Dora Goodman über Open-Source 3D-gedruckte Kameras
Wir haben mit Dora Goodman, Gründerin von Dora Goodman Cameras, gesprochen. Goodman und ihr Team sind leidenschaftliche Liebhaber der analogen Fotografie. Sie konzipieren 3D-gedruckte Mittelformat- und Lochkameras, sowie individuelle Filmkameras, welche entsprechend ihrer eigenen Entwürfe gebaut werden. Das in Budapest ansässige Unternehmen setzt auf einen umweltbewussten und kollaborativen Ethos. Das bedeutet, dass die für den Bau der Kamera verwendeten Materialien so nachhaltig wie möglich sein sollen, während die für den Druck benötigten Dateien als Open-Source frei zugänglich sind.
3DN: Können Sie sich und Ihr Unternehmen kurz vorstellen?
Anfang 2016 habe ich damit begonnen, meine Interessen in den Bereichen Mode, handgefertigter Design Produkte und Fotografie zu kombinieren. Ich habe damals damit angefangen nachts in meiner Heimwerkstatt zu arbeiten, Filmkameras mit Holzfurnier neu zu gestalten und Kameragurte aus Leder zu basteln. Kurz darauf habe ich damit begonnen Anfragen von anderen Film Fotografen anzunehmen, welche ihre eigenen Kameras personalisieren wollten. Die Verwendung edler Materialien wie Holz, Leder und Glas hat mir dabei die Möglichkeiten geboten, etwas Einzigartiges zu schaffen, etwas Langlebiges, etwas, das man zu schätzen weiß; keine der Kameras sind identisch.
3DN: Können Sie uns mehr zu Ihren Produkten und den Einsatz der additiven Fertigung erzählen?
Ich wollte immer meine eigene Kamera haben, welche ich vollständig selbst entwerfen und bauen wollte. Die erste Kamera, die ich gebaut habe, war vollständig aus Holz gefertigt. Zu dieser Zeit experimentierte ich bereits mit 3D-Druck, da ich nach einer alternativen Lösung zu Holz suchte (da Holz als Material schlichtweg zu zeitaufwendig war). Wir begannen langsam auf den 3D-Druck umzusteigen, da die Technik schnell an Popularität zu gewinnen schien. Bald darauf hatten wir bereits unsere allererste 3D-gedruckte Kamera – die Goodman One.
Im Anschluss kam die Goodman Axis und die dritte war die Goodman Zone, bei welcher wir tatsächlich das Gefühl hatten, dass sie auf dem Markt verkauft werden könnte. Also haben wir uns dazu entschlossen, sie bis zu dem Grad zu verfeinern, zu dem dies möglich sein würde. Im Oktober 2019 haben wir dann damit begonnen, die Goodman Zone in einem DIY-Paket zu verkaufen. Die Scura, unsere neueste Kamera, kam im März 2020 heraus. Die Goodman One und die Goodman Axis sind als Open-Source verfügbar. Da wir sie selbst zu dem Punkt fertiggestellt haben, an dem wir sie verkaufen hätten können, haben wir dies unserer Community überlassen. Diese widmet sich dem Drucken, Entwickeln, Verbessern und dem Feintuning und das ist genau, was wir an unserer Open-Source-Community lieben.
3DN: Welche Vorteile ergeben sich durch die Verwendung von 3D-Druck? Gibt es auch Nachteile?
Der Einsatz der 3D-Drucktechnologie gibt uns die Freiheit, unsere Vision zu verwirklichen und dabei schöne und funktionale Kameras sowie Zubehör zu entwickeln, welche die Bedürfnisse der Community erfüllen. Mit den unendlichen Möglichkeiten und der Flexibilität, welche die 3D-Drucktechnologie bietet, schaffen wir nicht nur die Produkte, die wir uns schon immer gewünscht haben, sondern verbessern und verfeinern unsere Designs ständig im Hinblick auf die Bedürfnisse unserer Zielgruppe. Sobald wir eine Idee haben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir sie in die Tat umsetzen und sehen können, ob sie tatsächlich funktioniert oder nicht. Das Beste daran ist, dass diese Ideen innerhalb von ein oder zwei Tagen umgesetzt werden können.
Als Nachteil würde ich erwähnen, dass der Prozess sehr zeitaufwendig sein kann. Um einen guten Prototypen zu bekommen, braucht man in der Regel Monate und muss damit rechnen, einiges an Material zu investieren, da man nur nach wiederholtem Probieren und nach tausenden Malen drucken, feststellt, was funktioniert und was nicht. Wenn man dann der Meinung ist, dass der Plan gut genug wäre, dauert der Druck 20 Stunden und dann stellt sich heraus, dass es noch Verbesserungsbedarf gibt. Man benötigt also jede Menge Geduld und Zeit. Ganz zu schweigen davon, wenn etwas mit dem Drucker nicht stimmt (wir verwenden keinen großen Industriedrucker), man abends mit dem Druck beginnt, in der Hoffnung, bis zum nächsten Morgen ein Ergebnis zu erhalten, um dann feststellen zu müssen, dass etwas schief gegangen ist. Aber dann versucht man es eben noch einmal.
3DN: Könnten Sie uns ein wenig über die Drucker und Materialien erzählen, die Sie verwenden?
