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Wie lassen sich additive und subtraktive Fertigung in der Produktion kombinieren?

Am 18. Juli 2023 von Astrid Z. veröffentlicht

In den letzten Jahren hat die additive und subtraktive Fertigung an Popularität gewonnen und weltweit einen erheblichen Einfluss ausgeübt. Dank einer Vielzahl an technologischen Fortschritten profitieren bereits zahlreiche Branchen von der so genannten „hybriden Fertigung“ für die Herstellung von Endprodukten. Obwohl es Unterschiede zwischen den beiden Produktionsmethoden gibt, können sie komplementär eingesetzt werden, um das Beste aus beiden herauszuholen. Es ist jedoch wichtig, die Technologien genau zu verstehen, um sie in einem Unternehmen einsetzen zu können. Um diese Frage zu klären, haben wir mit drei Experten aus der Fertigungsindustrie gesprochen. Sie gaben uns ihre Meinung und Tipps, wie man die additive und subtraktive Fertigung optimal in der Produktionskette einsetzen kann.

Der erste Experte ist Peter Genovese, 3D-Druck-Anwendungstechniker bei SolidCAM Additive. Er arbeitet seit fast einem Jahrzehnt mit additiven Technologien und nutzt seine berufliche Erfahrung, um zu bestimmen, wie additive Technologien am besten in verschiedene Fertigungsumgebungen passen. Elena López ist Leiterin der Abteilung Additive Fertigung am Fraunhofer IWS. Sie ist außerdem Assistenzprofessorin für additive Fertigung und vertritt Women in 3D Printing als Regionaldirektorin für Europa. Schließlich haben wir noch mit Brian Kristaponis gesprochen. Kristaponis ist General Manager der Hybrid Division bei Phillips, einem führenden Anbieter von Fertigungslösungen und neuen Technologien für eine Vielzahl von Märkten.

Additive und subtraktive Fertigung – was ist das?

Bevor wir auf die Umsetzung der Hybridproduktion eingehen, ist es wichtig, die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Verfahren zu verstehen. Einerseits wird bei der additiven Fertigung Material Schicht für Schicht aufgetragen, bis das gewünschte Teil entsteht. Zur Familie der 3D-Drucktechnologien gehören: Materialextrusion, Material Jetting, Binder Jetting, Vat Photopolymerisation, Pulverbettschmelzen, Direkte Energieabscheidung und Laminierung. Die subtraktive Fertigung andererseits basiert auf der Herstellung von Teilen durch die Entnahme von Material aus einem Block oder einem größeren Teil. Zu diesen subtraktiven Verfahren gehören: CNC-Bearbeitung (Fräsen, Drehen, Bohren, Aufbohren, Schleifen), Laserschneiden, Funkenerosion und Wasserstrahlschneiden.

Beide Herstellungsverfahren haben ihre eigenen Stärken und Grenzen, so dass man wissen muss, welches Verfahren man in jedem Fall anwenden sollte. Schauen wir uns nun die Vorteile an, die ein Unternehmen aus der Kombination dieser beiden Technologien ziehen kann. Der SolidCAM-Experte Peter Genovese erklärt: „Einer der Hauptvorteile der hybriden Fertigung besteht darin, dass mit dem 3D-Druck zunächst sehr komplexe organische Geometrien gedruckt werden können, die mit subtraktiver Bearbeitung allein nicht herstellbar wären. Die subtraktive Bearbeitung wird dann eingesetzt, um die hohe Maßgenauigkeit und die engen Toleranzen zu erreichen, die für die kritischen Merkmale der Teile erforderlich sind.“ Wie wir sehen, kombiniert die hybride Fertigung die additive und die subtraktive Fertigung, indem sie die besten Eigenschaften beider Verfahren in einer einzigen Maschine vereint. Dadurch ist die hybride Fertigung schneller und einfacher zur Herstellung von Endteilen für die anspruchsvollsten Branchen.

