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3Dnatives Labor: Test des Fuse 1 SLS 3D-Druckers von Formlabs

Am 12. Juli 2021 von Regina P. veröffentlicht

Bekannt als einer der führenden Harz-3D-Drucker-Hersteller, hat Formlabs vor einigen Monaten angekündigt, mit dem Fuse 1 sein Portfolio um eine industrielle SLS-Maschine erweitern zu wollen. Mit diesem Gerät vergrößert der in Boston ansässige Hersteller sein Produktangebot um ein weiters 3D-Druck-Verfahren und ist damit einer von wenigen Herstellern, welcher mehrere 3D-Druckverfahren in seinem Angebot führt.

Formlabs wurde im Jahr 2011 gegründet und hat sich seitdem mit dem Form 1, Form 2 und seit kurzem auch mit dem Form 3 auf SLA-basierte 3D-Drucker spezialisiert. Während beim SLA 3D-Druck bzw. der Stereolithographie, ein UV-Laser verwendet wird um ein Photopolymerharz auszuhärten, wird beim SLS-Verfahren bzw. Selektives Lasersintern, ein Laser eingesetzt, welcher das Polymerpulver sintert. Üblicherweise können solche SLS-Lösungen bis zu 250.000 € kosten. Genau hier besticht der Fuse 1 bereits mit einem niedrigeren Preis: Mit einem Startpreis von rund € 25.955 ist dieser einer von sehr wenigen Desktop-SLS-Geräten auf dem Markt.

Formlabs Fuse 1

Der Fuse 1 ist der erste SLS 3D-Drucker von Formlabs

Das 3Dnatives Labor hatte die Gelegenheit, den einzigartigen 3D-Drucker als einer der allerersten zu testen. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei 3DZ, einem Wiederverkäufer des Formlabs Fuse 1. Die Experten von 3DZ haben uns zur Durchführung des Tests eingeladen und uns in der Bedienung des 3D-Druckers geschult. Was macht den Fuse 1 aber besonders? Wie einfach ist die Handhabung des Desktop-SLS-3D-Druckers? Welche Materialien und welche Qualität können Anwender erwarten? In unserem ausführlichen Testbericht erfahren Sie Alles was Sie über den neuen Fuse 1 von Formlabs wissen müssen.

1. Auspacken des Formlabs Fuse 1

Der Fuse 1 wird inklusive Zubehör auf einer Palette versandt und befindet sich gut verpackt in Schaumstoff und einer zusätzlichen Schutzverpackung, um einen sicheren Transport zu gewährleisten. Neben dem 3D-Drucker befinden sich in der Verpackung weitere Elemente: ein Ständer, die austauschbare Baukammer und die Pulverpatrone. Obwohl der Fuse 1 ein kompakter 3D-SLS-Drucker ist, stellt er mit Abmessungen von 685 x 645 x 1065 mm (27 x 25,4 x 41,9 Zoll) und einem Gewicht von 114 kg im Vergleich zu klassischen Desktop-FDM- oder SLA-3D-Druckern doch eine recht imposante Maschine dar. Im Vergleich zu anderen industriellen Lösungen erscheint der Fuse 1 dann aber doch eine kompaktere Desktop-Version zu sein und ist definitiv bürotauglich.

Auch in Sachen Ästhetik kann der Fuse 1 punkten. Die Maschine verfügt über graue Metallpaneele, einen sehr großen 10,1-Zoll-Vollfarb-LCD-Touchscreen und einem Trichter – ein Pulvertank, welcher ein Fassungsvermögen von bis zu 9 kg Pulver hat und sich oben rechts am Drucker befindet. Die austauschbare Baukammer befindet sich im Inneren des 3D-Druckers und hat ein maximales Druckvolumen von 165 x 165 x 300 mm. Auch wenn das Bauvolumen im Vergleich zu anderen industrietauglichen Geräten klein erscheint, ist es definitiv größer als jenes von Desktop-SLS-3D-Druckern.

Formlabs Fuse 1

Blick in das Innere der Baukammer des Fuse 1

Oberhalb der Baukammer befindet sich das Heizsystem, welches mit Infrarot arbeitet und die Temperatur im Inneren des 3D-Druckers reguliert, so dass diese stets etwas unter der Sintertemperatur bleibt. Außerdem befinden sich Spiegel in der Baukammer, welche den 10-W-Laser während des Sinterprozesses reflektieren. Formlabs ist so überzeugt von der eigenen Technologie, dass sich das Unternehmen entschlossen hat, einige 3D-gedruckte Komponenten, die aus dem Fuse 1 stammen, in den Drucker selbst einzubauen. Der IR-Sensor und der Griff, der Türgriff oder die Abdeckung des Verriegelungsmagneten sind einige der Teile, die aus dem Fuse 1 hergestellt wurden.

