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3D-gedruckte Applikationen zur Behandlung von Brustkrebs

Am 14. Oktober 2021 von Regina P. veröffentlicht

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde in den letzten fünf Jahren bis Ende 2020 bei 7,8 Millionen Frauen Brustkrebs diagnostiziert, was diesen zur weltweit häufigsten Krebsart und zu einer der häufigsten Todesursachen bei Frauen macht. Es gibt aber auch Männer die an der selben Krebsart erkranken: laut CDC ist 1 von 100 Brustkrebspatientinnen männlich. Diese Zahl verdeutlich jedoch, dass Brustkrebs eher eine Frauenkrankheit ist. 40 % der Patientinnen wird angeraten zur Heilung eine Mastektomie, also die teilweise oder vollständige Entfernung der Brust durchführen zu lassen. Allerdings entscheiden sich nach dieser nur etwa 20 % der Frauen für die Brustrekonstruktion (Wiederherstellung der Brüste nach der Entfernung), obwohl die Rekonstruktion den Patientinnen häufig empfohlen wird. Mit dem Brustkrebsmonat Oktober soll das Bewusstsein für die Krankheit erhöht werden, um aktuelle, ehemalige und zukünftige Brustkrebspatientinnen mit der öffentlichen Aufmerksamkeit zu unterstützen. Aus diesem Grund wollen wir heute einen Blick auf die verschiedenen Möglichkeiten werfen, die der 3D-Druck im Kampf gegen die Krankheit ermöglicht. Dazu zählen beispielsweise Applikationen zur Rekonstruktion. In unserer Auswahl stellen wir Ihnen aktuelle Projekte, in keiner bestimmten Reihenfolge, vor!

Das MD-Anderson-Krebszentrum der Universität von Texas arbeitet mit Tumornachbildungen

Das MD Anderson Cancer Center der University of Texas nutzt den 3D-Druck auf kreative Weise. Wenn Patienten über einen Tumor informiert werden, kann es für diese zunächst schwierig sein, sich vorzustellen, wie diese aussehen, da Mammographie-Bilder nur eine zweidimensionale Ansicht bieten. Das kann wiederum dazu führen, dass Patientinnen zweifeln, welche Behandlung die richtige für sie ist. MD Anderson hat mit 3D-gedruckten Nachbildungen der Brüste und der darin waschsenden Tumore eine Lösung für das Problem gefunden. Mit Hilfe des 3D-Drucks haben die Radiologen Elsa Arribas und Lumarie Santiago begonnen, personalisierte 3D-gedruckte Brustmodelle herzustellen, welche auch die Tumore darstellen. Dies hilft sowohl den Ärzten als auch den Patientinnen des Zentrums die Behandlungsoptionen besser zu verstehen. Die Modelle dienen auch als 3D-Leitfaden während der Operation, was zu effizienteren Operationen mit weniger Komplikationen führt.

Bild: MD Anderson

3D-gedruckte TPU-‚Antennen‘ für die Brustkrebsbehandlung

Die Hypertämie ist eine Form der Krebsbehandlung, bei der Körpergewebe auf eine hohe Temperatur erhitzt wird, um Krebszellen abzutöten, während das normale Gewebe erhalten bleibt. Insbesondere die Mikrowellen-Brusthypertämie stellt eine Art dieser Krebsbehandlung dar, bei welcher die Temperatur der Brust durch elektromagnetische (EM) Strahlung erhöht wird. Diese spezielle Behandlung kann eine Herausforderung darstellen, da sie oft mit sperrigen, starren Systemen durchgeführt wird und für die Patientin unangenehm sind. Yusuku Makai, Sizian Li und Minyoung Suh haben eventuell einen Weg gefunden, die Behandlung mithilfe des 3D-Drucks zu verbessern. In ihrer Studie „3D-printed thermoplastic polyurethane for wearable breast hyperthermia“ (3D-gedrucktes thermoplastisches Polyurethan für tragbare Brusthyperthermie) gehen die Forscher davon aus, dass anstelle der herkömmlichen Systeme 3D-gedruckte Antennen besser geeignet wären. Sie konnten im Rahmen der Forschung herausfinden, dass die 3D-gedruckten Antennen nicht nur mehr Komfort für die Patientinnen bieten können, sondern auch das Expositionsniveau anpassbar sein würde. Momentan existieren jedoch auch noch Einschränkungen, die zuerst beseitigt werden müssen.

