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Wie wird der 3D-Druck in der humanitären Hilfe eingesetzt?

Am 26. Mai 2023 von Leonie M. veröffentlicht

Humanitäre Hilfe wird von der Europäischen Kommission definiert als „lebensrettende Hilfe für Menschen in Not, ohne nachteilige Unterscheidung“. Diese Hilfe wird jenseits der Grenzen von Politik, Religion und Militär geleistet, um denjenigen zu helfen, die unter Naturkatastrophen, Krieg und anderen Umständen leiden. Doch aufgrund des Chaos, das unter diesen Umständen oft herrscht, kann es schwierig sein, alle Bedürftigen zu versorgen. Hier kommt der 3D-Druck ins Spiel. Die Technologien werden zunehmend eingesetzt, um Menschen in Konfliktgebieten oder in Gebieten, die durch Umweltphänomene wie Wirbelstürme, Erdbeben und Tsunamis verwüstet wurden, schneller helfen zu können. In dieser Auflistung haben wir uns einige der Projekte näher angesehen, bei denen die additive Fertigung für humanitäre Hilfe eingesetzt wird. Vom Bau von Häusern und Schulen bis hin zu wichtiger medizinischer Hilfe – sehen Sie hier einige der spannenden Projekte in diesem Bereich.

Hilfe für Haiti – Field Ready druckt Krankenhausmaterialien 

Field Ready ist eine gemeinnützige Wohltätigkeitsorganisation aus den Vereinigten Staaten Amerikas mit dem Ziel Menschen aus Katastrophen- und Konfliktgebieten zu helfen. Dabei haben sie zahlreiche Projekte gestartet, um die betroffenen Menschen weltweit aus Armut und Leid zu befreien. Das Haiti-Programm der Organisation ist eines davon. Nachdem Haiti im Jahr 2010 ein schweres Erdbeben erlitt, stand das Land vor der großen Herausforderung des Wiederaufbaus. Field Ready setzte bei diesem Projekt die 3D-Drucktechnologie für die Herstellung medizinischer Instrumente ein. So wurden zahlreiche Nabelschnurklemmen, Sauerstoffsplitter, Haken für Infusionsbeutel und Prothesen entwickelt sowie andere im Krankenhaus benötigte Materialien wie Eimer. Zusätzlich hat das Team von Field Ready Schulungen zu den Grundlagen von CAD und 3D-Druck gehalten und den betroffenen Einwohnern Haitis damit eine Möglichkeit für die Sicherung eines Lebensunterhalts und einen Ausweg aus der Abhängigkeit geboten. 

Thinking Huts ermöglicht 3D-gedruckte Schule in Madagaskar

Thinking Huts wurde 2015 von Maggie Grout gegründet, die es sich zum Ziel gemacht hat, bedürftigen Menschen Zugang zu Bildung zu verschaffen. Das erste Projekt des Unternehmens mit dem Namen „Bougainvillea“ nahm sieben Jahre in Anspruch und bestand darin, die erste 3D-gedruckte Schule auf eine ökologischere und nachhaltigere Weise zu bauen. Darüber hinaus ermöglicht der 3D-Druck die Reduzierung von Bauabfall und -zeit. Was den Standort des Projekts betrifft, so entschied sich das Unternehmen für Fianarantsoa, das im südlichen Zentrum von Madagaskar liegt. Auf der ostafrikanischen Insel fehlt es stark an Schulen, sodass einem Bericht der UNESCO zufolge, 97% der madagassischen Kinder im Alter von 10 Jahren noch nicht einmal einen einzigen Satz lesen können. Madagaskar gehört also zu den Ländern mit den größten Bildungsnachteilen weltweit. Angesichts der Überfüllung der Schulen und der großen Entfernungen, die das Hauptproblem darstellen, wird die Zahl der benötigten Schulen auf madagassischem Boden auf etwa 22 000 geschätzt.

