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3D-Druck im Mikro- und Nanobereich mit Zwei-Photonen-Polymerisation (2PP)

Am 19. September 2023 von Astrid Z. veröffentlicht
2pp

Der 3D-Druck im Nano- und Mikromaßstab bietet Gestaltungsfreiheit und Effizienz und ebnet so den Weg für zahlreiche bahnbrechende neue Innovationen, vor allem in den Bereichen der Mikrooptik und Mikromechanik. Diese Errungenschaften geben ihrerseits den Anstoß für weitere Entwicklungen, sodass ein positiver Schneeballeffekt in Bezug auf technologischen Fortschritt stattfindet. Daher kam es in den letzten Jahren verstärkt zur Kommerzialisierung von Drucktechniken, mit denen diese Mikro- und Nano-Objekte hergestellt werden können. Eines der wichtigsten Verfahren in diesem Kontext ist die Zwei-Photonen-Polymerisation (2PP), die wir in diesem Leitfaden näher betrachten.

Die Zwei-Photonen-Polymerisation wird üblicherweise einfach mit 2PP abgekürzt, hergeleitet vom englischen Two photon polymerization (abgekürzt mit TPP oder 2PP). In der Fachliteratur stößt man auch häufig auf die Synonyme Zwei-Photonen-Lithographie und Laserdirektschreiben, sowie auf die Schreibweisen 2-Photonen-Polymerisation und ZweiPhoton-Polymerisation, die sich alle auf dasselbe Verfahren beziehen. 2PP ist ein Äquivalent für 3D-Druck im Mikrometerbereich und steht für eine fortschrittliche 3D-Drucktechnologie. Die Grundlagen wurden von Shoju Maruo, Osamu Nakamura und Satoshi Kawata 1997 an der Universität Osaka entwickelt. Zahlreiche Hersteller haben die Technologie für sich weiterentwickelt und häufig ihr eigenes Verfahren unter einem patentierten Namen auf den Markt gebracht.

Mikrostruktur durch Zwei-Photonen-Polymerisation

Mikrostruktur aus dem 3D-Drucker. Mithilfe der Zwei-Photonen-Polymerisation können komplexe Strukturen im Mikro- und Nanometerbereich hergestellt werden. (Bild: Fraunhofer ISC)

So funktioniert die Zwei-Photonen-Polymerisation (2PP)

Grundsätzlich beruht die Zwei-Photonen-Polymerisation auf dem Prinzip der Photopolymerisation, bei der gezielte Belichtung in Kunstharzen eine Polymerisation in Gange setzt. Diese Kettenreaktion führt zur Verknüpfung der Moleküle und deren Aushärtung, wodurch das gewünschte 3D-Objekt entsteht. Alle Photopolymerisationsverfahren funktionieren ähnlich, unterscheiden sich aber in der Vorgehensweise. Die 2PP lässt sich am ehesten mit der Stereolithographie vergleichen, bei der ein Laserstrahl oder UV-Licht flüssiges Harz dort aushärtet, wo der Lichtstrahlt auftrifft und durch die ausgehärteten Harzlinien dann ein 3D-Objekt entsteht. Der Unterschied zwischen Stereolithographie und 2PP liegt in der Interaktion mit den angeregten Photonen. Der Begriff Zwei-Photonen-Polymerisation leitet sich nämlich vom Prozess ab, wie das Material konkret polymerisiert, also verfestigt wird. Bei der Stereolithographie passiert dies durch einen ganzen Lichtstrahl, ausgehend von einem Laser oder einer UV-Lichtquelle. Bei der Zwei-Photonen-Polymerisation wird hingegen entweder eine sichtbare Strahlung in Form eines Lasers verwendet oder eine Infrarot-Strahlung.

Im Allgemeinen ist das Prinzip der 2PP dem der Stereolithographie sehr ähnlich. Das Laserlicht trifft auf die Moleküle im Harz, aktiviert sie und löst dadurch eine Reaktion aus, die zur Aushärtung des Harzes führt. Zu dieser Aktivierung kommt es aber nur, wenn ein Molekül gleichzeitig zwei Photonen des Laserstrahls absorbiert. Die Zwei-Photonen-Polymerisation basiert somit auf diesem Prozess der Anregung von lichtempfindlichen Molekülen durch die gleichzeitige Absorption von zwei Photonen. Um diesen Effekt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erzielen, muss die Intensität des Laserstrahls allerdings sehr hoch sein. Am höchsten ist die Laserintensität im zentralen Inneren des Brennpunktes, deshalb kommt es nur dort zu einer Zwei-Photonen-Absorption. Das macht sich die 2PP zunutze.