Fraunhofer IPT and BellaSeno – Brustimplantat mit Eigengewebe

Gemeinsam mit dem Leipziger Unternehmen BellaSeno arbeitet das Fraunhofer IPT an der Entwicklung einer automatisierten Produktionsanlage, welche zukünftig Brustimplantate aus Eigengewebe mit einer Polymerstruktur herstellen soll. Die Unternehmen kombinieren in dem Projekt ihre Expertise rund um die Anwendung des 3D-Drucks sowie  Kenntnisse im Bereich Mechanik, Elektronik, Messtechnik und Software.  Vielen Frauen soll die neue Methode Hoffnung geben – denn herkömmliche Implantate rufen häufig eine Abwehrreaktion des Körpers hervor und stellen somit ein zusätzliches gesundheitliches Risiko für Patientinnen dar. Bei den von BellaSeno 3D-gedruckten Polycaprolacton-Implantaten soll das implantierte Material innerhalb von zwei Jahren vollständig vom Körper abgebaut werden und die Brust wieder aus körpereigenen Zellen bestehen. Dank der Produktionsanlage soll die Herstellung der Implantate zudem effizienter und kostengünstiger gestaltet werden können, was mehreren Frauen eine OP ermöglichen soll. Bis die Implantate zugelassen werden wird es jedoch noch einige Jahre dauern. Die beiden Unternehmen rechnen damit, dass innerhalb der nächsten Jahre ein erster industrieller Prototyp der Anlage steht.

Bild: Fraunhofer IPT

Asan Medical Center – 3D-gedruckte Brustschablone

Dank 3D-gedruckten Brustschablonen können sich Ärzte nun besser auf einen Eingriff zur Tumorentfernung vorbereiten. Hinter dem Projekt steht ein Forschunsteam des Asan Medical Center unter der Leitung von Professor Ahn Sei-hyun, Associate Professor Ko Beom-seok und Assistenzprofessor Kim Nam-kug. Mit Hilfe der Schablone könne die Brust der Patientinnen im 3D-Druck nachgebildet werden und für die OP von den Ärzten genutzt werden. Das ganze funktioniert so: Es werden zunächst die Brust und der Tumor modelliert. Anschließend wird die Form des Tumors vertikal auf der Oberfläche projiziert und das Modell der Brust mit einem 3D-Drucker gedruckt. Nachdem die Patientin am Operationstag in Narkose gelegt wurde, wird Brustschablone 3D-Brustführung über die Brust mit dem Tumor gelegt, wodurch die Operationsstelle genau markiert werden kann. Associate Professor Ko Beom-seok erklärt dazu folgendes: „Die Brustkrebschirurgie unter Anwendung der 3D-Brustschablone sichert den exakten chirurgischen Resektionsrand, wodurch die Brust so weit wie möglich erhalten bleibt, da die Reoperations- und Rezidivraten reduziert werden und insgesamt ein verbessertes kosmetisches Ergebnis erzielt werden kann.“

Bild: Asan Medical Center

Plcoskin – 3D-gedruckte Brustimplantate mit PCL

Unterstützt von der Europäischen Kommission und “Eureka”, einem europäischen F&E-Netzwerk, sollen in den nächsten Jahren neue Brustimplantate mit Hilfe des 3D-Drucks entwickelt werden. Geleitet wird das Projekt vom koreanischen Biotech-Startup Plcoskin. Auch die Yonsei-Universität und der niederländische Hersteller von Medizinprodukten LipoCoat sollen mit ihrer Expertise and der Produktentwicklung arbeiten. Ziel ist es gemeinsam  ein biologisch abbaubares Brustimplantat auf PCL-Basis zu entwickeln. Die Implantate sollen folglich mit PCL 3D-gedruckt werden und zuvor mit einer patentierten Biobeschichtungstechnologie von LipoCoat mit PCL-Kollagen und Lipidfilmen beschichtet werden. Durch diese Methode soll die Infektionsrate bei Implantaten verringert werden und für die Patientinnen weniger Beschwerden nach der Operation auftreten. Das Projekt wird in den nächsten Jahren mit 1,7 Millionen US-Dollar subventioniert. 

