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Animal Alternative Technologies nutzt den 3D-Druck für die kultivierte Fleischproduktion

Am 14. April 2023 von Leonie M. veröffentlicht

Die Fleischindustrie beansprucht zusammen mit der Milchproduktion 83% der landwirtschaftlich genutzten Fläche und produziert 18% der Treibhausgase, einschließlich Methan und Stickoxide. Darüber hinaus, hat eine Studie der Universität Oxford ergeben, dass eine vegane Ernährung den CO2-Fußabdruck einer Person um bis zu 74% reduzieren kann und damit die beste Möglichkeit ist, den Planeten zu schützen. Trotz dieser bekannten Statistiken, spielt Fleisch in den Küchen auf der ganzen Welt eine dominierende Rolle und viele können sich den Verzehr von Fleisch nicht mehr wegdenken. In den letzten Jahren sind Ersatzprodukte immer beliebter geworden, die dem Geschmack und der Konsistenz von Fleisch am nähsten kommen. Etwas weniger bekannt, ist das im Labor gezüchtete Fleisch. Heute stellen wir Ihnen Clarisse Beurrier von Animal Alternative Technologies vor, einem Unternehmen mit Sitz in Cambridge, Großbritannien, welches den 3D-Druck zur Herstellung von kultiviertem Fleisch einsetzt. Erfahren Sie mehr über ihre Beweggründe und Gedanken zur aktuellen Fleischindustrie

3DN: Könnten Sie sich selbst vorstellen und Ihre Verbindung zum 3D-Druck erklären?

Mein Name ist Clarisse Beurrier und ich bin Mitgründerin und CEO von Animal Alternative Technologies. Wir sind ein technisches B2B-Startup mit Sitz an der Universität Cambridge und konzentrieren uns auf die Weiterentwicklung von kultiviertem Fleisch für eine nachhaltige und sichere Ernährung. Der 3D-Druck spielt in diesem innovativen Sektor der zellulären Landwirtschaft – also der Züchtung von Zellen anstelle der Aufzucht und Schlachtung von Tieren – eine große Rolle. Bei Animal Alternative Technologies setzen wir den 3D-Druck für viele Anwendungen ein, da er eine große Flexibilität bietet, insbesondere für das Rapid Prototyping und die Herstellung von kundenspezifischen Teilen.

Animal Alternative Technologies

Clarisse Beurrier, CEO von AAT

Meine Hoffnung ist es, die kultivierte Fleischproduktion für alle zugänglich zu machen. Wir entwickeln skalierbare industrielle Prozesse für die wichtigsten Arten von Säugetierfleisch – zunächst für verarbeitete Fleischsorten und dann für strukturierte Produkte, wie Steaks. Dabei konzentrieren wir uns vor allem auf die Kostenreduzierung.

3DN: Was waren Ihre Beweggründe, AAT zu gründen?

Die Viehzucht ist die größte Flächennutzung auf dem Planeten, eine Hauptquelle für Treibhausgasemissionen und die größte Quelle für Entwaldung, Wasserverschmutzung, den Bedarf an Antibiotika und neue Krankheiten, wie die Schweinegrippe. Kultiviertes Fleisch kann eine nachhaltige, ethische und sichere Alternative zur Tierhaltung sein, allerdings gibt es noch kein kommerziell nutzbares Produktionsverfahren. Außerdem gibt es hohe Einstiegshürden, wie etwa 100 Mio. US-Dollar und eine Dauer von 5 Jahren in der Forschung und Entwicklung, die eine verbreitete Einführung verhindern. AAT beseitigt diese Eintrittsbarrieren, indem es die gesamte erforderliche F&E durchführt und bereits zugelassene, durchgängige Systeme für die kultivierte Fleischproduktion anbietet, die auch als Alternative zu größeren Massentierhaltungsbetrieben in Frage kommen.

Wir sind überzeugt, dass wir den bereits bestehenden Trend zur Abwendung vom Fleisch unterstützen können. Schauen wir uns beispielsweise das Vereinigte Königreich und Frankreich an – beide Länder haben einen hohen Fleischkonsum (beide liegen über der empfohlenen Menge), und in beiden Ländern ist Fleisch seit langem ein Symbol für sozialen Status und Männlichkeit. In den letzten 20 Jahren haben sich die jüngeren Generationen jedoch aus ökologischen, ethischen und gesundheitlichen Gründen vom Fleischkonsum abgewandt. Infolgedessen hat der Markt für alternative Eiweißprodukte stark zugenommen, und zwar sowohl bei den großen etablierten Anbietern als auch bei neuen Start-ups. Im Vereinigten Königreich scheint es mehr Fertiggerichte zu geben und ein größeres Angebot an weißem Fleisch, wohingegen in Frankreich traditionell mehr rotes Fleisch gegessen wird.

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Schafsmuskel

3DN: Wie wird die additive Fertigung bei Animal Alternative Technologies eingesetzt?