Mit Blick auf das Verfahren als Ganzes fügt Brian Kristaponis hinzu: „Ein Hybridverfahren kann die Menge des benötigten Ausgangsmaterials reduzieren, was wiederum die Zykluszeit für die Herstellung einer nahezu reinen Form verringern kann. Es kann interne Geometrien ermöglichen, den Bedarf an bestimmten Größen des Ausgangsmaterials reduzieren und die Gesamtkosten für Werkzeuge senken, indem es Grobbearbeitungsprozesse eliminiert.“ An diesem Punkt ist es wichtig, das richtige Verfahren zu wählen, sowohl das additive als auch das subtraktive, um das Beste aus jeder einzelnen Anwendung herauszuholen.

A. Subtraktiver Fertigungsprozess / B. Additiver Fertigungsprozess.

Wenn wir uns speziell auf den 3D-Druck konzentrieren, stellen wir fest, dass jede Technologie Schlüsseleigenschaften aufweist, die die subtraktive Fertigung vielmals ergänzen. Darauf weist auch Elena López hin, und erklärt: „Nicht alle additiven Fertigungstechnologien sind geeignet, um die Skalierbarkeit von Teilen zu verbessern oder Reparaturen auf bequeme Weise durchzuführen.“ Zu den Aspekten, die bei dieser Wahl zu berücksichtigen sind, gehören: die Auflösung oder Toleranz des additiven Verfahrens, die mit der Technologie kompatiblen Materialien und die Notwendigkeit einer spezifischen Nachbehandlung der Teile. Auf den letzten Punkt, die Nachbearbeitung, gehen wir weiter unten noch näher ein.

Hybride Fertigung: das sollte man beachten

Neben dem eigentlichen Herstellungsprozess muss auch die Bedeutung anderer Aspekte in der Produktionskette verstanden werden. Wenn es um die Hybridfertigung geht, spielen die Konstruktion im Vorhinein und die Nachbearbeitung im Nachhinein eine Schlüsselrolle. Ein detailliertes Verständnis der Funktionen beider Prozesse ermöglicht es den Unternehmen, das Beste aus der additiven und subtraktiven Fertigung herauszuholen, um optimale Endteile zu schaffen.

Die Entwurfsphase hängt in der Regel direkt von dem Fertigungsverfahren ab, mit dem das Teil hergestellt werden soll. Sowohl Elena López als auch Peter Genovese sind sich einig, dass die additive und die subtraktive Fertigung getrennt voneinander mehr Einschränkungen in Bezug auf den Entwurf aufweisen. „Nicht alle Designs können auf einer CNC-Maschine bearbeitet werden. Vor allem komplexe interne Strukturen sind vielleicht nicht der sinnvollste Ansatz“, beginnt López. Genovese fügt hinzu: „Im Allgemeinen steigt bei der CNC-Bearbeitung mit der Komplexität des Designs auch die Schwierigkeit, das Teil zu bearbeiten. Bei der additiven Technologie hingegen gibt es viele Fälle, in denen eine Zunahme der Komplexität des Teils nicht zu einer komplexeren Fertigung führt.“

Abschließend geht Kristaponis auf den Konstruktionsprozess bei der Hybridfertigung ein: „Die Komplexität der inneren Merkmale eignet sich sehr gut für ein Hybridverfahren. Bei einem Hybridverfahren können die Abscheidung und die Bearbeitung während des gesamten Prozesses wiederholt werden. Dadurch können wir Teile mit qualitativ hochwertigen, maschinell bearbeiteten inneren Merkmalen herstellen, die mit einem rein additiven Fertigungs- oder CNC-Verfahren nicht möglich wären.“ Durch die Kombination der beiden Technologien haben die Konstrukteure also eine größere Freiheit, Teile auf der Grundlage ihrer Leistung zu entwerfen, anstatt durch ein einziges Fertigungsverfahren eingeschränkt zu sein.