Pflanzliches rekombinantes menschliches Kollagen (rhCollagen) von Collplants

Da viele traditionelle Brustrekonstruktionsverfahren auf die beschränkte Verfügbarkeit von menschlichen Kadavern oder tierischem Gewebe angewiesen sind, will CollPlants einen innovativen 3D-Bioprinting-Ansatz ermöglichen, um mehr Patientinnen den Zugang zu Rekonstruktionen zu eröffnen. Anfang des Jahres haben CollPlants und 3D Systems eine Partnerschaft zur gemeinsamen Entwicklung einer 3D-biologisch gedruckten Weichgewebematrix abgeschlossen, in welcher die Zellinfiltration und -proliferation durch die Verwendung von Bioink-Formulierungen auf der Basis von rhCollagen fördern soll. Diese Geweberegeneration minimiert das Risiko einer unerwünschten Immunreaktion. Da das rhCollagen pflanzlichen Ursprungs ist, bietet es auch eine höhere Sicherheit und erfüllt die mechanischen Anforderungen für Implantate.

Bild: 3D Systems

3D-gedruckte Implantat-Brustprothese mit Medikamentfüllung

Ein Team von Wissenschaftlern aus mehreren medizinischen Einrichtungen in China hat sich zusammengeschlossen, um eine Studie zur lokalisierten Chemotherapie bei Brustkrebs durchzuführen. Die herkömmliche Chemotherapie wird in hohen Dosen verabreicht, was zu toxischen Nebenwirkungen wie Haarausfall, Anämie und Übelkeit führt. Mithilfe der 3D-Drucktechnologie entwickelte das Forscherteam eine Prothese, die die Medikamente Paclitaxel (PTX) und Doxorubicin (DOX) enthält, um das Wiederauftreten von bösartigen Tumoren und Metastasen nach Operationen bei Brustkrebs zu verhindern. Die Medikamentenfreisetzung zeigt, dass die 3D-gedruckte Prothese, die PTX- und DOX-Mikrokügelchen enthält, in der Lage war, die Medikamente kontinuierlich über drei Wochen lang freizusetzen, wobei eine Schwelle für das Wiederauftreten von Krebs unterdrückt wurde und die Nebenwirkungen erheblich reduziert wurden. Die Studie wurde bisher zwar nur an Mäusen durchgeführt, lieferte aber bereits vielversprechende Ergebnisse für die künftige Entwicklung von Brustkrebsbehandlungen beim Menschen.

Isolierung von aggressiven Krebszellen

Einer Forschungsgruppe der Universität Girona ist es gelungen, mit Hilfe des 3D-Drucks die Zellen zu isolieren, die bei Frauen Brustkrebs verursachen. Konkret wurden winzige 3D-Matrizen, so genannte Scaffolds, hergestellt, die den Geweben und Fasern des menschlichen Körpers nachempfunden werden. Mit Hilfe der Software BCN3D Cura und dem Sigma 3D-Drucker des Herstellers aus Barcelona wurden verschiedene Parameter getestet, um optimierte Modelle für die Forschung zu erstellen. Es wurden 10 Kopien von jeder Konfiguration angefertigt, um zu sehen, welche Geometrie die Stammzellen, die für Rückfälle verantwortlich sind, am besten abtrennt. Durch die Isolierung der Stammzellen dieses Krebstyps können die Forscher sie besser untersuchen, um die für die Tumoren verantwortlichen Biomarker zu finden und sie mit Medikamenten zu bekämpfen.

