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Crowdfunding: Ein Sprungbrett für neue 3D-Drucker?

Am 19. Juli 2017 von Raphael S. veröffentlicht
Crowdfunding

Neben einer Vielzahl an Möglichkeiten, die durch die Anwendung von 3D-Technologien entstehen, gibt es auch eine riesen Menge an Firmen, die ihre 3D-Drucker verkaufen wollen, und die Anzahl ist eher steigend als stagnierend. Laut dem Wohlers Bericht, einer der wichtigsten Studien der Branche, wurden allein 2016 mehr als 278.000 Desktop 3D-Drucker verkauft. Das treibt viele 3D-Startups dazu an, mit auf den Zug zu springen und einen Vorteil aus der hohen Nachfrage zu ziehen. Während einige Unternehmen sich auf den technologischen Aspekt fokussieren und die Technik dahinter weiter ausbauen, versuchen andere den Verkaufspreis zu drücken und den 3D-Druck für eine breite Masse an potenziellen Kunden verfügbar zu machen. Letzteres bringt immer mehr Projekte hervor, welche die günstigsten und effizientesten Lösungen für den Markt liefern.

Eine hervorragende Möglichkeit für solche Projekte ist Crowdfunding, weil viele Personen in der richtigen Zielgruppe direkt adressiert werden können, was die Ideen der Startups zum einen bewirbt und zum anderen finanziert. Nur auf 2016 bezogen wurden auf den zwei größten Websites für Crowdfunding, Indiegogo und Kickstarter, mehr als $800 Millionen von ungefähr 5,6 Millionen Unterstützern gesammelt. Diese Zahlen ziehen kreative Denker und innovative Firmen an, ihre 3D-Idee in die Realität umzuwandeln und auf den Markt zu kommen.

Nichtsdestotrotz gibt es auch fehlgeschlagene Crowdfunding-Projekte, insbesondere in der Branche des 3D-Drucks. In den letzten Jahren gab es viele Kampagnen für neue 3D-Drucker auf Kickstarter und Indiegogo, während manche von ihnen nicht bis Ende durchhielten, nicht vollständig oder gar nicht liefern konnten oder den Liefertermin zu 10. Mal verschoben. Wir von 3Dnatives haben uns gefragt, warum es denn so einige „Zufälle“ fehlgeschlagener Projekte gibt, die in den Medien ordentlich Wind machen, und haben uns deshalb auf die Suche nach den Gründen gemacht.

Versprich nichts, was du nicht halten kannst 

Viele Projekte werden äußerst attraktiv dargestellt und versprechen ein revolutionäres Tool, welches den Alltag der Nutzer verändert. Allerdings sollten wir bei diesen Versprechen aufpassen: Der NexD1 von Next Dynamics ist das passende Beispiel. Das Unternehmen hat ihren ersten Prototypen für einen Material-Jetting Drucker im Jahr 2015 entwickelt und ihre Crowdfunding-Kampagne im Dezember 2016 gestartet. In kürzester Zeit konnten sie mit dem ziemlich günstigen Drucker (zwischen 2348€ und 4227€) ganze 500.000 Euro sammeln.

Der Next D1 versprach Mutlimaterial-Druck für wenig Geld

Während die Kampagne in vollem Gang war wollte einer der Unterstützer den Prototyp des NexD1 sehen. Er hat leider eine Absage von Next Dynamics erhalten, und nach vielen schönredenden Antworten des Startups und zweifelhaften Bildern und Videos hat im Endeffekt niemand den 3D-Drucker in Aktion gesehen. Aus diesen Gründen haben viele Unterstützer ihren Beitrag zurückgezogen und die Investitionssumme reduzierte sich auf 360.000 Euro, bevor Kickstarter schließlich eingriff und die Kampagne suspendierte. Danach hat der CEO auf der Website von Next Dynamics bekanntgegeben, dass sie das Projekt aufgeben und zu „Größerem und Besserem“ voranschreiten. Der Grund für den Fehlschlag des NexD1: Er war nicht auf dem versprochenen Entwicklungsstatus, obwohl das Team vielleicht an einen Erfolg geglaubt hat, scheiterten jedoch aufgrund mangelnder Beweise.

Niedrige Preise locken immer viele Kunden an

Der TIKO wurde mit einem Preis zwischen $99 und $179 als einer der günstigsten Geräte auf dem Markt angepriesen. Die Kickstarter Kampagne war ein Erfolg, jedoch konnte das geplante Lieferdatum im November 2015 nicht eingehalten werden und wurde somit ein Jahr später auf November 2016 verschoben. Nachdem sie 4.100 Drucker an Early-Birds zustellen konnten. Den kritischen Punkt hat Tiko schließlich nach fehlerhafter Sofwareentwicklung sowie Kapitalmangel erreicht und im Februar 2017 geben sie sich geschlagen, wobei sie das Geld nicht an die Backer zurückerstatten können. „Wenn wir nicht an jeden zurückzahlen können, dann wäre es unfair irgendjemanden zurückzuzahlen.“, erklärt Tiko in einem Update. Bis zu diesem Zeitpunkt ist das ganze Projekt Tiko3D auf Eis gelegt, das Team hofft jedoch immer noch die Kickstarter-Bestellungen irgendwie ausliefern zu können.

