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Innovative 3D-Druck Anwendungen in der Augenheilkunde

Am 1. August 2024 von Kaja F. veröffentlicht

Der 3D-Druck gewinnt in der Medizin zunehmend an Bedeutung und hat auch in der Augenheilkunde mittlerweile eine wichtige Rolle eingenommen. Ein Beispiel sind 3D-gedruckte Brillen, die perfekt an die Bedürfnisse und Wünsche der Patienten angepasst werden können. Mit der additiven Fertigung eröffnen sich neue Möglichkeiten, die sowohl die Präzision als auch die Individualisierung von Behandlungen verbessern. Und auch laut Research And Markets wird der Markt für 3D-gedruckte medizinische Geräte bis 2026 auf 4,9 Milliarden US-Dollar wachsen, mit einer jährlichen Wachstumsrate von 24,5 Prozent, was den rasanten Fortschritt der Technologie verdeutlicht. Diese Woche möchten wir Ihnen aber einen spezifischen Einblick in die vielfältigen Anwendungen des 3D-Drucks in der Augenheilkunde geben. In unserem Ranking stellen wir Ihnen verschiedene Implantate, Instrumente, innovative Projekte und sogar Kontaktlinsen vor, die mittels additiver Fertigung hergestellt wurden. Erfahren Sie, wie der 3D-Druck die Augenheilkunde verändert und welche Vorteile er für Patienten und Ärzte bietet.

Augenimplantate und Prothesen

Eine realistische 3D-gedruckte Augenprothese

Im November 2021 wurde sowohl für die Augenheilkunde als auch für den 3D-Druck Geschichte geschrieben, als das Moorfields Eye Hospital bekannt gab, dass der erste britische Patient mit einem 3D-gedruckten Auge versorgt worden war. Die Augenprothese wurde in Zusammenarbeit zwischen dem Krankenhaus, dem NHS und UCL-Forschern hergestellt, wobei Fraunhofer und OCUPEYE an der Software beteiligt waren, und galt als echte Biomimik und realistischere Prothese mit echter Pupillentiefe und klarerer Definition. Sie wurde Steve Verze übergeben, der sie als Ersatz für seine reguläre Prothese benutzte und feststellte, dass sie für ihn fantastisch aussieht, da sie anhand digitaler Scans seines anderen Auges angefertigt wurde und diesem nahezu perfekt entspricht. Eine unglaubliche Leistung!

3D-Druck Augenheilkunde

Steve Verze mit seiner neuen 3D-gedruckten Augenprothese. (Bild: Moorfields Eye Hospital)

3D-gedruckte Augenprothesen von Fraunhofer und OCUPEYE

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD haben in Zusammenarbeit mit OCUPEYE Ltd. eine auf künstlicher Intelligenz basierende Methode für den 3D-Druck künstlicher Augen für die Augenheilkunde entwickelt. Diese innovative Technik soll die Nachfrage nach künstlichen Augen decken, da sie 80 Prozent weniger Zeit in Anspruch nimmt und eine komplette Prothese in nur 90 Minuten herstellen kann, was den Aufwand für Okularisten um das Fünffache reduziert. Die 3D-gedruckten Prothesen werden mittels eines Scans des funktionierenden Auges modelliert, sodass sie perfekt in die Augenhöhle des Patienten passen und realistisch aussehen. Die gewonnenen Daten werden dann in ein KI-Modell eingegeben, welches das Design erstellt. Anschließend erfolgt der Druck mit dem J750 Polyjet-Multimaterial-Drucker und VeroVivid-Materialien. Der Drucker ermöglicht mit einer Auflösung von 18 Milliarden Tröpfchen pro Kubikzentimeter präzise Augenimplantate, die realistisch und ästhetisch zum verbleibenden Auge passen. Zukünftig plant das Team, die Methode weiter zu verbessern, um die Produktionskosten zu senken.