Die Matisse-Bioprothese von Lattice Medical

Seit der Gründung im Jahr 2017 hat das Startup Lattice Medical aus Lille in Frankreich rund 2,3 Millionen Euro erhalten. Mittel, die es dem Unternehmen ermöglicht haben, eine Applikation zur Brustrekonstruktion zu entwickeln. Das Unternehmen hat eine Bioprothese namens MATTISSE entwickelt, die eine Alternative zu den Silikonprothesen darstellt die alle 10 Jahre operiert werden müssen. Die MATTISSE-Bioprothese besteht aus einem resorbierbaren Material und wird dank 3D-Druck perfekt an die Morphologie des Patienten angepasst. Und da sie im Gegensatz zu Silikonprothesen resorbierbar ist, ist nur ein einziger Eingriff erforderlich. Für das Design der Bioprothesen hat sich das junge Unternehmen von den Eigenschaften der Calais-Spitze inspirieren lassen und nutzt eine 3D-gedruckte Kuppel, die als Führung für das Zellwachstum dient. Und dies ist einer der Hauptvorteile von MATTISSE – sie ermöglicht eine natürliche Rekonstruktion, da das eigene Fettgewebe der Patientin regeneriert wird. Zur Herstellung der Prothesen nutzt Lattice Medical die FDM-Technologie.

Bild: Lattice Medical

Healshape

Healshape ist ein biomedizinisches Startup-Unternehmen das im Januar 2020 in Lyon gegründet wurde. Das Unternehmen hat sich auf die Brustrekonstruktion und -vergrößerung mittels Bio-Printing spezialisiert. Es wird eine vollständig personalisierte Bioprothese angeboten, die mit einer Tinte biologisch gedruckt wird und die Regeneration des Gewebes der Frau fördert. Die Prothese ist resorbierbar und aus natürlichen biomimetischen Materialien hergestellt. Nach der Implantation kann der Arzt die eigenen Zellen des Patienten durch Lipofilling injizieren. Es ist also auch hier nur ein einziger Eingriff erforderlich. Die Zellen nehmen die Form der Bioprothese an und sind in der Lage, das Brustgewebe zu rekonstruieren. Nach einigen Monaten beginnt Prothese dann sich selbst zu resorbieren, so dass am Ende nur die körpereigenen Zellen der Patientinnen übrig bleiben.

myReflection

Das neuseeländische Unternehmen myReflection nutzt 3D-Scans, zur Entwicklung von maßgeschneiderten Brustprothesen. Das Prinzip ist dabei recht einfach: Jede Patientin hat die Möglichkeit in einem der Zentren der Marke zu gehen und vor Ort einen 3D-Scan der Brust von einem Mitarbeiter erstellen zu lassen. Nach der Optimierung des erstellten 3D-Modells drucken die Teams einen Prototyp aus PLA, um die Form, Passform und Größe der Prothese zu überprüfen. Wenn der Prototyp von der Patientin validiert wurde, kann mit der Herstellung der Prothese begonnen werden (diese wird nicht in 3D gedruckt). Derzeit gibt es die myReflection Brustprothesen nur in Neuseeland; Die Herstellung kostet rund 613 neuseeländische Dollar (etwa 370 Euro) und umfasst Kosten für die Scan- und Testphase von 3 Prothesen.

Bild: myReflection

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Kommentare

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  1. Interessant, dass es mittlerweile 3D-gedruckte Applikationen für die Brustkrebsbehandlung gibt. Ich kann mir vorstellen, dass es schwer nachvollziehbar für Patienten ist, sich das vorzustellen. Immerhin weist die Mammographie Untersuchung nur zweidimensionale Bilder auf. Ich würde gerne mal wissen, wie das mit dem 3D-Drucker aussieht.

  2. Vielen Dank für den Artikel! Es ist sehr interessant, dass man versucht Brustimplantate aus Eigengewebe herzustellen. Meine Mutter hatte vor kurzem eine Implantat OP und ihr Körper hatte Probleme, das Implantat anzunehmen. Wäre es aus Eigengewebe gewesen, hätte es bestimmt weniger Probleme gegeben.

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