Auf der offiziellen Website von Tiko ist der 3D-Drucker „nicht auf Lager“

Ein paar Jahre zuvor teilt NEA3D scheinbar dasselbe Schicksal. Obwohl deren FDM-Drucker mit ca. $2,000 bis $2,800 bis zu 15 Mal teurer ist, mussten sie 9 Monate nach der Crowdfunding-Kampagne den Fehlschlag verkünden und mit den Erstattungen beginnen. Aber was war der Grund dafür? Laut NEA3D gab es finanzielle Probleme bei der Herstellung des Druckers: „Der Bau eines 3D-Druckers ist nicht günstig“. Bis zum May 2017 wurden aber alle Unterstützer entschädigt und ihr Beitrag zurückerstattet.

Ein weiteres Beispiel hierfür ist der Buccaneer von Pirate3D. Die Kampagne hat alleine in den ersten 10 Minuten ganze $100,000 gesammelt und zählt mit einer Gesamtsumme von $1,5 Millionen zu den erfolgreichsten Kickstarterprojekten bis dato. Trotz einer weiteren Investition durch private Kapitalgeber in Höhe von $2 Millionen kämpfte das Unternehmen mit finanziellen Problemen. Um nun einen weiteren Versuch zu starten, das Projekt zu retten, entschied sich Pirate3D dazu, den Buccaneer auf deren Website zu verkaufen, was die Backer sehr in Aufregung versetzte. Im Oktober 2015 waren zwar immer noch 60% der Kickstarter-Bestellungen nicht ausgeliefert, Pirate3D gab dann aber zu, der Bucaneer war ein Fehlschlag und hat das Projekt „aus dem Fenster geworfen“.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Der Peachy Printer machte als SLA 3D-Drucker für $100 Dollar ordentlich wind in der 3D-Drucker Community, denn so etwas gab es noch nie zuvor. Nach dem Start der Kampagne im September 2013 konnte man weit über das eigentliche Finanzierungsziel hinausschießen und $650,000 sammeln.

Zum Erfreuen der Unterstützer haben die Erschaffer des Peachy Printers, Rylan Grayston und David Boe, sämtliche Neuigkeiten und Probleme bei der Entwicklung stets mit der Community geteilt. Nach und nach wurden diese Updates allerdings weniger, bis sie schließlich komplett verschwanden. Die Backer machten sich bereits Sorgen und im Laufe der Zeit hat Grayston entdeckt, dass sein Business Partner Boe $320,000 gestohlen hat, um sich ein Haus zu bauen. In einer Videoserie gesteht Boe zwar seine Tat, bis jetzt weigern sich einige Unterstützer aber, die Geschichte zu glauben und werfen den beiden Betrug vor. Nichtsdestotrotz wurde das Projekt nicht zu Ende geführt und Grayston veröffentlicht zuletzt alle Dateien und Repositories auf Github, einer Verwaltungsseite für Software.

War der Peachy Printer nur ein Mittel zum Betrug?

Was haben die Crowdfunding Websites dazu zu sagen?

Viele dieser Kampagnen hätten große Aussichten auf Erfolg gehabt, wären Sie nur ordentlich überprüft und durchdacht worden. Um einen tieferen Einblick in den Überprüfungsprozess für solche Projekte zu bekommen, haben wir uns mit den Verantwortlichen an der Quelle getroffen: Kickstarter und Indiegogo, den zwei größten Crowdfunding-Websites.

Laut David Gallagher, dem Director of Communications von Kickstarter, gibt es verschiedene Nutzungsbedingungen, Regeln und Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, bevor ein Projekt veröffentlicht wird.  Das schließt einen funktionierenden Prototyp mit ein und im Falle eines 3D-Druckers muss dieser eben etwas drucken können. Über diese Kontrollen hinaus prüft Kickstarter keine weiteren Behauptungen von den Entwicklern. Bei beiden Webseiten engagiert sich neben dieser anfänglichen Überprüfung ebenfalls ein Trust & Safety Team für die Anliegen der Community. Im Unterschied zu Kickstarter fokussiert man sich auf Indiegogo mehr auf Realisierung von Ideen, deshalb wird kein funktionierender Prototyp vorausgesetzt, sondern es ist den Unterstützern überlassen zu entscheiden, ob sich ein Beitrag lohnt oder nicht.

Der Grund für den Fehlschlag eines Projekts liegt oft an Hindernissen während des Herstellungsprozesses. „Ein Geschäft aufzubauen ist schwierig und bringt immer unerwartete Herausforderungen mit. Das sind oft unvorhersehbare Kosten und Verzögerungen, auf die man sich nicht vorbereiten kann“, erklärt Elena Ginebreda-Frendel, Associate Manager of Communications bei Indiegogo. Bei Kickstarter versucht man bereits, die Probleme bei der Hardwareentwicklung zu antizipieren: Mit dem kürzlich vorgestellten Hardware Studio können die Teams hinter einem Projekt auf kostenlose Lehrmaterialien zurückgreifen und persönliche Beratung durch Ingenieure aus etablierten Firmen bekommen.