3D-Druck Augenheilkunde

(Bild: Fraunhofer IGD, Johann Reinhard)

VisioPrinTech bietet personalisierte, 3D-gedruckte Hornhaut

Unsere Bevölkerung wird immer älter und mit dem Alter häufen sich die gesundheitlichen Probleme. Diese betreffen nicht nur Gelenke, Knochen und Kreislauf, sondern auch das Sehvermögen. Ein bekanntes Problem sind Hornhautverformungen, die zu Erkrankungen der Hornhaut im Auge führen und das Sehvermögen einschränken. Normalerweise lassen sich diese Erkrankungen in operativen Eingriffen durch Hornhautspenden behandeln. Allerdings sind die Spenden spärlich und es besteht ein großes Risiko der Abstoßung. Aus diesem Grund arbeitete das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zusammen mit der Carl Zeiss Meditec AG und Evonik Healthcare an einer innovativen Lösung, wie sich Hornhauterkrankungen mithilfe des 3D-Drucks besser behandeln lassen. Ihr entwickeltes VisioPrinTech-Verfahren basiert auf der Verwendung einer Biotint – welche aus Stammzellen des Patienten und chemisch veränderten Kollagenfasern besteht -, die per laserbasiertem 3D-Druck während einer Operation gedruckt wird. Diese Methode umgeht nicht nur die Herausforderung der Spendenfindung und möglicher Abstoßung, sondern bietet auch mehr Präzision und Funktionalität. Die 3D-gedruckte Hornhaut trägt dazu bei, das Sehvermögen der Patienten wiederherzustellen.

(Bild: KIT)

Künstliche Augen dank 3D-Druck und Handarbeit

Nicholas Puls, ein Okularist am Royal Brisbane and Women’s Hospital in Australien, fertigt künstliche Augen für Patienten an, die aufgrund von Krebs oder Verletzungen ihr Augenlicht verloren haben. Diese Herstellung ist zeitaufwendig, besonders da das Krankenhaus jährlich etwa 100 Patienten mit Augenprothesen versorgen muss. Das Herston Biofabrication Institute hat nun untersucht, wie der 3D-Druck diese Produktion verbessern könnte, indem es Evaluierungsstudien mit Patienten durchführte. Ziel war es, zu beurteilen, wie sich das Aussehen von 3D-gedruckten Augen von handgefertigten Augen unterscheidet. Das Institut nutzte hierfür 3D-Scans und hochauflösende Fotografie. Durch die Spiegelung eines Fotos des gesunden Auges kann dieses repliziert werden, wobei es sich um einen zeitsparenden Prozess handelt. Dennoch stellt die 3D-Technologie keine Konkurrenz für handgefertigte Prothesen dar, da beide Prozesse zukünftig miteinander verknüpft werden können.

3D-Druck Augenheilkunde

Die Prothese kann aus traditionell gefertigten oder 3D-gedruckten Augenprothesen versehen werden. ( Bild: ABC News: Chris Gillette)

OMFS-IMPATH optimiert die Entwicklung von Augenprothesen

Wenn ein Auge fehlt, verloren geht oder verkleinert wird, ist eine maßgeschneiderte und gut sitzende Augenprothese unerlässlich, um die physische und psychosoziale Rehabilitation des Patienten zu erleichtern. Viele Patienten entwickeln ein anophthalmisches Alveolussyndrom, das durch ein Durchhängen der Prothese und ein Herabhängen der Augenlider gekennzeichnet ist, was zu einer geringen Zufriedenheit mit der Prothese führt und die Lebensqualität beeinträchtigt. Die Experten von OMFS-IMPATH haben ein innovatives Verfahren entwickelt, um mit Hilfe der 3D-Scan-, Planungs- und Drucktechnologie maßgeschneiderte, passgenaue Augenprothesen zu entwerfen, die dem natürlichen Auge exakt nachempfunden sind. Das Ergebnis ist eine präzise anatomische Passform, die die funktionellen Fähigkeiten und das Aussehen des Patienten verbessert.

3D-Druck Augenheilkunde

(Bild: OMFS-IMPATH)

Projekte, Instrumente und Kontaktlinsen

3D-gedruckte künstliche Augenlider

An der Universität Innsbruck haben Medizinstudenten die Möglichkeit, an 3D-gedruckten künstlichen Augenlidern zu lernen und zu üben. Die künstlichen Augenlider werden auf der Grundlage menschlicher Augenlider nachgebildet und anschließend analysiert und untersucht, wobei die mechanischen Eigenschaften des menschlichen Gewebes mit denen der 3D-gedruckten Modelle verglichen werden. Dieses Projekt ist nicht nur für die Ausbildung künftiger Ärzte und Chirurgen von großer Bedeutung, sondern auch für eine bessere Patientenversorgung. Chirurgen werden nämlich in der Lage sein, an der originalgetreuen Nachbildung des Augenlids eines bestimmten Patienten zu üben, bevor sie den Operationssaal betreten.