Die Konstruktion ist eine entscheidende Phase bei der hybriden Fertigung. (Bild: nTopology)

Nicht außer Acht zu lassen ist die Nachbearbeitungsphase. Diese Schritte sind bei den meisten Herstellungsverfahren von grundlegender Bedeutung, da sie eine bessere Oberflächenbeschaffenheit der Teile bewirken und in einigen Fällen ihre mechanischen Eigenschaften für anspruchsvollere Anwendungen verbessern. In diesem Sinne sind sich alle drei Experten einig, dass es sich um einen entscheidenden Aspekt handelt. Nachbearbeitung ist nicht erst dann ein Thema, wenn der Rohling fertig ist, sondern schon vorher. Bereits bei der Konstruktion des Modells muss die Art der Nachbehandlung berücksichtigt werden, da die Form des Teils variieren kann. Lopez erklärt: „Die zu erwartende Oberflächenbeschaffenheit kann je nach den verwendeten Hybridverfahren von der eines einfachen 3D-Druckverfahrens abweichen. Wenn subtraktive Technologien eingesetzt werden, muss die Menge des abzutragenden Materials bei der Konstruktion und den Bearbeitungsschritten berücksichtigt werden.“

Genovese stimmt in diesem Punkt zu, erwähnt aber auch die Toleranzen der Teile. „Oft werden Formen gedruckt, die nicht bearbeitet werden können. Wenn Sie das Teil anschließend bearbeiten müssen, um kritische Toleranzen zu erreichen, sollten Sie sicherstellen, dass Sie nach dem Drucken des Teils mit den herkömmlichen subtraktiven Verfahren auf diese Stellen zugreifen können“, erklärt Peter Genovese. Brian Kristaponis setzt bezüglich Nachbearbeitung nach: „Im Idealfall möchte man eine annähernde Nettoform mit gleichmäßigen Materialmengen in allen Richtungen erzeugen. Das macht den Bearbeitungsprozess vorhersehbarer und verkürzt die Bearbeitungszeit, da die Vorbearbeitungsschritte reduziert oder weggelassen werden können.“ Dieser letzte Punkt ist interessant, weil es sonst zu gewissen Problemen kommt. Wenn das Teil unterdimensioniert ist, ist es nicht immer möglich, es wieder in den Maßstab einzurichten, was dazu führt, dass das Teil außerhalb der Toleranz liegt.

Bei der Hybridfertigung wird die gewünschte Oberflächenbeschaffenheit durch Nachbearbeitung erreicht. Bei Metalltechnologien geschieht dies durch Techniken wie die CNC-Bearbeitung.

Ratschläge unserer Experten: So gelingt die Verbindung von additiver und subraktiver Fertigung

Peter Genovese: Wenden Sie sich an jemanden, der diesen Weg bereits beschritten hat und Sie auf Ihrem eigenen Weg begleiten kann. Die Welt der additiven Fertigung und der CNC-Bearbeitung ist unglaublich umfangreich. Allein zu wissen, welche Möglichkeiten es gibt, geschweige denn, wie man diese Möglichkeiten zusammen nutzen kann, ist eine sehr schwierige Aufgabe. Die Suche nach Beratern oder Unternehmen in ähnlichen Branchen wie der Ihren, die bereits erfolgreich mit hybrider Fertigung gearbeitet haben, ist eine hervorragende Ressource, die Ihnen hilft, alle Optionen durchzugehen.

Elena López: Man muss den geplanten Anwendungsfall sorgfältig analysieren und beurteilen, was am wichtigsten ist. Das Hinzufügen von CNC-Bearbeitungstechnologien erfordert die Einstellung oder Ausbildung eines Experten für diese Technologie. Die hybride Fertigungslösung ist vielleicht nicht die kostengünstigste, aber sie kann die Flexibilität für zukünftige Anwendungen erhöhen.

Brian Kristaponis: Bei Hybridmaschinen, die CNC-Maschinen als Bewegungssteuerungssystem verwenden, benötigen Sie eine CAM-Softwarelösung, die beide Technologien gleichermaßen unterstützt. Je mehr Maschinen auf den Markt kommen, desto mehr Ressourcen werden die Softwareunternehmen darauf verwenden, die Programmierung dieser Maschinen zu vereinfachen und zu beschleunigen und eine nahtlose Integration zwischen additiver und subtraktiver Fertigung zu erreichen.

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*Bildnachweise: Cenit

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