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Was sind die Eigenschaften von Nylon beim 3D-Druck?

Am 10. April 2023 von Sandra S. veröffentlicht

Nylon, auch Polyamid (PA) genannt, ist ein in der additiven Fertigung häufig verwendetes Polymer. Es handelt sich um einen synthetischen Polyamid-Kunststoff, der für seine bemerkenswerten mechanischen Eigenschaften bekannt ist. Unter dem Namen Nylon werden heute chemisch unterschiedliche Produkte vermarktet, die je nach der Anzahl der enthaltenen Kohlenstoffatome mit verschiedenen Nummern gekennzeichnet sind. Die auf dem 3D-Druckmarkt am weitesten verbreiteten sind PA6 in Form von Filamenten für die FDM-Technologie sowie PA11 und PA12 in Form von Pulver für Technologien wie das selektive Lasersintern oder den MultiJet Fusion von HP. In diesem Leitfaden erfahren Sie alles über dieses Material: seine Eigenschaften, Druckbedingungen, Anwendungen sowie die wichtigsten Hersteller auf dem Markt.

Herstellung und Eigenschaften von Nylon

Nylon kam 1935 auf den Markt und wurde erstmals von Wallace Carothers synthetisiert, der im Labor des Chemieunternehmens DuPont, für das er arbeitete, Nylon 6.6 gewann. Dieses erste Material wurde 1937 patentiert und 1938 auf den Markt gebracht und ist auch heute noch das am meisten verwendete. Nylon wurde aufgrund seiner Flexibilität und Festigkeit vor allem in der Textilindustrie eingesetzt: 1940 wurde es erstmals für die Herstellung von Damenstrümpfen verwendet. Auch im 3D-Druck ist eine der interessantesten Eigenschaften des Materials seine Flexibilität. Nylon 6 hingegen wurde erstmals von Paul Schlack in den Werkstätten der IG Farben hergestellt und 1941 patentiert. Alle anderen Formen von Nylon sind später entstanden.

Nylon 6.6 (Bild: BASF)

Wie bereits erwähnt, sind die am häufigsten industriell hergestellten Nylonsorten PA 11 und 12. Interessanterweise unterscheiden sich diese beiden Nylonsorten nicht nur durch ein Kohlenstoffatom, sondern vor allem durch ihre sehr unterschiedliche Herkunft. PA11 wird nämlich aus Rizinusöl, einer natürlichen und erneuerbaren Quelle, gewonnen, während PA12 aus Erdöl hergestellt wird. Die Herkunft von Nylon und seine Umweltauswirkungen stehen häufig im Mittelpunkt von Debatten über die Nachhaltigkeit des Materials. Wann immer es möglich ist, entscheiden sich die Betreiber für PA11-Anwendungen als Alternative zu PA12, da es interessante Eigenschaften für Bauteile bietet, die beispielsweise Hautkontakt erfordern. Allerdings kann auch PA11 nicht als völlig umweltfreundlich angesehen werden, da es oft an lokalen Recyclingmöglichkeiten mangelt und es daher wie andere Kunststoffe entsorgt wird.

Aus der Perspektive der additiven Fertigung ist es sicherlich erwähnenswert, dass Nylon in Pulverform für mehrere Drucke wiederverwendet werden kann. Insbesondere das HP Multi Jet Fusion-Verfahren ist für die Verwendung von Polyamiden, sowohl PA12 als auch PA11, bekannt und bietet eine höhere Recyclingrate als die herkömmliche SLS-Technologie: Bis zu 70 Prozent des während des 3D-Drucks nicht verwendeten Pulvers werden anschließend mit neuem Polyamidpulver gemischt, wodurch der Abfall minimiert wird.

nylonpowder

Bild: Materialise

Nylon im 3D-Druck

Betrachtet man Nylon für den 3D-Extrusionsdruck, d. h. als Filament, so ist Nylon meist in Form von PA6 erhältlich. Es ist ein Filament mit vielen interessanten Eigenschaften, darunter große Flexibilität, Schlag- und Abriebfestigkeit. Darüber hinaus sind seine mechanischen Eigenschaften denen von ABS sehr ähnlich. Es ist jedoch zu beachten, dass Nylon aufgrund von Haftungsproblemen eine Heizplatte im 3D-Drucker benötigt (die bis zu 80 °C erreichen kann). Auch bei der Lagerung ist Vorsicht geboten, da es schnell Feuchtigkeit aufnimmt (hygroskopisches Material), was sich später auf den Druck auswirken kann. Was die Extrusionstemperatur betrifft, so muss der 3D-Drucker bis zu 250 °C, bei einigen Nylonsorten sogar bis zu 220 °C erreichen. Nylon-Filamente sind eine gute Alternative zu Polycarbonat, da sie einfacher zu drucken sind, eine bessere Haltbarkeit aufweisen und daher ideal für den Druck von Teilen sind, die eine gewisse Festigkeit erfordern.