(Bild: Medizinische Universität Innsbruck)

3D-Bioprinting von Augengewebe

Wissenschaftler des National Eye Institute (NEI) in den USA haben mit Hilfe von Stammzellen von Patienten und 3D-Bioprinting Augengewebe hergestellt, um die Mechanismen von Krankheiten, die zu Blindheit führen, besser zu verstehen. Das Forscherteam druckte eine Kombination von Zellen, die die äußere Blut-Retina-Schranke des Auges bilden, die die lichtempfindlichen Photorezeptoren der Netzhaut unterstützt. Die Technik bietet die Möglichkeit, von Patienten stammendes Gewebe zur Untersuchung degenerativer Netzhauterkrankungen wie der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) zu verwenden. Bislang sind die Mechanismen der Entstehung und des Fortschreitens der AMD in fortgeschrittenen Stadien nur unzureichend verstanden, da es an physiologisch relevanten menschlichen Modellen fehlt. Analysen des 3D-gedruckten Gewebes sowie genetische und funktionelle Tests zeigten, dass das gedruckte Gewebe der äußeren Blut-Retina-Schranke des Menschen ähnelt und sich ähnlich verhält. Die Studie wird daher fortgesetzt, um die Entstehung dieser Krankheiten besser zu verstehen und gezielt präventive Therapien zu testen.

Wachstum von Blutgefäßen in 3D-gedrucktem Augengewebe. Am siebten Tag füllen die Blutgefäße den Raum zwischen den Reihen aus und bilden ein Netz von Kapillaren. (Bild: Kapil Bharti, Ph.D., NEI)

3D-gedruckte Kontaktlinsen

Wir haben Ihnen bereits von 3D-gedruckten Brillen erzählt, aber wussten Sie, dass es auch 3D-gedruckte Kontaktlinsen gibt? Ein Projekt der Khalifa University of Science and Technology (KUST) aus dem Jahr 2021 hat versucht, diese Wirklichkeit werden zu lassen. Mithilfe von DLP-3D-Druck und CAD-Software konnten sie intelligente Kontaktlinsen herstellen, die anschließend geglättet und nachbearbeitet wurden, um eine glatte Oberfläche zu erhalten. Und das Beste daran? Es handelt sich tatsächlich um „intelligente“ Kontaktlinsen mit eingebauter Sensorik.

3D-Druck Augenheilkunde

(Bild: KUST)

Die erste Augen- und Gesichtstransplantation mit Hilfe der additiven Fertigung

Wenn es um komplexe Operationen geht, sind die richtigen chirurgischen Instrumente natürlich von größter Bedeutung. Ein Beweis dafür ist die Transplantation eines Auges und eines Teils des Gesichts eines amerikanischen Mannes, die mit Hilfe der Planung und des Einsatzes der additiven Fertigung durch das belgische Unternehmen Materialise ermöglicht wurde. Der Patient Aaron James erlitt bei der Arbeit einen Hochspannungsunfall und musste sich sein linkes Auge und einen Teil seines Gesichts entfernen lassen. Während er auf der Warteliste für eine Transplantation stand, plante ein Ärzteteam des New York University Langone Health Hospital die Transplantation zusammen mit klinischen Ingenieuren von Materialise. Letztere spielten sowohl bei der Planung als auch bei der komplexen Operation eine entscheidende Rolle. Anhand von Computertomografiescans (CT) entwickelten sie einen virtuellen präoperativen Plan, der eine schrittweise Route für den chirurgischen Eingriff vorgab. Als der Spender gefunden war, brauchte Materialise weniger als 24 Stunden, um den Fall zu planen und die erforderlichen Instrumente zu entwerfen und dann mit dem 3D-Druck herzustellen. Dazu gehörten maßgeschneiderte medizinische Geräte, präzise Knochenmodelle und Schnittführungen, die an die anatomische Struktur des Patienten und des Spenders angepasst waren. Dank der individuellen Anpassung und der Präzision dieser Instrumente konnten die Risiken reduziert werden, und die erste Operation dieser Art war ein Erfolg.

