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3Dnatives Labor: Test des Artec Ray 3D-Scanners

Am 5. Juli 2021 von Regina P. veröffentlicht

Der in Luxemburg ansässige Hersteller Artec 3D hat sich in den letzten Jahren auf die Entwicklung von portablen 3D Scannern spezialisiert. Dazu zählen beispielsweise der Eva, der Space Spider oder der Leo Scanner.  Erst kürzlich hat das Unternehmen sein Portfolio um eine weitere Kategorie von 3D Scannern erweitert, wozu auch der Micro Scanner gehört. Der Micro ist ein Desktop-Scanner, welcher zum Scannen von kleinen Teilen konzipiert wurde. Außerdem findet sich der Artec Ray im Sortiment, ein Laser-3D-Scanner, welcher für das Scannen von großen Teilen im Indoor- und Outdoorbereich entwickelt wurde, z.B.: Windturbinen, Schiffsmotoren, Flugzeug- oder Gebäudeteilen.

Der Artec Ray ist seit 2018 auf dem Markt und verfügt über die LiDAR (Light Detection and Ranging) Technologie. Laut Angaben des Herstellers bietet das Gerät eine Präzision von weniger als einem Millimeter, eine Reichweite von 110 Metern in Kombination mit einem weiten Sichtfeld von 360º×270º, eine Erfassungsgeschwindigkeit von 208.000 Punkten/s und einem eingebauten Akku mit einer maximalen Laufzeit von vier Stunden. Diese Eigenschaften sowie ein empfohlener Verkaufspreis von 56.000 € machen den Artec Ray eindeutig zu einer professionellen Scanner-Lösung. Nach den Tests des Artec Micro und des Artec Leo hatte 3Dnatives die Möglichkeit, den Artec Ray 3D-Scanner ausführlich zu testen. Welche Möglichkeiten bietet das Gerät also? Wie einfach ist die Bedienung? Welche Anwendungen können mit dem Ray realisiert werden? Wir haben uns das Gerät genauer für Sie angesehen.

artec ray

Der Artec Ray-Scanner wird mit Stromkabeln, einem USB-Kabel, zwei Akkus und Ladegeräten, drei SD-Karten, einem Stativadapter und einer Tragetasche geliefert

1. Auspacken des Artec Ray Scanner

Optisch sieht der Artec Ray aus wie ein rechteckiges Prisma mit Abmessungen von rund 287×200×118 mm und wiegt knapp 6kg. Er ist mit einem rotierenden Spiegel in der Mitte sowie zwei 5-Megapixel-Kameras zum Erfassung von unterschiedlichen Texturen ausgestattet. Außerdem verfügt der Scanner über zwei LED-Anzeigen auf der Oberseite des Scanners, um den Echtzeit-Status anzuzeigen (EIN/AUS, bereit zum Scannen, Scannen…), einem Power-Licht und einem Licht für den WiFi/Autonom-Modus. Auf der Oberseite hat Artec einen Tragegriff montiert. An der Seite finden sich Steckplätze für den externen Akku, eine SD-Karte und die EIN/AUS-Taste. Die Eingänge für das Netzkabel und den USB-Anschluss wurden an der Unterseite des Scanners positioniert.

Was das mitgelieferte Zubehör betrifft, so wird der Scanner mit Stromkabeln und zwei herausnehmbaren Batterien Li-Ion 14V von 49Wh und dem dazugehörigen Ladegerät geliefert. Außerdem finden wir ein 3m langes USB-Kabel zum Anschluss des Scanners an einen PC, einen Stativadapter, eine Tragetasche, zwei 32GB SD-Karten und ein SD-Karten-Backup-System. In der Zusatzausstattung, die aber nicht im Lieferumfang des Ray enthalten ist, bietet der Hersteller auch ein Stativ, magnetische Schachbrettzielmarken, Referenzkugeln und einen stabilen Transportkoffer an.

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In der Mitte des Scanners sehen Sie den rotierenden Spiegel, der die Reflexion des Lasers einfängt, während die beiden Kameras die Textur aufnehmen

Das Herzstück des Ray ist die LiDAR-Technologie, ein Verfahren, welches die Verzögerung zwischen der Absonderung eines Laserpulses und dessen Reflexion berechnet. Dadurch kann die Entfernung zwischen dem Scanner und dem zu scannenden Objekt bestimmt werden, welches mit einer Vielzahl an Punkten digitalisiert wird. Verwendet wird ein erstklassiger Laser.

Konkret wird mit dem Ray ein Laserstrahl ausgesendet, während sich der Spiegel um sich selbst dreht, damit die Reflexion des Lasers in einem vertikalen Feld von 270° erfasst werden kann. Sobald die Punktwolke auf der ersten Ebene erfasst ist, dreht sich die Basis des Ray um eine Kerbe im Uhrzeigersinn, um eine zweite vertikale Ebene zu erfassen. Der Vorgang wird bei 360° wiederholt, bis die Punktwolke vollständig ist. Diese Wolke wird dann von der Scanner-Software nachbearbeitet, um das endgültige Netz für das Objekt zu erstellen.

