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2024 klingt nach 3D-Druck: 3D-gedruckte Rieger-Orgel bringt Konzerthaus in Helsinki zum Klingen

Am 2. Januar 2024 von Astrid Z. veröffentlicht
3D-gedruckte Orgel

Jedes Jahr am 1. Januar läuten Konzerte rund um den Globus schwungvoll und musikalisch das neue Jahr ein. Das traditionelle Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker etwa lockt jährlich Millionen von Menschen vor den Fernseher, die sich das Traditions-Konzert im Wiener Musikverein nicht entgehen lassen wollen. Aber auch andere Kulturstätten und Hauptstädte lassen mit ihren musikalischen Darbietungen zum Jahresauftakt aufhorchen. Im Musiikkitalo, dem Konzerthaus in Helsinki feierte eine 3D-gedruckte Orgel des österreichischen Orgelbauern Rieger gestern Premiere und stimmte auf das Jahr 2024 ein. Bei der Orgel-Einweihung saß der französische Organist Olivier Latry am Pult, in den folgenden Konzerten wird die 3D-gedruckte Rieger-Orgel von weiteren international renommierten Organisten gespielt.

Die 3D-gedruckte Rieger-Orgel ist die größte Orgel Finnlands und ganz Skandinaviens und zählt zu den größten Orgelwerken weltweit. Sie verbindet Elemente des traditionellen Orgelbaus mit moderner 3D-Drucktechnologie und weist insgesamt über 260 m an 3D-gedruckten Klangrohren auf. Diese Klangrohre und Windleitungen bestehen aus recycelbarem 3D-Biokomposit, einem holzbasierten Material für besonderen Klang. Aber auch optisch beeindruckt die Rieger-Orgel, denn vor dem Orgelgehäuse sind die klingenden Pfeifen und Windkanäle in eine moderne Skulptur verflochten. Auf klanglicher Ebene deckt die Orgel ein breites Spektrum ab. Da es sich um eine Hybridorgel handelt, folgt sie weder geographischen noch musikkhistorischen Klangidealen und lässt ein vielfältiges Repertoire zu. So bietet sie diverse Features für Klangmöglichkeiten und Spieltechnik. Der bewegliche Resonanzboden etwa macht die Orgel zu einem Supersynthesizer, der den Klang steuert. Das ist vor allem für Organisten interessant, die sich auf modernere Stücke spezialisieren. Bereits gestern kamen die Zuhörer in den Genuss der verschiedenen Klänge, denn das Programm reichte von Johann Sebastian Bach über die Romantik bis in das 20. Jahrhundert.

Jan Lehtola am Pult der beeindruckenden 3D-gedruckten Orgel (Bild: JUHANI NIIRANEN / HS).

Eines unserer Ziele im gesamten Projekt war, dass der Klang der Orgel den Zuhörer umgibt und auf die Haut kommt“, sagt der finnische Organist Jan Lehtola, der bereits zu Beginn in das Projekt einbezogen war. Mit dem erwähnten Ziel waren aber auch einige Herausforderungen verbunden. Zum einen haben sich Orgeln in Konzerthäusern nicht immer bewährt, da die Akustik in Konzertsälen im Vergleich zu Kirchen viel sensibler ist. Hinzukommt, dass Orgeln Platz zum Wirken brauchen, damit sich ihr Klang voll entfalten kann. Wenn eine Orgel etwa mit dem Rücken zur Wand steht, führt das zu Einbußen im Klang und das resultiert in einem nicht zufriedenstellenden Klangerlebnis. Zum anderen kamen neben den klanglichen Herausforderungen auch finanzielle Hürden hinzu. Obwohl das 2011 fertiggestellte Musiikkitalo von Anfang ein eine Konzertorgel vorsah, konnte das Orgel-Projekt aus wirtschaftlichen Gründen erst 2015 Form annehmen.