3D-Druck Augenheilkunde

Maßgeschneiderte chirurgische Führungen von Materialise für Spender (links) und Patient Aaron James (rechts). (Bild: Materialise)

Personalisierte Kontaktlinsen für die Behandlung des Grauen Stars mittels 3D-Druck

Forschern der University of East Anglia ist ein bedeutender Durchbruch in der Technologie für Augengeräte gelungen. Konkret handelt es sich um eine neue Art von 3D-Druckharz, mit dem Augenimplantate hergestellt werden können, die in der refraktiven Chirurgie und der Kataraktchirurgie eine entscheidende Rolle spielen. Die entwickelte künstliche Intraokularlinse (IOL) kann einfach und sicher in den Kapselsack implantiert werden. Solche gedruckten Linsen können an die Form des Auges und die Sehbedürfnisse des jeweiligen Patienten angepasst werden, was die Sehkorrektur und den Komfort verbessern könnte. Obwohl sich diese Linsen noch in der Entwicklung befinden, behaupten die Forscher, dass sie auch zur Korrektur von Brechungsfehlern wie Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit und Alterssichtigkeit verwendet werden können.

3D-Druck Augenheilkunde

Die durch den 3D-Druck hergestellten Linsen für die Augenheilkunde. (Bild: University of East Anglia)

Simulationsmodelle für Augentraumata mithilfe von 3D-Druck

Am King’s College Hospital in Großbritannien haben Forscher mithilfe des 3D-Drucks ein Simulationsmodell für Augentraumata entwickelt. Das Modell, das mit Fusion 360 entworfen und über die Stratasys J850 gedruckt wurde, basiert auf echten klinischen Fällen. Es wurde von 14 Augenärzten und 5 Klinikern bewertet und zeigte eine deutliche Verbesserung des Vertrauens der Anwender in die Beurteilungs- und Nahttechniken. Der 3D-Druck bietet entscheidende Vorteile, wie kürzere Produktionszeiten und eine schnellere Prototypenerstellung. Diese Modelle, die in Krankenhäusern in Serie hergestellt werden können, ermöglichen es Ärzten, ihre Fähigkeiten effizienter zu verbessern, und stellen gleichzeitig eine Alternative zu Tieraugen und Leichen für die chirurgische Ausbildung dar.

3D-Druck Augenheilkunde

3D-gedruckte Brillen zur Heilung von Farbenblindheit

An der Khalifa-Universität haben Forscher eine Brille mittels 3D-Druck entwickelt, die zur Behandlung von Farbsehstörungen in der Augenheilkunde eingesetzt werden kann. Die Brille mit getönten Gläsern, die in ein im MSLA-3D-Druckverfahren hergestelltes Gestell eingesetzt werden, filtert unerwünschte Wellenlängen heraus, während sie den Rest des sichtbaren Spektrums durchlässt. Nachdem die Forscher einen Prototypen mit SOLIDWORKS entworfen hatten, druckten sie ihn mit ASIGA DentaClear und Gray Harz auf einer Prusa SL1S, mit einer Druckzeit von sechs Sekunden pro Schicht und einer Dicke von 25 Mikrometern. Laut dem Team bieten diese 3D-gedruckten Brillengestelle eine besser anpassbare und potenziell bessere Alternative zu den heutigen kommerziellen Brillen.

3D-Druck Augenheilkunde

3D-gedruckte Brille zur Behandlung deformierter Hornhäute

Dr. Song Hongix, Augenarzt und Forscher am Beijing Tongren Hospital in China hat mithilfe des 3D-Druckverfahrens eine Brille für Patienten mit deformierten Hornhäuten hergestellt. Diese soll sich vor allem für die Behandlung von Keratokonus eignen. Hierbei handelt es sich um eine Augenerkrankung, bei welcher das Sehvermögen durch die Verformung der Hornhaut eingeschränkt wird. Die Linse soll maßgeschneidert sein und das Sehvermögen des Patienten stabilisieren. Durch den 3D-Druck kann die Linse individuell an verschiedene Formen der Hornhäute angepasst werden. Dr. Hongix ließ sich von der adaptiven Optiktechnologie der NASA inspirieren, die verwendet wird, um die Bildqualität von Teleskopen zu verbessern, indem sie Verzerrungen durch die Erdatmosphäre korrigiert.

3D-Druck Augenheilkunde

(Bild: Bejing News)

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