Um die gedruckten Teile zu entnehmen, zu reinigen und um das ungeschmolzene Pulver wiederzugewinnen, verfügt der Fuse 1 über Fuse Sift – eine Nachbearbeitungsstation. Wenn der Druckprozess abgeschlossen ist, wird die ausnehmbare Baukammer zur abschließenden Reinigung in den Fuse Sift gebracht – ein Schritt, welcher bei jeder SLS-Maschine auf dem Markt zwingend notwendig ist. Mit einem negativen Luftdruck sorgt der Fuse Sift dafür, dass das Pulver problemlos von den gedruckten Teilen abgetragen wird und ermöglicht eine einfache Reinigung. Um die Reinigung der Teile zu optimieren, werden mit dem Fuse Sift diverse Werkzeuge mitgeliefert: eine große Bürste, zwei kleine Bürsten, Pfeifenreiniger, Zahnstocher und zwei unterschiedliche Saugdüsen.

Der Fuse Sift ist eine Nachbearbeitungsstation mit welcher überschüssiges Pulver entfernt und recycelt wird

2. Installation des Fuse 1

Auch was die Einrichtung des Fuse 1 betrifft, so scheint es Formlabs wichtig gewesen zu sein, dass diese gemäße anderer Desktop-Maschinen einfach gestaltet ist und nur wenige Installationsschritte erfordert. Auch wenn Sie mindestens zu zweit sein müssen, um die Maschine aus der Verpackung herauszuholen und zu positionieren, benötigen Sie nur rund 60 Minuten bis das Gerät einsatzbereit ist. Im Gegensatz zu anderen SLS-Lösungen, wird der Fuse 1 über herkömmliche Steckdosen mit Strom versorgt.  Dank der nicht all zu großen Baukammer, kann auch die Temperaturkontrolle einfach bewerkstelligt werden, so dass keine spezielle Lüftungsanlage erforderlich ist.

Die Installation besteht im Wesentlichen im Anschluss an das Stromnetz, der Montierung der Wi-Fi-Antenne und dem Einschalten des Druckers. Im nächsten Schritt wird der Benutzer aufgefordert, den Drucker über Wi-Fi oder Ethernet mit dem Internet zu verbinden und das Gerät online zu registrieren. Ein weiterer Schritt ist gegebenfalls erforderlich, um den Drucker zu nivellieren. Dies geschieht durch Anpassung der Ausrichtung des Druckers durch die Standfüße.

Formlabs Fuse 1

Oben rechts am Fuse 1 können bis zu 9 kg Nylonmaterial in den Trichter eingefüllt werden

Beim Fuse Sift müssen Sie einige Elemente montieren bzw. anschließen. Dazu zählen das Sieb, den Gitterrost, die Werkzeugablage, die Pulverauffangschale sowie das Vakuum-Adapterkabel und Netzteil. Sobald dies erledigt ist, muss der Fuse Sift nur noch eingeschaltet werden.

Was die Materialkompatibilität betrifft, so haben wir für den Test Nylon PA12 bereitgestellt bekommen, welches eines von zwei Materialien ist, welche mit dem Fuse 1 kompatibel ist (das zweite ist Nylon PA11). Während PA12 eine hohe Detailgenauigkeit und große Maßhaltigkeit bieten soll, ist PA11 als dehnbares, starkes und flexibles Material bekannt.

Damit ausreichend Material in den Drucker kommt, legt Formlabs jeder neuen Charge Pulver die Sie bestellen eine ID-Karte bei. Diese ID-Karte speichert sogenannte „Pulver-Credits“, welche die Menge des verbleibenden Pulvers aufzeichnet und den Benutzer im Falle einer geringen Menge warnt. Zum Befüllen des Druckers wird der Fuse Sift unter Anweisungen auf dem Bildschirm eingesetzt. Das Pulver wird dann einfach über den Trichter platziert und eingefüllt. Formlabs empfiehlt, mindestens 6 kg Material in den Tank zu füllen.