Schema Zwei Photonen Polymerisation

Die Zwei-Photonen-Polymerisation macht sich den Effekt der Zwei-Photonen-Absorption zunutze. (Bild: Fraunhofer ISC)

Das Laserlicht wird im Fokus der Strahlung, dem Voxel, so stark gebündelt, dass dort eine lokale und kontrollierte Aushärtung des lichtempfindlichen Polymers erfolgen kann, während der Rest des umliegenden Materials flüssig bleibt. Wichtig ist allerdings, dass für die erfolgreiche Anwendung der 2PP ein ultrakurz gepulster Laserstrahl im Fektosekundenbereich verwendet wird. Mithilfe eines Fektosekundlasers kann der Prozess nämlich so erfolgen, dass die Photonenedichte ausschließlich im Fokus des Laserstrahls für die simultane Absorption von zwei Photonen hoch genug ist. Normalerweise würde diese Wellenläge vom Harz nicht absorbiert werden. Allerdings führen die starke Fokussierung und die Natur der Bestrahlung zum Effekt der Zwei-Photonen-Absorption innerhalb des Fokusvolumens. Somit beschränkt sich die Aushärtung nur auf ein winziges Fokusvolumen, wodurch komplexe 3D Mikro- und Nanostrukturen hergestellt werden.

Das Harz reagiert also nur im Brennpunkt des Laserstrahls und dieser kann dann durch mehrere Schichten gelenkt werden, wobei nur die gewünschte Schicht, beziehungsweise ein konkreter Punkt ausgehärtet wird. Durch die computergesteuerte Führung können die 3D-Strukturen so Punkt für Punkt geschrieben werden, daher der Name Laserdirektschreiben. Das heißt, sowohl die starke Fokussierung des Lasers als auch dessen Intensität sind dafür entscheidend, dass die hochkomplexen 3D-Strukturen mit Durchmesser im Nanometer-Bereich ausgehärtet werden können. Nach der Belichtung wird mit Lösungsmitteln nachbearbeitet, um auf diese Weise das nicht belichtete, flüssige Harz zu entfernen. Die mit 2PP gedruckten endgültigen 3D-Mikrostrukturen verfügen über eine sehr hohe Präzision und Auflösungen unter 25 nm.

Bei der Zwei-Photonen-Polymerisation wird eine Struktur samt Muster per Laser in das flüssige Harz „geschrieben“ (Bild: Heidelberg Instruments)

Vorteile und Einschränkungen der Zwei-Photonen-Polymerisation

In der Regel geht der Druck in hochpräziser Auflösung mit einer verhältnismäßig langen Produktionszeit einher. Die präzise Arbeitsweise und punktuelle Aushärtung des Materials resultieren in einer überaus langen Herstellungszeit für makroskopische Drucke. Das Verfahren eignet sich daher besonders für kleine, massenlimitierte Objekte. Im Mikro- und Nanobereich hingegen hat die Zwei-Photonen-Polymerisation zahlreiche Anwendungen möglich gemacht. Es gibt keine Design-Einschränkungen, sodass arbiträre Strukturen in diesem Maßstab hergestellt werden können. Die Skalierbarkeit reicht von 100 nm bis in den Zentimeterbereich. Der Herstellungsprozess ist bei Verwendung der 2pp außerdem nicht auf eine schichtweise Fabrikation beschränkt, wie weiter oben näher ausgeführt, sondern beruht auf einem inhärenten 3D-Prozess, bei dem gezielte Punkte ausgehärtet werden.

Anwendung der Zwei-Photonen-Polymerisation und verwendete Materialien

Die Anwendungsbereiche der Technologie liegen daher dort, wo höchste Präzision auf kleinstem Raum gefragt ist, wie zum Beispiel in der Mikrooptik. Mithilfe der 2PP können Faserenden für die Mirkoskopie und Mirkolinsen hergestellt werden. In der Mirko-Mechanik dient das Verfahren der Herstellung von Chips. Darüber hinaus werden auch zahlreiche mikro-elektronische Bauteile und mikrofluidische Geräte mithilfe der 2PP gefertigt.

