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FH Kärnten forscht mit einem der größten industriellen 3D-Drucker Europas

Am 28. Oktober 2022 von Bianca Z. veröffentlicht

Die Anforderungen an zukünftige Mitarbeiter im Bereich der additiven Fertigung werden immer höher gesetzt und genau aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass Studierende bereits früh die Chance haben mit 3D-Druck und Co. in Berührung zu kommen. Dass dies nicht nur für den späteren Einstieg in das Berufsleben, sondern auch für das gemeinsame Lernen und Weiterentwickeln von additiven Fertigungstechnologien wichtig ist, zeigt die Forschungsgruppe „ADMiRE“ an der FH Kärnten (Österreich), die sich mit Leidenschaft und Innovationssinn dem 3D-Druck gewidmet haben. Besonders die Tatsache, dass die FH Kärnten seit Juli diesen Jahres über einen 3D-Drucker verfügt, der zu den größten industriellen Drucker in ganz Europa zählt. Wie dieser hochmoderne Drucker der Firma Hage3D für neue Möglichkeiten für die Forschungsgruppe sorgt und warum man bei der Fachhochschule in Kärnten auf die additive Fertigung setzt, erfahren Sie exklusiv in diesem Interview mit Franz Riemelmoser, der ebenfalls in der Forschungsgruppe „ADMiRE“ tätig ist.

3DN: Können Sie sich selbst und Ihre Beziehung zum 3D-Druck kurz vorstellen?

Franz Riemelmoser, Teil der Forschungsgruppe ADMiRE

Mein Name ist Franz Riemelmoser. Ich bin promovierter Materialwissenschaftler und arbeite an der FH Kärnten in der Forschungsgruppe ADMiRE. Ich beschäftige mich mit der Entwicklung von Werkstoffsystemen für Anwendungen im Leichtbau und in der Medizintechnik. Mit meiner Arbeit möchte ich dazu beitragen, dass die Welt ein kleines Stück besser wird und dass Mensch und Umwelt von der 3D-Drucktechnologie profitieren. Konkret bin ich derzeit an zwei Projekten beteiligt. Bei dem einen Projekt geht es um die Entwicklung von smarten Prothesen für schwangere Frauen. Das Grundproblem ist, dass sich der Druckpunkt zwischen der Prothese und der Frau während der Schwangerschaft sehr schnell verschiebt, was sehr oft dazu führt, dass die betroffenen Frauen die Prothese ablegen und ihre Mobilität aufgeben. Ziel ist es, durch 3D-Druck und den Einsatz intelligenter Materialien eine maßgeschneiderte Prothese für diese sensible Lebensphase zu entwickeln. Im zweiten Projekt arbeite ich daran, Naturfasermaterialien durch 3D-Druck für den Einsatz in der Elektromobilität nutzbar zu machen, um eine konsequent grüne Mobilität zu erreichen.

3DN: Welche Vorteile sehen Sie generell in der additiven Fertigung?

Meiner Meinung nach hat die additive Fertigung drei besondere Vorteile gegenüber der herkömmlichen industriellen Großserienfertigung. Erstens eignet sie sich hervorragend für die Herstellung maßgeschneiderter Produkte. Deshalb wurden die ersten Anwendungen der additiven Fertigung in der Medizintechnik und der Prothetik entwickelt. Aber auch viele andere Branchen profitieren von der Flexibilität der additiven Fertigung, etwa die Flugzeugindustrie, der Automobilbau, die Energietechnik, die Bekleidungs- und die Schutztechnik. Ein bekanntes Beispiel sind die 3D-gedruckten Laufschuhe des Kenianers Derara Hurisa. Mit ihnen lief er beim 38. Vienna City Marathon die schnellste Zeit. Dass er später disqualifiziert wurde, weil seine Schuhe nicht den Regeln entsprachen, ist eine Randnotiz zu dieser Geschichte. Unbestritten ist jedoch, dass die 3D-Drucktechnologie hier der Sieger auf dem Podium war. Zweitens ist die additive Fertigung besonders gut geeignet, um komplexe Strukturen kostengünstig und energieeffizient herzustellen. Insbesondere die Möglichkeit, verschiedene Materialien zu kombinieren, wird sich als wesentlicher Vorteil herausstellen. Wir nutzen beispielsweise die 3D-Drucktechnologie, um steife Materialien mit weichen Werkstoffen zu kombinieren. So können wir leichte und geräuschdämpfende Materialien herstellen, z.B. für den Einsatz in der Antriebstechnik. Der dritte und derzeit vielleicht wichtigste Vorteil der additiven Fertigung ist, dass sie mit relativ geringen Investitionskosten überall auf der Welt eingesetzt werden kann. Jedes Unternehmen kann sie nutzen und wird unabhängiger von den starren Lieferketten der traditionellen Massenproduktion. Als zusätzlicher Vorteil werden die weltweiten Transporte reduziert, CO2 eingespart und damit ein aktiver Beitrag zur Erreichung der Klimaziele geleistet.