Probleme treten oft beim Herstellungsprozess auf – Bild via The Rockpointe Group

Im Falle des NexD1 hat Kickstarter schon vor dem Ende der Kampagne einen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen festgestellt, weil nicht ausreichend Beweise für einen funktionierenden Prototyp geliefert werden konnten. Aus diesem Grund konnten sie das Projekt suspendieren bevor jemandes Konto belastet wurde. Das war bei TIKO3D und NEA3D leider nicht der Fall, denn direkt nach dem erfolgreichen Abschluss der Crowdfunding-Kampagne werden die Beiträge eingezogen.

Letztendlich verlangen beide Plattformen dasselbe von ihren Projekten: Eine klare und ehrliche Kommunikation. Erfinder, die ihre Planung nicht einhalten können und auf Probleme stoßen müssen ihre Unterstützer informieren, nicht nur wie das Geld ausgegeben wurde, sondern ebenfalls wie die Lösung für das Problem aussehen könnte. Wenn ein Projekt nicht realisiert werden kann, dann gibt es neben einer 100%igen Kostenerstattung ebenfalls die Möglichkeit der Teilerstattung oder die Lieferung eines alternativen Produkts.

Formlabs zeigt wie man es richtig macht 

Nichtsdestotrotz ist vielen Unterstützern das Risiko bewusst, wenn sie einen finanziellen Beitrag für ein Projekt leisten. Und ohne diese wären Produkte wie der 3Doodler, der M3D oder der Formlabs Form 1 nicht möglich gewesen. Insbesondere letzterer ist zu einem internationalen Unternehmen gewachsen, darum haben wir Formlabs ein paar Fragen zu deren Erfolgsformel, den Herausforderungen und Hindernissen auf ihrem Weg gestellt.

Im Jahr 2012 ist Formlabs mit dem ersten erschwinglichen Desktop-SLA-Drucker in den Markt eingestiegen. Der Form 1 konnte fast $3 Millionen in Vorbestellungen sichern und wurde als eine der erfolgreichsten Crowdfunding-Kampagnen bezeichnet. Bis heute hat Formlabs weitere Maschinen entwickelt, zu den neuesten zählen der SLS-3D-Drucker Fuse 1 und die Robotiklösung Form Cell. Mittlerweile zählt das Unternehmen mehr als 250 Mitarbeiter in drei verschiedenen Ländern mit einem stabilen globalen Vertriebsnetzwerk.

Der Anfang des Erfolgs für Formlabs: Der Form 1 – Bild via Kickstarter

„Der Bau von Hardware ist schwierig, und der Bau eines 3D-Drucker nochmals schwieriger: Man muss das gesamte System unter einen Hut bringen – Hardware, Software und guten Kundenservice. Andere Herausforderungen liegen in der Logistik, dem Vertrieb und der Herstellung“, sagt Michael Sorkin, General Manager bei Formlabs EU.

Laut Formlabs ist Transparenz der Schlüssel zum Erfolg. Sollte es Verzögerungen, Probleme oder Rückschläge geben, dann ist die Kommunikation mit der Community unverzichtbar. Es ist einfach für die Supporter zu verstehen, wenn man ehrlich zu ihnen ist. Aber nicht nur die Erschaffer selbst beeinflussen den Ausgang eines Projektes, auch die Unterstützer müssen ihre Meinung teilen. Neben deinem Geld sind konstruktive Kritik und Feedback extrem wichtig, denn das macht doch Crowdfunding aus, oder nicht?

Was kann ich als Supporter tun?

Bevor man in die Situation gerät, in der man sein Geld verliert, kann man einiges tun um das zu verhindern. Beide große Webseiten listen Tipps um zu analysieren, wie ein Projekt ausgehen könnte. Wenn man dabei ist, ein Projekt oder eine Idee zu unterstützen, dann gibt es folgende Punkte zu beachten:

  • Hat das Team die notwendigen Qualifikationen (Ingenieure, Management, Marketing) um das Projekt zu realisieren?
  • Haben das Unternehmen oder die Person(en) kompetente und ausreichende Produktionskapazitäten?
  • Ist das Projekt umsetzbar? Ist die Preisgestaltung angemessen?
  • Ist die Kampagne vertrauenswürdig und transparent genug?

Unter Berücksichtigung einiger Punkte kann so mancher Frust vermieden werden – Bild via gizmodo

In Anbetracht dieser Tipps und nach ein wenig Recherche anstatt voreilig zu handeln spart man nicht nur Geld, sondern kann auch noch die Entwicklung des Projekts genossen werden. Trotz alledem müssen sich Unterstützer, und alle, die es noch werden möchten, nicht vor 3D-Crowdfunding-Projekten fürchten. Nach einer Kickstarter-Studie schlagen nur 9% der Projekte fehl, das ist äußerst niedrig im Vergleich zu den erfolgreichen. Selbstverständlich muss sich jeder den Risiken in diesem System bewusst sein, aber ist es nicht spannend einer der ersten zu sein, die einen 3D-Drucker aus einem Projekt erhalten?

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