Ein weiterer Anwendungsbereich ist der medizinische Sektor. Per Zwei-Photonen-Polymerisation können Gerüststrukturen für Zellwachstum hergestellt werden, die den Gewebeaufbau in Gang setzen. Auch für Implantate auf zellulärer oder molekularer Ebene kommt 2PP zum Einsatz. So können beispielsweise Arzneimittelabgabesysteme hergestellt werden, die in den Körper eingesetzt werden. Durch die Herstellung von Implantaten auf Basis von patienteneigenem Material werden Abstoßungsreaktionen eingeschränkt. Auch könnte durch den Mikrodruck von patienteneigenem Material in naher Zukunft einem Mangel an Spender-Implantaten vorgebeugt werden. Die Zwei-Photonen-Polymerisation findet also in zahlreichen Sektoren Anwendung und gibt Anstoß für bedeutende Entwicklungen in diesen Feldern.

2PP Biodruck

Hochpräzise Replikation einer trabekulären menschlichen Knochenstruktur aus einem 3D-µ-CT-Scan (links). Knochenzellkultur auf dem “Osteoprint” (rechts). (Bild: A.Marino, IIT Pontedera)

Die verwendeten Materialien hängen von der gewünschten Anwendung ab. Epoxid-Harz, Photolacke und Hydrogele sind die häufigsten Materialien, die mit Zwei-Photonen-Polymerisation verarbeitet werden. Es kommen immer mehr organische Materialien zum Einsatz und auch Hybridmaterialien. Zum Beispiel werden Hybridpolymere dazu benutzt, keramische oder präkeramische Strukturen zu fertigen, die dann durch den keramischen Anteil eine höhere Stabilität aufweisen.

Hersteller von 2PP-Druckern

Zu den bedeutendsten Herstellern von Drucksystemen für die Zwei-Photonen-Polymerisation gehören Nanoscribe aus Deutschland, UpNano aus Österreich, Microlight aus Frankreich, Multiphoton Optics aus Deutschland und Moji-Nano-Technology aus China. Nanoscribe hat ein eigenes Verfahren entwickelt, das auf der Zwei-Photonen-Polymerisation beruht, nämlich die Zwei-Photonen-Graustufenlithografie (2GL). Der Nanoscribe Quantum X ist der weltweit erste industrielle Drucker, der mit dieser Zwei-Photonen-Graustufenlithografie arbeitet. Ein weiterer Drucker aus dem Hause Nanoscribe ist der Quantum X Shape für Rapid Prototyping und Wafer-Serienfertigung. UpNano wirbt seinerseits mit dem schnellsten hochauflösenden Drucksystem der Welt, der NanoOne-Serie. Außerdem hat das Unternehmen mit dem NanoOne Bio-System einen Drucker eingeführt, der für das 3D-Bioprinting mit lebenden Zellen bestimmt ist.

Mikrolinsen

Vertikales Mikrolinsensystem, das durch 2PP gefertigt wurde. (Bild: Heidelberg Instruments)

Viele dieser Drucker-Hersteller bieten auch eigene Materialien an. UpNano entwickelte beispielsweise ein schwarzes 2PP-Material, UpBlack, das optimal für optische Systeme eingesetzt werden kann. In Zusammenarbeit mit Cubicure entstand auch der temperaturbeständige Kunststoff UpThermo. Auch Microlight 3D bietet eigene microFAB-Materialien für den Einsatz mit den eigenen Druckern an, wie zum Beispiel dem MicroFAB-3D.

Ebenfalls hervorzuheben bei der Materialentwicklung und beim Vorantreiben der Zwei-Photonen-Polymerisation ist das Fraunhofer Institut. Neben Materialien für biologische Anwendung will das Fraunhofer Institut die Zwei-Photonen-Polymerisation zur Masteringtechnologie für bisher etablierte eigene Verfahren ausbauen.

Der 3D-Druck im Mikro- und Nanoberiech wird aufgrund der Anforderungen aus mehreren Branchen immer bedeutender. Die Zwei-Photonen-Polymerisation (2PP) ist ein sehr vielfältiges Verfahren und findet daher in immer mehr Bereichen Anwendung. Die Technologie ermöglicht zukunftsweisende Innovationen und Fortschritte in Medizin, Mikro-Optik und Mikro-Elektronik und trägt so zu vielen spannenden Entwicklungen und Errungenschaften bei.

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*Titelbildnachweis: Heidelberg Instruments

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