Bevor der Druck gestartet werden kann, muss die abnehmbare Baukammer in den Drucker eingesetzt werden. Für diesen Schritt wird der Benutzer durch eine Checkliste am Bildschirm geführt. Dadurch kann sichergestellt werden, dass der Drucker unter optimalen Bedingungen arbeitet. Im Normalfall wird überprüft, ob die Baukammer leer ist, die erforderliche Menge an Pulver vorhanden ist und ob kritische Komponenten, wie z. B. die Spiegel, gereinigt und funktionsbereit sind. Sobald diese Checkliste abgearbeitet wurde, steht dem Druckvorgang nichts mehr im Weg.

Formlabs Fuse 1

Der Fuse 1 verfügt über einen 10,1 Zoll großen, vollfarbigen LCD-Touchscreen. Eine Kamera im Inneren des Druckers prüft den Live-Status des Drucks

3. PreForm Software

Bei der Software setzt Formlabs auch beim Fuse 1 auf den PreForm-Slicer, welcher sich bereits bei den SLA 3D-Druckern des Herstellers ausgezeichnet hat. Im Prinzip ist es die gleiche Software, welche für den Fuse 1 zusätzliche Einstellungsoptionen enthält. Tatsächlich erfordert der 3D-Druck im SLS-Verfahren spezifische Design- und Druckeinstellungen, wie z. B. die Mindestwandstärke und den Mindestabstand zwischen zwei Teilen, welche notwendig sind, um thermische Verformungseffekte zu vermeiden. Außerdem gilt es den Mindestdurchmesser des Ablauflochs festzulegen, welches zur Entfernung von nicht verschmolzenem Pulver benötigt wird. Zur Unterstützung hat Formlabs umfangreiche und nützliche Designrichtlinien entwickelt, welche auf der Webseite aufrufbar sind. Diese Richtlinien sind für den Entwurf eines Teiles essentiell, damit fehlerhafte Drucke vermieden werden können. Während einige Slicer automatisch auf bestimmte Designanforderungen hinweisen, erhalten Sie bei PreForm keine Warnung, wenn die Wand beispielsweise zu dünn ist oder ein Ablaufloch fehlt. Sobald die Datei auf PreForm erstellt wurde, kann diese über Ethernet, Wi-Fi oder USB-Kabel an den 3D-Drucker gesandt werden.

Auch beim Fuse 1 setzt Formlabs auf eine SLS Version der bekannten Slicer-Software PreForm

Einer der größten Hauptvorteile von SLS besteht in der Möglichkeit, ohne Stützen drucken zu können, weil das gedruckte Teil vom ungesinterten Pulver gestützt wird. Dies vereinfacht den Slicing-Prozess erheblich und schafft darüberhinaus die Option, mehrere Modelle übereinander in der Baukammer zu stapeln, was die Baukapazität maximiert. Diese Effizienz in Kombination mit der besseren Isotropie des SLS-Verfahrens im Vergleich zu FDM oder SLA, macht die Technologie wirklich einzigartig.

4. Erste 3D-Drucke mit dem Fuse 1

Wie bereits erwähnt, haben wir bei unseren Tests PA12 verwendet. Beim ersten Test haben wir den klassischen 3DBenchy von Creative Tools gedruckt. Nachdem der Drucks und die Nachbearbeitung abgeschlossen wurden, überraschte das Ergebnis im Vergleich zu Desktop-FDM- oder SLA-3D-Druckern mit einer extrem hohen Qualität. Es sind keinerlei Schichten oder sonstiges für das menschliche Auge sichtbar. Sogar der Text am unteren Rand des Drucks war deutlich lesbar, was bei FDM oft nicht (oder zumindest nur geringfügig) der Fall ist.

Wir haben uns außerdem dazu entschieden, einen Härtetest durchzuführen, um verschiedene Toleranzen und Überhänge zu berücksichtigen und die Fähigkeit des Fuse 1 runde Teile zu drucken, auszuprobieren. Obwohl das Modell üblicherweise für FDM-3D-Drucker konzipiert wurde, entschieden wir, es mit dem Fuse 1 zu drucken. Der einzige sichtbare Fehler resultierte aus der Wandstärke, welche dennoch, unter Berücksichtigung der von Formlabs empfohlenen 0,6 mm, zu dünn war. Infolgedessen hielt die Wand nicht stand und es traten einige Risse auf. Abgesehen davon, wurden die Brücken, Zylinder und der Text einwandfrei gedruckt.