3DN: Können Sie uns mehr über Ihre Forschungsgruppe „ADMiRE“ erzählen? Wie ist diese Zustande gekommen und welches Ziel wird hierbei verfolgt?

Dr. Lisa-Marie Faller

Die Forschungsgruppe ADMiRE wurde vor drei Jahren von Dr. Lisa-Marie Faller und mir gegründet. Frau Faller hat eine Professur für Robotik und additive Fertigung an der Fachhochschule. Ich habe meine Kompetenzen auf dem Gebiet der Werkstoffe und des Leichtbaus eingebracht. Heute hat die ADMiRE-Gruppe 22 Mitarbeiter:innen, darunter 8 Doktorand:innen und 6 Masterstudierende. Wir sind eine sehr junge Gruppe, die sich mit Leidenschaft für die Weiterentwicklung der 3D-Drucktechnologie einsetzt. Wir sind von Anfang an interdisziplinär aufgestellt, mit Kompetenzteams in den Bereichen Materialien, Maschinenbau, Robotik, Sensorik und Optimierung. Wir spannen den Bogen von der Grundlagenforschung bis zum Prototyping und zur Produktentwicklung. Unsere Kerntechnologien sind Mehrachsendruck, Multimaterialdruck und Sensorintegration durch 3D-Druck. Wir haben uns vorgenommen, jung zu bleiben und uns ständig neu zu erfinden. Nur so glauben wir, dass wir mit der dynamischen Zeit und der rasanten Entwicklung der 3D-Drucktechnologie Schritt halten können. Wir haben gerade ein Umstrukturierungsprojekt gestartet. Aus der ursprünglichen Forschungsgruppe wird ein Forschungszentrum, dessen Ziel es ist, eine agile Managementstruktur mit noch mehr Entscheidungskompetenz in den Teams zu etablieren. Lisa-Marie wird die Galionsfigur sein, die das ADMiRE-Zentrum gegenüber unseren Interessengruppen vertritt.

3DN: Was sind die Besonderheiten des 3D-Druckers, den Sie im Zuge der Forschung verwenden?

Wir haben die vergangenen zwei Jahre mit den vielen koronabedingten Einschränkungen im privaten und beruflichen Leben genutzt, um uns einen lang gehegten Traum zu erfüllen. Wir haben all unser Wissen zusammengeführt und gemeinsam mit der Firma Hage3D einen 3D-Drucker entwickelt, der einen neuen technologischen Meilenstein setzt. Der Drucker hat einen Druckraum von 1,2m im Kubik und 5 Achsen statt der üblichen 3 Achsen. Die vierte und fünfte Achse sind in den Drucktisch eingebaut, so dass wir das gedruckte Bauteil in alle Richtungen schwenken können. Das erlaubt uns zum einen, überhängende Teile zu drucken, ohne Stützmaterialien verwenden zu müssen. Zum anderen können wir Fasern auch auf bestehende Bauteiloberflächen aufbringen und so eine gezielte Verstärkung des Bauteils erreichen. Als Vorbild dient uns die Natur, die ebenfalls Fasermaterialien entlang von Lastpfaden aufbaut. Ein gutes Beispiel ist Holz, bei dem man die Maserung im Bereich der Äste zur Lastumlenkung sehr gut erkennen kann.

Der von der österreichischen Firma Hage3D genutzte 3D-Drucker.

3DN: Haben Sie noch abschließende Worte für unsere Leserschaft?

Die Welt war noch nie so dynamisch wie heute. Viele Krisen, wie die Klima- und die Energiekrise sowie Kriege auf europäischem Boden, beeinflussen unsere Gesellschaft und unser Wirtschaftsleben. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass ein Teil der Lösung darin besteht, die Produktion in die europäischen Regionen zurückzuholen und so die Abhängigkeit von schwankenden Ereignissen zu verringern. Die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft wird es uns ermöglichen, eine stabile Zukunft für unsere Kinder und Enkelkinder aufzubauen. Der 3D-Druck ist eine der Möglichkeiten, die ersten Schritte in die richtige Richtung zu unternehmen. Ich würde mich sehr freuen, wenn sich Industrieunternehmen dieser Denkweise anschließen und uns auf unserem Weg begleiten. Wenn Sie mehr über ADMiRE und die FH Kärnten erfahren möchten, dann klicken Sie HIER.

KWF-16048 | 34695 | 50609 – ADMire Pilot Line.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung kofinanziert.

REACT-EU ALS TEIL DER REAKTION DER UNION AUF DIE COVID-19-PANDEMIE FINANZIERT.

Nähere Informationen zu IWB/EFRE finden Sie auf www.efre.gv.at

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*Alle Bildrechte: FH Kärnten

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