Bei AAT nutzen wir die additive Fertigung hauptsächlich zur Herstellung spezifischer Teile für unsere Bioreaktor-Prototypen (Maschinen, die ähnlich wie Bierfermenter, die Kultivierung von Zellen ermöglichen, indem sie ihnen optimale Bedingungen bieten, wie Temperatur, Sauerstoff, Nährstoffe etc.). Wir verfügen über ein Team von Ingenieuren und haben Zugang zu spezialisierten Werkstätten, denn die auf dem Markt erhältlichen Maschinen kosten mehr als 20.000 Euro und sind nicht für die Produktion von kultiviertem Fleisch ausgelegt. Sie sind nicht nur schlecht an die Bedürfnisse der Zellen angepasst, sondern auch an diese neue Branche, die tatsächlich nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Produktionskosten mit dem Preis von herkömmlichem Fleisch konkurrieren können. Wir verwenden den 3D-Druck auch, um Formen für Materialien, z.B. Pflanzen oder Verbundstoffe zu drucken, die als Gerüst dienen, an die sich die Zellen festsetzen und zu Muskeln/Fett werden, und um bestimmte Teile unserer Biosensoren herzustellen.

3DN: Kann sich der 3D-Druck auf unseren Fleischkonsum auswirken?

Dank seiner breiten Anwendbarkeit, kann der 3D-Druck bei verschiedenen Aspekten der Entwicklung und Produktion von alternativem Fleisch eine Rolle spielen. Bei AAT verwenden wir den 3D-Druck in erster Linie für die Herstellung kundenspezifischer Teile für kultivierte Fleischproduktionssysteme, während einige Unternehmen die Technologie für pflanzliches Fleisch nutzen, um bessere Fleischtexturen und einen besseren Geschmack zu erzielen. Ein anderes Startup-Unternehmen für kultiviertes Fleisch, namens Aleph Farms, hat einen Prototyp eines Ribeye-Fleisches durch direktes Bioprinting lebender Zellen hergestellt. Ich bin gespannt, wie sich die Bioprinting-Technologie weiterentwickelt und zumindest für einen Teil des Produktionsprozesses für kultiviertes Fleisch eine praktikable Option darstellen kann, da sie unsere Möglichkeiten und Flexibilität erhöhen könnte. Doch diese beiden Technologien sind so neu und haben so viel Potenzial, dass wir da noch am Anfang stehen.

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Clarisse Beurrier mit zwei Gründern im Bereich der Zuchtfische: Aaron von Fisheroo, YiTing, die zuvor bei Big Idea Ventures tätig war (der aktivste Investor im Bereich der Altproteine), und Xixi von Sono Biosciences (von links nach rechts)

3DN: Wer genau sind die Verbraucher? Wie werden sich diese, Ihrer Meinung nach, im Laufe der Zeit ändern?

Es wurden bereits erste Marktuntersuchungen über die potenziellen Kunden von kultiviertem Fleisch durchgeführt. Es scheint sich hauptsächlich um klassische Fleischesser zu handeln, bei denen es sich eher um Männer mittleren Alters mit höherem Einkommen handelt. Diese Kunden wollen das gleiche Fleisch und geben dadurch dem Geschmack, gegenüber anderen Faktoren, den Vorrang. Die ersten Anhänger von kultiviertem Fleisch sind Menschen, die offen nach Neuem suchen. Sie interessieren sich für die Technologie und üben selbst eine Art technische Führungsrolle in ihren Unternehmen aus.

Anfänglich wird kultiviertes Fleisch einen ähnlichen Preis wie Bio-Fleisch haben und daher als hochwertigeres Produkt verkauft werden. Mit zunehmender Verbreitung der Technologie können die Kosten jedoch weiter gesenkt werden. Meiner Meinung nach, wird die kultivierte Fleischindustrie im Laufe der Zeit mit einer breiteren Produktpalette und Preisspanne in der Lage sein, ein umfassenderes Spektrum an Kundenprofilen aus verschiedenen sozioökonomischen Gruppen und Kulturen anzuziehen.

3DN: Was muss getan werden, um die Akzeptanz von kultiviertem Fleisch in der Öffentlichkeit zu fördern?

Ich denke, dass, wie bei jeder neuen Technologie, die vollständige Offenlegung und Transparenz der Schlüssel zum Vertrauen der Menschen ist. Dies ist in unserem Fall besonders wichtig, da es sich um Lebensmittel handelt. Die EU-Verordnung über neuartige Lebensmittel ist ein äußerst strenges Verfahren, das jedes Unternehmen, das kultiviertes Fleisch herstellt, durchlaufen muss, um seine Produkte in der EU verkaufen zu dürfen. Dadurch können sich die Verbraucher sicher sein, dass die höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards eingehalten werden. Da kultiviertes Fleisch höchstwahrscheinlich einen höheren Preis haben wird als Fleisch aus der Tierhaltung, halte ich es für wichtig, dass die Kunden verstehen, warum und wie es die gleichen Transparenzstandards einhält.

Animal Alternative Technologies

Die Bioreaktor-Prototypen von Animal Alternative Technologies (rechts) werden zur Herstellung von im Labor gezüchtetem Fleisch verwendet

3DN: Haben Sie noch letzte Worte an unsere Leser?

Wir danken Ihnen für Ihre Neugier und Ihr Interesse an diesem Thema und würden uns freuen, von Ihnen zu hören! Haben Sie andere Anwendungen für 3D-Bioprinting in der Lebensmitteltechnologie im Sinn? Wie würden Sie die Herausforderungen angehen, die mit der Verbreitung von kultiviertem Fleisch verbunden sind, damit die Kosten mit denen von Fleisch aus der Tierhaltung konkurrieren können? Weitere Informationen über Animal Alternative Technology finden Sie auf unserer Website HIER oder in unserer Forschung HIER.

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*Alle Bildnachweise: Animal Alternative Technologies/AAT

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