Der Artec Ray erfasst eine Punktwolke bei 270° in der vertikalen Ebene und 360° in der horizontalen Ebene

2. Installation des Artec Ray 3D Scanner

Um den Ray in Betrieb zu nehmen, muss der Scanner zunächst auf einem geeigneten Stativ (nicht standardmäßig mitgeliefert) montiert werden, bevor das Netzteil an die Basis des 3D-Scanners (den nicht rotierenden Teil) angeschlossen werden kann. Sie haben dann die Möglichkeit, den Ray entweder über das USB-Kabel oder über WiFi mit Hilfe der Artec Remote-Anwendung mit einem PC zu verbinden. Beachten Sie, dass im WiFi-Modus die Scandaten auf der SD-Karte gespeichert werden. Es ist jedoch auch möglich, den Artec Ray im Stand-alone-Modus zu verwenden, ohne einen PC zu benutzen. Dieser Modus kann für einfache Modelle eingesetzt werden, bedingt jedoch, dass die SD-Karte zum Speichern der Daten installiert ist. Eingeschaltet wird das Gerät ganz einfach über den Ein/Aus-Schalter an der Seitenwand.

Die herausnehmbaren Batterien des Ray bieten eine maximale Autonomie von 4 Stunden (2 Stunden pro Batterie). Wenn der Benutzer den Scanner mit dem Netzkabel betreiben möchte, empfiehlt Artec jedoch, die Batterie im Scanner zu belassen, weil sonst die Scanqualität beeinträchtigt werden könnte.

Artec Ray

Der Ray bietet eine maximale Reichweite von 110 m (360,9′) mit einer Erfassungsgeschwindigkeit von 208.000 Punkten/s

Sobald der Ray 3D-Scanner eingeschaltet ist, muss das Modell oder die Umgebung, welche gescannt werden soll, vorbereitet werden. Wie bei allen 3D-Scannern ist die Vorbereitungsphase entscheidend für die Gewährleistung optimaler Ergebnisse. Da es sich beim Ray um einen optischen Scanner handelt, kann es beim Scannen von reflektierenden, dunklen oder transparenten Oberflächen Schwierigkeiten geben.

In einigen Fällen wird deshalb der Einsatz eines matten Spray empfohlen. Die Objekte dürfen während des Scan nicht bewegt werden, sollten gleichmäßig beleuchtet sein und ein Minimum an Geometrie bzw. Oberflächentextur aufweisen. Insgesamt setzt die Inbetriebnahme des Ray keine besondere Kalibrierung voraus und geht relativ schnell. Die einzigen Schritte, die letztendlich Zeit in Anspruch nehmen, sind die Vorbereitung des Scans und die Parameter-Einstellung des Scanners, welche für jeden Scan spezifisch angepasst werden müssen.

Wie bei anderen Artec-Scannern ist es möglich, mehrere Scans aus verschiedenen Positionen durchzuführen, damit ein Objekt oder eine Szene in ihrer Gesamtheit erfasst werden kann, was die Qualität des Scans erheblich verbessert. Damit dies gelingt und die verschiedenen Scans später zusammengeführt werden können, ist es notwendig, Schachbrettzielmarken oder Referenzkugeln zu verwenden, die nicht im Lieferumfang des Scanners enthalten sind. Obwohl eine Kombination aus beidem ideal ist, liegt der Hauptvorteil von Kugeln darin, dass sie aus jedem Blickwinkel sichtbar sind, während Targets laut Artec eine bessere Scanqualität bieten. Für die Positionierung von Schachbrettzielmarken und Kugeln listet Artec im Support-Bereich der Webseite einige Tipps auf.

3. The Artec Studio Software

Bei der Software handelt es sich, wie bei allen Artec 3D-Scannern, um die Software Artec Studio. Diese Software ist in 15 Sprachen verfügbar und ermöglicht es Ihnen, den Scan im Voraus einzurichten und die nach dem Scan erhaltene Punktwolke zu finalisieren, bevor Sie schließlich das endgültige Netz erhalten. Unter den verfügbaren Punktwolkenformaten finden sich: BTX, PTX, XYZ und Mesh – OBJ, PLY, WRL, STL, AOP, ASC, Disney PTEX, E57, XYZRGB.

Wie in unseren vorherigen Produkttests erwähnt, wird für Artec Studio ein relativ leistungsstarker Computer benötigt. Dieser sollte eine Mindesleistung von Intel Core i5, i7 oder i9, 32 GB RAM und GPU mit 2 GB VRAM in Verbindung mit Windows 7, 8 oder 10 (x64) aufweisen. Ein weiterer wichtiger Hinweis: Die Artec Studio-Software verursacht zusätzliche jährliche Kosten von 800 €, außer Sie entscheiden sich für das unlimitierte Abonnement von 2 000 €. Eine 30-tägige Testversion ist ebenfalls verfügbar.