Bild: Sharebot

Was die Verwendung von Nylonpulver für additive Verfahren betrifft, so ist PA12 das in der Industrie am häufigsten verwendete Material. Es bietet sehr gute mechanische und thermische Eigenschaften (hohe Steifigkeit, extreme Beständigkeit auch bei sehr niedrigen Temperaturen, Stressresistenz usw.). Im Vergleich zu Filamenten nimmt es nur wenig Feuchtigkeit auf und lässt sich nach dem Druck sehr gut weiterverarbeiten (Lackieren, Färben usw.). PA11 hat die gleichen Eigenschaften wie PA12, jedoch mit einigen Unterschieden: PA11 hat eine bessere thermische Stabilität, eine höhere Licht- und UV-Beständigkeit und eine gute Elastizität. 3D-gedruckte Teile aus diesem Polyamid haben auch eine längere Lebensdauer, was es zu einem idealen Material für die Herstellung von Endverbrauchsteilen oder Funktionsprototypen mit wichtigen mechanischen Eigenschaften macht. PA11 nimmt mehr Feuchtigkeit auf als PA12.

Ein aus PA12 hergestelltes Teil (Bild: Sculpteo)

Anwendungen

Wie bereits erwähnt, sind die wichtigsten Eigenschaften von Nylon Flexibilität und Festigkeit. Als Material für die additive Fertigung findet es aufgrund seiner mechanischen Eigenschaften und seiner Reibungs- und Verformungsbeständigkeit Anwendung in Bereichen wie der Automobilindustrie. Nylon wird auch zur Herstellung von starken Werkzeugen, Zahnrädern und Scharnieren verwendet und kann sogar bestimmte Kunststoffe im Spritzgussverfahren ersetzen. Es ist auch ein biokompatibles Material: Es kann zur Herstellung von Teilen verwendet werden, die mit der Haut in Berührung kommen, was es zu einem interessanten Material für den medizinischen Bereich macht, insbesondere für die Herstellung von Prothesen. Da es sich um ein nicht-abrasives Material handelt, ist es ideal für ergonomische Oberflächen von häufig genutzten Gegenständen und Innenteilen, die zu Beschädigungen neigen, da es leicht lackiert oder gefärbt werden kann.

Hersteller und Preise

Zu den wichtigsten Herstellern von Nylonfilamenten gehören Taulman3D, XStrand, Neofil3D, Volumic, Polymaker und Maschinenhersteller wie Zortrax, UltiMaker oder Markforged. Es sei darauf hingewiesen, dass Nylon mit Kohle- oder Glasfasern verstärkt werden kann, um einen leistungsfähigeren Verbundwerkstoff zu erhalten. Was den Preis anbelangt, so kostet eine klassische Rolle (500 Gramm, Durchmesser 1,75 mm) je nach Marke zwischen 25 und 40 Euro; wird ein Verbundwerkstoff gewählt, kann der Preis schnell auf etwa 60-70 Euro steigen. Was das Nylonpulver betrifft, so ist der französische Chemiekonzern Arkema zweifellos der größte Hersteller von PA11-Pulver, das seit den 1950er Jahren unter dem Namen Rilsan PA11 vermarktet wird. Das deutsche Unternehmen BASF, das auch PA6 und PA6.6 herstellt, ist mit seiner Marke Ultrasint, die mit HP Multi Jet Fusion Maschinen und einigen SLS-Druckermodellen kompatibel ist, in das Geschäft eingestiegen.

Bei PA12 sind die Hersteller Arkema und Evonik, während EOS, 3D Systems oder Farsoon ihre in Zusammenarbeit mit Chemieunternehmen entwickelten Pulver anbieten. Es gibt aber auch Polyamidpulver, die mit Kohlenstofffasern, Kevlar oder sogar Glaskugeln versetzt sind. Ein Beispiel ist HP 3D High Reusability PA 12 Glass Beads, das, wie der Name schon sagt, ein mit 40 % Glasperlen gefüllter Thermoplast ist, der sich durch eine hohe Wiederverwendbarkeit auszeichnet. HP stellt seinerseits auch PA11- und 12-Pulver für seine MJF-Maschinen her. Der Preis für ein Kilogramm PA11 oder PA12, standardmäßig oder verstärkt, kann je nach Zusammensetzung zwischen 100 und 200 € liegen.

Bild: HP

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*Titelbildnachweis: Fathom

Kommentare

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  1. Schreib Wolfgang sagt:

    Hallo,

    ich verdrucke ohne Umweg über Filamente mit meinen Granulat-Schnecken-Extrudern (Förderleistung bis 4 kg/Std.) mitunter PA6 und PA66 auch mit Carbonfasern gefüllt, SLS Pulver PA12 und TPU habe ich auch gedruckt, läuft sehr gut, kann man einfärben und Füllstoffe zugeben ohne Probleme und sogar ohne Extruderkühlung. Technische Kunststoffe muß man immer vortrocknen.

    Viele Grüße

    Wolfgang

  2. Raphael sagt:

    Hallo Wolfgang, welchesn 3D-Drucker verwendest du dazu?

  3. Dani sagt:

    Hey Wolfgang, kannst du auch glassfaserverstärktes Nylon herstellen?
    Gruß Daniel

  4. Axel Benz sagt:

    Was ist der Reibungskoeffizent für PA12 aus dem 3D-Drucker? (PA12 an PA12). Ich nehme an, der ist wesentlich höher als normalerweise, durch die rauhe Struktur?

  5. Gerd Schröter sagt:

    Hallo .. wer kann Zahnprothesen in Nylon drucken?
    Start-up mit Franchising-Option.

  6. Danke für den Beitrag. Gut zu wissen, dass Nylon schnell Feuchtigkeit aufnimmt. Ich finde den 3D-Druck und die Kunststofftechnik so interessant. Mein Freund hat schon seinen ersten 3D-Drucker gekauft und ich bin so gespannt, was alles möglich sein wird.

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