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Forscher entwickeln 3D-gedruckte Bio-Bypässe aus körpereigenen, lebenden Zellen

Am 7. April 2021 von Isabell I. veröffentlicht
3D-gedruckte Bio-Bypässe

Jedes Jahr am 7. April findet der Weltgesundheitstag statt. Mit diesem Tag möchte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mehr Bewusstsein für Gesundheitsprobleme schaffen, wobei jährlich ein neues Thema im Mittelpunkt steht. Anlässlich dieses besonderen Tages möchten auch wir einen Artikel der Medizin widmen. Dass die additive Fertigung im Gesundheitssektor eine immer wichtiger werdende Rolle spielt, erkennt man an den vielen Neuigkeiten, die es vor allem im letzten Jahr aufgrund der plötzlichen Krise gab. So fand der 3D-Druck zum Beispiel Anwendung beim Mangel an Beatmungsgeräten oder bei der Herstellung von Tupfern für COVID-19 Tests. Aber auch beim Bioprinting gibt es ständig neue Durchbrüche, wie z. B. die Bio-3D-gedruckten Pflaster, die von japanischen Forschern zur Krebstherapie entwickelt wurden, oder die 3D-gedruckten Lungengerüste von 3D Systems. Diese Woche hingegen wurde das erste Mal von 3D-gedruckten Bio-Bypässen berichtet, die wir Ihnen heute genauer vorstellen möchten. Wer hinter dieser Innovation steckt und wie es zu diesem Fortschritt kam, erfahren Sie im Artikel. 

Tatsächlich ist es einem Forschungsteam aus Kiel gelungen, Bio-Bypässe aus körpereigenen, lebenden Zellen in 3D zu drucken. Bypässe sind kurz gesagt operativ angelegte Umgehungen verengter Blutgefäße. Diese bestehen in der Regel aus körpereigenen Venen oder Arterien (manchmal auch aus Kunstgewebe) und werden vor allem am Herzen angelegt, was eine Bypass-Operation mit jährlich über 50.000 Eingriffen zu einer der häufigsten Herzoperationen in Deutschland macht. Verengte Blutgefäße schränken die Durchblutung ein und können deshalb zu Schmerzen, Atemnot und im schlimmsten Fall, wenn viele Blutgefäße gleichzeitig betroffen sind, auch zum Herzinfarkt führen. Die Wichtigkeit der Bypässe kann also nicht bestritten werden. Genau aus diesem Grund hat es sich das drei-köpfige Forscherteam, bestehend aus Dr. Rouven Berndt, Dr. Julian Pfarr und Dr. René Rusch, zur Aufgabe gemacht, in diesem Bereich neue Optionen zu schaffen. 

Bypässe sind Lösungen für verengte Blutgefäße (Bildnachweis: Kardionet)

Wer nicht gerade als Arzt tätig ist, sieht bei diesen Bypass-Operationen auf den ersten Blick wahrscheinlich keine Probleme und hält neue Optionen für unnötig. Versetzen Sie sich nun jedoch in folgende Situation: Was würde passieren, wenn ein Mensch keine körpereigenen Venen hat, aus denen ein Bypass erstellt werden könnte? Dr. Rouven Berndt bestätigt das Szenario: „Studien zeigen im Moment, dass es in allein in Deutschland knapp 40.000 Menschen pro Jahr sind, bei denen wir wissen, dass sie kein ausreichendes Venen-Material, zum Beispiel für eine Herz-Operation, haben.“ In diesen Fällen muss dann auf ein Kunstgewebe zurückgegriffen werden, von dem sich der Doktor alles andere als überzeugt zeigt. Deshalb wollten die Forscher eine Alternative finden, sodass künftig bessere Lösungen in diesem Bereich verfügbar sind. 

3D-gedruckte Bio-Bypässe könnten die Lösung sein

Um ihr Projekt bestmöglich umzusetzen, haben die drei Forscher einen eigenen 3D-Drucker und eigene Bio-Tinte, mit der die Gefäße gedruckt werden, entwickelt. Diese Bio-Tinte besteht aus körpereigenem Gewebe, Braunalge und sogenannten Endothelzellen, die im Körper die Innenseiten der Blutgefäße auskleiden. Dr. Julian Pfarr fügt hinzu: „Nach dem Druck werden die Gefäße dann noch zwei bis drei Wochen in einem Bioreaktor kultiviert, um mehr lebende Zellen zu generieren.

Prinzipiell läuft das 3D-Drucken mit lebenden Organismen nicht anders ab, als wir es in der Fertigungsindustrie kennen. Nichtsdestotrotz stellt es eine Herausforderung dar: Zellen und Gewebe reagieren nämlich unterschiedlich auf Druckverhältnisse, auf die Temperatur und auch auf die Stresssituationen, die der 3D-Drucker erzeugt. Diese Barriere konnten die Forscher bei Seite schaffen und so ein Konstrukt für ein einfaches Gefäß von 30 bis 40 cm Länge drucken. Da mit komplett natürlichem Material gearbeitet wird, erhoffen sich die Forscher, dass die dadurch entstehende Bypässe langlebiger sind und weniger Probleme bereiten, weil sie für den Körper kein Fremdmaterial sind.

3D-gedruckte Bio-Bypässe

Julian Pfarr, Dr. Rouven Berndt und Dr. René Rusch (von links) entwickeln den 3D-gedruckten Bio-Bypass (Bildnachweis: NDR)

Derzeit werden am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) verschiedene Tests mit den Gefäßen, die einem dünnen Plastikschlauch ähneln, durchgeführt. Um das Projekt erfolgreich umzusetzen und, um die Bypässe auf langfristige Sicht einsetzen zu können, muss alles dokumentiert werden. Einen großen Motivationsschub haben die Ärzte bereits in Form eines Forschungspreises in Höhe von 60.000 € erhalten, was das Vertrauen der Deutschen Stiftung für Herzforschung in dieses Projekt verdeutlicht. Dr. Rouven Berndt zeigt sich bezüglich der Zukunft ihres Projekts optimistisch: „Wir haben den Beweis […], dass diese Materialien und das Prinzip funktioniert. Wir können ein lebendes Gefäß aus körpereigenen Materialien darstellen und jetzt geht es an den Feinschliff. Wir müssen die biomechanische Eigenschaften besser verstehen.

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*Titelbildnachweis: gesundheit.de

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