Es gibt prinzipiell 4-5 verschiedene Drucktechniken, wobei jede Technik andere Materialien nutzt. Von diesen eignen sich insbesondere zwei, da sie relativ erschwinglich sind und eine Vielzahl an Materialien für diese am Markt erworben werden können. Die anderen Techniken sind sehr teuer. Wir setzen daher auf die am weitesten verbreitete Technik, das FDM (Fused Deposition Modelling). Wir haben uns ganz gezielt für diese Methode entschieden, weil wir eine Lösung anbieten wollen, die für jeden zugänglich ist. Da alle unsere Dateien Open Source sind, war es für uns dementsprechend wichtig, dass jeder, der sich für das Thema interessiert, unsere Modelle ausprobieren kann und diese nicht nur jenen zur Verfügung stehen, die den teuersten und leistungsstärksten 3D-Drucker besitzen.
Natürlich hätten wir auch auf die professionellste Technik setzen können, in diesem Fall würde die Open-Source-Idee jedoch nicht funktionieren, da niemand die Möglichkeit hätte, es selbst auszuprobieren. Derzeit verwenden wir in unserer Werkstatt einen Anycubic i3 Mega-Drucker, mit welchem wir ziemlich zufrieden sind. Für diesen stehen verschiedene Filament-Materialien von verschiedensten Marken zur Verfügung. Die gängigsten sind unserer Meinung nach PLA, PET und ABS. Man kann aber auf dem Markt auch einige exotische Filamente finden: beispielsweise Holz, Stahl, Carbon, sowie viele verschiedene Farben, usw. Der Markt entwickelt sich wirklich schnell, es gibt daher Woche für Woche viele Neuheiten. Wir verwenden Colorfabb Ngen Filament, da es sehr erschwinglich und für jeden verfügbar ist.
3DN: Können Sie uns ein wenig über die GoodLAB-Plattform erzählen?
Wir haben von Anfang an mit einem Open-Source-Modell gearbeitet. Im Grunde sind unsere Open-Source-Dateien für jeden verfügbar, der sich als Mitglied bei GoodLab registriert. So kann jeder mit dem Bau und Druck seiner eigenen Kameras experimentieren. Kurz nach dem Start des Open-Source-Modells bekamen wir viele Anfragen, von Interessenten, welche unsere Kameras kaufen wollten, da sie keinen Zugang zu einem 3D-Drucker hatten oder nicht wussten, wie diese zu bedienen sind. Daher haben wir uns dazu entschlossen, DIY-Pakete anzubieten. Wir bieten diese als DIY Modelle an, da wir den Leuten insbesondere die Freude am Bau ihrer eigenen Kamera vermitteln wollten. Wir denken, dass dies eine besondere Bindung zwischen unseren KundInnen und der Kamera schafft. Außerdem macht es auch wirklich Spaß. Das Zusammenbauen erinnert an die eigene Kindheit, als man Dinge gebastelt hat, aus den Materialien die man gerade neben sich gefunden hat. Grundsätzlich haben wir erst im letzten Dezember damit begonnen, unseren KundInnen die Option zu bieten, Kameras vormontiert zu erwerben. Wir haben schlichtweg festgestellt, dass es in unserer Community eine Nachfrage dafür gibt. DIY spricht eben nicht jeden an, und das ist kein Problem. Wir versuchen nun, uns auf individuelle Kameras zu fokussieren, d.h. diese werden zusammen mit dem Objektiv und der Rückseite, speziellem Zubehör und einem Custom-Look verkauft. Somit sind alle Kameras, die wir verkaufen, Einzelstücke.
3DN: Warum haben Sie sich dazu entschieden, Ihre Dateien als Open Source zur Verfügung zu stellen?
Die Essenz von Dora Goodman Cameras besteht darin, dass alle unsere Kameras als Open-Source für jeden frei zur Verfügung stehen, daran wird sich auch nichts ändern. Wir finden es toll zu sehen, dass unsere Community unsere Kameras stetig verbessert, modifiziert, verändert oder zusätzliche Ideen und Funktionen hinzufügt. Normalerweise teilen die Nutzer der Plattform auch ihre Dateien mit uns, welche wir wiederum mit der Community teilen. Wir lieben es, ein Teil dieses Kreislaufes zu sein und dabei festzustellen, wie wir zusammen mit anderen Enthusiasten der analogen Fotografie, Kameras bauen können.
Außerdem schätzen wir den Prozess an sich. Wenn man einen neuen Druck beginnt, die ersten 30 Minuten einfach nur dasitzt und auf die Schichten starrt, die sie sich ganz langsam übereinander türmen, die Kamera Schicht für Schicht entsteht und am Ende sehen kann, dass es wirklich die ist, die man am Computer entworfen hat. Wenn der Druck dann fertig ist, kann man damit beginnen, die eigene Kamera zusammenzubauen. Das ist eine einmalige Erfahrung für einen Fotografen, einen ganz besonderen Flow zu erleben, und dieses Gefühl wollen wir mit unserer analogen Community teilen!
3DN: Wollen Sie letzte Worte an unsere Leser richten?
Wenn Sie selbst Fotograf sind, dann müssen Sie zumindest einmal in den Genuss kommen, Ihre eigene Kamera zu bauen. Das schafft eine ganz besondere Bindung zwischen Nutzer und Gerät, welche ein besseres Verständnis für die Kamera bewirkt und das Fotografieren zu etwas ganz Besonderem werden lässt.
*Bildrechte: Dora Goodman Cameras
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