Von der Projekt-Idee zur 3D-gedruckten Orgel

Bis zur Fertigstellung legte das Instrument sowohl zeitlich als auch geographisch eine weite Strecke zurück. Bei der 3D-gedruckten Rieger-Orgel handelt es sich nämlich um ein internationales Projekt, in das von Anfang an ein Expertengremium aus Organisten einbezogen war. Die endgültige Orgel mit ihren 124 Teilen entstand aus einer finnischen, spanischen und österreichischen Zusammenarbeit. UPM aus Finnland lieferte das verwendete Biokomposit-Material, das in Burgos, Spanien, in Form gedruckt wurde. Die 3D-gedruckten Rohre kamen dann nach Vorarlberg zum Orgelbauer Rieger, der mit dem Bau der Orgel betraut wurde. Rieger erhielt bereits Aufträge aus der ganzen Welt, so stammen die hängende Orgel in Regensburg, die größte Domorgel der Welt im Passauer Stephansdom und auch die Orgel in der Grabeskirche in Jerusalem aus dem Hause Rieger. Nach Handfertigung der Orgel wurden die Teile nach Helsinki verschifft und im Konzertsaal wieder zusammengesetzt. Jede Pfeife wurde vor Ort angepasst und so ist es kaum verwunderlich, dass der Aufbau einer Orgel mehrere Wochen bis Monate in Anspruch nimmt. Ende 2023 war das Projekt abgeschlossen und die 3D-gedruckte Rieger-Orgel konnte gestern gebührend offiziell eingeweiht werden.

3D-gedruckte Orgelpfeife

Die imposanten 3D-gedruckten Orgelpfeifen (Bild: Musiikkitalo).

„Die Orgel klingt prächtig. Es ist wunderbar, den Konzertsaal für die Öffentlichkeit zu öffnen und sowohl die Musik als auch das visuelle Erlebnis unserer neuen Orgel und der Künstler ab Januar zu genießen,“ sagte etwa Kaisa Näreranta, Geschäftsführerin der Helsinki Music Centre Foundation und Projektmanagerin des Orgel-Projekts. Mit am Klang beteiligt ist auch das Herstellungsverfahren, beziehungsweise das Material. Das verwendete holzbasierte Biokomposit weist akustische Qualitäten auf und ist für den großformatigen 3D-Druck bestens geeignet, da es zu wenig Schrumpfung führt und schnell abkühlt. Außerdem wurde beim Orgel-Projekt ein nachhaltiger Ansatz verfolgt. So ist das Material zu 100 % recycelbar und auch der 3D-Druck gilt als nachhaltige Herstellungsmethode. Die Entscheidung für die additive Fertigung der Orgel hatte aber auch noch andere Gründe. 3D-Druck ist zuverlässig, flexibel und kosteneffizient. Vor allem zuletzt Genanntes spielte eine wichtige Rolle, denn die Ausgaben für das Orgel-Projekt beliefen sich auf mehr als 4 Mio. Euro, davon rund 3,17 Mio. auf die Herstellung des Instruments allein.

Um das Projekt zu propagieren und weitere Orgelkonzerte zu produzieren, startete die Helsinki Music Centre Foundation eine Namenskampagne für die Orgelpfeifen. Daran beteiligte sich auch der Materialhersteller UPM durch sein Biofore Share and Care Programm und hebt seine Unterstützung für Kunst hervor: „Wir haben bei UPM eine lange Tradition in der Unterstützung der Künste und wollten an der Spendenkampagne des Helsinki Music Centre teilnehmen. Wir haben alle fantastischen Fassadenrohre der Orgel benannt, sagte Hanna Maula, Vice President für Kommunikation bei UPM dazu. Mehr zur 3D-gedruckten Rieger-Orgel des Musiikkitalo finden Sie HIER.

Die 3D-gedruckte Rieger-Orgel ist das größte Orgelwerk Skandinaviens (Bild: Musiikkitalo).

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*Titelbildnachweis: Musiikkitalo

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