Das dritte und letzte Teil, das wir getestet haben, war ein Gitterwürfelmodell von APFI, welches normalerweise Stützen für Überhänge erfordert und bei der Herstellung mit einem FDM/FFF-3D-Drucker häufig eine Fadenbildung auftreten lässt. Das mit dem Fuse 1 erzielte Ergebnis ist daher genau, wie wir erwartet haben, ohne jeglichen Fehler.

Die Nachbearbeitung auf dem Fuse Sift kann zeitaufwendig sein, ist aber erforderlich, um die fertigen Teile zu reinigen

#3DBenchy von CreativeTools gedruckt mit PA12

Der Text am unteren Rand des #3DBENCHY ist einwandfrei, Ebenen sind keine zu erkennen

Formlabs hat uns auch einige 3D-gedruckte Teile zur Verfügung gestellt, welche nicht nur die Qualität, sondern auch die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten zeigen, die der Fuse 1 bewerkstelligen kann, wie z. B. ein Fahrradpedal, ein faltbarer Koffer (Formlabs‘ eigener Härtetest) sowie einige Zugproben aus PA12 und PA11.

Schließlich ist es wichtig, über die Nachbearbeitung der 3D-gedruckten Teile zu sprechen. Sobald der Druck abgeschlossen ist und die Temperatur der Baukammer ausreichend abgekühlt ist, muss der Benutzer die Baukammer zum Fuse Sift bewegen. Diese All-in-One-Station wurde so konzipiert, dass das gesamte Druckvolumen, der so genannten Pulverkuchen, einschließlich der verschmolzenen Teile sowie des ungesinterten Pulvers entnommen werden kann. Dieser Prozess ist in gewisser Weise vergleichbar mit den Nachbearbeitungsschritten eines SLA-Teils. Dieser Schritt kann zwar zeitaufwendig sein, ist aber zwingend erforderlich, damit die fertigen Teile vollständig gereinigt werden können. Der Fuse Sift recycelt gleichzeitig das nicht verwendete Pulver, welches im nächsten Druckauftrag zum frischen Pulver beigemengt werden kann. Formlabs gibt eine mögliche Materialauffrischungsrate liegt beim Fuse 1 bei ca. 30 %, d. h. Benutzern ist es möglich, eine Mischung aus 70 % des verbrauchten ungeschmolzenen Pulvers und 30 % frischen Pulver für den Druck zu nutzen.

Einer der großen Vorteile des SLS-Drucks besteht in der Möglichkeit, das ungesinterte Pulver wiederzuverwenden

Weitere Tests des 3Dnatives Labors finden Sie hier

Fazit

  • Drucker Inhalt 9.5/10
  • Software 9.5/10
  • Druck-Qualität 10/10
  • Benutzerfreundlichkeit 9.5/10
9.6 / 10

Positive Punkte:

  • Bürotauglicher 3D-Drucker
  • einfache Handhabung
  • Preis/Leistungsverhältnis

Negative Punkte:

  • limitierte Materialauswahl
  • Druckvolumen
  • Designrichtlinien nicht in Software integriert

Obwohl wir selbst nur begrenzte Erfahrung im Umgang mit dem SLS-Verfahren hatten, konnten wir den Fuse 1 schnell installieren und unsere ersten Teile ohne jegliche Schulung in weniger als ein paar Stunden drucken. Wie es Formlabs zuvor mit der Stereolithografie geschafft hat, hat der Hersteller auch bei der SLS-Technologie daran gedacht, eine einfache Handhabung zu gewährleisten. Vom Slicen des Modells in PreForm über den Druck mit dem Fuse 1 bis zur Nachbearbeitung der Teile im Sift, ist eine hoher Grad an Benutzerfreundlichkeit gegeben. Auch wenn die Anschaffung nicht mit einem Desktop-FDM-3D-Drucker vergleichbar ist, ist das Gesamterlebnis im Einsatz des Fuse 1 wirklich zufriedenstellend und für fast jeden zugänglich.

Mit einem Startpreis von € 25.955 für das komplette Setup, stellt der Fuse 1 unserer Meinung nach einen großartigen Einstieg in den SLS-3D-Druck dar. Bei zukünftigen Versionen würden wir uns eine breitere Palette an kompatiblen Thermoplasten wünschen, ein größeres Bauvolumen sowie die Integration der Designrichtlinien in die PreForm Software. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich der Fuse 1 für kleine Servicebüros, Designstudios oder Ingenieure eignet, welche hochwertige 3D-gedruckte Teile zum Bruchteil der Kosten alternativer industrieller SLS-Maschinen wollen.

 

 

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