(Bild: Thinking Huts)

3D-gedruckte Tourniquets von Glia

Inmitten der aktuellen Krise in der Ukraine, die durch die russische Invasion ausgelöst wurde, ruft das kanadische Unternehmen Glia medizinische Fachkräfte mit Zugang zu 3D-Druckern auf, ihre 3D-gedruckte Vorlage für Tourniquets herunterzuladen und zu spenden. Tourniquets (oder Aderpressen) sind wichtige Hilfsmittel, die in Notsituationen zum Stillen von Blutungen eingesetzt werden, insbesondere in Kriegsgebieten, wo der Zugang zu medizinischer Versorgung eingeschränkt sein kann. Glia hat sich zum Ziel gesetzt, medizinische Komponenten weltweit zugänglicher zu machen und hat neben 3D-gedruckten Tourniquets auch andere klinische Geräten wie Schutzbrillen und Stethoskope hergestellt. Die mit additiver Fertigung und ABS hergestellten Aderpressen bieten eine kostengünstige Lösung im Vergleich zu konventionell hergestellten Alternativen. Glia plant, im Rahmen einer Spendenkampagne 1.500 Aderpressen herzustellen und sie an Krankenhäuser und Zivilisten in der Ukraine zu verteilen, die von schweren Verletzungen bedroht sind. Sollte der Konflikt beendet werden, bevor das Ziel erreicht ist, werden die Aderpressen in andere Kriegsgebiete geschickt. Das frei zugängliche Design ermöglicht es dem 3D-Druck, eine wichtige Rolle bei der Rettung von Leben und der Bereitstellung wichtiger medizinischer Unterstützung in Krisengebieten zu spielen.

3D-gedruckte Aderpresse (Bild: Glia)

Die erste Gemeinschaft, die durch 3D-Druck ermöglicht wurde

Ein weiteres humanitäres Projekt, das durch den 3D-Druck ermöglicht wurde, wurde von New Story in Zusammenarbeit mit ICON realisiert. New Story ist eine gemeinnützige Organisation, die sich für den Aufbau eines integrativeren Wohnungsmarktes für bedürftige Familien einsetzt. Das Team entwickelte 3D-gedruckte Häuser und profitierte maßgeblich von der Zeit- und Kosteneffizienz und der qualitativen Hochwertigkeit, die die additive Fertigung bietet. Sie konnten dadurch erschwinglichere und qualitativere Unterkünfte schaffen, wie sie der derzeitige Industriestandard nicht bieten kann. Dieses Projekt ermöglichte es ihnen, die weltweit erste Gemeinschaft aus 3D-gedruckten Häusern in Lateinamerika zu errichten und einen sicheren Zufluchtsort für Familien zu schaffen, die ohne Obdach leben. Jedes Haus wurde in etwa 24 Stunden gedruckt, wobei eine eigens entwickelte Zementmischung namens Lavacrete verwendet wurde, die aus lokalen Materialien und ohne Abfall hergestellt wird.

Unterkunft für Bedürftige (Bild: ICON)

350 Handprothesen an ukrainische Kriegsopfer gespendet

Der Krieg in der Ukraine hat große Zerstörungen in der Bevölkerung angerichtet, das Leben vieler Bürger wurde stark beeinträchtigt und sie erlitten Verletzungen wie Amputationen. So entstand ein dringender Bedarf an humanitärer Hilfe. Inmitten dieser Tragödie hat sich der 3D-Druck als Hoffnung erwiesen, das Leben der Menschen wieder zu normalisieren. Ein Forscher namens Gerwin Smit von der Technischen Universität Delft in den Niederlanden hat erschwingliche, qualitativ hochwertige, handgefertigte Prothesen entwickelt, die mit einer Hybridmethode aus 3D-Druck und Laserschneiden hergestellt werden. Dank der Großzügigkeit des indischen Sozialunternehmens Vispala und des amerikanischen Technologieunternehmens Cisco haben sie 350 dieser Prothesen an die Ukraine gespendet.

Eine Nachbarschaft für Obdachlose

In den USA, genauer gesagt in Austin, Texas, ermutigt die Organisation Mobile Loaves & Fishes die Gemeinden, einen neuen Lebensstil anzunehmen, um die Bedingungen für Obdachlose zu verbessern. Aus diesem Grund wurde die Siedlung „Community First! Village“ entwickelt. Auf einer Fläche von über 30 Hektar umfasst die Siedlung erschwingliche, dauerhafte Unterkünfte, die von dem Unternehmen ICON in 3D-Beton gedruckt wurden. Aufgenommen werden können mehr als 500 ehemals obdachlose Männer und Frauen. Die Siedlung soll 40 % der obdachlosen Bevölkerung von Austin beherbergen und umfasst unter anderem Wohnmobile, Mikrohäuser, einen Markt, einen Bio-Bauernhof und ein Gemeinschaftskino. Diese Einrichtungen waren Teil der Phase 1 des Projekts. In Phase 2 wurde die Anzahl der Häuser auf über 500 erhöht. Auch 3D-gedruckte Bürogebäude wurden in der Nachbarschaft hinzugefügt.