Der Hersteller hat auch eine spezielle Android- und iOS-Anwendung für den Ray mit dem Namen Artec Remote entwickelt. Diese ermöglicht es, den 3D-Scanner mit dem WiFi zu verbinden, ihn von einem Smartphone oder einem Tablet aus zu steuern und die Daten auf der SD-Karte zu speichern. So kann man vor dem Scan verschiedene Parameter wie die Auflösung, aber auch andere Parameter wie die Empfindlichkeit, die horizontale/vertikale Auflösung und die zu scannende Textur abstimmen. Außerdem sind verschiedenste Informationen wie der Status des Scanners, der Batteriestand oder der freie Speicherplatz auf der SD-Karte auf Abruf bereit. Generell empfiehlt der Hersteller die Verwendung der Artec Studio Software für komplexe Projekte oder für Anfänger, während die Artec Remote Anwendung für fortgeschrittene Anwender oder einfache Projekte empfohlen wird.

Car scan test – result after post-processing of the scene

4. First scans

Bei der Vorbereitung eines neuen Scans ist es möglich, den Vorschaumodus von der Artec Studio-Software oder der Artec Remote-Anwendung aus zu starten und eine Kontrastaufnahme der Szene zu erhalten. Diese Vorschau ermöglicht es Ihnen, dem Scanner einen kleineren Scanbereich vorzugeben, wenn Sie z. B. nur einen Teilbereich der Szene scannen wollen, was die Scanzeit und die Größe der endgültigen Datei reduziert.

Bevor Sie mit dem Scannen beginnen, müssen Sie verschiedene Parameter wie die Dichte nach Grad, die Empfindlichkeit und die Textur anpassen. Die Dichte nach Grad entspricht der Anzahl der Punkte nach Grad. Es ist eine Auswahl aus der gewünschten Auflösung, der Scanzeit, der Nachbearbeitung der Punktwolke und der Größe der endgültigen Datei zu treffen.

Artec Ray

Vorbereitung der zu scannenden Szene mit den Kugeln oder Schachbrettzielmarken

Was die Empfindlichkeit betrifft, so werden die Parameter in Abhängigkeit von der Entfernung sowie der Einfachheit des Objekts oder der Szene (dunkle, reflektierende Oberfläche, ohne Geometrie…) bestimmt. Der Modus „Hohe Qualität“ wird für einfache Scans mit weniger als 50 m empfohlen, während der Modus „Hohe Empfindlichkeit“ für Scans bis zu 110 m genutzt wird, um bessere Ergebnisse mit schwierigen Oberflächen zu erzielen. Schließlich sollte die Textur ausgewählt werden, wenn die Farbe der Szene erfasst werden soll.

Im Vergleich zu einem tragbaren 3D-Scanner bietet der Ray den großen Vorteil, dass er autonom arbeiten kann und das Scannen von großen Teilen einfach und schnell gelingt. Während einige Objekte die Beherrschung eines tragbaren Scanners erfordern, gelingen mit dem Ray tatsächlich automatisierte Scans von Modellen, vorausgesetzt, das Objekt wird von verschiedenen Positionen gescant, um es in seiner Gesamtheit zu erfassen. Die Nachbearbeitung der Daten kann logischerweise zeitaufwändiger sein als bei einem tragbaren Scanner, vor allem wegen der vom Ray erfassten Datenmenge. In diesem Artikel sehen Sie die Ergebnisse verschiedener Scans, die wir durchgeführt haben oder die uns vom Artec-Team zugesandt wurden. Weitere Informationen über den Artec Ray finden Sie auf der Webseite von Artec.

Weitere Tests des 3Dnatives Labor finden Sie hier

Fazit

  • Scanner Inhalt 8.5/10
  • Software 9.5/10
  • Scan-Qualität 10/10
  • Bedienbarkeit 9/10
9.3 / 10

Positive Punkte:
– Reichweite bis zu 110 m
– Scangeschwindigkeit
– Qualität des Scans

Negative Punkte:
– Preis
– Stativ, Zielscheiben und Kugeln sind nicht enthalten
– MacOS/Linux-Kompatibilität

Artec 3D hat mit seinem ersten Laserpuls-3D-Scanner eine Innovation geschaffen. Der Ray 3D-Scanner ist effizient und vielseitig einsetzbar. Ein Gerät, das große Teile in kürzester Zeit scannen kann und somit für professionelle Anwender gedacht ist.

Zu den Hauptvorteilen des Ray gehören die Verwendung des Artec Studio, welche seit mehreren Jahren entwickelt wird und eine intuitive Vorbereitung der Scans und Verarbeitung der Scandateien ermöglicht. Der Scanner zeichnet sich außerdem durch eine Reichweite von bis zu 110 m, die Qualität der Scans und die Scangeschwindigkeit aus. Wie bei den anderen Produkten des Herstellers muss man allerdings den Preis von 56.000 € beachten, zu welchem noch die Kosten für die Software sowie zusätzliche Ausrüstung wie das Stativ hinzukommen.

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