntnisse zu brauchen. Die Software läuft im Browser, ist zertifizierbar und wird ständig weiter verbessert.
Alle Designs, die unsere Software erstellt, lassen sich gut mit einem FDM-3D-Drucker und vielen anderen 3D-Druckverfahren herstellen. Gedruckt wird das Ganze mit geeigneten und umweltfreundlichen Materialien – entweder direkt vor Ort oder bei einem unserer Partner. Normalerweise ist die Orthese nach ein paar Tagen fertig.

Mit einer einfachen Smartphone-Kamera können die Scans durchgeführt werden. Anschließend erfolgt die passgenaue Modellierung mithilfe von KI.
Unsere Software richtet sich vor allem an medizinisches Personal wie Orthopädietechniker, Reha-Einrichtungen, Sanitätshäuser und Kliniken. Natürlich profitieren auch die Patientinnen und Patienten – vom Kind bis zum Senior – davon, vor allem bei Gelenkerkrankungen, Fehlstellungen und kleinen Brüchen.
3DN: Welche Vorteile bieten der 3D-Scan und FDM-3D-Druck bei der Herstellung von Orthesen? Wo liegen Herausforderungen?
Der 3D-Scan mit dem Smartphone spart Zeit und Geld. Man muss keine unangenehmen Gipsabdrücke mehr machen und die Technik ist nicht kompliziert. Man kann diese Methode fast überall anwenden. Mit dem KI-gestützten Design erhält man gleichmäßige und präzise Design-Ergebnisse. Der FDM-Druck ist einfach zu handhaben, mittlerweile recht schnell und kostengünstig. Man kann dabei auch viele verschiedene Materialien verwenden, die unterschiedliche Eigenschaften bieten. Außerdem sind die FDM-Materialien gut recycelbar und der ganze Prozess ist umweltfreundlicher als die alten Methoden.

3D-Medico setzt für die Fertigung der maßgeschneiderten Orthesen auf FDM-Druck und nachhaltige Materialien.
Patienten bekommen so eine passende, leichte und atmungsaktive Schiene. Das sorgt für mehr Komfort, verkürzt die Behandlungsdauer und reduziert die Arztbesuche. Besonders bei chronischen Erkrankungen kann man so schonender und kostengünstiger behandeln – ohne Kompromisse bei der Qualität.
Ein spannendes Erlebnis war unsere erste Patientin in der Humanmedizin. Sie hatte wie weiter oben erwähnt Arthrose im Daumensattelgelenk und konnte dank unserer wasserfesten, flexiblen Orthese ihren Alltag sowie ihre Schwimmtherapie ohne Probleme weiter beschreiten, wo andere Orthesen versagt haben. Solche Momente zeigen, wie Technik das Leben wirklich verbessern kann.
Ein wichtiges Thema ist allerdings die komplizierte Regelung im Gesundheitswesen. Außerdem gilt es, ein System zu entwickeln, das sowohl technisch als auch im täglichen medizinischen Einsatz gut funktioniert. Wir wollen ein Gleichgewicht finden zwischen Automatisierung und dem Wissen von Fachleuten – Technologie soll helfen, aber nicht ersetzen.

Die strengen Regelungen im Gesundheitswesen stellen nach wie vor Herausforderungen für den 3D-Druck von medizinischen Geräten und Produkten dar.
3DN: Was sind Ihre langfristigen Ziele und wo sehen Sie Ihr Unternehmen in den nächsten Jahren?
Wir möchten in Deutschland und Europa ein fester Bestandteil der orthopädischen Versorgung werden. In den kommenden Jahren planen wir, unser System als Klasse 1 Medizinprodukt zertifizieren zu lassen und unsere Plattform auf weitere Bereiche wie Rehabilitation, Unfall- und Sportmedizin auszubauen. Uns geht es darum, zu beweisen, dass nachhaltige, individuelle Medizin auch in größerem Maßstab funktionieren kann. Mit mehr Automatisierung und der angestrebten CE-Zertifizierung unseres Systems legen wir die Basis für eine umfassende, leicht abrechnungsfähige Versorgung. In naher Zukunft planen wir auch, in andere Märkte wie Asien und Nordamerika zu gehen.
3DN: Haben Sie noch abschließende Worte an unsere Leserschaft?
Ja, unsere Vision ist mehr als nur Technologie: Wir wollen, dass personalisierte Medizin für alle erreichbar ist. Die Digitalisierung kann uns helfen, die Versorgung gerechter, nachhaltiger und effizienter zu machen. Deswegen sind wir immer auf der Suche nach starken Partnern – egal ob aus der Medizin, Technik oder Politik. Aktuell steht unsere dritte Pilotphase und eine erste Finanzierungsrunde bevor, für die wir wieder verstärkt nach Kooperationen suchen. Mehr zu 3D-Medico finden Sie HIER.
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*Bildnachweise: 3D-Medico