HIT: Grundschule in der Ukraine mit 3D-Druck erbaut

Das humanitäre Startup HIT (Humanitarian Innovative Technologies) hat sich zum Ziel gemacht, mithilfe von Technologie auf humanitäre Katastrophen zu reagieren: Auf die Flüchtlingskrise, auf Naturkatastrophen und auf zerstörte Infrastruktur. Seit Beginn des Kriegs im Februar 2022 in der Ukraine ist der Wiederaufbau ein großes Anliegen. Beinahe alle ukrainischen Industrien nutzen ihre Ressourcen und ihr Wissen derzeit, um den Krieg zu bewältigen. Unternehmen und Organisationen aus dem Ausland nutzen nun ihre Kompetenzen, um den Wiederaufbau in Gang zu setzen und Hilfe zu leisten. Eine dieser humanitären Organisationen ist HIT, das im Dezember 2022 ein Pilotprojekt zum Aufbau einer Grundschule in Lemberg (Lviv) startete. Der Fokus bei diesem Kernprojekt unter dem Namen HIVE liegt im Schaffen von nachhaltigen Räumen, der Integration von technologischen Innovationen und der modernen Planung. Mithilfe des 3D-Drucks ist es möglich, schnell, kostengünstig und nachhaltig zu bauen. Ziel des Projektes ist es einerseits, die Bildung der Kinder trotz des Krieges nicht zu vernachlässigen und andererseits, Betreuungsmöglichkeiten zu schaffen, damit die Eltern berufstätig bleiben können. So soll die Wirtschaft angekurbelt werden und der Wiederaufbau der Infrastruktur langfristig ermöglicht werden. Hinter HIT steht ein Team aus humanitären Helfern und Technologieunternehmern rund um CEO Jean-Christophe Bonis und Co-Gründer Dominique Piotet. Letzterer verfügt über langjährige Erfahrung in der Ukraine und gilt als Experte für digitale Transformation. Das Wissen dieser beiden soll HIT dabei helfen, den Wiederaufbau der Ukraine voranzutreiben. Neben dem Bau der Schule sollen künftig auch rund 10.000 Wohnhäuser mithilfe des 3D-Drucks erbaut werden. 

Im Rahmen des Projektes HIVE baute HIT diese Grundschule für rund 100 ukrainische Kinder in Lemberg. (Bild: wearehit)

Field Ready: Drucken von Rohrverbindungen vor Ort

Field Ready ist ein Zusammenschluss von Organisationen, die vor Ort materielle Hilfe für Menschen leisten, die Opfer von Naturkatastrophen geworden sind. Die Organisation hat einen dreistufigen Prozess eingeführt, der es den Mitgliedsorganisationen ermöglicht, O-Ringe an Orten herzustellen, an denen diese nicht ohne Weiteres erhältlich sind, um Rohrverbindungen zu fertigen. Die Organisation begann mit dem 3D-Druck einer Reihe von Formen für die verschiedenen O-Ring-Größen. Aus diesen Formen werden wiederum Silikonformen hergestellt, die an die Gebiete gebracht werden, an denen die Rohrverbindungen benötigt werden. Auch gießbares Polyurethan wird transportiert, sodass die Menschen die O-Ringe vor Ort selbst herstellen können. Field Ready hat außerdem in Zusammenarbeit mit einem Team des Imperial College London eine Anwendung namens MakeFit entwickelt, mit der man eine Skizze und CAD-Modelle erhält, um Formen herzustellen, indem man Parameter wie die Anzahl, Größe und das Schema der zu verbindenden Rohre angibt.

(Bild: Field Ready)

3D-Druck zur Verringerung des Krankheitsrisikos

Oxfam hat sich mit MyMiniFactory zusammengetan, um dabei zu helfen, das Risiko von Krankheiten zu verringern. Mithilfe des 3D-Drucks sollte ein Handdesinfektionsgerät hergestellt werden, um die Hygiene von syrischen Flüchtlingen zu fördern, die unter schwierigen Bedingungen im Libanon leben. Das Programm ist für alle offen, was bedeutet, dass grundsätzlich jeder Entwürfe für die Handreiniger erstellen kann. So können sich die Menschen dank 3D-Design und additiver Fertigung gefahrlos die Hände reinigen, wodurch das Risiko von Krankheiten und deren Verbreitung drastisch reduziert wird.

3D-Druck zu Verminderung des Ansteckungsrisiko (Bild: Oxfam)

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